Staatsanwaltschaft Kiel ermittelt gegen Rettungsassistenten wegen unerlaubter Medikamentengabe

  • Will eigentlich nur sagen, dass ich fest davon überzeugt bin, dass es viel mehr Menschen egal wäre welche (medizinische) Qualifikation der Onkel/die Tante an der Spritze hat, solange er/sie überhaupt eine Qualifikation hat.


    "solange er hilft" würde ich eher behaupten. Interessant wird das erst dann, wenn der gewünschte Erfolg nicht wie erwartet eintritt. Dann interessiert sich nämlich neben der Staatsanwaltschaft auch ziemlich schnell der Patient oder die Hinterbliebenen Angehörigen - und zwar völlig unabhängig davon, ob der Betroffene die Maßnahme regelhaft, not-regelhaft oder ungerechtfertigterweise angewendet hat.


    Gruß, Christian

  • "solange er hilft" würde ich eher behaupten.


    Das würde ich dann für zutreffend halten, wenn bereits eine Akutsituation eingetreten ist.
    Im normalen Leben dürften die Menschen schon differenzierter sein und auf eine vernünftige Ausbildung hoffen.

    The reason I talk to myself is because I’m the only one whose answers I accept. George Carlin

  • Eine Grundlösung wäre nicht, einen Notarzt "light" zu entwickeln, sondern den Notarzt in seiner Position zu stärken: mehr Standorte (bzw. eine weitere Ausdünnung zu verhindern) und die Indikation differenzierter zu stellen.


    Wenn man natürlich den Paramedic als Ziel hat, geht man theoretisch zumindest schon den richtigen Weg.


    Ich gehe mit dir, jedoch kann man Holländische/Australische Paramedics nicht mit einem Deutschen RetAss vergleichen. Wenn man also wirklich mehr Kompetenzen haben will, dann benötigt man auch schlicht und ergreifend die Ausbildung. Dazu gehört für mich eine Ergänzungsprüfunh nicht dazu, sondern weitere Ausbildung. Und das bei Menschen die täglich damit arbeiten.

  • jedoch kann man Holländische/Australische Paramedics nicht mit einem Deutschen RetAss vergleichen.


    Man kann sie in soweit vergleichen das sie allesamt keine Ärzte sind, wird doch heufig argumentiert das per se alle egal bei welcher Quallifikation unison ungeeignet sind da sie keine Ärzte sind.

  • Wenn man nun polemisch wäre und diese fragen würde, von wem sie denn lieber versorgt werden würden, bin ich mir relativ sicher, dass diese eher von einem Notarzt (ärztlich) behandelt werden würden als von einem RettAss oder NotSan.


    Wenn man diese Patienten fragen würde, ob sie sich lieber von einem Dr. oder von einem Prof. Dr. behandeln lassen würden - was denkst du, was sie wohl antworten würden?
    Letztlich würden sie es wohl nach einer entsprechenden Aufklärung darauf reduzieren, durch den versorgt zu werden, der es kann.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Wenn man diese Patienten fragen würde, ob sie sich lieber von einem Dr. oder von einem Prof. Dr. behandeln lassen würden - was denkst du, was sie wohl antworten würden?


    ...oder stell dir mal vor der behandelnde ist einfach nur Arzt. So ganz ohne Dr.

    The reason I talk to myself is because I’m the only one whose answers I accept. George Carlin

  • Wenn man diese Patienten fragen würde, ob sie sich lieber von einem Dr. oder von einem Prof. Dr. behandeln lassen würden - was denkst du, was sie wohl antworten würden?
    Letztlich würden sie es wohl nach einer entsprechenden Aufklärung darauf reduzieren, durch den versorgt zu werden, der es kann.


    Die Professor-Doktor-Frage stelle ich mehrfach wöchentlich bei der Prämedikation von Privatpatienten bzgl. der Wahlleistung. In der Anästhesie sind die meisten tatsächlich mit dem Doktor sprich Arzt zufrieden, in den chirurgischen Fächern sieht das sicher anders aus. Außerdem stehen hier zwei Ärzte als Alternative zur Auswahl und nicht Arzt vs. RettAss/ NotSan.


