Diskussion um Einhaltung der Hilfsfrist im Kreis Göppingen

  • Eine Diskussion um die Einhaltung der Hilfsfrist im Kreis Göppingen (Baden-Württemberg) gibt es derzeit zwischen den Maltesern und dem DRK. Edmund Baur, MHD-Kreisbeauftragter, kritisiert ein vier Jahre altes Gutachten, auf dessen Grundlage die Besetzung der MHD-Rettungswache in Uhingen geregelt wurde, als "nicht mehr zeitgemäß". "Die Zahl der Krankentransporte hat seitdem stark zugenommen, denn die Hausarztversorgung ist rückläufig", so der Kreisbeauftragte. Die MHD-Wache ist derzeit von Montags bis Donnerstags zwischen 7 und 23 besetzt, außerhalb dieser Zeit sind die Rettungswagen des DRK-Rettungsdienstes zuständig. Verständlich, dass DRK-Kreisgeschäftsführer Alexander Sparhuber daher auch keinen Grund sieht, an der aktuellen Regelung etwas zu ändern. Er verweist darauf, dass die gesetzliche Hilfsfrist in Landkreis Göppingen zu 94,6 Prozent eingehalten werden und der Landkreis damit an der Spitze von ganz Baden-Württemberg liegen würde. Vergleichszahlen für das Jahr 2011 konnte der DRK-Geschäftsführer jedoch noch nicht nennen.


    Dem MHD-Kreisbeauftragten Baur sowie dem DRK-Landesverband liegen die aktuellen Zahlen jedoch vor und die zeigen, dass der Landkreis Göppingen mitnichten an der Spitze liegt. Zwar gibt es in Punkto "Einhaltung der Hilfsfrist Rettungswagen" für die 15-Minuten-Frist einen 94,6 prozentigen Erfüllungsgrad, 23 der 37 Stadt- und Landkreise in Baden-Württemberg weisen jedoch bessere Werte als der Landkreis Göppingen auf.
    "Damit sind wir nicht ganz glücklich, weil die Hilfsfrist im Kreis Göppingen nicht eingehalten wird", erklärt daher der Kreisbeauftragte. Durch eine andere Besetzung der MHD-Wache Uhingen alleine könnte die Quote deutlich verbessert werden. Baur fordert zudem, dass die zehnminütige Soll-Frist künftig als Maßstab herangezogen wird, um zumindest die Einhaltung der gesetzlichen Frist zu gewährleisten. DRK-Kreisgeschäftsführer Sparhuber kann diese Forderungen nicht unterschreiben. Nicht nur der Kreis würde bei der Hilfsfrist bestens abschneiden, auch die Gemeinde Uhingen sei blendend versorgt und habe im Landesvergleich eine hervorragende Versorgung.


    Offiziell nicht veröffentlicht werden die Zahlen, wie häufig die vom Gesetzgeber genannte 10-Minuten-Hilfsfrist eingehalten wird. Im Kreis Göppingen liegt die Quote demnach zwischen 60 und 70 Prozent.


    Quelle: http://www.swp.de/geislingen/l…ben-nicht;art5573,1459427

  • Ein altbekanntes Problem: die 10-Minuten-Soll-Vorgabe im Rettungsdienstgesetz wird regelmäßig unter den Tisch fallen gelassen, planerisch scheint einzig die 15-Minuten-Höchstgrenze zu existieren.
    Auch wenn hier wieder die Interessen der jeweiligen Organisation im Vordergrund stehen begrüße ich den Vorstoß des MHD-Kreisbeauftragten, die 10 Minuten künftig als Maßstab heranzuziehen. Dass dies funktioniert, zeigt uns z.B. das Bundesland Hessen.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Das dies funktioniert, zeigt uns z.B. das Bundesland Hessen.


    Danke für die Blumen!
    Das ganze fiel aber nicht als himmlisches Manna vom Himmel, sondern wurde hart erarbeitet.


