Zunächst unverletzt erscheinende Frau erliegt Tage später ihren inneren Verletzungen

  • Wir sprachen über die präklinische Versorgung und nicht die klinische. Und den Thread gab' es natürlich schon. So variantenreich ist die Notfallmedizin mit ihren Themen nicht, als daß keine Wiederholungen auftreten würden... ;)


    Rischtisch!!!
    Es kommt alles wieder 8-)

    ...mit Legenden ist das so eine Sache...
    ...manche sind wahr... 8)

  • Die Entscheidung, z.B. einen Stifneck abzunehmen ist eine individuelle fachärztliche Entscheidung und kann nicht verbindlich durch den Chefarzt vorgegeben werden.


    Nein? Was, wenn es aufgrund von möglichen haftungsrechtlichen Gründen eine solche Anweisung gibt und sich der Facharzt nicht daran hält? Ich könnte mir schon vorstellen, dass eine solche Anweisung in der Klinik durch den Chefarzt verbindlich vorgegeben werden kann.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Behandlungsfreiheit besteht auch im Krankenhaus. Das impliziert auch das Haftungsrecht, nachdem ein Facharzt für seine Entscheidungen und Maßnahmen in eigener Person verantwortlich ist. Ich erlebe tagtäglich als Honorararzt, welcher Blödsinn gemacht wird, weil "der Chefarzt das so will". Da werden uralte und längst überholte, teilweise sogar obsolete Dinge verlangt, die man mit gutem Gewissen gar nicht machen kann. Selbst bei Weiterbildungsassistenten endet das Weisungsrecht des Chefarztes, wenn die von ihm erwarteten Dinge außerhalb der aktuell von der Wissenschaft akzeptierten Grenzen liegen.


    Fünf aktuelle Beispiel aus meinem Alltag als Honorararzt:


    -Ein Chefarzt wünscht die Anlage eines thorakalen PDA für einen großen Abdominaleingriff unter Antikoagulation mit ASS und niedermolekularem Heparin. Die Fachgesellschaften lehnen die rückenmarksnahe Punktion in diesem Fall ab.


    - Ein Chefarzt wünscht, daß alle Herzschrittmacher in Lokalanästhesie durchgeführt werden.


    - Ein Chefarzt hat in seinen SOP die Allgemeinanästhesie mit Propofol-Perfusor und repetitiver Gabe von Sufenta-Boli verschriftlicht. Ein Verfahren, das ohne Neuromonitoring Awareness-Ereignisse sehr wahrscheinlich werden läßt.


    - Ein Chefarzt wünscht, daß alle Karpaltunnel-Syndrome in Regionalanästhesie operiert werden. Patienten werden noch nicht mal über die Möglichkeit einer Allgemeinanästhesie aufgeklärt.


    - Ein Chefarzt wünscht, daß bei stabilen ASA I bis II-Patienten bei Darmeingriffen ein arterieller Zugang für die Routineblutabnahme gelegt werden soll.

  • Wenn ein Facharzt nach einer Anamnese zu der Entscheidung kommt Stifneck weg OK, ich erlebe es aber häufig das die Pfleger das Ding direkt abnehmen bevor ein Arzt da ist. Auch wird der Pat. nur ohne Vakuummatratze geröntgt, also im Schockraum mit der Flugmatte direkt auf den Röntgentisch ungelagert.

  • Moin!


    Ich kann inzwischen nur noch von gegenteiligen Erfahrungen berichten. In meinem RD Bereich haben wir im Nahbereich zwei Krankenhäuser, die Traumapatienten aufnehmen. Eines davon, und das meistgewählte für nicht Bagatelltraumata, ist ein grosses berufsgenossenschaftliches Traumazentrum mit überregionaler Bedeutung.