    Wenn die Patienten die Wahl hätten, würden sie wohl den nehmen, der es am besten kann.


    Und nochmal, warum ausgerechnet in der medizinischen ungünstigsten Situation nicht den Arzt beim Patienten?

  • Wenn die Patienten die Wahl hätten, würden sie wohl den nehmen, der es am besten kann.


    Natürlich würden sie das. Sie würden sich wohl durchweg nur durch den Prof. Dr. versorgen lassen, weil sie davon ausgehen, dass er es am besten kann.


    Und nochmal, warum ausgerechnet in der medizinischen ungünstigsten Situation nicht den Arzt beim Patienten?


    Haben wir doch? Wir haben ein Notarzt gestütztes Rettungsdienstsystem. Die Frage dürfte wohl dann eher sein, wo man die Grenze ziehen möchte.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Genau deshalb hätte ich mir ja gewünscht, dass der NotSan von diesem unsäglichen "Notstands-Gedöns" befreit wird und er die Massnahmen regelhaft auch im Alltag durchführen darf (z.B. eben die regelmässige Analgesie bei der unkomplizierten Schenkelhalsfraktur, um sie dann beim Polytrauma auch zu beherrschen).


    Da kann ich dir fachlich nicht folgen.
    Zur unkomplizierten Schenkelhalsfraktur:
    Hier würde ich persönlich eine Gabe von Piritramid im Rahmen einer standardisierten SOP mit Schmerztherapie-Schema begrüßen.
    Das gibt das Betäubungsmittel-Gesetz aber laut unseren Forumsjuristen nicht her. Das ist Schade und hier würde ich mir eine Änderung wünschen.


    Die adäquate Analgesie beim Polytrauma ist ein anderes Themengebiet und da sind wir uns einig die endet bei entsprechender Indikation im Idealfall in einer Intubationsnarkose durch einen Anästhesisten. Da komme ich mit Piritramid nicht weiter. Der Illusion sollte und darf man sich nicht hingeben. Ketamin und Dormicum sind da auch nicht die größten Prioritäten für den Patienten... Eher ein guter Schockraum...


    Und da sehe ich die eigentliche Gefahr:
    Das man meint Dinge alleine Managen zu können, die man vielleicht alleine doch nicht so gut beherrscht und so Patienten gefährdet.



    Aber nochmal:
    Für das unkomplizierte isolierte Extremitätentrauma würde ich mir eine streng standardisierte Analgetika-Gabe in Form von Piritramid durch geschulte Notfallsanitäter wünschen.
    (Theorie, Hospitation im AWR einer Klinik). Das gibt das Betäubungsmittelgesetz aber nicht her...


    Zum Thema andere Medikamente:
    Bei mutlimorbiden Patienten mit internistischen Krankheitsbildern sehe allerdings die Medikation mit anderen Medikamenten (Antihypertensiva, Antiarrhythmika etc.) deutlich kritischer und würde es eher ablehnen, dass durch Notfallsanitäter eine medikatmentöse Therapie einer internistischen Grunderkrankung erfolgt, auch wenn hier natürlich das Betäubungsmittelgesetz nicht dagegen spricht.
    Piritramid, natürlich deutlich vorsichtiger dosiert, würde ich aber auch hier bei einer Schenkelhalsfraktur gut finden.
    Nur sollte man da dann eben nicht den Fehler machen und die Schenkelhalfraktur ohne Notarzt zu analgesieren und den für den Sturz ursächlichen 3.gradigen AV-Block zu übersehen, der eigentlich schon einen Notarzt bedarf. :-)

