Fahrradfahrer ohne Helm haben bei Unfall eine Mitschuld von 20%

  • Wie man's auch dreht, das Urteil ist Unsinn. Wo will man da die Grenzen ziehen?

    Sagt das nicht der gesunde Menschenverstand? Fakt ist doch, die Helmempfehlung beim Radfahren gibt es schon lange. Auch ist es ein Unterschied, ob man jetzt mal eine "Gefahr" eingeht, wie z.B. die Kellertreppe zu nutzen, oder eine Strecke mit dem Drahtesel fährt. Im Übrigen: Bei der Treppe wäre ja auch nur eine Person beteiligt und man müsste auch nicht abwägen, wer jetzt welchen Beitrag am Unfall hat.

  • Ich bin mir allerdings sicher, dass wenn die Kellertreppe keine funktionierende Beleuchtung hat, kein Geländer und total vermoost ist und die Versicherung das spitz bekommt auch hier ewaige Leistungen/Schadensersatz/etc gekürzt werden, bzw. vom Eigentümer mitgetragen werden müssen. Ist das deine eigene Treppe ist das also relativ. Wohnst du aber zur Miete oder bist irgendwo zu Besuch sieht das plötzlich schon wieder ganz anders aus....


    Ich bin der Meinung, dass es leider nicht reicht einen gesunden Menschenverstand vorauszusetzen, sondern der Gesetzgeber die Menschen leider häufig zu ihrem Glück zwingen muss. Siehe Gurtpflicht, Helmpflicht auf KFZ, Rauchmelder in Neuwohnungen, etc.
    Und auch wenn das dem Einzelnen wie Bevormundung erscheint (was es letztlich auch ist) und ihn gefühlt in seinem Persönlichkeitsrecht einschränkt, so muss man nur daran denken, dass hier immer mehr als nur ein Einzelschicksal dranhängt, sondern in der Summe auch erhebliche Kosten für die Gesellschaft. Und die Maxime kennen wir ja alle: Die persönliche Freiheit hört da auf, wo die der anderen beginnt. Also eigentlich gar nicht so schwer nachzuvollziehen...

  • @VK: Aber es ist ja ein Unterschied ob es ein Gesetz gibt (zB Gurtpflicht) oder ob einfach ein Gericht darüber befindet das ein Helm nützlich wäre und dir somit indirekt vorschriebt einen Helm zu nutzen. Das ist meiner Meinung nach nur sehr schwer mit der Gewaltenteilung des Staates zu vereinbaren wenn die Judikative auf einmal "Vorschriften" erlässt.

  • Zu dem selben Thema ein Interview in der taz


    Zitat

    ein. Ohne gesetzliche Helmpflicht muss zunächst niemand einen Helm tragen. Das Urteil des Gerichts, dass Radfahrer ohne Helm im Fall eines Unfalls eine generelle Mitschuld tragen, deckt sich nicht mit der bisherigen Rechtsprechung. Das Gericht nimmt an, dass der Schutz durch Helme unter Radfahrern eine „allgemeine Überzeugung“ sei. Die jährliche Zählung der Bundesanstalt für Straßenwesen ergibt aber, dass im Alltag weniger als 10 Prozent der Radfahrer einen Helm tragen. Wenn mehr als 90 Prozent der Menschen gegenteilig handeln, dann ist es keine allgemeine Überzeugung.


    Zitat

    Eine Überzeugung äußert sich darin, dass die Menschen danach handeln – und nicht, dass sie die Überzeugung nur äußern. Gerichte stützten sich zur Feststellung von solchen Anschauungen auf amtliche Zählungen oder Statistiken. Erst wenn eine große Mehrheit der Radfahrer Helme trägt, könnte man vor Gericht von einer solchen allgemeinen Überzeugung sprechen.


    Zitat

    Helme schützen sicher gegen leichte Verletzungen. Vor schweren Kopfverletzungen schützen Helmen nur in 33 Prozent der Fälle – das geht aus dem aktuellen Jahresbericht der Bundesanstalt für Straßenwesen hervor. Dieser stützt sich dabei auf eine Studie, in der Unfälle mit Radfahrern im Zeitraum von einem Jahr analysiert wurden. Das Ergebnis: Bei 66 Prozent der Fälle konnte der Helm eine schwere Kopfverletzung nicht verhindern.

    (Hervorrherbung durch mich)

  • Also dann besser kein Helm, und dafür statt 66% lieber 100% schwere Kopfverletzungen...?


    Und warum - ich erwähnte es bereits weiter oben - muss sich der Autofahrer bei einem Unfall mit einem Radfahrer, den er nicht verschuldet hat, dennoch 20% Teilschuld anrechnen lassen weil man davon ausgeht das von einem PKW automatisch ein höheres Betriebsrisiko ausgeht?
    Warum geht dagegen niemand so vehement auf die Palme, wie bei einer Teilschuld des Radfahrers ohne Helm?