    Hier ist es nicht so, dass wir ob eines Stifnecks belächerlt würden oder das es einfach "abgerissen" wird. Im Gegenteil sollte aus differenzierter Betrachtung mal auf eine Immobilisation verzichtet werden, darf damit gerechnet werden, dass man sich hierfür ausführlich rechtfertigen muss. Und das macht durchaus Sinn, wenn man etwas darüber nachdenkt. In den genannten Algorithmen finden sich recht deutlich "ablenkende Faktoren" (wie z.B. Begleittraumata) als Risikofaktor. Ich stelle die Behauptung auf, dass sich ein Patient, der sich nach einem Unfallereignis plötzlich in einer Rettungssituation wiederfindet, erheblichen ablenkenden Faktoren ausgesetzt sieht (ohne nun gleich schwerer technischer Rettung bedürfen zu müssen). Von daher halte ich es für legitim von der Notfallmedizin zu erwarten, zunächst einmal eine pauschale Immobilisation durchzuführen, sofern kinetische Energie gewirkt hat, die eine HWS Verletzung wahrscheinlich erscheinen lässt.


    Ich denke auch, dass man es sich zu leicht macht, wenn man sagt, dass ein Arzt als inkompetent angesehen wird, weil er sofort das Stifneck entfernt. Zu diesem Eindruck ist sicher mehr als eine Handlung nötig, aber überhastet wirkende Aktion, ggf. eine unfreundlich-mürrische Grundhaltung und ein dazu passendes Gesamtbild wird diesen Eindruck sicher nicht nur beim Rettungsdienst erzeugen. So ist zumindest mein erleben derartiger "Vorwürfe". Aber auch der Patient wird sich vielleicht fragen, was der Kittelträger denn nun treibt... Das würde ich mal bedenken.


    Viele Grüsse,
    Johannes


    PS: Wie hieraus nun so ein bisschen eine Facharzt vs. Paramedic Diskussion entstanden ist, muss mir mal jemand erklären. Scheinbar bin ich da schwer von Begriff...

    Land zwischen den Meeren,
    vor dem sich sogar die Bäume verneigen,
    du bist der wahre Grund,
    warum Kompassnadeln nach Norden zeigen!

  • ...
    Der Algorithmus ist ähnlich, wie vom Weltreisenden gepostet. Ich kann ihn demnächst mal abfotografieren. Als zwingende Beibehaltung ist (u.a.) Sturz aus grosser Höhe, Herausschleudern aus dem Fahrzeug, Toter im gleichen Unfallfahrzeug genannt (kann es jetzt aber nicht wörtlich wiedergeben).

    Das sind ja aber auch schon ganz andere Kaliber als der innerörtliche Auffahrbums...
    Undifferenziert alles zu nutzen, was der RTW hergibt, nur damit man alle Eventualitäten ausgeschlossen hat, müsste konsequent auch bedeuten, jeden in die Klinik zu fahren, für den man ausrückt. Schließlich hat man uns ja nicht grundlos angerufen ;-) link
    Und mit Glück kann man im Sono auch das noch unentdeckte Bauchaortenaneurysma finden :ironie:
    Um aufs Thema zurück zu kommen: wir werden und können imho nicht Jeden mit Allem finden.
    Solange man keinen konkreten Anhaltspunkt auf eine solche Verletzung hat und/oder der Patient sich nicht versorgen lassen will, ist sein Wille sein Himmelreich. Passiert dabei so etwas, ist das tragisch.


    Jeden maximal zu transportieren würde die Kliniken zudem mit Patienten überschwemmen, die ihrerseits maximal empfangen werden müssten. Bleibt die Frage,ob das Sinn macht und bezahlbar bleibt.

  • @Mav83


    Es ist notwendig, die Vakuummatratze zu entfernen weil:


    - der Patient auch mit einer Wirbelkörperfraktur nicht drauf liegen bleiben kann (oder hast Du im Krankenhaus schon mal einen Patienten auf einer Vakuummatratze liegen sehen?)


    - sich die Qualität der CT-Aufnahmen/Röntgenbilder deutlich verschlechtert


    Wenn die Vakuummatratze achsengerecht entfernt wird, stellt das keine wesentliche Gefahr für den Patienten dar.

  • Ihr arbeitet nicht mit dem LODOX.


    Für diese Aussage würde dich vermutlich jeder Radiologe standrechtlich erschießen lassen wollen. ;-)
    Lässt sich hieraus doch der Eindruck erwecken, dass es imer gänzlich trivial wäre Rtg-Bilder oder CT-Aufnahmen zu befunden.