  • Das mit dem "Polytrauma" war etwas flapsig ausgedrückt, sorry. Es sollte einfach ein Überbegriff für die Patienten sein, die am Unfallort stärkste Schmerzen haben und u.U. dann eben die 20-30 Minuten auf einen Notarzt warten müssen.
    Unsere RS lernen eben auch im Alltag den routinierten Umgang mit Opiaten (Mo, Fenta) und weiterer Medikamente. Dadurch können sie diese dann auch in einer Stresssituation sicherer anwenden als derjenige, der in dieser Ausnahmesituation das erste Mal Fenta in der Hand hat. Sie lernen aber auch, den AV-Block vorher festzustellen (ich glaube der wird von Ihnen nicht öfter übersehen als von einem NA), können diesen aber auch bis zum Eintreffen des NA bei Bedarf (kritischer Pat.) schon behandeln.
    Dass man die Kompetenz und das Können hat heißt ja nicht, dass man alles alleine macht (auch wir haben ein Expertensystem für die kritischen Patienten), sondern dass man sein Können bei Bedarf im Sinne des Patienten anwendet. Und das Können umfasst hier halt einfach auch Maßnahmen, die sich mit der Kompetenz des NA überschneidet. Konflikte habe ich deshalb bisher aber nicht erlebt. Vielleicht auch deshalb, weil in der Ausbildung bereits sehr großer Wert auf Selbständigkeit, aber auch Selbstreflektion gelegt wird (habe hier ausgebildete RS bisher nicht als "Rettungsrambos" erlebt). Und diese Hoffnung habe ich halt auch an die zukünftige NotSan Ausbildung.


    PS: dass Du dem RFP Dipi für die SH-Fraktur zugestehen würdest, finde ich übrigens super. Auch am BTMG bedarf es mMn mittelfristig eine Änderung für den "sinnvollen Einsatz" von NFS. Weil die Opiate gehören da einfach dazu (das ist aber wieder eine andere Diskussion).

    Einmal editiert, zuletzt von Blodwyn76 ()

  • dass Du dem RFP Dipi für die SH-Fraktur zugestehen würdest


    Ich gestehe niemandem etwas zu. Es ist einfach objektiv betrachtet meiner Meinung nach eine sinnvolle Möglichkeit, wenn man es an bestimmte Bedingungen koppelt. (Schulung, Hospitation, Schema)


    Fentanyl betrachte ich persönlich allerdings deutlich kritischer, da ich damit schon 2 mal fast unbeabsichtig (1 x Einleitung, 1 x Analgosedierung bei insuffizientem Block bei schmerzgeplagtem schreiendem Patienten) eine nicht unerhebliche Bradypnoe bis fasthin zur Apnoe verursacht habe. Trotz alltäglicher Anwendung...
    Nachtrag: Zum Glück ohne Patientenschaden.

  • Eigentlich wollte ich zu der Thematik nichts mehr schreiben.


    Den Vortrag von fakl kann ich sehr gut nachvollziehen, allerdings wird das grundlegende Problem bei derartigen Diskussionen immer außer Acht gelassen, das sich die Wahrnehmungen immer auf die eigenen Arbeitsbereiche beziehen. Wie aber bereits bekannt ist, gibt es von Rettungsdienstbereich zu Rettungsdienstbereich erhebliche qualitative Ausbildungsunterschiede beim RFP wie auch bei den Notärzten. Nur weil in meinem Rettungsdienstbereich gewisse Maßnahmen vom RFP nicht geleistet werden können, heißt dies noch lange nicht, das in anderen Rettungsdienstbereichen dies genauso ist. Wenn in meinem Rettungsdienstbereich gewisse Mängel vorliegen, sollte es doch das Ziel sein, diese auszumerzen.


    Vielleicht hilft auch dieser Einwand. Ein Arzt therapiert, ein Rettungsassistent, Notfallsanitäter und auch Notarzt sollte eigentlich nur die Symptomatik des Notfallpatienten behandeln um weiteren gesuhndheitlichen Schaden abzuwenden. Hier sehe ich bereits gravierende Unterschiede. Das RFP wird i. d. R. niemals die Ursachen für eine Erkrankung beheben oder abmildern können. Dies wird immer den Ärzten vorbehalten sein. Die Zielsetzung des Rettungsdienstes einschließlich der dort tätigen Notärzte ist ausschließlich dahingehend zu sehen, das der Notfallpatient möglichst ohne weiteren gesundheitlichen Schaden zu erleiden, einem Arzt vorgestellt wird, der das Know how, die technischen Möglichkeiten vorhält, mit der dann die Ursachen der Erkrankung effizient und schnellstens angegangen werden kann.