    Das der RD letztendlich ein gemeinsames Ziel hat, wurde hier vor Ort vor ca. zwanzig Jahren auch noch nicht unbedingt verstanden.
    Die Zusammenarbeit an der Basis klappte ganz gut - auf höherer Ebene liess sich keine Hiorg von der anderen die Butter vom Brot nehmen.
    Um nur ein Bsp. zu nehmen:
    hätte Anfang der 80-er-Jahre jemand behauptet, daß an einer DRK-NAW (heue NEF) Wache auch noch ein zweites Fzg. steht, welches aber von der JUH und einem privatem RD-Betreiber im Wechsel betrieben wird - und am zweiten NA-Stützpunkt, der historisch dem ASB zuzuordnen ist, noch die Malteser mit einem zweiten NEF stehen -
    die Reaktionen hätten so ausgesehen: :nein: oder ?-( oder :ill:


    Es war auch eine offenbarende Erkenntnis, daß nicht jede Hiorg ALLES anbieten muss, sondern daß der Erfolg noch viel höher ausfällt, wenn sich jeder ein wenig spezialisiert - und bereit ist, mit anderen einen Austausch der jeweiligen Ressourcen vorzunehmen.


    Vielleicht klappt das im Ländle ja auch eines Tages.

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

  • Danke für die Blumen!


    Ich bezweifle, dass das dein Verdienst ist.


    Vielleicht klappt das im Ländle ja auch eines Tages.


    Das klappt im "Ländle" vielerorts schon jetzt sehr gut.


    Dank meiner Tätigkeit im "Grenzgebiet" zu Hessen weiß ich ganz gut, dass in Hessen zwar teilweise die formalen/gesetzlichen Voraussetzungen im RD etwas besser sind als in Ba-Wü, dennoch auch dort nicht alles Gold ist, was glänzt. Auch in Hessen hinkt die Wirklichkeit immer wieder dem Anspruch hinterher. Gleichzeitig ist in Ba-Wü nicht alles so schlecht, wie es hier gelegentlich von manchen Usern geredet wird - zumal von welchen, die den hiesigen Rettungsdienst (wenn überhaupt) nur von außen und vom Hörensagen kennen.
    Überheblich wirkende Pauschalaussagen wie die oben sollte man sich daher vielleicht einfach auch mal verkneifen.


    J.

  • Ich würde es bedauern wenn es in irgendeiner Weise nach Eigenlob klang.


    Grund meines Beitrages war einfach der Gedanke, daß es eben wirklich Willen + Arbeit bedeutet - auf allen Seiten.
    Dazu kommt der Faktor Zeit.
    Die Phase, als aus dem Krankentransport langsam der Rettungsdienst in heutiger Prägung wurde, war auch hier noch bestimmt von Persönlichkeiten (auf allen Seiten!), die das hohe Lied der eigenen Hiorg ständig betonten.
    Ich weiss nicht, ob dies nötig ist, um Vereinsmitglieder (nichts anderes sind ehrenamtliche HelferInnen ja) bei der Stange zu halten - ich meine aber, daß dies für die eigentliche Aufgabenstellung kontraproduktiv sein kann.
    Die Zeit sorgte einfach für einen Generationenwechsel - und bei allen wirtschaftlichen Interessen bedeutet dies eben auch, daß nicht alles ausschliesslich aus dem Blickwinkel des eigenen Ärmelabzeichens gesehen wird.


    Ebenso kontraproduktiv halte ich die Verquickung von politischen Leitungsebenen in Vorstandsfunktionen von Hilfsorganisationen.
    Der gute Gedanke des Kontaktes gerät da leicht in Gefahr, als Missbrauchsmöglichkeit von Macht benutzt zu werden.
    Jede politisch tätige Person, die Haushaltsverantwortung trägt, wird sich natürlich stark machen für eine möglichst kostengünstige Lösung bei der Erfüllung gesetzlicher Aufgaben.
    Das Resultat für einen professionellen RD (im Sinne von bezahlter Arbeit) sind dann u.U. Arbeitsbereitschaften, Verquickung von bezahlter Tätigkeit mit angeblichem Ehrenamt sowie möglicherweise sogar das Einsparen von Planstellen, weil es ja Menschen gibt, die das "für lau" machen.


    Wer sich freiwillig bereit findet, eine ehrenamtliche Arbeit bei einer Hiorg zu machen, der will kochen, einen Rettungshund führen, Sanitätsdienst machen usw.
    Jede Hiorg muß sich die Frage stellen, ob jeder Verein all diese Aufgaben allesamt anbieten muß - das kostet nämlich viel Geld und viel Kraft.


    Nochmal:
    Es lag und liegt mir fern, BaWü u.a. BL eine lange Nase zu zeigen.
    Ich bin jedoch durchaus der Meinung, daß bestimmte Lösungen anderen als Vorbild zur Nachahmung dienen können.
    Präklin. Notfallmedizin bzw. Rettungsdienst kann nicht bedeuten, daß jede Instituion vor Ort das Rad ständig neu erfindet.