  • Also dann besser kein Helm, und dafür statt 66% lieber 100% schwere Kopfverletzungen...?


    Darum geht es hier doch überhaupt nicht. Hier hat niemand daran gezweifelt, dass es sinnvoll ist, einen Helm zu tragen.


    Und warum - ich erwähnte es bereits weiter oben - muss sich der Autofahrer bei einem Unfall mit einem Radfahrer, den er nicht verschuldet hat, dennoch 20% Teilschuld anrechnen lassen weil man davon ausgeht das von einem PKW automatisch ein höheres Betriebsrisiko ausgeht?
    Warum geht dagegen niemand so vehement auf die Palme, wie bei einer Teilschuld des Radfahrers ohne Helm?


    Weil auch das hier nicht das Thema ist.

  • Zu 1:
    Warum dann die Hervorhebung der Passage durch Maverick? Für mich ergab sich daraus somit diese Interpretation.


    Zu 2:
    Doch. In gewisser Weise geht es auch darum. Man kann dem Einen nicht für etwas eine Teilschuld anlasten, dem Anderen jedoch nicht. Wobei Beide schließlich nichts Verbotenes getan haben.

  • Zu 1:
    Warum dann die Hervorhebung der Passage durch Maverick? Für mich ergab sich daraus somit diese Interpretation.


    Es geht um die Frage, ob ein Gericht das Tragen eines Helmes als allgemein anerkannt ansehen kann bzw. eine Teilschuld aus dem Nichttragen eines Helmes ableiten kann. Es geht nicht darum, ob es sinnvoll ist, einen Helm zu tragen.

  • Ich fand das eine interessante Zahl - hätte aus dem Bauch raus gesagt ein Helm ist wirkungsvoller als die angesprochenen 33%. Mehr nicht!

  • Ich fand das eine interessante Zahl - hätte aus dem Bauch raus gesagt ein Helm ist wirkungsvoller als die angesprochenen 33%. Mehr nicht!

    Konnte man - wie Du siehst - mangels Kommentierung von Dir auch anders deuten.
    Das es lediglich 33% sind, liegt sicherlich nicht an der Qualität der Helme sondern an deren Form bzw. dem Bereich des Kopfes den sie schützen bzw. eben nicht schützen. Dagegen ist der geschlossene Helm eines Motorradfahrers ein Vollschutz.

  • Zitat von »Maverick83«
    Ich fand das eine interessante Zahl - hätte aus dem Bauch raus gesagt ein Helm ist wirkungsvoller als die angesprochenen 33%. Mehr nicht!
    Konnte man - wie Du siehst - mangels Kommentierung von Dir auch anders deuten.


    Da hast du recht!

  • Wie man's auch dreht, das Urteil ist Unsinn. Wo will man da die Grenzen ziehen?

    Eben. Hätte der Radfahrer (oohhh... Entschuldigung... Radfahrende für die politisch korrekten) einen Helm aufgehabt, wäre seine Verletzung nicht so stark wie ohne Helm. Vielleicht aber doch ne Risikogebühr draufklatschen, denn hätte er das Fahrrad stehengelassen, wäre der Unfall ja so nicht passiert. Man könnte aber auch darüber nachdenken, die Fahrradhändler zu belangen. Wenn die endlich aufhörten, die Dinger zu verkaufen, wäre endlich Schluss mit Fahrradunfällen. Oder die Menschen hören endlich damit auf, Kinder in die Welt zu setzen. Das Risiko, dass die dann eines Tages Fahrrad fahren könnten, ist nicht abschätzbar.


    Ja, man kann sein Risiko minimieren. Wenn man es nicht tut: Selber Schuld!
    Eine wunderbare Argumentation... sprüht nur so von Ethik. Da kann ich ruhigen Gewissens endlich die ganzen Alkis und Junkies in der Ecke liegenlassen: Die kannten schließlich ihr Risiko.


    Und die laktoseintolerante Öko-Mutti vom Prenzlauer Berg? Ja, die, die ihr Kind in einer netten und in jeder Hinsicht klinikfernen Umgebung lauter Kuscheltiere zur Welt bringen will und der der Tag von einem blöden Nabelschnurvorfall vermiest wird? Risiko unbekannt oder was?


    Nie wieder Urlaub! Nie wieder Konzerte! Die Gefahr lauert überall!


    Ich fordere:


    Sperrt die Menschen in ihre Wohnungen. Ihr Essen können sie per Internet bestellen und die Zeitung durch die Scheibe lesen. Dann passiert auch nix. Nun ja... die meisten Unfälle sollen ja in der eigenen Wohnung passieren... vielleicht mache ich doch lieber einen Abenteuerurlaub in den Golanhöhen. Als Selbstversorger.