    Je besser die Aufnahme, je besser der befundende Radiologe und je besser der Operateur, desto besser ist im Zweifelsfall das Ergebnis für den Patienten.
    Auch wenn das System noch so toll ist, jede Schicht durch die die Rtg-Strahlen gehen reduziert die Qualität der Bilder.
    Und gerade Wirbelkörperfrakturen (LWK/BWK) sind bei entsprechender Weichteilüberlagerung im konventionellen Rtg (das ist auch LODOX) vorallem bei älteren Patienten manchmal sehr schwierig zu befunden.


    Aber die Entstehungsgeschichte des LODOX hat schon was... ;-)
    http://www.lodox.com/about_lodox.html

    Zitat

    Lodox Systems designed and developed a full body medical x-ray machine that was derived from technology originally created for the security sector, specifically for the detection of diamonds by the mining industry in South Africa. As x-ray scanning is potentially dangerous for humans, very strict governing exists in relation to exposure levels by humans to x-ray dosage.

  • Ich weiß nicht, was LODOX ist, aber das Problem mit schlechter Aufnahmequalität scheint generell vorzuliegen. Fast jeder Schockraum, den ich anfahre/anfliege entfernt die Vakuummatratze vor der CT. Ich sehe das aber auch nicht als Problem.


    fakl


    Danke für die schnelle Aufklärung! :)

  • Für diese Aussage würde dich vermutlich jeder Radiologe standrechtlich erschießen lassen wollen. ;-)


    Wenn es ein Radiologe ist, der mit LODOX Erfahrung hat (was recht wenige sind) und dann noch ein Erschiessungskommando befehligen kann (damit dürften es so wenige sein, dass ich kaum in Gefahr sein dürfte).


    Im Ernst, im Zentrumsspital bleibt praktisch jeder Schwerverletzte auf dem Spine-Board oder Vakuummatratze, für diese 30 sek. Ganzkörper-Bildgebung scheint dies nicht so ein Problem zu sein.


  • Im Ernst, im Zentrumsspital bleibt praktisch jeder Schwerverletzte auf dem Spine-Board oder Vakuummatratze, für diese 30 sek. Ganzkörper-Bildgebung scheint dies nicht so ein Problem zu sein.


    Vielleicht nimmt man eine schlechtere Aufnahmequalität für ein schnelleres Procedere in Kauf. Möglicherweise werden im weiteren Verlauf dann noch weitere radiologische Untersuchungen notwendig. Eines kann ich jedenfalls persönlich bestätigen: die Aufnahmen mit Vakuummatratze sind aufgrund der Faltenbildung und Lufteinschlüsse deutlich schwieriger auszuwerten. Ein Spineboard scheint da kein Problem zu sein. Und da der Patient auch nach der Diagnose einer Wirbelkörperfraktur von der Vakuummatratze runtermuss, fehlt mir irgendwie die logische Konsequenz, wieso ein Patient unbedingt für die CT auf derselben liegenbleiben muß.


    Neulich wurde unser Patient in einem Schockraum einer größeren Klinik von unserer Vakuummatratze auf ein klinikeigenes Spineboard umgelagert. Das fand ich ganz apart.


  • Ich habe erst vor zwei Wochen einen Patienten mit einer LWK1 Fraktur von einem KH der Regelversorgung in das Haus der maximal Versorgung gefahren, da festgestellt werden sollte ob der Pat. eine stabile oder instabile Fraktur hat. Ich habe dort dann mit den MRTA sowie dem Radiologen gesprochen und diese haben dann die Bilder mit Vakuummatratze gemacht (das erste mal wohl) und sie waren überascht. Die Bilder seien wohl etwas schlechter, aber bei weitem nicht so schlecht wie erwartet. Eine Befundung war immer noch möglich.
    Im Anschluss konnte ich den Pat. in der V.matratze zum unfallchirugischen Konzil bringen und anschließend die Rückverlegung durchgeführt werden.


    Somit gehe ich mit, dass die V.matratze Einfluss auf die Bildqualität hat, aber diese auch außreichen kann eine LWK Fraktur zu befunden.



    Jetzt haben wir lange über die Matratze gesprochen, aber machen die Stifnecks auch solche schlimmen schatten?
    Ich erlebe es nämlich oft so, das dem Pat. der Stineck abgenommen wird bevor er von der V.Matratze auf den Röntgentisch umgelagert wird. Das Umlagern findet meist durch das anheben der Flugmatte und rüberheben statt.

