Berufsverband der Anästhesisten und PHTLS Deutschland beschließen Intensivierung der Zusammenarbeit


  • Wichtig wäre meiner Meinung nach vielmehr, dass man sich deutschlandweit für 1 Kurskonzept entscheidet und das weiterverfolgt. Ob das nun ATT, Traumamanagement oder PHTLS ist ist mir eigentlich wurst. Ich denke sogar, dass Rettungsassistenen und Notärzte sich regelmäßig in solchen Kurskonzepten rezertifizieren lassen sollten (aber bitte nicht auf eigene Kosten!).


    Schön wäre es - Aber wirf mal deinen Idealismus über Bord.
    Im Endeffekt geht es mittlerweile auch schon zu einem nicht ganz geringen Teil auch um Geld und Macht.

  • Im Endeffekt geht es mittlerweile auch schon zu einem nicht ganz geringen Teil auch um Geld und Macht.


    :applaus:


    Und ich möchte noch ergänzen: Es geht nicht um den Patienten!

  • Noch einmal die Formel: Value = Health outcomes / Costs of delivering the outcomes


    Nette Formel, aber für den deutschen Sprachgebrauch meiner Meinung nach etwas verwirrend, da man dazu neigt value mit Wert zu übersetzen.
    Der Formel nach zu Urteilen geht es aber eher umgangsspprachlich ausgedrückt um eine Art "Preis-Leistungsverhältnis".
    Man sollte aber aufpasse, was man als Outcome definiert, denn wie sagte Oscar Wild so schön:
    "A cynic is a man who knows the price of everything and the value of nothing"
    Ein bischen ausführlicher ist das Problem des "value" hier definiert:
    http://www.nejm.org/doi/pdf/10.1056/NEJMp1011024


    Ghandi, es ist nett, dass du so eine plakative Formel aufführst, allerdings wirst du dich in der Praxis schwer tun das Outcome wirklich gut zu messen bzw. zu definieren, gerade bei Traumapatienten und im speziellen bei neurochirurgischen Traumapatienten.


    Innerklinische Versorgungen sind derart inhomogen, dass ich mir fast nicht vorstellen kann, sinnvolle Vergleichsstudien zum Thema PHTLS versus konventionelle Traumaversorgung zu machen. (Und ich meine nun nicht, wen bringen wir halb Tod in die Notaufnahme versus wem stellen wir an der Unfallstelle den Totenschein aus.)


    Unterm Strich glaube ich, dass man hier niemals gute Daten herbekommen wird.
    Es wird meiner Meinung nach immer eine Glaubensfrage sein. Zitierfähige Studien (hab jetzt nicht bei pubmed geschaut), würden unter der Varianz der Therapie, der Varianz der Verletzungen und einem massiven Selection-Bias leiden.

  • Ein bischen ausführlicher ist das Problem des "value" hier definiert:
    http://www.nejm.org/doi/pdf/10.1056/NEJMp1011024


    Danke dass Du auf den Artikel von Michael Porter hinweist. Von ihm ist übrigens auch die Formel.



    Ghandi, es ist nett, dass du so eine plakative Formel aufführst, allerdings wirst du dich in der Praxis schwer tun das Outcome wirklich gut zu messen bzw. zu definieren, gerade bei Traumapatienten und im speziellen bei neurochirurgischen Traumapatienten.


    Warum?

  • Warum?


    Weil sterben eine Sache ist...
    Der Grad der Behinderung für den Patienten aber eine sehr variablen und schlecht messbaren, weil sehr subjektiven, Endpunkt darstellt.
    (vgl. QALY, theoretisch gut, praktisch schwierig)


    Und für die Bewertung der Therapie spielt dann nicht nur die 1h am Unfallort/Transport/Klinik eine Rolle, sondern die anschließende Intensivtherapie und Reha, die sich über Monate hinzieht... Da kann dann auch nochmal viel "schief" gehen...
    Und den Grad der Behinderung kann ich leider nur am Ende der ganzen Therapie bestimmen.
    Wenn ich nun jeden Patienten mit "Komplikationen" aus einer Studie schmeiße, dann habe ich hinterher keine Patienten mehr übrig, die ich vergleichen kann... ;-)



    Deswegen wäre ich mit so plakativen Formeln bei polytraumatisierten Patienten vorsichtig.

  • Um es mal ein bisschen zusammenzufassen:


    KEIN Konzept ersetzt hier den gesunden Menschenverstand bei der Zusammenarbeit mit anderen und der Versorgung von Patienten und erst Recht nicht die differenzierten Diagnose- und Therapiemöglichkeiten eines gut ausgebildeten Notarztes. Daher bleiben diese ganzen Konzepte auch nur Empfehlungen und keine Verbindlichkeiten, bis das Gegenteil bewiesen ist.



