Forderung der Medikamentengabe im RettAss-Examen

  • Ich habe gerade von einem Kollegen gehört, dass es in Ba-Wü eine Rettungsassistentenschule gebe, die im praktishcen Staatsexamen grundsätzlich eine (erweiterte) Medikamentengabe erwarte. In diesem Zuge sei dort die Aussage gefallen, dass man im Prüfungsfallbeispiel keine sehr gute oder gute Note (1 bzw. 2) erreichen könne, wenn man dabei keine Medikamente appliziere.
    Diese Forderung beschränke sich - angeblich - nicht auf die gängigen Medikamente der Notkompetenzempfehlung, sondern umfasse ausdrücklich auch eine Analgosedierung z.B. beim Extremitätentrauma. So werde beispielsweise bei einer schmerzhaften Unterarmfraktur vom Examenskandidaten der Einsatz von Dormicum und Ketanest erwartet, wenn dieser eine gute Note erreichen wolle.


    Hat jemand von euch von dieser Ausbildungs-/Prüfungspraxis gehört und kann das so bestätigen?


    Ich selbst halte diese Haltung für absurd. Natürlich würde auch ich in einem RettAss-Examen die (indizierte) Gabe von O2, Nitrospray (ACS), Suprarenin (Reanimation; Anaphylaxie); ß2-Mimetika (Bronchospasmus) und evtl. einem Benzo zur Krampfdurchbrechung erwarten (hab ich was vergessen?). Die weitere Gabe von Notfallmedikamenten würde ich mindestens kritisch sehen und den Kandidaten, sollte er sich auf dieses dünne Eis wagen, ganz schön zum Schwitzen bringen (ihn z.B. eine konsekutive Intubationsnarkose nach Überdosierung einer Dormicum-Ketanest-Analgosedierung vorführen lassen). Diese Maßnahmen aber grundsätzlich vom Prüfling *einzufordern*, empfinde ich mindestens als unsachgemäß. Eigentlich ist es - im Status quo - eine Frechheit.


    Meinungen?
    J.


    P.S.: BITTE - ich möchte hier ausdrücklich KEINE GRUNDSATZDISKUSSION zur Analgosedierung oder erweiterten Medikamentengabe durch Rettungsfachpersonal anzetteln - es geht explizit um die erwartbaren/zumutbaren Anforderungen in einem Staatsexamen. Danke!

  • Du hast noch Glucose und kristalloide Infusionslösungen vergessen :)


    Also ich absolviere gerade die RA Ausbildung in Hannover und bei uns ist dies sogar ein Durchfallgrund, sofern wir über die vom ÄLRD/von der Bundesärztekammer freigegebenen Medikamente hinaus gehen. Dabei geht es allerdings nur um die Gabe dieser Medikamente, vorbereiten, wie z.B. ASS bei einem ACS, dürfen wir diese durchaus.

  • Hast die Glucose vergessen.... ;)
    Aktuel dazu steht in der neues Ausgabe der "Rettungsdienst" ein Artikel was passiert, wenn man als RA nicht mit Medikamenten umgehen kann. Diese wurden zwar eigenverantwortlich gegeben, ändert aber nix an der Tatsache, dass es schlichtweg strafbar ist.
    Ich denke, dass solche eigenständigen pharmakologischen Fragen (denn vom Land/Bund kommt das ja nicht) einem Einspruch vor Gericht seitens des Geprüften nicht standhalten werden können. Seit wann praktiziert diese Schule das denn so? Gibts da auch konkrete Quellen oder Statement seitens besagter Schule?

  • Wie sehen denn die Rahmenbedingungen aus? Lag denn bei dem Extremitätentrauma auch eine Situation vor, die man mit dem 34er abhandeln könnte oder waren die medikamente purer Luxus?