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

  • Wie würdet Ihr eine Kategorisierung der Dringlichkeit, wie die folgende, finden? (Achtung: Englisch)


    Call Categorisation


    Ambulances are dispatched in response to 999 emergency calls based on the clinical need of the patient. The calls are prioritised according to the seriousness of the patient's condition:


    Category A: Immediately life threatening conditions


    Category A (8 minute): The patient should receive an initial response within 8 minutes in 75% of all cases. The clock starts the moment the call arrives at the Ambulance Service switchboard. This means the clock can be ticking before the call has been answered.


    Category A (19 minute): An ambulance must arrive within 19 minutes of the request for transport being made in 95% of cases.


    Category B: Serious but not life threatening. Patients should receive a response within 19 minutes in 95% of cases.


    Category C: Not life threatening or serious and now includes those previously known as Doctors Urgent / Health Care Referral


    The response time standards for Cat C calls are set locally, not nationally. This type of call may be dealt with over the telephone with a clinical advisor.
    Others may receive care through an alternative pathway arranged by clinicians at the scene. Examples could be a referral to a falls coordinator / social services care team.
    Patients should receive a response within 30 minutes in 95% of cases.


    For Doctors Urgent / Health Care Referral these are transport requests that are received from a healthcare professional such as a Doctor or Midwife to transfer a patient to hospital. Patients should be in hospital with 15 minutes of the agreed time (which could be up to four hours) in 95% of cases.

  • @ Ghandi:
    Zumindest eine Anlehnung an das von dir genannte System halte ich für durchaus sinnvoll.

    The reason I talk to myself is because I’m the only one whose answers I accept. George Carlin

  • Wie würdet Ihr eine Kategorisierung der Dringlichkeit, wie die folgende, finden?

    Category A: Immediately life threatening conditions


    Category A (8 minute): The patient should receive an initial response within 8 minutes in 75% of all cases. The clock starts the moment the call arrives at the Ambulance Service switchboard. This means the clock can be ticking before the call has been answered.


    Category A (19 minute): An ambulance must arrive within 19 minutes of the request for transport being made in 95% of cases.


    Was ich gerade nicht nachvollziehen kann: was genau unterscheidet Category A 8 und 19 Minuten bezüglich des Patientenzustandes? Beides wird doch unter "Immediately life threatening conditions" subsumiert?
    Und ich frage mich gerade, was wohl besser ist: 10 Minuten Eintreffzeit in 95% aller Einsätze oder 8 Minuten Eintreffzeit in 75% aller Einsätze. Wobei die 8 Minuten ab dem ersten Klingeln durchaus herausfordernd sind.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Was ich gerade nicht nachvollziehen kann: was genau unterscheidet Category A 8 und 19 Minuten bezüglich des Patientenzustandes? Beides wird doch unter "Immediately life threatening conditions" subsumiert?
    Und ich frage mich gerade, was wohl besser ist: 10 Minuten Eintreffzeit in 95% aller Einsätze oder 8 Minuten Eintreffzeit in 75% aller Einsätze. Wobei die 8 Minuten ab dem ersten Klingeln durchaus herausfordernd sind.


    Die CAT A 8 Minuten beziehen sich darauf, dass der Patient professionelle Hilfe bekommt.
    Die CAT A 19 Minuten beziehen sich auf ein Fahrzeug, das den Patienten transportieren kann.

  • Die CAT A 8 Minuten betreffen sich darauf, dass der professionelle Patient Hilfe bekommt.


    Professionelle Patienten haben wir hier auch ein paar. Bei denen isser aber nicht so dringend, da kommt man nie zu spät...


    ;) J.

  • dass der professionelle Patient Hilfe bekommt


    Auch ein Problem der heutigen Zeit: professionelle Patienten. Manche scheinen damit sogar Geld zu verdienen ;)


    Spaß beiseite: danke für die Erläuterung. Also werden Behandlung und Transport unterschiedlich festgelegt. Das kann durchaus Vorteile haben, jedoch kann es auch Vorteile haben, die Einheit, welche auch transportieren kann, zeitnah am Einsatzort zu haben - z.B. bei einem zerebralen Insult.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Professionelle Patienten haben wir hier auch ein paar. Bei denen isser aber nicht so dringend, da kommt man nie zu spät...


    J.


    :prost:


    Ich sehe gerade 11 professionelle Patienten in roten Sportklamotten.

