Feuerwehr Berlin: Notarzt-Einsätze innerhalb zehn Jahre um fast 70 Prozent angestiegen

  • Dann schau mal bitte hier rein und sage mir, warum in nur 13% (muss die Zahl damit auch korrigieren, die ich oben genannt habe) der Fälle das AMPDS angewendet wird ?!


    Hast Du gesehen aus welchem Jahr die Arbeit ist?

  • Die Arbeit ist aus dem Jahr 2011. Die Ergebnisse aus 2005 und 2007. Da finde ich es erschreckend das 2 Jahre nach Einführung nur 13% der einsätze damit disponiert werden. Oder worauf wolltest du hinaus?

  • Da finde ich es erschreckend das 2 Jahre nach Einführung nur 13% der einsätze damit disponiert werden. Oder worauf wolltest du hinaus?


    Genau, die Ergebnisse sind aus dem Jahr 2005 bis 2007.
    Und ich finde dieses Prozentsatz nicht wirklich erschreckend.
    Eigentlich erwarte ich dieses Ergebnis bei Projekten dieser Art und v.a. bei den üblichen Verdächtigen die bei der Implementierung solcher Technologien involviert sind.


    Daher gehe ich eher von einem Zeitraum von 10 Jahren aus, bis das System auch die entsprechende Akzeptanz erfährt und den entsprechenden Nutzen bringt.


    Zum generellen Problem in Berlin, aber auch in vielen anderen Systemen weltweit...


    Wie schon des öfteren in diesem Forum erwähnt wurde, kann ein strukturiertes Abfragesystem und v.a. die hinterlegte Alarmierungsstruktur nur so gut sein, wie diejenigen, die sich für die Einführung und Umsetzung verantwortlich zeigen.


    Was vielen der derzeitigen Häuptlinge (nicht nur auf RD-Seite, sondern auch bei den Kostenträgern und auf Regierungsebene) nicht bewusst ist, ist folgender Umstand, der von Sir Ken Robinson sehr treffend formuliert wurde: "The current system was designed and conceived for a different age."


    Sprich die Werkzeuge, mit denen man die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen in der Notfallrettung, im Krankentransport und im Katastrophenschutz versucht zu lösen, werden sehr wahrscheinlich nicht funktionieren, v.a. werden diese "Reparaturen" aber zu keiner nachhaltigen Lösung führen.


    Wir sind an dem Punkt angekommen, an dem der Kern des Grundsystems, inkl. Gesetzte, etc. neu gestaltet werden müsste.
    Übrigens findet man diese Erkenntnis auch in vielen reinen Paramedic-Systemen oder in anderen Notarzt-Systemen weltweit.


    Um es klar zu sagen, es gibt hier keinen Königsweg, auch wenn manche es immer so hinstellen, dass sie bereits die Lösung in der Schublade haben. (Es muss sich hier niemand angesprochen fühlen!) Und es würde auch kein "Schnellschuss" werden, sondern ein Projekt welches mindestens eine Generation von Rettungsfachpersonal betrifft, eher sogar mehr.


    Ein solches "Change-Projekt" in einer Stadt wie Berlin durchzuführen, wäre sehr spannend, allerdings auch eine fast übermächtige Herausforderung.


    Aber vielleicht finden wir ja jemanden der das ehrenamtlich macht. ;)

  • Dann schau mal bitte hier rein und sage mir, warum in nur 13% (muss die Zahl damit auch korrigieren, die ich oben genannt habe) der Fälle das AMPDS angewendet wird ?!


    Wie wär´s damit:


    "Bezüglich des Einsatzablaufs zeigen sich keine signifikanten Veränderungen in der
    Häufigkeit von Sekundäralarmierungen, Eintreffzeiten des Notarztes beim Patienten
    und Reanimationserfolg." (S. 37)


    "Die Zahl der Sekundäralarmierungen wurde nach Einführung des SNAP
    nicht signifikant reduziert. Ob Patienten mit Herz-Kreislauf-Stillstand von einer
    standardisierten Notrufabfrage tatsächlich profitieren, kann hier nicht geklärt werden." (S. 43)





    Davon abgesehen werden gerade meine Vorurteile gegen Medizinerdissertationen bestätigt ;).

  • Frage:
    In der Dissertation wird von SNAP geredet. Die Berliner Fraktion hier im Forum redet von AMPDS. Ist das das selbe?


    Davon abgesehen werden gerade meine Vorurteile gegen Medizinerdissertationen bestätigt ;).


    :D

  • provokante These, ich weiss. Aber das SNAP ist eben für anderes Personal gedacht, als es in unseren Leitstellen sitzt, nämlich Calltaker und Dispatcher. Anstatt das aus Amerika einzukaufen und zu hoffen, dass das gut angenommen wird, hätte man, wenn mann die deutsche Leitstellenstruktur beibehalten möchte, besser auf eine Eigenentwicklung gesetzt, die Elemente des SNAP auf die hiesigen Verhältnisse überträgt.