  • Ich sehe keinen großen Wiederspruch in der notwendigen Gabe von z.B. Glucose in der Prüfungssituation und eines Analgetika. Die BÄK erwähnt in ihrer "Notkompetenz-Richtlinie" auch ein sogenanntes Analgetika und steht damit auf der gleichen Stelle wie die anderen Medikamente. Wenn die Schule nun als standardmäßiges Analgetikum Ketamin/(Midazolam) lehrt, sehe ich dort kein Problem. Zumindest nicht, wenn man es aufgrund der BÄK-Empfehlung begründet.

  • Ich sehe keinen großen Wiederspruch in der notwendigen Gabe von z.B. Glucose in der Prüfungssituation und eines Analgetika. Die BÄK erwähnt in ihrer "Notkompetenz-Richtlinie" auch ein sogenanntes Analgetika und steht damit auf der gleichen Stelle wie die anderen Medikamente. Wenn die Schule nun als standardmäßiges Analgetikum Ketamin/(Midazolam) lehrt, sehe ich dort kein Problem. Zumindest nicht, wenn man es aufgrund der BÄK-Empfehlung begründet.

    Wenn man die Linie konsequent durchziehen will, darf man aber nicht aufs Ketamin setzten, dies hat die BÄK ja als Analgetikum neben anderen ausgeschlossen.

  • ihn z.B. eine konsekutive Intubationsnarkose nach Überdosierung einer Dormicum-Ketanest-Analgosedierung vorführen lassen


    Anmerkung:
    Hier besteht Gefahr. Einfach weil die Intubation des Phantoms deutlich einfacher und komplikationsärmer ist, als die Intubation eines nicht-nüchternen "realen" Patienten.
    Sollte der Prüfling "Puppen" intubieren können, kann es sein, dass er, wenn er seine eigenen Fähigkeiten nicht reflektiert, sich in falscher Sicherheit wiegt.
    "Intubieren kann ich ja..."


    Zum Ursprünglichen Thema:
    Wenn es bekannt, ist dass die Prüfer dieses Verhalten so wünschen, dann würde ich es in der Prüfung einfach so machen, mir aber bewusst sein, dass es für Später eben nicht unbedingt das "richtige" Vorgehen ist.

  • Mich würde auch interessieren, ob neben der theoretischen Komponente die Teilnehmer dieser Schule auch klinisch im Umgang mit den geprüften Medikamenten geschult werden.


  • Mir wäre eine solche Praxis in Baden-Württemberg nicht bekannt.


    Mir auch nicht. Jedoch kann ich mir vorstellen um welche Schule es sich handelt ..obwohl mich es schon Überrascht, dass das ganze in Bawü sein soll, ich hätte da eher spontan eine im Odenwald im Verdacht :pfeif:


    Zum Thema: Ich finde eine erweiterte Medikamentengabe hat im Staatsexamen nichts zu Suchen aus folgenden Gründen :


    1) Wie weiter oben schon genannt fehlt dazu eine exakte rechtliche Grundlage, die BÄK-Empfehlung ist nur eine Empfehlung sonst nichts.


    2) In einer Prüfungssituation sollten in erster Linie die Basismaßnahmen funktionieren + i.v. -Zugang, EKG interpretieren etc...


    3) Ich finde es falsch, dass der Eindruck suggeriert wird, das man nur ein "guter" RA wird wenn man diese Maßnahmen im Examen schon beherrscht. Meiner Meinung nach werden mit solchen Prüfungspraktiken Rettungsrambos rangezüchtet, die Quasie schon mit der Viggo im Anschlag in die Whg stürmen und die man im Anerkennungsjahr erst wieder müsahm auf den Boden der Tatsachen zurück bringen muss .


    Verständlich wäre es als Unterschied zwischen einer 2 und einer 1, wenn man mündlich erläutern kann was man Geben (in welcher Dosierung, mögliche Nebenwirkungen etc) könnte bzw der NA tun wird. Alles andere ist für mich schwachsinn und (momentan noch ) an der Realität vorbei.
    Ich fande eig die Aussage eines Dozenten aus meiner Examenszeit recht gut, nämlich das eine Schule dafür da ist, dass nötige Grundgerüst und theoretische Wissen zu vermitteln, worauf man dann Später aufbauen kann.


