Umfrage des DBRD zur Regelkompetenz

  • Zitat

    In der Septemberausgabe der Zeitschrift RETTUNGSDIENST erschien diese Tage ein sehr interessanter und wichtiger Artikel (Invasive Maßnahmen - Was will das Rettungsfachpersonal, Ergebnisse einer bundesweiten Umfrage) von unserem Beiratsmitglied Frank Flake. Die Ergebnisse der Studie unterstreichen eindeutig die Forderungen des DBRD e.V. nach klaren Regelungen bei den Kompetenzfestlegungen. Insgesamt beteiligten sich 1805 Personen an der Umfrage. 1792 Bögen konnten ausgewertet werden. Der Artikel und die Ergebnisse der Studie zeigen einmal mehr, welche qualifizierte Arbeit Rettungsassistenten heute schon leisten. Die Ergebnisse zeigen aber auch, dass sich über 90% der Befragten klar für eine Regelkompetenz aussprechen.
    Dies widerlegt die Behauptung einzelner, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Rettungsdienst wollten gar nicht mehr Kompetenzen. Auch sprechen sich die meisten der Befragten für eine ärztliche Kontrolle als zwingende Vorraussetzung aus. Ebenfalls die Mehrheit befürwortet eine Überprüfung des Wissens und der Fertigkeiten. Dies zeigt deutlich, dass sich die große Mehrzahl der Kollegen sehr wohl gut selbst einschätzen kann. Der Artikel ist allen zur Lektüre zu empfehlen. Der DBRD e.V. wird diese wichtigen Daten an das Ministerium weiterleiten, damit die Ergebnisse bei einer zu erwartenden Novellierung Berücksichtigung finden.


    Bin gerade über folgenden Artikel auf der Internetseite des DBRD und über den Satz: "Dies zeigt deutlich, dass sich die große Mehrheit der Kollegen sehr wohl gut selbst einschätzen kann." gestolpert. "Sehr wohl" hört sich schon ein wenig nach einer Rechtfertigung an. Bestehen da gegebenenfalls doch Selbstzweifel an dieser Aussage? Und ist der Wunsch nach Supervision nicht einfach nur eine rechtliche und fachliche Absicherung, um im Schadensfall mit dem Finger auf andere zeigen zu können? Ich persönlich hege Zweifel an dieser selbstkritischen Einstellung, denn wenn immer wieder behauptet wird: "Wir können das eigentlich auch selber!", wäre diese Kontrolle und indirekte Verantwortungsübernahme durch den ärztlichen Dienst doch theoretisch gar nicht notwendig. In meinen Augen soll hier nach Herzenslust (Regelkompetenzkatalog nach Wunschvorstellung des nichtärztlichen Rettungsdienstpersonales) gespielt werden, die Verantwortung der Legitimation oder des schiefgelaufenen Managements (durch den "Back-up-Notarzt") aber auf die Ärzteschaft übertragen werden.


    Ich werde mir am Montag diesen Artikel mal näher anschauen...

  • Zitat

    Und ist der Wunsch nach Supervision nicht einfach nur eine rechtliche und fachliche Absicherung, um im Schadensfall mit dem Finger auf andere zeigen zu können?



    Man könnte auch wohlwollend annehmen, dass das Rettungsfachpersonal im Rahmen einer Kompetenzerweiterung einfach weiterhin gute, durch Fachpersonal (Arzt) überwachte, Arbeit machen möchte, anstatt ihr eigenes Süppchen zu kochen.


    Warum sollte sich der ÄLRD beispielweise rechtfertigen müssen, wenn ich nach einer rechtlich abgesicherten Kompetenzerweiterung einen Patienten schädige? Wenn ich Scheiße baue, stehe ich auch dafür gerade.
    Dann sollte ich nach einem paravenös gelegtem Zugang auch auf die Anästhesie-Abteilung schimpfen, in der ich diese -zugegeben grundlegende, aber nichtsdestotrotz invasive- Maßnahme gelernt habe?

    Alle sagten: "Das geht nicht!". Dann kam einer, der wusste das nicht und hat es einfach gemacht.

  • ihm-al


    Wenn die Maßnahmen des Rettungsdienstpersonals ärztlich (re)validiert sind, hat letztendlich der ÄLRD die Verantwortung dafür zu tragen. Er entscheidet schließlich, wer diese Maßnahme durchführen und wer nicht. Dabei geht es nicht um wenig invasive Maßnahmen wie den heute allgemein akzeptierten Venenzugang, sondern z.B. eine medikamentöse Therapie, der vorher die entsprechende Diagnostik vorausgehen muß.

  • Es war eine Umfrage auf der Homepage des Verlages Stumpf und Kossendey, der DBRD berichtet nur über die Veröffentlichung in der Zeitschrift des Verlages.

