Ausbildung der Notärzte: Fachkunde ./. Zusatzbezeichnung

  • Moin, irgendwo in den Tiefen des Forums hatten wir das schon mal, aber vielleicht ist ja jemand so freundlich es hier an dieser Stelle für mich kurz zu erklären:



    Die Mindestanforderungen sind: Fachkunde "Rettungsdienst" und/oder "Zusatzbezeichnung "Notfallmedizin".


    Was das bedeutet, kannst Du auf der Seite der für Euren Bereich zuständigen LÄK einsehen.


    Wie war das nochmal mit der Fachkunde, der Zusatzbezeichnung und überhaupt: was ist aktuell, was ist die alte Bezeichnung und wie unterscheiden sich die Qualifikationen? Würde mich freuen, einen kurzen Überblick über die verschiedenen Qualifizierungsformen der Notärzte zu erhalten.
    Gruß Nils

  • Für Niedersachsen:


    Notfallmedizin (Zusatzbezeichnung)


    Definition:


    Die Weiterbildung zum Erwerb der Zusatzbezeichnung Notfallmedizin umfasst die Erkennung drohender oder eingetretener
    Notfallsituationen und die Behandlung von Notfällen sowie die Wiederherstellung und Aufrechterhaltung
    akut bedrohter Vitalfunktionen.


    Weiterbildungsziel:
    Ziel der Weiterbildung ist die Erlangung der fachlichen Kompetenz in Notfallmedizin nach Ableistung der
    vorgeschriebenen Weiterbildungszeit und Weiterbildungsinhalte sowie des Weiterbildungskurses und der
    Notarzt-Einsätze.


    Voraussetzung zum Erwerb der Bezeichnung:
    24 Monate Weiterbildung in einem Gebiet der stationären Patientenversorgung bei einem Weiterbildungsermächtigten
    an einer Weiterbildungsstätte gemäß § 6 Abs.1 Satz 1
    Weiterbildungszeit:
    - 6 Monate Weiterbildung in Intensivmedizin, Anästhesiologie oder in der Notfallaufnahme unter Anleitung
    eines Weiterbildungsermächtigten gemäß § 6 Abs. 1
    - 80 Stunden Kurs-Weiterbildung gemäß § 5 Abs. 9 in allgemeiner und spezieller Notfallbehandlung
    und anschließend
    - 50 Einsätze im Notarztwagen oder Rettungshubschrauber unter Anleitung eines verantwortlichen Notarztes
    oder
    - 20 Einsätze im Notarztwagen oder Rettungshubschrauber unter Anleitung eines Weiterbildungsermächtigten
    gemäß § 6 Abs. 1


    Weiterbildungsinhalt:
    Erwerb von Kenntnissen, Erfahrungen und Fertigkeiten in
    - den rechtlichen und organisatorischen Grundlagen des Rettungsdienstes
    - der Erkennung und Behandlung akuter Störungen der Vitalfunktionen einschließlich der dazu erforderlichen
    instrumentellen und apparativen Techniken wie
    - endotracheale Intubation
    - manuelle und maschinelle Beatmung
    - kardio-pulmonale Wiederbelebung
    - Punktions- und Katheterisierungstechniken einschließlich Anlage zentralvenöser Zugänge und Thoraxdrainage
    - der Notfallmedikation einschließlich Analgesierungs- und Sedierungsverfahren
    - der sachgerechten Lagerung von Notfallpatienten
    - der Herstellung der Transportfähigkeit
    - den Besonderheiten beim Massenanfall Verletzter und Erkrankter einschließlich Sichtung


    Entnommen der Weiterbildungsordnung der ÄKN

  • D.h., der Arzt ist mindestens im dritten Jahr seiner Weiterbildung? Und Rettungsmedizin ist die aulaufende Bezeichnung? Wie war die organisiert?

  • D.h., der Arzt ist mindestens im dritten Jahr seiner Weiterbildung? Und Rettungsmedizin ist die aulaufende Bezeichnung? Wie war die organisiert?


    Sofern der die Zusatzbezeichung "Notfallmedizin" macht: Ja, er ist, nach mind. 6 1/4 Jahren Studium, im 3. Jahr der Weiterbildung. Die grundsätzlichen Regelungen wie mind. 6 Monate auf Intensiv oder Notaufnahme, Kurs (der erst nach mind. 12 Monaten Weiterbildung besucht werden darf), 50 Einsätze nach Absolvierung des Kurses ist in allen Bundesländern gleich. In einigen Bundesländern gibt es noch Übergangsregelungen bezüglich der alten Fachkunde "Rettungsdienst".

    "We are the Pilgrims, master; we shall go
    Always a little further: it may be
    Beyond that last blue mountain barred with snow,
    Across that angry or that glimmering sea,


    White on a throne or guarded in a cave
    There lives a prophet who can understand
    Why men were born: but surely we are brave,
    Who take the Golden Road to Samarkand."


