Thüringen: Bergmann verunglückt tödlich - Vorwürfe an Rettungsdienst

  • Ein 43-jähriger Bergmann ist im Kali-Bergwerk in Unterbreizbach auf einer Kontrollfahrt in einem mit Kohlendioxid belasteten Bereich unter Tage tödlich verunglückt.
    Nun untersucht das Landratsamt des Wartburgkreises den Fall, da Vorwürfe an die eingesetzte Besatzung eines Rettungswagens laut wurden. Diese hatte sich geweigert, zur Rettung des Mannes mit dem Seilkorb in den Schacht einzufahren; ein ebenfalls anwesender Notarzt hingegen hatte sich dazu bereit erklärt. Auch die Zusage des Produktionsleiters, die Sicherheit der Retter zu gewährleisten, konnte diese nicht umstimmen. Laut deren Aussage habe ihr Vorgesetzter den Einsatz unter Tage untersagt.
    Nachdem es vor 3 Jahren schon einmal zu einem ähnlichen Unfall gekommen war und bereits damals eine Diskussion um den Einsatz von Notarzt und Rettungsassistenten unter Tage entfachte, wurde mit dem Land die Vereinbarung getroffen, dass eine Einfahrt "nicht problematisch sein sollte", weshalb über die Reaktion der Rettungsassistenten Unverständnis herrscht.
    Ob der Bergmann durch den schnelleren Einsatz des Rettungsdienstes unter Tage hätte gerettet werden können, soll nun untersucht werden.


    Quellen: http://www.stz-online.de/nachr…thueringen/art2935,775495
    http://www.freies-wort.de/nach…ueringenfw/art2437,793281

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Hmm interessanter Fall,


    da ich mich im Tage- und Untertagebau nicht auskenne, aber aus Diversen Beiträgen in Film und Fernsehn weiss, dass es eine Grubenwehr gibt, sei mir an dieser Stelle die Frage erlaubt: aber wo war die Grubenwehr???? Oder die ortsansässige Feuerwehr??? Oder richtet sich beides nach Göße der Grube und Anzahl der Beschäftigten??????
    Ein Betriebssanitäter, der im Umgang mich umluftunabhänigen Atemgeräten geschult ist?????
    Vielleicht kann mir einer von Euch, der die entsprechenden Kenntnisse hat, mir ein wenig mit Antworten zu Hand gehn.
    Ohne die Umstänge näher betrachten zu wollen ist der Eigenschutz hier oberste Priorität weshalb ich das Verhaltend er Kollegen nachvollziehen kann.


    Greetz Medic 2 :rtw:

  • Das Problem der Grubenwehr ist, dass diese nur im Kohlebergbau existiert. Und auch dort existieren nurnoch bundesweit drei Standorte (Herne (diese wurde bemi UT im Nov. 06 besucht), Clausthal-Zellerfeld und im Saarland).


    Es sollte bei entsprechender Sicherung (Helm, festes Schuhwerk, Jacke) für den RD kein Problem sein Patienten vor Ort im Bergwerk abzuholen. Ein Einstieg in ein Flöz zur Bergung eines Verschütteten ist nicht notwendig, da dies von den Bergleuten selbst durchgeführt wird. Ein Transport bis zur Übernahmestelle erfolgt dann mit einer Lohre oder auf dem Förderband.
    Von daher ist das Verhalten der RA nicht zu verstehen. Insbesondere wenn es klare Absprachen und Anweisungen zur Rettung im Bergwerk gibt. Man kann nur hoffen, dass der Tod des Bergmanns nicht durch das Verhalten der RA verschuldet wurde. Wenn doch, gehört hier eine Untersuchung mit ggf. entsprechenden Sanktionen geführt.

  • Hi Medic,


    Da muss ich dir mal widersprechen. Eine Schutzkleidung sollte in diesem Fall nicht nur festes Schuhwerk, Helm und Jacke beinhalten, sondern entweder ein CO Gaswarngerät oder unluftunabhängigen Atemschutz. Eigenschutz geht vor. Wenn ein erfahrener Bergmann in einer solchen Umwelt umkommt, solte man sich als Laie nicht auf Aussagen eines Kollegen verlassen, der sicherlich möchte, dass Hilfe schnell bei seinem Kumpel eintrifft.