  • Ich habe nicht behauptet, dass es einfach wird.
    Aber dafür, dass es möglich ist, gibt es sehr interessante Beispiele, vereinzelt auch in Deutschland.


    In einem "Value Based Health Care System" geht es um die Betrachtung der des gesamten Behandlungszyklus und nicht nur eines kleinen Teils der Kette.


    Es geht hier auch nicht um Studien, sondern um die konkrete Messung der Ergebnisqualität, die innerhalb des Systems generiert wird.
    Und das Ergebnis steht im eigentlichen Sinne des Wortes, immer am Ende der Therapie und schliesst aus meiner Sicht sogar noch die "Reklamationsphase" mit ein.
    Sprich es wird auch niemand wegen Komplikationen "herausgefiltert", ganz im Gegenteil.


    Wie gesagt, es ist sicherlich nicht einfach umzusetzen, da es einen Paradigmenwechsel erfordern würde, aber es ist möglich.
    Es wird aber sehr, sehr viel Geduld von Nöten sein und die meisten von uns werden es nicht mehr in ihrer berufliche Laufbahn erleben.

  • :applaus:


    Und ich möchte noch ergänzen: Es geht nicht um den Patienten!



    Ich bekomme gerade ein ganz schlechtes Gewissen da ich in der letzten Schicht eine Patientin ohne Provider-Zertifikat eines entsprechenden PHTLS-, ITLS- oder TraumaManagement-Kurses mit gesundem Menschenverstand nach der aktuellen S3-Leitlinie Polytrauma versorgt habe - Und das initial ohne Notarzt. Ich weiß nicht wie ich das geschafft habe.


    :ironie:


  • Ich bekomme gerade ein ganz schlechtes Gewissen da ich in der letzten Schicht eine Patientin ohne Provider-Zertifikat eines entsprechenden PHTLS-, ITLS- oder TraumaManagement-Kurses mit gesundem Menschenverstand nach der aktuellen S3-Leitlinie Polytrauma versorgt habe - Und das initial ohne Notarzt. Ich weiß nicht wie ich das geschafft habe.


    :ironie:


    Das frag ich mich auch. Daher solltest du bei der nächsten Übergabe nicht mehr wie immer sagen "Der Patiet war allzeit wach, ansprechbar und orientiert sowie hämodynamisch und kardiopulmonal stabil" sondern "Der Patient hat kein A,B,C und D-Problem". Du wirst dann verwundert feststellen, dass es dem Patienten gleich viel besser geht und der übernehmende Arzt begeistert eine Rakete abfeuert.

  • Hätte auch nie gedacht, dass ich ohne Besuch eines solchen Kurses einem Patienten mal eine Beckenschlinge ... Sorry; ich meine natürlich einen "SAM Pelvic Sling" anlege. :D


  • Verstehe. Ich frage deshalb, weil ich den überwiegenden Teil der Traumapatienten ohne Notarzt versorge und je nach Zukunftsentwicklung die Häufigkeit der NA-Alarmierungen zur Analgesie abnehmen wird. Das wirklich schwere Trauma ist ja relativ selten.


    Was verstehst Du hierbei unter einem Traumapatienten? Zählt da jetzt jede einfache Schnittverletzung/KoPlaWu/sonstige kleinere Verletzungen oder reden wir von schwereren Verletzungen?
    Im letzteren Fall würde ich mich aber wundern, wenn Du das meistens ohne NA abarbeitest bzw. würden mich die Gründe hirefür interessieren.


    Ciao
    Rettungshund

  • Was verstehst Du hierbei unter einem Traumapatienten? Zählt da jetzt jede einfache Schnittverletzung/KoPlaWu/sonstige kleinere Verletzungen oder reden wir von schwereren Verletzungen?
    Im letzteren Fall würde ich mich aber wundern, wenn Du das meistens ohne NA abarbeitest bzw. würden mich die Gründe hirefür interessieren.