    James Elroy Flecker

  • Was mich interessieren würde:


    Wo liegt denn der Unterschied zwischen den 20 NEF-Einsätzen und den 50 NEF-Einsätzen (außer in der Stückzahl)? Das scheint doch ein entweder-oder zu sein, richtig?

  • Was mich interessieren würde:


    Wo liegt denn der Unterschied zwischen den 20 NEF-Einsätzen und den 50 NEF-Einsätzen (außer in der Stückzahl)? Das scheint doch ein entweder-oder zu sein, richtig?

    Kann ich nicht sagen. Bei uns in NRW sind es 50 Einsätze, die nachgewiesen werden müssen.

  • Interessant finde ich, dass im Gegensatz zu zahlreichen Weiterbildungen oder Fortbildungen der Stundeninhalt der jeweiligen Fortbildungsthemen nicht festgeschrieben ist. Oder habe ich hier etwas übersehen?


    Meiner Erfahrung nach wird bei den Notarztkursen ein sehr großer Schwerpunkt auf MANV o.ä.gelegt und zum Teil praktisch "geprüft"(Übung), andere wichtige Themen (die durchaus deutlich häufiger anzutreffen sind: Notfallmedikamente, Reanimation, Behandlungsstandards,...) werden häufig nur sehr oberflächlich vermittelt.


    Meiner Erfahrung nach wurden diese Themen bei vielen Teilnehmern allerdings vorher auch nicht vermittelt. Hierzu die Frage:
    Hängt es also so stark vom persönlichen Interesse der Teilnehmer ab, welche Themen man sich aneignet und welche nicht?
    Gibt es einen STandard, den jeder Teilnehmer können MUSS?

  • lumberjack: Das kann ich so nicht bestätigen. Für den Inhalt der NA-Kurse gibt es eine Empfehlung der DIVI, und nur wenn die Kurse dieser entsprechen, werden sie von der LÄK anerkannt.
    Teil der Prüfung ist der MANV meines Wissens nicht, praktisch und theoretisch geprüft wird dagegen die Reanimation lt. ERC Leitlinien. Was in der Prüfung bei der LÄK abgefragt wird, hängt vom Prüfer ab.


    Das ein gewisser Schwerpunkt auf den MANV gelegt wird, liegt daran, dass der MANV der einzige Teil des Notarztkurses ist, welcher einem Arzt vorher nie gelehrt worden ist. Medikamente, Erkrankungen, Diagnose, Untersuchungstechniken, etc. werden ja alle bereits werden des Studiums gelehrt (und später, je nach Fachrichtung mehr oder weniger intensiv, während der ärzlichen Weiter-, Fortbildung und Tätigkeit weiter verwendet.)

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    James Elroy Flecker

  • witzig, in Niedersachsen folgt nach dem von Felix zitierten Teil folgendes:


    Zitat

    Übergangsbestimmungen:
    Kammermitglieder, die über die Anerkennung der Zusatzbezeichnung Rettungsmedizin verfügen, sind berechtigt,
    statt dessen die Zusatzbezeichnung Notfallmedizin zu führen.


    In SH ist das nicht so einfach, da gibts nochmal ne Prüfung:


    Zitat

    Übergangsbestimmung:


    Ärztinnen und Ärzte, die die Fachkunde Rettungsdienst erworben haben, können einen
    Antrag auf Zulassung zur Prüfung zum Erwerb der Zusatzweiterbildung Notfallmedizin
    einreichen.


  • Wo liegt denn der Unterschied zwischen den 20 NEF-Einsätzen und den 50 NEF-Einsätzen (außer in der Stückzahl)? Das scheint doch ein entweder-oder zu sein, richtig?


    Lesen hilft: 50 Einsätze unter der Aufsicht eines Notarztes oder 20 Einsätze unter Anleitung eines Weiterbildungsermächtigten. Regelung für letzteren:


  • Meiner Erfahrung nach wird bei den Notarztkursen ein sehr großer Schwerpunkt auf MANV o.ä.gelegt und zum Teil praktisch "geprüft"(Übung), andere wichtige Themen (die durchaus deutlich häufiger anzutreffen sind: Notfallmedikamente, Reanimation, Behandlungsstandards,...) werden häufig nur sehr oberflächlich vermittelt.

    Ein großer Teil der Notfallmedizin wird im Rahmen des Studiums und der klinischen Zeit vermittelt. Die Notfallmedikamente sollten zum Zeitpunkt der Notarztausbildung dem Arzt bereits bekannt sein. Der angehende Notarzt soll im Kurs die speziellen Anforderungen an die präklinische Notfallmedizin erlernen (MANV, Immobilisation, spezielle Krankheitsbilder etc.).