  • Zitat

    Original von Ani
    In meinen Augen soll hier nach Herzenslust (Regelkompetenzkatalog nach Wunschvorstellung des nichtärztlichen Rettungsdienstpersonales) gespielt werden, die Verantwortung der Legitimation oder des schiefgelaufenen Managements (durch den "Back-up-Notarzt") aber auf die Ärzteschaft übertragen werden.


    Deine Aussage spiegelt genau das wieder, was man Land auf und ab von Ärzten zu diesem Thema hört. Hier geht es nicht nach "Wunschlisten" für die Regelkompetenz sondern es geht um den Patienten. Und das sollte die Ärzteschaft mal langsam merken. Man könnte ja glatt denken..ihr habt Angst, das "wir" euch etwas wegnehmen.
    Und die Durchführungsverantwortung liegt immernoch beim Anwender, und nicht beim ÄRLD oder Notarzt.

  • Zitat

    Original von Flexer. Hier geht es nicht nach "Wunschlisten" für die Regelkompetenz sondern es geht um den Patienten.



    Eine gute Anmerkung. Es wäre vielleicht mal ganz interessant zu wissen, was die gerne wollen. Viele Rettungsassistenten, die ich kenne, möchten lieber von einem Notarzt behandelt werden...




    Nils


    Hat der S&K-Verlag diese Umfrage auch selber ins Leben gerufen oder wurde die im Auftrag durchgeführt?

  • @Ani


    Die wollen qualifiziert geholfen bekommen, und da glaube ich ist es egal..ob der "Gute" gerade Arzt oder RA ist.
    Da wirst du auch immer unterschiedliche Meinungen zu hören bekommen..und da gehts auch wieder um die Qualität..ich möchte mich manchmal lieber von einem RA retten lassen, als von einem Arzt.

  • Zitat

    Original von Flexer
    Man könnte ja glatt denken..ihr habt Angst, das "wir" euch etwas wegnehmen.


    Das stimmt sogar gewissermaßen. Die Ärzteschaft, besonders die Kritiker dieser Kompetenzerweiterung, befürchtet in diesem Fall einen Qualitätsverlust in der notfallmedizinischen Versorgung der Bürger.

  • Flexer


    Also ich würde einen guten Notarzt anstelle eines guten Rettungsassistenten bevorzugen. Und ich denke, das gilt die für die meisten. Dich eingeschlossen... :)

  • Zitat

    Original von Flexer
    @Ani


    Die wollen qualifiziert geholfen bekommen, und da glaube ich ist es egal..ob der "Gute" gerade Arzt oder RA ist.
    Da wirst du auch immer unterschiedliche Meinungen zu hören bekommen..und da gehts auch wieder um die Qualität..ich möchte mich manchmal lieber von einem RA retten lassen, als von einem Arzt.


    Wenn ich manche Weblogs hier im Forum lese, möchte ich als Patient im Notfall auch lieber einen Notarzt an meiner Seite wissen. Bitte nicht abbestellen!


    J. 8o

  • Hallo!


    Zitat

    Original von Flexer
    ich möchte mich manchmal lieber von einem RA retten lassen, als von einem Arzt.


    Ich möchte mich - wenn "es" mal passieren sollte - von demjenigen retten lassen, der
    a) seinen Job beherrscht,
    b) schnell die richtigen Entscheidungen trifft und
    c) sein restliches Team gut führt.


    Aber sehen wir es realistisch: im Fall der Fälle haben wir da sowieso nichts mitzureden und auch ganz andere Probleme... 8)


    Ciao
    Rettungshund

  • "Sehr wohl" ist sicherlich keine Rechtfertigung, sondern eine Reaktion auf die Meinung einiger ärztlicher Standesvertreter, die Nichtärzten beharrlich gewisse Fähigkeiten absprechen (hier den Rettungsassistenten die Fähigkeit zur Selbsteinschätzung, was ich persönlich als Beleidigung auffasse).


    Was mich doch eben sehr verwundert hat ist die Aussage


    Zitat

    Und ist der Wunsch nach Supervision nicht einfach nur eine rechtliche und fachliche Absicherung, um im Schadensfall mit dem Finger auf andere zeigen zu können?


    Mal davon abgesehen, dass es sich bei der ärztlichen Supervision keinesfalls (wie Flexer ja bereits richtig anmerkte) um eine rechtliche Absicherung der Rettungsassistenten handelt, sind es doch gerade auch Ärzte, die eine solche fordern.
    Im Rahmen der Qualitätskontrolle sowie der Aus- / Fortbildung ist es unabdingbar, die Arbeit der Rettungsassistenten ärztlich zu begleiten.


