Mobile Stroke Unit in den USA

  • @Ani:
    Ich habe auch immer gedacht, dass es "nur 10 Minuten" sind.
    Ist aber deutlich mehr.
    Wenn ich ein wenig mehr Zeit habe, suche ich noch mal nach den Quellen.

    Mach' das! :-)

    So, ein bisschen Zeit hatte ich, aber die Studie die mir im Hinterkopf herumschwirrt finde ich nicht. Hauptsache ich speichere sonst jede andere ab. :kaffee:


    Eine - meiner Meinung nach - sehr gute Studie wurde in den Niederlanden durchgeführt:


    Promoting thrombolysis in acute ischemic stroke


    Es wurde an insgesamt 6 KH unterschiedlicher Größe eine sogenannte "implementation strategy" durchgeführt, d.h. man hat versucht innerhalb der jeweiligen Kliniken Hindernisse für eine frühzeitge Lyse abzubauen und somit insgesamt die Lyserate zu steigern. Eine entsprechend große Kontrollgruppe gab es ebenfalls.
    Eine Erhöhung der allgemeinen Lyserate und eine schnelle Steigerung dieser Rate konnte in den entsprechenden Kliniken im Vergleich zur Kontrollgruppe erreicht werden. Die Komplikationsrate ist nicht signifikant gestiegen.
    Als negativ seitens der Autoren wird aber angegeben, dass die Anzahl der teilnehmenden Kliniken für eine Multi-Center-Studie insgesamt zu gering ist, um einen Vergleich des klinischen Outcomes durchzuführen.
    Die einzelnen Optimierungen innerhalb der Kliniken variierten, wurde aber nicht im Detail vorgestellt. Hervorgehoben wurde aber, dass vor allem eine klare Optimierung des Behandlungsprotokoll, mit Spezifizierung der genauen Kontraindikationen für eine Lysetherapie, zu einer erhöhten Rate geführt habe.


    Die anderen Studien behelfen sich hauptsächlich mit Surrogate-Parametern bzw. haben die Notaufnahme als eigenständige Einheit nicht so sehr im Fokus.


    Can online benchmarking increase rates of thrombolysis? Data from the Austrian stroke unit registry


    Die Autoren bestätigen ihre Eingangsfrage und zeigen einen deutlichen Anstieg der Lyserate in allen österreichischen KH auf, aber können weitere ursächliche Bedingungen anhand der reinen Statistiken nicht darlegen, sondern bleiben bei Spekulationen.



    Ansonsten habe ich noch ein paar interessante Artikel gefunden, kann auf diese aber leider nicht als Volltext zugreifen:


    Einsatz der Thrombolyse beim akut ischämischen Schlaganfall


    Thrombolyse des akuten Schlaganfalls – Eine deutschlandweite Analyse der regionalen Versorgung


    Qualitätsmanagement in der akuten Schlaganfallversorgung – Wie kann man die präklinisch-klinische Schnittstelle beim Schlaganfall bewerten und verbessern?



    Vielleicht kann jemand aushelfen?
    :aggressive:


  • Im Qualitätsmanagement eine von drei "Arten" der Qualität.
    Strukurqualität, die quasi die vorhandenen Mittel beschreibt, Prozessqualität, die die Abläufe definiert und Ergebnisqualität.
    Eine Stroke, die zertifiziert ist, sollte in allen drei Bereichen Anforderungen erfüllen und nicht nur bildgebende Diagnostik und einen Neurologen haben. Aber wie wir ja alle wissen, ist gerade im QM Papier sehr geduldig...

    Alle sagten: "Das geht nicht!". Dann kam einer, der wusste das nicht und hat es einfach gemacht.

  • Gerade mal eine ganz spannende Zahl gelesen: Laut dem Statistischen Bundesamt wurden 2011 insgesamt 9,2 % aller Schlaganfälle lysiert. Daß es wenig sind, war mir schon klar, aber daß nur so wenige die Lysekriterien erfüllen hätte ich nicht gedacht.


    Ich war Anfang des Monats auf einem Vortrag eines Neurologen aus meiner Uni, Thema waren diverse mechanische Extraktionsverfahren bei ischämischen Hirninfarkt. Die Frage nach der Fallzahl für "in-Time-Extraktion" (und ich meine das auch lokale Lyse in Kombination vernwedet wurde, bin mir aber nicht mehr sicher) liegt bei geschätzen ~150/Jahr. Hätte auch nicht gedacht, dass es so "wenig" sind. Also alle 2,4 Tage ein "klassischer-mit wehenden Fahnen auf den Neuroradio-Tisch"-Fall...
    Ich denke, dass die nicht valide Anamnese zum Ereigniszeitpunkt oft der Grund für ein Unterlassen der Lyse ist und so die geringen Prozentzahlen zustande kommen.


    Hat von euch (eher an die Ärzte hier gerichtet) jemand Zahlen, wie sich an euren/bekannten Häusern die Therapie des Apoplex aufgliedert?

  • Nein, aber für die von Dir genannten Verfahren einschließlich der lokalen Lyse gelten andere Voraussetzungen. Bisher konnte sich die lokale Lyse nicht als überlegen herausstellen, bei allen anderen Verfahren ist die Datenlage noch zu dünn.