    Gruß aus der Wüste
    Fabian

  • Fabian,


    ich müsste Dir recht geben, wenn RDler weit ins Bergwerk hinein gehen würden.
    Doch es ist - lt. dem Ausbilder der Grubenwehr Herne - so, dass externe Retter nur bis zu einem für sie sicheren Punkt (i.d.R. ist dieses der Bereich des Fahrkorbs oder gesonderte Sammelstellen) in das Bergwerk hinein gelassen werden. Dort bleiben sie mit geschulten Bergleute, bis der Verletzte von den Bergleuten zu diesem Platz gebracht wird.
    Eines zusätzliche Schutzausrüstung ist an diesem Punkt nicht erforderlich. Es reichen die von mir o.g. Dinge aus.
    Grundsätzlich ist es in den Bergwerken so, dass Fremde nicht in gefährliche und/oder gefährdete Bereiche vorgelassen werden. Sicherheit - insbesondere für externe Retter - wird gross geschrieben. Und man wird sie keiner Gefährdung aussetzen.
    Bergleute sind im Grunde gut geschult. Somit sind sie auch in der Lage mit den unter Tage vorhandenen Erste Hilfe Einrichtungen einen Verunglückten soweit zu versorgen, dass er schnellstmöglich auf dem Förderband liegend unter Betreuung mindestens eines Bergmanns zum sicheren Übergabepunkt gebracht werden kann.
    Für Ereignisse wie z.B. Verletzungen und Erkrankungen ist die Grubenwehr auch nicht da. Ihre Aufgabe ist die Brandbekämpfung und technische Rettung unter Tage. Die Vorlaufzeit der GW zzgl. der Fahrzeit bis zu dem betreffenden Bergwerk liegt selten unter 1 Stunde. Die medizinische Rettung obliegt somit dem örtlich zuständigen Rettungsdienst.


    Beste Grüße aus der Stadt des Bergbau
    Axel.

    Einmal editiert, zuletzt von Medic5754 ()

  • Hallo!


    Zitat

    Original von Medic5754
    Das Problem der Grubenwehr ist, dass diese nur im Kohlebergbau existiert. Und auch dort existieren nurnoch bundesweit drei Standorte (Herne (diese wurde bemi UT im Nov. 06 besucht), Clausthal-Zellerfeld und im Saarland).


    Auf der Website des Deutschen Ausschusses für das Grubenrettungswesen (http://www.deutsche-grubenrettung.de/) findet man eine Karte (im Menu auf Ausschuss klicken!), die neben Herne als weitere Hauptstellen für das Grubenrettungswesen noch Leipzig, Clausthal-Zellerfeld, Friedrichsthal (Saarland) und Hohenpeißenberg (Bayern) nennt.


    Bei einer Führung in einem Schaustollen wurde mir letztes Jahr als weiteren Standort einer Grubenwehr Heilbronn (Ba-Wü) genannt.


    Ciao
    Rettungshund

  • Entschuldige bitte, wenn man den Aussagen des Ausbilders der GW glaubt.
    Nichtsdestotrotz ist die Aufgabe der GW nicht die eines medizin. Rettungsdienstes im Bergbau. Dafür ist man dort weder ausgebildet noch ausgestattet.
    Die GW ist auch nicht vergleichbar mit einer üblichen Feuerwehr. Es sind alles aktive Bergleute, die die Arbeit in der GW noch nebenbei neben ihrem Tätigkeit im Bergbau erledigen.
    Übrigens haben die GWen massive Nachwuchsprobleme. Inzwischen wurde das Eintrittsalter um ein paar Jahre auf 42 oder 43 hoch gesetzt. Trotzdem fehlen Freiwillige.


    Also kann man jetzt vielleicht mal zum Ursprung zurückkehren, und sich darüber Gedanken machen warum die RDler nicht ins Werk einfuhren. Ob daraus der Tod des Bergmanns resultierte. Und wie das Ganze wohl ausgehen wird.

  • Zitat

    Original von Medic5754
    Das Problem der Grubenwehr ist, dass diese nur im Kohlebergbau existiert. Und auch dort existieren nurnoch bundesweit drei Standorte (Herne (diese wurde bemi UT im Nov. 06 besucht), Clausthal-Zellerfeld und im Saarland).


    Da muss ich widersprechen. Die Schwerspatgrube meines Heimatortes hat auch eine Grubenwehr.
    Aber ich weiß aus diversen Einsätzen dort, daß das Einfahren von RD-Personal und -Mitteln kein Problem ist. Diese waren auch schon nach missglückten Sprengungen mit dem RTW unten.
    Aber ich kann mich an keinen Einsatz bei uns erinnern, wo es um CO und CO?-Vergiftungen unter Tage ging. Deswegen kann ich hier nicht wirklich mitreden.