  • Das kann durchaus Vorteile haben, jedoch kann es auch Vorteile haben, die Einheit, welche auch transportieren kann, zeitnah am Einsatzort zu haben - z.B. bei einem zerebralen Insult.


    Da gebe ich Dir absolut Recht. Aber das erreichen sie in diesem System auch, da sie die Ergebnisqualität nachweisen müssen, auch beim Zeitfenster von Strokepatienten.


    Hier kann man sich über die Performance informieren: http://www.wmas.nhs.uk/about_us/trust_performance-.aspx

  • Patient kommt aus dem lateinischen und bedeutet in etwa: "der Geduldige" :ironie:


    Applaus für den MHD!!! Endlich wagt es einmal wieder einer der "Kleinen" in Ba. Wü. gegen den "Großen" die Stimme zu erheben. Die letzten Jahre waren hierzulande geprägt unter dem Motto: tust du mir nichts, tu ich dir nichts. Wohl unter dem Eindruck drohender Ausschreibungen wie in anderen Bundesländern.
    Daß das Thema Hilfsfristen hierzulande dringend aufs Parkett gehört sollte seit dem Skandal um den RD Schwäbisch Hall eigentlich klar sein. Was abzuwarten bleibt, ist zudem die Auswirkung der Einrichtung einer Quallitätssicherungsstelle des medizinischen Dienstes der Krankenkassen. Die sollen sich nämlich auf Grund eines Beschlusses des Landesbereichsausschusses und der Landesregierung bzw. Innenministeriums von Ba.W. um diese Dinge kümmern. Eine Aufnahme dieser Tätigkeit ist für September 2012 geplant. :)
    http://www.mdkbw.de/106-545.htm


    Sicher ist in Ba.Wü. nicht alles schlecht. Gar keine Frage. Aber die Entwicklung im Rettungsdienst ist aufgrund fehlender Anreize seitens der Politik auf alle Fälle im letzten Jahrzehnt nahezu zum erliegen gekommen. Und Stillstand bedeutet bekanntlich auch Rückschritt!


    @Raphael: Ihrem 2. Beirag ist meiner Meinung nichts mehr hinzuzufügen. :applaus:

    "...Was Sie brauchen haben Sie und was Sie nicht haben brauchen Sie auch nicht.."

    Einmal editiert, zuletzt von Manne ()

  • Jörg


    Ich frage mich, wieso man in den "letzten" Jahren in Bezug auf die Hilfsfrist fast nur negatives aus BaWü und anderen Bundesländern hört, aus Hessen eher nur gutes? Hessen ist, was den Rettungsdienst angeht, ein wirklicher Vorreiter in den letzten Jahren. Und ja, hier ist auch nicht alles Gold was glänzt, aber hier wird meiner Meinung viel mehr dafür getan, als im beschaulichen Ländle.

  • Ein altbekanntes Problem: die 10-Minuten-Soll-Vorgabe im Rettungsdienstgesetz wird regelmäßig unter den Tisch fallen gelassen, planerisch scheint einzig die 15-Minuten-Höchstgrenze zu existieren.


    Vor einigen Jahren gab es sogar die Auslegung eines Vertreters der Kostenträger in Baden-Württemberg, dass die 15 Minuten über den gesamten RD-Bereich zu betrachten wären und ein Durchschnitt über den Landkreis ermittelt werden müsse. Damit wären regelmässige Anfahrtswege von erheblich mehr als 15 Minuten (auch über die 5 %) durchaus zulässig, solange z.B. durch ein städtisches Gebiet im Landkreis für die Anfahrt ein Mittelwert von 15 min. gehalten würde.

  • Vor einigen Jahren gab es sogar die Auslegung eines Vertreters der Kostenträger in Baden-Württemberg, dass die 15 Minuten über den gesamten RD-Bereich zu betrachten wären und ein Durchschnitt über den Landkreis ermittelt werden müsse. Damit wären regelmässige Anfahrtswege von erheblich mehr als 15 Minuten (auch über die 5 %) durchaus zulässig, solange z.B. durch ein städtisches Gebiet im Landkreis für die Anfahrt ein Mittelwert von 15 min. gehalten würde.


    Ich bin nicht zu 100% sicher, meine aber, dass die Einhaltung der Hilfsfrist genau so gerechnet wird. Die in der Stadt stationierten RTW (und NEF) gleichen die längeren Anfahrtszeiten der RTW auf dem Land im Hinblick auf die Hilfsfrist im Jahresdurchschnitt aus.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.