    Nur zum Klarstellen: Ich bin durch aus der Meinug das ein fertiger "guter" RA später auf der Strasse im Fall der Fälle dazu in der Lage sein sollte. Nur im Examen hat das nichts verloren als zwigend anzuwendende Maßnahme, um auf eine 2 oder 1 kommen zu können. :nein:

    Simply try to do your best, not to be the best

    :)

    Einmal editiert, zuletzt von Blasco ()

  • Mod: Ich habe einige streitbare Beiträge (nach Rücksprache mit dem User) sowie die resultierende OT-Diskussion gelöscht. Danke für euer Verständnis!


    J. :)

  • Aus meiner Sicht MUSS die Durchführung entsprechender Maßnahmen Ausbildungsbestandteil sein & dann natürlich auch im abschließenden Examen geprüft werden.

  • Aus meiner Sicht MUSS die Durchführung entsprechender Maßnahmen Ausbildungsbestandteil sein & dann natürlich auch im abschließenden Examen geprüft werden.

    Das dies wünschenswert wäre steht außer Frage, allerdings ist hier die richtige Reihenfolge erst Ausbildungsreform und dann Anpassung der Prüfung an eine neue Gesetzeslage und nicht irgendein Alleingang.

  • Moin,


    ich kenne mehrere Schulen in Norddeutschland, die die NK-Medikamente zwingend erwarten und darauf bestehen, dass erweiterte Medikamente vorbereitet werden, und deren Indikation / Dosis / Kontraindikationen / Nebenwirkungen gekannt werden. Sollte dies auch in der praktischen Prüfung nicht geschehen, so wird sich das in aller Regel negativ aufs Prüfungsergebnis niederschlagen. Die eigentliche Applikation wird allerdings nicht erwartet, aber der Unterschied ist eher gering. Die rechtliche Situation ist aber natürlich auch Teil des Unterrichts. Letztendlich ist es also eine Frage der Formulierung. Wurde erwartet, dass ein Medikament aufgezogen und das Wissen um dessen Applikation kundgetan wird, oder wurde tatsächlich das simulierte Spritzen erwartet?


    Ketanest ist doch schon in einigen Kreisen als "freigegebenes" Medikament in den Algorithmen enthalten. Ich kenne die Situation in Ba-Wü nun nicht, allerdings wird auch immer für das gesamte Bundesgebiet ausgebildet. Das Wissen über dieses Medikament zu vermitteln und zu prüfen halte ich perse nicht für falsch. Es ist ja davon auszugehen, dass im Unterricht detailiert auf die Problematik der Medikamentengabe eingegangen wurde. Im Rahmen einer Prüfung eine Applikation zu erwarten halte ich für schwierig, da die Prüfung dann leichter angefochten werden kann. Allerdings kann eine solche Aussage auch einfach dazu dienen, dass der zukünftige Prüfling motiviert wird, sich mit Pharmakologie zu beschäftigen. Auch das könnte ich mir sehr gut vorstellen und im Zweifelsfall wäre auch die Frage, ob es hier vielleicht die Einzelmeinung eines Dozenten ist.


    Viele Grüße,
    Johannes

    Land zwischen den Meeren,
    vor dem sich sogar die Bäume verneigen,
    du bist der wahre Grund,
    warum Kompassnadeln nach Norden zeigen!

  • Grundsätzlich in Prüfungen ein Medikament aufzuziehen zu lassen ist unsinnig, weil man zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht weiß, was der Notarzt gerne für ein Medikament hätte. Man könnte lediglich fragen, welche Medikamente theoretisch zur Behandlung in Frage kämen.