    Zitat


    Es sollte bei entsprechender Sicherung (Helm, festes Schuhwerk, Jacke) für den RD kein Problem sein Patienten vor Ort im Bergwerk abzuholen. Ein Einstieg in ein Flöz zur Bergung eines Verschütteten ist nicht notwendig, da dies von den Bergleuten selbst durchgeführt wird. Ein Transport bis zur Übernahmestelle erfolgt dann mit einer Lohre oder auf dem Förderband.
    Von daher ist das Verhalten der RA nicht zu verstehen. Insbesondere wenn es klare Absprachen und Anweisungen zur Rettung im Bergwerk gibt. Man kann nur hoffen, dass der Tod des Bergmanns nicht durch das Verhalten der RA verschuldet wurde. Wenn doch, gehört hier eine Untersuchung mit ggf. entsprechenden Sanktionen geführt.

  • Was ihr so alles wisst. ;)
    Dann bleibe ich jetzt - ähnlich wie andere User - lieber ganz ruhig. Trinke mir ein Bier und lese eure Beiträge.

  • also, um mal meinen senf dazu zu geben:
    wenn mich da so nen alter, klappriger lastenaufzug anlächeln würde, und ich solle mit ihm nach unten in "abgrund" fahren...wenn ich eh schon clautrophobie habe, würde ich mich das au nicht trauen!
    wenn da grad aber jemand um sein leben kämpft, MÜSSTE ich das halt machen...ich sehe das dann als meine pflicht...braucht sich keiner so anstellen!!!
    Das ist Rettungsdienst, und der heisst so, weil deren job es ist zu retten...oder steht da auf dem rtw:


    Rettung 112 / aber nur Ebenerdig


    tschüss

  • Also da ich 0 Erfahrung vom Arbeiten unter Tage habe, möchte ich auf einen Feuerwehr-Einsatzgrundsatz verweisen:


    Einsätze erfolgen grundsätzlich im Gefahrenbereich mit angemessener persönlichen Schutzausrüstung.


    Sollte es unter Tage Bereiche ohne erhöhte CO2 Konzentration gegeben haben, ist es mir unverständlich, wieso die Rettungskräfte nicht mit Feuerwehrhelm, Jacke,festem Schuhwerk, Rettungsleine, Handscheinwerfer und Lederhandschuhen (ist auf unserem RTW alles drauf) hinuntergefahren sind und dort in diesem Bereich gewartet haben.
    Gasmessgeräte und fachkundiges Personal seitens des Bergwerkes wird es doch sicherlich gegeben haben.


    Ganz ehrlich und jetzt mag ich mich sehr, sehr weit aus dem Fenster lehnen:
    Waren die Jungs von der BF ?
    Ich glaube nicht.


    Ansonsten verweise ich darauf, dass ja selbst der "Akademiker" runter wollte.


    Irgendwie haben einige Leute ein komisches Selbstverständnis, was ihren Beruf angeht. :rolleyes:


    Aber Ferndiagnosen sind im Allgemeinen schlecht,
    nur wenn es wirklich so war wie im Artikel beschrieben, fehlen mir eigentlich die Worte...


    Da es aber leider schon zu spät ist,
    sollte man sich für das nächste mal merken:
    "Jungs, wir sind der Rettungsdienst,
    kein Bestattungsunternehmen."

  • Um mal meinen Senf dazu zu geben..


    Dass der Notarzt da runter steigt ist sein Ding, nicht meines. Die Tatsache dass er runtersteigt ist erstens für mich kein grund all meine Bedenken zu vergessen und ihm als nich-Fachmann für Gefahren zu vertrauen, zweitens steht eben nirgendwo was von ausreichender Sicherung, man weiß nicht wie weit die Rettungsdienstler wirklich hätten vorgehen sollen etc..


    Für mich ist nirgendwo in dem Artikel eine definitiv sichere Lage beschrieben also wär ich so auch oben geblieben.

  • Zitat

    Original von mhn-paramedic
    Für mich ist nirgendwo in dem Artikel eine definitiv sichere Lage beschrieben also wär ich so auch oben geblieben.


    Würde ein Feuerwehrmann so denken, würde es keinen Atemschutz und keinen Innenangriff geben.


    Wie gesagt, alles eine Frage des Selbstverständnisses.


    P.S.:
    Aber bitte nicht als persönliche Kritik verstehen,
    richtet sich nicht gegen dich mhn-paramedic.

  • Mein Gott, die beleidigte Leberwurst... Ich würde auch nicht einfahren, wenn ich nicht wüsste, dass ich mich nicht einer CO2-Exposition aussetze. Gute Nacht.