    Ciao,


    Madde

    "You won't like me when I'm angry.


    Because I always back up my rage with facts and documented sources."



    The Credible Hulk.

  • nicht provokant sondern einfach nur keine ahnung vom ampds.


    das ampds (für advanced medical priority dispatch system, amtsdeutsch standardisiertes notruf abfrage protokoll = snap) teilt die anrufe aufgrund der fragen in symptom- und unfallmechanismusbezogene gruppen, die den einsatzcodes/stichworten entsprechen. und zwar standardisiert. d.h. es kann mit einer von einsatzcode zu einsatzcode variierenden wahrscheinlichkeit von einem bestimmten patientenzustand ausgegangen werden, für den dieser einsatzcode steht.
    in abhängigkeit von wahrscheinlichkeit und erwartetem patientenzustand definier ich dann meine ausrückorder. und genau daran haperts. weil es entweder keiner kapiert, oder teilweise auch keiner den mut hat für gewisse codes nur nen rtw zu definieren.


    also ein eigentlich tolles system, das leider der großteil der deutschsprachigen rettungsdienstler nicht verstanden hat.


    und weil das system so wenig und so schlecht genutzt wird gibts seit geraumer zeit hilfe von den kollegen aus tirol: http://leitstelle-tirol.at/Arc…s.126+M53b69676c98.0.html

  • An sich ist AMPDS eine tolle Sache (wenn es richtig genutzt wird). Ich könnte mir aber vorstellen, dass es für eine gewisse Verwirrung sorgt, dass es 5 Stufen des Alarms gibt.

  • Ich könnte mir aber vorstellen, dass es für eine gewisse Verwirrung sorgt, dass es 5 Stufen des Alarms gibt.

    Ist das so was, was die Kölner Fw und RD seit ein paar Tagen macht (Voralarm, weitere Abfrage, siehe aktuelle Ausgabe der Brandschutz 4/2012)?


    Gruß

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Ob Patienten mit Herz-Kreislauf-Stillstand von einer
    standardisierten Notrufabfrage tatsächlich profitieren, kann hier nicht geklärt werden." (S. 43)


    Da gibt es neuere Zahlen aus anderen Systemen, die das zeigen.
    Muss mal schauen, ob sie in der Zwischenzeit veröffentlicht wurden.
    Seattle ist so ein System.
    An der Resuscitation Academy wird u.a. gezeigt, wie die Patienten durch die kontinuierliche Optimierung der Notrufabfrage profitiert haben, z.B. durch eine schnellere "Erkennung" einer "Schnappatmung" und die daraus folgende frühere Einleitung der angeleiteten CPR.



    provokante These, ich weiss. Aber das SNAP ist eben für anderes Personal gedacht, als es in unseren Leitstellen sitzt, nämlich Calltaker und Dispatcher. Anstatt das aus Amerika einzukaufen und zu hoffen, dass das gut angenommen wird, hätte man, wenn mann die deutsche Leitstellenstruktur beibehalten möchte, besser auf eine Eigenentwicklung gesetzt, die Elemente des SNAP auf die hiesigen Verhältnisse überträgt.


    Auch in den meisten deutschen Leitstellen haben wir "Calltaker" und "Dispatcher". Aus meiner Sicht wäre es vielleicht sinnvoller, dass man akzeptiert, dass die Systeme gar nicht so unterschiedlich sind, wie immer behauptet wird. Und anstatt das Rad permanent neu zu erfinden, sollte man einfach mal offener sein und von einander lernen.


    Davon abgesehen gibt es mindestens eine "deutsche" Lösung.



    also ein eigentlich tolles system, das leider der großteil der deutschsprachigen rettungsdienstler nicht verstanden hat.


    Danke! :applaus:



    Ich gehe allerdings davon aus, dass der wirkliche Grund für das "nicht verstehen wollen" eher darin liegt, dass eine standardisierte Notrufabfrage dazu führen würde, dass die "Qualität" der Leitstelle messbar und damit transparent wird.
    Und da man in den Rettungsdienstsystemen in unserem Sprachraum nicht gewohnt ist mit "Transparenz" umzugehen (Fehlermanagement, Kommunikation mit den Mitarbeitern, ...), haben auch viele der Mitarbeiter kein Interesse daran, dass man die Qualität ihrer Arbeit auswerten kann. Eine System zur Qualitätsoptimierung hat nichts mit einem "Kontroll- und Bestrafungssystem" zu tun.