  • Es wird ja immer die regional ausgerichtete Ausbildung mit angesprochen. Sollte in diesem Bereich eine Ketanestgabe bei entsprechenden Indikationen vom ÄLRD gefordert und Standard sein, dann kann es durchaus sein, das dieses in der RettAss Ausbildung eingefügt und auch ausgebildet wurde. Es gibt nun kein bundeseinheitliches Curriculum, das jede Schule selbst schreibt. Sollte hier auch vom Prüfungsamt im Benehmen der Schulen diese Maßnahme über die Curricula eingereicht und bestätigt sein, dann sehe ich kein Problem (z.B. bei Extremitätentraumen) den Prüfling diese Prüfung mit einer schlechteren Note zu behaften, sollte er diese Maßnahme nicht durchführen.


    BTW: Johanniter Akademie Hannover: Ich habe damals eine Prüfung RettAss abgenommen, in der ein Team bei einer anaphylaktischen Reaktion eine Notkoniotomie durchgeführt hat was, nachdem das Team den Raum verlassen hat, zum Applaus der Mitprüfer geführt hat. Ich habe das sehr kritisch betrachtet, wurde aber überstimmt. Anwesend war auch der Schulleiter dieser Institution, der es als sehr gut empfunden hat.


    Sollten Situationen entstehen, wie sie Jörg schon beschrieben hat, muss der RettAss im Zweifel mit einer Problemsituation konfrontiert werden, die er selbst geschaffen hat. (Überdosierung mit Ketanest, Dormicum). Dennoch werde ich bei korrekter Anwendung diese nicht künstlich schaffen. Weiterhin ist es Aufgabe eines guten Schulungszentrum dem Auszubildenden zu vermitteln, das Erfahrung mit dem Medikament nur über die Tätigkeit unter Aufsicht erlangt werden kann und die Ausbildung nicht per se dazu befähigt, jegliche Art von Medikament unreflektiert zu applizieren.

  • Grundsätzlich in Prüfungen ein Medikament aufzuziehen zu lassen ist unsinnig, weil man zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht weiß, was der Notarzt gerne für ein Medikament hätte. Man könnte lediglich fragen, welche Medikamente theoretisch zur Behandlung in Frage kämen.

    Genau so wurde es beim Fallbeispiel ACS bei uns gehandhabt(Auch eine Schule in BaWü). Weitere (ärztliche) medikamentöse Behandlung? Was könnte man vorbereiten/ bereit legen?
    Aber die i.v.-Gabe zu verlangen finde ich sehr gefährlich...

  • Grundsätzlich in Prüfungen ein Medikament aufzuziehen zu lassen ist unsinnig, weil man zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht weiß, was der Notarzt gerne für ein Medikament hätte. Man könnte lediglich fragen, welche Medikamente theoretisch zur Behandlung in Frage kämen.

    In den allerwenigsten Notarzteinsätzen tuen sich da besondere Überraschungen auf Ani.


    Beim ACS lege ich zum Beispiel immer schon ASS, Heparin, je nachdem Beloc und 9 ml NaCl bereit - das heißt ja beim besten Willen nicht, dass der Doc das auch spritzen muss. Wenn ers net will fliegts in den Müll.


    Bereitlegen und Indikation/Kontraindikation kennen finde ich für die Prüfung absolut ok- Applikation außer der von Jörg genannten aber nicht.

  • Bei "standardisierten" Notfällen wie dem ACS oder einer allergischen Reaktion geht das auch. Schwierig wird es bei Schmerzen, Herzrhythmusstörungen, Atemnot etc.... also bei fast allem anderen. Außerdem sehe ich keinen Sinn im Wegschmeißen von Medikamenten, weil sie teilweise ziemlich teuer sind. Wirtschaftlich denken ist was anderes. Lieber wäre mir persönlich, die Rettungsassistenten würden mehr trainieren, Medikamente schneller aufzuziehen. Dann braucht man nicht das Gefühl haben, etwas schon vorbereitet haben zu müssen.