    Wie ich bereits schrieb, ist das schwere Trauma bzw. der lebensbedrohlich verletzte Patient (im Vergleich zur Gesamtzahl der durch ein Trauma verletzten Patienten im Rettungsdienst) relativ selten. Die meisten Verkehrsunfälle, Haus-, Arbeits- oder Sportunfälle werden durch Rettungsassistenten ohne Notarzt versorgt. Im Regelfall handelt es sich hierbei um Patienten mit leichteren Monotraumata. Für diese Patienten kommt für gewöhnlich ein Notarzt einzig zur Analgesie zum Einsatz.
    Davon abgesehen habe ich aber auch schon schwer verletzte Patienten aufgrund strategischer Überlegungen ohne Notarzt in eine Klinik transportiert.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Ein Beispiel zu einem solchen Monotrauma, welches ohne NA abgearbeitet wurde: Es begab sich, dass ein Mann Mitte 60 nächtens in seinem Hobbykeller die Handkreissäge schwang. Das Ergebnis war eine Schnittwunde quer über die Handfläche, welche diverse anatomische Strukturen abzubilden vermochte. Sensibilität und Motorik waren dennoch erhalten und auf die Frage nach den Schmerzen, die laut VAS bei 5 eingeordnet wurden und ob denn ein Wunsch nach Analgesie bestünde wurde ein vernehmliches NEIN ausgesprochen. Nach Wundversorgung und Bekämpfung einer milden Schocksymptomatik mittels 16G im Unterarm und Anmeldung in der nächstliegenden geeigneten Handchirurgie wurde der Patient ohne NA verbracht und war ca. 45 Min nach Geschehen in definitiver Behandlung. Könnte man auch anders abarbeiten, doch bezüglich der Frage nach dem Benefit für den Patienten und den Kosten für das Gesundheitssystem insgesamt kann ich diese Handlungsweise vertreten und würde es jederzeit wieder so machen. Einzelfallentscheidung auf Grund Erfahrung und Skills vs. der NA muss da hin, weil's schon immer so war... diese Frage muss jeder für sich beantworten...

    Unter den Blinden ist der Einäugige der Arsch - er muss allen Anderen vorlesen...


  • Wie ich bereits schrieb, ist das schwere Trauma bzw. der lebensbedrohlich verletzte Patient (im Vergleich zur Gesamtzahl der durch ein Trauma verletzten Patienten im Rettungsdienst) relativ selten. Die meisten Verkehrsunfälle, Haus-, Arbeits- oder Sportunfälle werden durch Rettungsassistenten ohne Notarzt versorgt. Im Regelfall handelt es sich hierbei um Patienten mit leichteren Monotraumata. Für diese Patienten kommt für gewöhnlich ein Notarzt einzig zur Analgesie zum Einsatz.
    Davon abgesehen habe ich aber auch schon schwer verletzte Patienten aufgrund strategischer Überlegungen ohne Notarzt in eine Klinik transportiert.


    Würde ich so unterschreiben. Klassische Beispiele wären die isolierte Unterarm-/Unterschenkel-/Schenkelhalsfraktur, das HWS Schleudertrauma, diverse Luxationen, Zerrungen etc. Alles Dinge bei denen ich regelhaft, mit Ausnahme der notwendigen Analgesie, keinen Notarzt brauche.
    Gibt es eigentlich eine Definition von "schwerverletzt"?
    Die Schenkelhalsfraktur würde ich zum Beispiel in die Kategorie "schwerverletzt" einordnen. Nicht akut lebensbedrohlich aber sicher auch keine leichte Verletzung.


    Dann gibt es natürlich noch die Fälle bei denen eigentlich ein Notarzt von Nöten wäre, bei denen ich aber schneller im Krankenhaus bin als der NA bei mir.

  • In Pressemeldungen der Polizei ist soweit ich weiß jeder der stationär im Krankenhaus aufgenommen wird schwerverletzt.

  • In der Medizin gelten andere Definitionen mit deutlich fließenderen Grenzen. Dabei korreliert die Definition nicht nur mit der potentiellen Vitalbedrohung. So ist eine offene Luxationsfraktur des Sprunggelenkes nicht vital bedrohlich, aber aus medizinischer Sicht trotzdem eine schwere Verletzung.

  • Würde ich so unterschreiben. Klassische Beispiele wären die isolierte Unterarm-/Unterschenkel-/Schenkelhalsfraktur, das HWS Schleudertrauma, diverse Luxationen, Zerrungen etc. Alles Dinge bei denen ich regelhaft, mit Ausnahme der notwendigen Analgesie, keinen Notarzt brauche.


    Deshalb hab ich auch bei Daniel nachgefragt, weil ja tatsächlich die Mehrzahl der chirurgischen Einsätze keine NA-Indikationen darstellen (von der Analgesie abgesehen) und ich aber auch dafür keine Abarbeitung nach PHTLS (oder anderen Buchstabenkursen) brauche.


    Ciao
    Rettungshund

  • Schon klar, mein Posting bezog sich auch weniger auf deines. Ich wollte eigentlich nur Daniels Aussage unterstützen. Ist wohl durch das Zitat etwas missverständlich rüber gekommen.


    @Ani, eine richtige Definition gibt es also nicht?