    Leider muss aufgrund des Missbrauchs solcher "Messinstrumente" (das ist eigentlich der Kern einer SNAP), oftmals erst das Vertrauen der Mitarbeiter zurückgewonnen werden.


  • Sehr wohl richtig und wichtig diese Information. Leider ist die Primäralarmierung nicht erfasst und bei einem Einsatz des Systems von 13% im Untersuchungszeitraum wirft sich die Frage auf, ob diese Schlussfolgerung auch wirklich signifikant sein kann.


    Ich glaube zum Teil auch, das die (wenn das System so benutzt wird, wie es nun vorliegt) die hinterlegte Alarm- und Ausrückeordnung sehr hoch strapaziert wird in vielen Fällen wo ein Code gebildet wird und es sehr wenige Einsatzarten gibt, in denen eben kein NEF mit im Code platziert ist.
    SNAP bietet so viele Nuancen in denen man auch eine differenzierte Alarm- und Ausrückeordnung kreieren kann. Wenn man nun statt 70 Codes nur 6 (fiktives Beispiel) aus dem eigentlichen System etabliert und diese mit 80 % NEF Alarmierungen unterlegt, ist für mich der Sinn des Systems nicht ausgenutzt worden.

  • Ist das so was, was die Kölner Fw und RD seit ein paar Tagen macht (Voralarm, weitere Abfrage, siehe aktuelle Ausgabe der Brandschutz 4/2012)?


    Nicht ganz: Es umfasst 5 Grundcodes: (die Interpretationen sind von mir und nicht 1:1 abgeschrieben, kann also Differenzen zu anderen Postings aufweisen)


    ALPHA: Transport
    BRAVO: akutes Ereignis, ggf. mit zu erwartender Gesundheitsschädigung
    CHARLIE: akutes Ereignis mit zu erwartender schwerer Gesundheitsschädigung oder möglicher vitaler Bedrohung
    DELTA: vitale Bedrohung
    ECHO: Atemwege verschlossen


    Aus dieser Klassifizierung wird das Rettungsmittel ermittelt.


  • Und genau da denke ich, liegt/bzw. läge auch das Problem der Anwendung im deutschen RD-System.
    Der Notarzt wird hier mit Sicherheit mindestens zu Code C bis E geschickt, während man in Systemen wie in CH z.B. zu Code C den RTW erstmal solo hinschicken würde.
    Die Meldung "Bewusstlosigkeit" (und damit "mögliche vitale Bedrohung") z.B. führt ja in Deutschland zwingend zu einer NA Alarmierung, obwohl davon (behaupte ich mal) in 90% der Fälle der Patient bis zum Eintreffen des RD wieder ansprechbar und in keiner akuten vitalen Bedrohung mehr ist (z.B. Synkope). Oder aber durch "einfache therapeutische Massnahmen" wieder "erweckt" werden kann (z.B. Hypoglykämie).
    Wenn der Patient dann bei Eintreffen des RD tatsächlich einmal bewusstlos sein sollte, sollte das Rettungsfachpersonal doch durchaus in der Lage sein, die Zeit bis zum Eintreffen eines Experten (z.B. dem NA in D) zu überbrücken (z.B. Reanimation, Atemwege freihalten, etc.).
    Ich behaupte einfach mal (ohne Zahlen zu kennen), wenn man das Stichwort "Bewusstlosigkeit" (bzw. mögliche vitale Bedrohung), aus dem NA Katalog streichen würde und den NA nur ab Code Delta bzw. auf Anforderung durch den RD alarmieren würde, würde sich die Zahl der (unnötigen) NA Einsätze deutlich verringern ohne dass dadurch eine schlechtere Patientenversorgung die Folge wäre und die Ressource Notarzt würde deutlich sensitiver und sinnvoller eingesetzt.

  • Ach so, die Dinger...war wohl schon zu spät! Danke...


    Gruß

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Berlin hatt mittlerweile umgestellt. Alle neu angestellten RA´s machen nun die Notrufabfrage mit Protokoll. Protokoll Feuerwehr und Medizinisches Protokoll.


    Es gibt einen "altgedienten" Disponenten/Feuerwehrbeamten der inmitten der Notrufannahme sitzt und die Kollegen fachlich berät.


    Es wird forciert das "alle" Notrufe mit Protokoll abgefragt werden.

  • Berlin hatt mittlerweile umgestellt.

    Auf was denn? Gibt es da was genaues?


    Gruß

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Vielleicht meint er, das nun nach 7 Jahren das SNAP oder SMAP wirklich zu "100%" eingesetzt wird und nicht zu 13%, wie aus der damaligen Studie 2005 hervorging.?!

  • Genau deshalb fragte ich ja, um zu erfahren was genau nun anders ist bzw. eingeführt wurde. Das geht ja nicht so genau aus Blaulix Beitrag hervor!


    Gruß

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.