    :diablo:

  • Das Thema wird an so vielen Stellen inzwischen diskutiert, dass ich mir ganz sicher bin, dass das Urteil einkassiert wird. :stop:


    Wer ist bereit dagegen zu Wetten?


    Eddy

  • Das Thema wird an so vielen Stellen inzwischen diskutiert, dass ich mir ganz sicher bin, dass das Urteil einkassiert wird. :stop:


    Wer ist bereit dagegen zu Wetten?


    Eddy

    Ich geh´mit! :popcorn:

  • Das Thema wird an so vielen Stellen inzwischen diskutiert, dass ich mir ganz sicher bin, dass das Urteil einkassiert wird. :stop:

    Weil darüber diskutiert wird? Zeigt wohl eher, daß die Leute das nicht wahrhaben wollen. :kaffee:

  • Naja, man hat auch erst damit angefangen, sich im Auto anzuschnallen, als die Geldstrafen dafür eingeführt wurden.

  • Naja, man hat auch erst damit angefangen, sich im Auto anzuschnallen, als die Geldstrafen dafür eingeführt wurden.


    Der Unterschied ist aber daß es damals erst das Gesetz gab bevor Bußgelder (Strafen) verhängt wurde. Der hier bestrafte Radfahrer wusste vor seinem Unfall nicht, daß ihm eine Teilschuld zuerkannt wird "nur" weil er keinen Fahrradheln trug.


    Ich bin ganz klar für eine Helmpflicht für Radfahrer, zumindest in Städten und auf Orts-Verbindungsstraßen, also dort wo Kontrollen möglich sind, aber bitteschön erst nachdem ein entsprechendes Gesetz erlassen wurde.

    Em Herrgott sei schönschde Gab`isch ond bleibt dr`Schwob!

  • Zitat


    Der Unterschied ist aber daß es damals erst das Gesetz gab bevor Bußgelder (Strafen) verhängt wurde. Der hier bestrafte Radfahrer wusste vor seinem Unfall nicht, daß ihm eine Teilschuld zuerkannt wird "nur" weil er keinen Fahrradheln trug.


    Ich bin ganz klar für eine Helmpflicht für Radfahrer, zumindest in Städten und auf Orts-Verbindungsstraßen, also dort wo Kontrollen möglich sind, aber bitteschön erst nachdem ein entsprechendes Gesetz erlassen wurde.


    Auf irgend welche Gesetze und Paragraphen oder vergleichbare Gerichtsurteile hat sich der Richter mit Sicherheit bezogen. Er hat ganz bestimmt nicht nur seine persönliche Meinung geäußert! Zudem geht es hier nicht um eine Strafe sondern um den Grad eines persönlichen Mitverschuldends. Ähnlich Entscheidungen gab es schon mehrfach auch bei Wintersportlern die keinen Helm getragen haben.

    "...Was Sie brauchen haben Sie und was Sie nicht haben brauchen Sie auch nicht.."

  • Auf irgend welche Gesetze und Paragraphen oder vergleichbare Gerichtsurteile hat sich der Richter mit Sicherheit bezogen. Er hat ganz bestimmt nicht nur seine persönliche Meinung geäußert! Zudem geht es hier nicht um eine Strafe sondern um den Grad eines persönlichen Mitverschuldends. Ähnlich Entscheidungen gab es schon mehrfach auch bei Wintersportlern die keinen Helm getragen haben.


    Manne, warum der Richter so entschieden hat ist hier doch dargelegt worden. Er war der Meinung das es "allgemein Anerkannt ist beim Fahrradfahren einen Helm zu tragen". Allerdings scheint er mit dieser Meinung nicht ganz richtig zu liegen. Wenn du es im Detail wissen willst, empfehle ich dir die verlinkten Artikel zu lesen und den Ausführungen der Rechtskundigen Usern zu lesen.

  • Zudem geht es hier nicht um eine Strafe sondern um den Grad eines persönlichen Mitverschuldends. Ähnlich Entscheidungen gab es schon mehrfach auch bei Wintersportlern die keinen Helm getragen haben.


    Wie Du das nennst ist dem Geschädigten vollkommen egal. Wer unverschuldet einen Unfall erleidet und dann anstatt 100% Schmerzensgeld bzw. Schadensersatz lediglich 80% erhält nur weil Richter der Ansicht waren (ganz egal wie sie zu dieser Ansicht gelangt sind), daß die Helmpflicht, obwohl gesetzlich nicht verankert, allgemein anerkannt sei, dann ist das für den Geschädigten durchaus eine Strafe.



    Hier noch eine kleine Zusammenfassung zum Thema Helmpflicht bei Wintersport und Radfahrern von RA Jörg Steinle.

    Em Herrgott sei schönschde Gab`isch ond bleibt dr`Schwob!