  • @Mav83


    Es geht ja bei einer Traumaspirale nicht nur um die Knochendarstellung, sondern auch die Weichteile. Etwas verwundert bin ich, daß die Qualität einer Aufnahme mit Vakuummatratze in einem Haus der Maximalversorgung für Erstaunen sorgt. Das "Phänomen Vakuummatratze" sollte dort eigentlich bekannt sein. Oder es zeigt tatsächlich mal wieder: auch dort wird nur mit Wasser gekocht.


    Stifnecks und Spineboards sind nicht problematisch. Das Problem bei Vakuummatratzen ist die unterschiedliche Dichte durch die Kügelchen, Faltenbildung und Lufteinschlüsse.

  • Das mit den Stifnecks und den Rückenbrettern ist interessant....
    Also gibt es keinen Grund die direkt runter zu rupfen!


    Zum KH:
    Ja die haben in dem Haus zwei CT, kann also auch daran liegen - wobei ich auch im normalen Schockraum noch nie ein CT mit Vakuummatratze gesehen habe. Ich war auch überrascht das es da wohl noch nie jemand gemacht hat, aber da war es vielelicht auch so: "das haben wir schon immer ohne gemacht". Wer weiß.

  • Wenn es ein Radiologe ist, der mit LODOX Erfahrung hat (was recht wenige sind) und dann noch ein Erschiessungskommando befehligen kann (damit dürften es so wenige sein, dass ich kaum in Gefahr sein dürfte).


    Im Ernst, im Zentrumsspital bleibt praktisch jeder Schwerverletzte auf dem Spine-Board oder Vakuummatratze, für diese 30 sek. Ganzkörper-Bildgebung scheint dies nicht so ein Problem zu sein.


    Dann hast Du aber nur ein Übersichtsbild.
    Für die weitere, genauere Diagnostik (auch der Weichteile) wird dann bei Euch was gemacht? CT?

    "We are the Pilgrims, master; we shall go
    Always a little further: it may be
    Beyond that last blue mountain barred with snow,
    Across that angry or that glimmering sea,


    White on a throne or guarded in a cave
    There lives a prophet who can understand
    Why men were born: but surely we are brave,
    Who take the Golden Road to Samarkand."


    James Elroy Flecker

  • Das mit den Stifnecks und den Rückenbrettern ist interessant....
    Also gibt es keinen Grund die direkt runter zu rupfen!


    Zum KH:
    Ja die haben in dem Haus zwei CT, kann also auch daran liegen - wobei ich auch im normalen Schockraum noch nie ein CT mit Vakuummatratze gesehen habe. Ich war auch überrascht das es da wohl noch nie jemand gemacht hat, aber da war es vielelicht auch so: "das haben wir schon immer ohne gemacht". Wer weiß.


    Die Vakuummatratze verschlechtert die Bildqualität, wobei es (zumindest laut unseren Radiologen) massiv davon abhängt, was Du im CT beurteilen willst: gröbere Knochenläsionen sind (fast) kein Problem, feinere Knochenverletzung schon eher und gerade bei den Weichteilen, und dann auch noch im Zusammenhang mit Kontrastmittel, können die Interferenzen der Vakuummatraze anscheinend echte Probleme machen. (Und zumindest bei uns ist es so, dass wir versuchen, dass erste CT im Schockraum so umfassend wie möglich zu verwenden...)

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    James Elroy Flecker

  • Stellen die Radiologen bei euch eigentlich auch öfters die Schockraumindikation an sich in Frage? Mir scheint, als hätten die alle die volle Anamnese gemacht ohne den Patienten auch nur gesehen zu haben... echt nervig. :negativ:

  • Und zumindest bei uns ist es so, dass wir versuchen, dass erste CT im Schockraum so umfassend wie möglich zu verwenden...


    Es wäre ja auch nicht besonders sinnvoll (weder ökonomisch noch im Patienteninteresse --> Strahlenbelastung), ohne Not mehrere CTs bzw. Röntgenuntersuchungen, gestaffelt nach "Genauigkeit", durchzuführen.