    Einmal editiert, zuletzt von Analyse_drücken ()

  • Der Atemschutz ist ja keine Gefahr sondern ein Schutz. Es nutzt niemandem was wenn zusätzlich zum Patienten ein Notarzt und zwei Rettungsdienstler daneben liegen. Wenn sich Feuerwehrmänner bewusst solchen Gefahren aussetzen ist es ihre Sache, großer Mut und von mir viel Respekt dafür. Trotzdem hab ich die rote Jacke und steig nicht in irgendwelche Gruben von denen mir niemand der Anwesenden definitiv sagen kann, dass ich da nicht nach einigen Minuten umkippe.

  • Hallo!



    War es wirklich nur die enge und ungewohnte Umgebung, die die RD'ler vom Einfahren in das Bergwerk abgehalten haben?
    Eventuell lag es ja auch an den "kleinen" Nebengefahren, für die wir nicht ausgerüstet sind (kein Atemschutz usw.).


    Retten kann nur der, der selber keine Hilfe braucht - oder was bringt es Dir, wenn da noch mehr Leute unten liegen?


    Denk mal darüber nach!


    Ciao
    Rettungshund

  • [URL=http://www.stz-online.de/nachrichten/thueringen/seite3thueringenstz/art2448,777518]Retter weisen Vorwürfe zurück[/URL]


    Zitat

    ...
    Die Rettungsassistenten sind entsetzt, über das, was ihnen unterstellt wird. Die Lage vor Ort sei bei Eintreffen seiner Kollegen um 0.10 Uhr völlig unklar gewesen, sagt Hans Christian Schmidt, Leiter des DRK-Rettungsdienstes. Niemand habe zu diesem Zeitpunkt Lebensgefahr bei Einfahrt in die Grube ausschließen können.
    ...


    Quelle und ausführlicher Text: http://www.stz-online.de/nachr…eringenstz/art2448,777518

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Mal so ne kleine Bemerkung am Rande..... auch wenn Atemschutzausrüstung von den Bergleuten für das RD Personal bereit gestellt währe, wer sagt denn, das jeder Rettungsdienstler im Umgang mit Atemschutzgeräten geschult ist, und weiß wie er damit umzugehen hat ?


    Bei der FW gibt es spezielle Ausbildungslehrgänge für Atemschutzträger, beim RD nun mal nicht, und einfach sich dann so ne Maske aufsetzen, ist wohl nicht alles, was im Umgang mit dieser Aurüstung zu beachten ist.


    Und wenn eben die Situation unklar ist, was die Sicherheit angeht ( hier im Falle Co2 ) dann bleibe ich nun mal draußen.


    Und was den Notarzt angeht, kann ich seine Einschätzung auch nicht nachvollziehen.
    Wobei mich das an einen Ausspruch eines damaligen Dozenten während des RA Kurses erinnert.. " Lasst den Arzt seine medizinischen Maßnahmen machen, aber von Rettung und Transport des Pat. soll er die Finger davon lassen "

    2 Mal editiert, zuletzt von Schwarzwaldretter ()

  • In meinem ehemaligen Rettungsdienstbereich liegt auch ein großes Kali-Bergwerk mit knapp 2000 Beschäftigten unter und über Tage. Dort kam es vor ein paar Jahren zu einem ähnlichen Fall. Ein NA weigerte sich in den Schacht einzufahren und dem Patienten unter Tage entgegen zu fahren. Bei Fahrstrecken von bis zu einer Stunde (!) unter Tage ist dieses Rendevouz-Verfahren bei schwereren Verletzungen aber dringend geboten.


    Nach der Auswertung des Vorfalls wurden sämtliche RD-Mitarbeiter und NÄ eingeladen im Rahmen ihrer Fortbildungsveranstaltungen das Kali-Werk zu besuchen und nach einer Einweisung in die Sicherheitseinrichtungen wie Helmlampe und Selbstretter in den Schacht einzufahren. Dieses Angebot wurde rege angenommen und war ein voller Erfolg. Sämtliche Ängste und Vorbehalte (Platzangst, Dunkelheit, ...) konnten so ausgeräumt werden. In diesem Zuge wurde auch der RD verstärkt in die Ausbildung der Grubenwehr und der Betriebssanitäter eingebunden. So haben wir zum Beispiel regelmäßig die Grubenwehr unter Tage an ihrem eigenen Gerät ausgebildet und auf dem Werksgelände drei AED aufgehängt. Ich denke wir haben aus diesem Vorfall gelernt und man kann fast von einem freundschaftlichen, auf jeden Fall aber vertrauensvollen, Umgang sprechen.


    Siehe auch: ungewöhnliche Rettungsfahrzeuge - Grubenwehr Kali&Salz AG Zielitz