    Die Umfrage wurde von Frank Flake durchgeführt und dem S+K-Verlag zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt.


    Und was die Patienten wollen: adäquate und schnelle Hilfe. Mir gegenüber hat bislang kein Patient eine Maßnahme abgelehnt als ich ihn darauf hingewiesen habe, dass ich kein Arzt bin.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Zitat

    Original von Jörg


    Wenn ich manche Weblogs hier im Forum lese, möchte ich als Patient im Notfall auch lieber einen Notarzt an meiner Seite wissen. Bitte nicht abbestellen!


    J. 8o


    Wenn ich manche Beiträge in Ärzteforen lese, möchte ich als Patient von diesen auch nicht behandelt werden :rolleyes:


    Eine Verallgemeinerung ist immer der einfachste Weg, für oder gegen etwas zu sein.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • @DG


    Soweit ich weiß, fordern die Ärzte keine Supervision, sondern lehnen eine umfassende Kompetenzerweiterung des Rettungsdienstpersonals ab. Ich persönlich sehe leider doch im Gegensatz zu Dir eine fehlerhafte Selbsteinschätzung vieler Deiner Kollegen. Daß Du Dich beleidigt fühlst, tut mir natürlich leid. Wenn ich hier im Forum sehe, welche Kollegen von Dir eine solche Kompetenzerweiterung fordern, befürchte ich in der Tat, daß genau diese Kollegen sich auch entsprechend in diese Umfrage eingebracht haben. Wenn Kollegen bei einem nicht auszuschließenden Herzinfarktverdacht den Notarzt abbestellen und im selben Atemzug meinen, sie seien fit für invasive Maßnahmen, wird es bei mir feucht in der Hose vor Angst.


    Danke für die Info zur Umfrageninitiierung.


    Der Patient hätte die Maßnahme möglicherweise auch nicht abgelehnt, wenn Du Straßenkehrer in DRK-Uniform gewesen wärest.

  • Zitat

    Original von Ani
    Hat der S&K-Verlag diese Umfrage auch selber ins Leben gerufen oder wurde die im Auftrag durchgeführt?


    Der S&K-Verlag macht auf seiner Page ständig irgendwelche Umfragen, um in seiner Zeitschrift RETTUNGSDIENST Stimmungsbilder veröffentlichen zu können, so z.B. die Frage des Monats. Zu Deiner Frage ist auf der Internetseite des Verlages folgendes zu lesen:


    Zitat


    Fundierte Daten, die Aufschluss darüber geben, welche Maßnahmen wo und von wem angewendet werden dürfen, fehlen allerdings. RETTUNGSDIENST-Redaktionsmitglied Frank Flake hat deshalb die folgende Umfrage entworfen, mit der in den nächsten zwei Monaten diese Daten ermittelt werden sollen. [...] Die Ergebnisse der Umfrage werden im RETTUNGSDIENST veröffentlicht und können anschließend von allen an der Gesetzgebung beteiligten Organisationen unter Nennung der Quelle verwendet werden.


    Der DBRD ist lediglich über Herrn Flake mit im Boot, dort saß er zum Zeitpunkt der Umfrage im Beirat. Wie dem aktuellen Bericht zur Mitgliederversammlung des DBRD am 6. September 2008 zu entnehmen ist, hat Herr Flake jedoch aus persönlichen Gründen für eine Wiederwahl nicht zur Verfügung gestanden. Gleiches gilt übrigens für die Herren Prof. Dr. Klaus Runggaldier sowie Helge Regener. Neu in den Beirat gewählt wurden Thilo Rausch, Achim Thamm, Daniel Grein sowie Andreas Wolf. Der Verein DBRD als solcher hatte mit der Umfrage nichts zu tun.

  • Zitat

    Original von Ani


    Das stimmt sogar gewissermaßen. Die Ärzteschaft, besonders die Kritiker dieser Kompetenzerweiterung, befürchtet in diesem Fall einen Qualitätsverlust in der notfallmedizinischen Versorgung der Bürger.


    Und wer soll in Zukunft diese ganzen Notärzte finanzieren, die ja teilweise schon Mangelware sind? Gab es nach der Einführung der "Notkompetenz" eine Qulaitätsverschlechterung, weil die RA´s bestimmte Maßnahmen durchgeführt haben? Oder war es nicht vielleicht so, das mehr Menschen geholfen wurde als vorher?


    Rettungshund


    Da gebe ich dir vollkommen Recht.



    Das ist wirklich ein Tritt in aller deren Hintern, die sich dafür einsetzen, das "mein" Beruf einen Schritt nach Vorne macht. Am besten wir machen es wie in den 70er Jahren und führen die Einmann Rettung wieder ein.