    Daher sollte es doch Zielsetzung sein, das nicht mehr die Frage gestellt wird: "Wer was macht," sondern die Fragestellung sich dahingehend wandeln: "Wann was gemacht wird."

  • Ein Arzt therapiert, ein Rettungsassistent, Notfallsanitäter und auch Notarzt sollte eigentlich nur die Symptomatik des Notfallpatienten behandeln um weiteren gesuhndheitlichen Schaden abzuwenden.


    (Fett durch mich.)


    Warum sollte das denn so sein? Wofür schicke ich den Notarzt hin, wenn er nur Symptome behandeln soll? Wenn ich einen Arzt irgendwo hinschicke, gehe ich davon aus, dass dieser auch vor Ort eine Therapie einleiten wird* und nicht nur Symptome bekämpft.





    *sofern das beim vorliegenden Krankheitsbild möglich ist.

    The reason I talk to myself is because I’m the only one whose answers I accept. George Carlin

  • ...und auch der Umgang mit diesen Komplikationen gehört zum "Können" selbstverständlich dazu.


    Der Hersteller schreibt:



    Das Wort Ärzte ist mir persönlich nicht wichtig. Wichtiger ist der Satz mit der intensivmedizinischen bzw. anästhesiologischen Ausbildung.
    Ich würde persönlich sogar soweit gehen, dass ein Arzt ohne entsprechnde Kenntnisse bei Einsatz dieses Medikamente und entsprechendem Schaden durchaus entsprechende Probleme bekommen kann, wenn ein Gutachter die Packungsbeilage zitiert.
    Davon mal abgesehen hätte ich in der Situation der Analgosedierung als Nicht-Facharzt durchaus auch ein massives Problem gehabt, im Falle des Falles...
    Und ich Rede hier nicht von den üblichen 0,1mg Fentanyl... Wenn jemand stärkste Schmerzen hat, kommt man auf höhere Dosierungen und da ist man dann wieder im Bereich der Narkoseeinleitung.
    Im Setting einer Narkoseeinleitung ist es wieder etwas anderes... aber eine Analgesie sollte halt nicht unbeabsichtigt in einer Narkose enden.

  • @ Guy Fawkes


    ...naja, ich sowie auch meine Kollegen haben bisher in den allermeisten Fällen nur Symptome, die Ursache diverser Erkrankungen sind und waren behandelt. Ich glaube den Notärzten geht es da nicht anders, aber wer weiß....


    @ fakl

    Zitat

    Wenn jemand stärkste Schmerzen hat, kommt man auf höhere Dosierungen und da ist man dann wieder im Bereich der Narkoseeinleitung.
    Im Setting einer Narkoseeinleitung ist es wieder etwas anderes... aber eine Analgesie sollte halt nicht unbeabsichtigt in einer Narkose enden.


    Man kann sich auf Notfälle in beschärnkter Weise vorbereiten. Wie optimal und sicher dann letztendlich die tatsächliche Notfallbewältigung ist, hängt davon ab, wie hoch der finanzielle Mitteleinsatz ist. Es dürfte alleine schon aus finanziellen Gründen utopisch sein, das man auf jedem Rettungsmittel mit einer Standortbelegung die sehr kurze HIlfsfristen ermöglichen einen Arzt mit intensivmedizinischer und anesthesiologischen Ausbildung einsetzen könnte. Hier denke ich, muss man gewisse Abstriche bei der Qualität des Anwenders machen, denn andersrum ist es genauso schlecht, wenn man aufgrund der Gegebenheiten wiederum dem Patienten eine zwingend notwendige Therapie vorenthält und möglicherweise eine weitere gesundheitliche Schädigung des Patienten in Kauf nimmt.

  • ..naja, ich sowie auch meine Kollegen haben bisher in den allermeisten Fällen nur Symptome, die Ursache diverser Erkrankungen sind und waren behandelt. Ich glaube den Notärzten geht es da nicht anders, aber wer weiß....


    Hmmm, vielleicht verstehe ich es falsch, aber ich sehe schon bei vielen Notarzteinsätzen nicht nur die Behandlung von Symptomen, sondern (zumindest der Beginn) einer Therapie, z.B. anaphlylaktische Reaktion, Myokardinfarkt, hypertensive Krise, etc.