    Nils


    In NRW mußte ich als Inhaber der Fachkunde für die Erlangung der Zusatzbezeichnung ebenfalls eine Prüfung ablegen und 50 Einsätze nachweisen.

  • Die Notfallmedikamente sollten zum Zeitpunkt der Notarztausbildung dem Arzt bereits bekannt sein.

    Und genau den Eindruck habe ich nach Gesprächen mit über einem Dutzend angehender Notärzte verschiedener Kurse nicht gehabt.
    Der (fast) einhellige Tenor war: "Ich bin kein Anästhesist. Das muss ich mir, bevor ich fahre, bestimmt noch anschauen."
    Gleiches galt für die Reanimation. Nur beim MANV gab es erstaunlich wenige Fragen, aber eine große Unsicherheit bei Konfrontation (hoffentlich passiert mir das nicht, etc.).


    Daher meine Frage.

  • lumberjack


    In diesem Fall muß sich der angehende Notarzt die fehlenden Informationen im Selbststudium beibringen .Oder aber mit erfahrenen Kollegen sprechen. Auf diese Art und Weise haben zum Beispiel viele Chirurgen bei uns im Haus den Umgang mit Ketamin und Dormicum "gelernt" und sind inzwischen richtige Virtuosen im Umgang mit dem Zeug. Die praktische Erfahrung kommt dann durch die Einsätze. Es kann nicht Sinn und Zweck einer Notarztweiterbildung sein, Grundlagen der Notfallmedizin zu vermitteln.

  • Ein großer Teil der Notfallmedizin wird im Rahmen des Studiums und der klinischen Zeit vermittelt.


    Ist das so ? Ich habe von (ehemaligen) Medizinstudenten, welche zuvor im Rettungsdienst tätig waren immer nur gehört, Notfallmedizin wäre während des Studiums kaum behandelt worden. Ich ging daher bislang davon aus, Notfallmedizin lernt der Arzt erst nach dem eigentlichen Studium während seiner Tätigkeit im Krankenhaus.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Die Notfallmedizin an sich war schon in der alten AO ein eigenständiges Fach, in welchem, nach entsprechenden Kursen, 2 Scheine erworben werden mussten und wurde im Stex geprüft.
    Dazu kommt natürlich noch, dass die ein bestimmtes Fachgebiet betreffenden Notfälle (z.B. Myokardinfarkt, Apoplex, Trauma) in den entsprechenden Fachgebieten abgehandelt werden.
    Das Notfallmedizin im Studium kaum behandelt worden wäre, kann ich so aus eigener Erfahrung nicht bestätigen. (Das war übrigens der erste Kontakt, den ich mit Notfallmedizin und Rettungsdienst hatte.... Vor dem Studium und während der ersten Semester hat mich das nicht die Bohne interessiert.)

    "We are the Pilgrims, master; we shall go
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    James Elroy Flecker

  • Es kann nicht Sinn und Zweck einer Notarztweiterbildung sein, Grundlagen der Notfallmedizin zu vermitteln.

    Danke für die Ausführungen. So hatte ich es noch gar nicht betrachtet.


  • Ist das so ? Ich habe von (ehemaligen) Medizinstudenten, welche zuvor im Rettungsdienst tätig waren immer nur gehört, Notfallmedizin wäre während des Studiums kaum behandelt worden.


    Ich vermute, die Diskrepanz, die hier immer wieder auftaucht bzgl. der Intensität bzw. Menge die an Notfallmedizin im Studium gelehrt wird, entsteht u.a. dadurch, dass es ein (kleines) Fach wie viele andere ist. Dementsprechend lernt der gemeine Student für dieses Fach meist nur so intensiv wie für andere Fächer auch (also öfters nur für das Kurzzeitgedächtnis). Das fällt aber nicht weiter auf. Es sei denn, man kommt aus dem Rettungsdienst, wo Notfallmedizin eben das entscheidende große Fach ist.


    Wahrscheinlich wird z.B. ein MTRA, der Medzin studiert, ebenfalls bemerken, dass Radiologie nur "nebenbei" gelehrt wird und das Fach evtl. unterreprässentiert sieht.

  • Hilope


    Ja, das ist durchaus eine mögliche Erklärung.


    Könnte auch der jeweilige Studienort maßgeblich dafür sein, wie ausführlich Notfallmedizin während des Studiums behandelt wird ?

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.


  • Könnte auch der jeweilige Studienort maßgeblich dafür sein, wie ausführlich Notfallmedizin während des Studiums behandelt wird ?

    Früher war das häufiger so, heute aber ist das Niveau durch vorgeschriebene Leistungsnachweise im wesentlichen angeglichen worden. Erwähnenswert in diesem Zusammenhang: viele Unis bieten Notfallmedizin-AG's an, bei der vor allem die praktische Ausbildung unterstützt werden soll.