  • Zitat

    Original von Ani
    @DG


    Soweit ich weiß, fordern die Ärzte keine Supervision, sondern lehnen eine umfassende Kompetenzerweiterung des Rettungsdienstpersonals ab.


    Sowohl als auch. Eine Kompetenzerweiterung wird abgelehnt und eine Überwachung / Weisung durch einen ÄLRD gefordert, siehe hier.


    Zitat

    Ich persönlich sehe leider doch im Gegensatz zu Dir eine fehlerhafte Selbsteinschätzung vieler Deiner Kollegen. Daß Du Dich beleidigt fühlst, tut mir natürlich leid. Wenn ich hier im Forum sehe, welche Kollegen von Dir eine solche Kompetenzerweiterung fordern, befürchte ich in der Tat, daß genau diese Kollegen sich auch entsprechend in diese Umfrage eingebracht haben. Wenn Kollegen bei einem nicht auszuschließenden Herzinfarktverdacht den Notarzt abbestellen und im selben Atemzug meinen, sie seien fit für invasive Maßnahmen, wird es bei mir feucht in der Hose vor Angst.


    Ich sehe diese Gruppe der (sicherlich vorhandenen) Selbstüberschätzung als gering. Die hier aufgeführte Umfrage von Flake zeigt dies meiner Meinung nach deutlich. Das Problem ist vielmehr, dass diese Gruppe schnell in den Focus gerät und damit Aufmerksamkeit erregt. Auch wird sie immer wieder für Kontra-Argumente gerade von ärztlicher Seite angeführt, was ich natürlich nachvollziehen kann (ich würde es nicht anders machen).



    Zitat

    Der Patient hätte die Maßnahme möglicherweise auch nicht abgelehnt, wenn Du Straßenkehrer in DRK-Uniform gewesen wärest.


    Möglich. Weil er davon ausgeht, dass derjenige, der ihm zu Hilfe eilt, sein Handwerk auch versteht. Und dass er es versteht, ist unsere Aufgabe.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Zitat

    Original von Flexer
    Das ist wirklich ein Tritt in aller deren Hintern, die sich dafür einsetzen, das "mein" Beruf einen Schritt nach Vorne macht. Am besten wir machen es wie in den 70er Jahren und führen die Einmann Rettung wieder ein.



    Vielleicht sollte man einfach die Schritte am Anfang nicht zu groß machen...




    @DG


    Es kommt natürlich auf den Umfang der zu überwachenden Tätigkeiten an. Und je invasiver diese Tätigkeiten sind, desto höher steigt auch der Grad der Verantwortung.

  • Zitat

    Original von Flexer
    Und wer soll in Zukunft diese ganzen Notärzte finanzieren, die ja teilweise schon Mangelware sind?


    Das Problem ist weniger eines der Finanzierung als ein ethisches: wenn es zu wenig Ärzte gibt, macht es dann Sinn die wenigern verbleibenden noch auf dem NEF eine Stunde an einen einzigen Patienten zu binden, wenn sie in der Klinik derweil wesentlich effektiver gleich mehreren Patienten helfen könnten? Das wird die Frage sein, mit der wir uns in den nächsten Jahren verstärkt auseinandersetzen werden.
    Meiner Einschätzung nach wird so manches Land-NEF eingestampft werden. Der RTH als schneller Notarztzubringer wird einen großen Bereich abdecken und zu den wirklichen Notfällen ausrücken. Die nicht konkret lebensbedrohlichen Situationen werden m.E. in nicht zu ferner Zukunft durch das Rettungsdienstpersonal allein abgearbeitet werden. Der verstärkte Einsatz von Fachpersonal gerade im ambulanten Bereich der Versorgung kommt immer mehr in den Fokus politischer Bestrebungen. Wie die Ärztezeitung schreibt, ist das Modell AGNES von den Hausärzten und Patienten gleichermaßen gut angenommen worden. AGNES ist in dünn besiedelten Bereichen ein Modellversuch, die Gemeindeschwester der DDR zu reanimieren: für leichte Tätigkeiten entlastet die Schwester den Hausarzt bei der Behandlung chronisch Kranker, stellt eingeständig Folgerezepte aus, setzt Behandlungspläne um etc. Man sieht: sobald der Druck groß genug ist, wird auf einmal einiges möglich. Vor 10 Jahren hätte es gegen derartige Modellversuche laute Aufschreie aus der Ärzteschaft gegeben, die ähnlichen Inhaltes gewesen wären wie die jetzt auf den Tisch kommenden Unterstellungen. Kein Grund zur Aufregung, weder die Defibrillation noch die Intubation sind "ärztlich" geblieben, trotz aller Diskussionen um diese Themen.