    Was wohl die wenigsten Retter (und Notärzte?) wissen: eine zu langes Ereignis-Lyse-Intervall schadet nicht an der Durchführbarkeit oder Rekanalisierung des Gefäßes, sondern an der stark zunehmenden Gefahr einer Blutung. Das heißt, nach längerer Zeit sinkt nicht die Erfolgsrate, sondern steigt das Risiko von Komplikationen.

  • Kannst Du mir erklären, warum das Blutungs-Risiko da steigt? Weil ich mir die Frage schon immer gestellt habe, warum man gerade bei unklaren Ereignisbeginn nicht einfach lysiert (wie du schreibst sollte ja die Rekanalisation möglich sein) um dem Pat. trotzdem die Chance auf bestmögliches Outcome zu geben.

  • Mir war neu dass das blutungsrisiko steigt.


    Ich dachte das Risiko ist konstant hoch, innerhalb der ersten 4,5 stunden sei das Risiko es aber Wert, da die Resultate oft gut waren. (Number needed to Treat > Number needed to harm).


    Nach 4,5 stunden ist der Benefit für den Patienten gering, große Teile der Penumbra sind unwiderruflich verloren. Das Blutungsrisiko überwiegt nun gegen dem Nutzen.


    So hatte ich das verstanden.

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Ich hab die Artikel zum Ischämischen Insult aus der aktuellen AINS (da wo Ani auch seine 9,x% her hat) jetzt alle mal durchgelesen.


    Mir war das gesteigerte RIsiko einer zerebralen Blutung durchaus bewusst, eine explizite Begründung dafür wird in den Artikeln nicht genannt und ich hab auch keine Quelle dafür. Ich denke, dass nach den ersten Stadien des Infarktes eine zunehmende Gewebeschädigung zu einer erhöhten Vulnerabilität der Gefäße und des Hirnparenchyms kommt. Dann ist es ähnlich wie mit der Operationsindiaktion für BAAs (unter einer gewissen Größe Rupturrisiko < OP-Risiko und überhalb einer gewissen Größe [~5cm] OP-Risiko < Spontanrupturrisiko).


    Zudem kommen (Zitat aus der Vorlesung Neuro) noch nicht ganz verstandene pathophysiologische Mechanismen nach Rekanalisation, die u.U. auch zu einer Erhöhung der Blutungsgefahr führen.


    Eine mechanische Extraktion ist der systemischen (i.v.!) Lyse aber laut den Zahlen überlegen (gutes Outcome = 50-65% je nach Verfahren : 40%). Eine Rekanalisation bei interventioneller Therapie wurde in 90% der Fälle erreicht.


    Ein Hauptproblem der Lyse-MEdikation ist die Unterschiedliche Zusammensetzung des Thrombus (Material, Dichte etc...) und die Lokalisation in Zusammenhang mit der Länge des Thrombus. Da scheint die manuelle Intervention ihre Vorteile zu haben.

  • Wenn Gewebe infarziert, wird es durch die Hypoxie weich und vulnerabel. Deshalb kommt es bei Infarzierungen oft zu ein Einblutungen (Darm, Lunge, Herzmuskel, Gehirn, Niere, Milz etc.). Erst, wenn das Gewebe bindegewebig vernarbt, sinkt das Risiko wieder. Das ist aber erst nach Tagen der Fall.



    @//stefan84


    Ich habe die Fakten zum Extraktionsverfahren nicht im Kopf. Wenn es aber der systemischen Lyse überlegen wäre, wäre es State of the art. Es gibt also Gründe, warum es nicht Methode der Wahl ist. Leider habe ich den Artikel auch aktuell nicht zur Hand.

  • Zitat

    Ich habe die Fakten zum Extraktionsverfahren nicht im Kopf. Wenn es aber der systemischen Lyse überlegen wäre, wäre es State of the art. Es gibt also Gründe, warum es nicht Methode der Wahl.


    Die Insel und das CHUV bieten das mechanische Verfahren seit einigen Jahren an. Seine Überlegenheit (Outcome, Kosten) zeigt sich wohl bei Stroke-Patienten unter OAC und beim "Wake-up Stroke", nicht aber beim Standard-Schlaganfall.

  • Ist mit OAC orale Antikoagulation gemeint? Kannst Du kurz erklären, was ein Wake-up-Stroke ist? Aber schon mal danke für die Informationen! :-)

  • OAC ist orale Antikoa


    ein Wake-up Stroke ist ein Stroke nach dem Schlaf, wo die genaue Uhrzeit nicht ermittelt werden kann
    z.B. P. ging um 23.14 ins Bett und wachte um 06.23 auf und wurde dann vom Partner mit hängendem Mundwinkel angetroffen

    Ich habe einen ganz einfachen Geschmack - ich bin stets mit dem Besten zufrieden.
    Oscar Wilde, irischer Schriftsteller, 1854 - 1900


    Ich prüfe jedes Angebot. Es könnte das Angebot meines Lebens sein.
    Henry Ford 1863 - 1947

  • Ich kenne die Bezeichnung OAK und wollte deshalb nur sichergehen. Den Begriff: "Wake-up-Stroke" kannte ich bisher noch nicht.

  • Zitat

    Ich kenne die Bezeichnung OAK und wollte deshalb nur sichergehen. Den Begriff: "Wake-up-Stroke" kannte ich bisher noch nicht.


    Ich kannte wiederum nur OAC, aber gemeint ist natürlich das Gleiche. Unsere 3 Sprachen generieren gelegentlich ihre Eigenheiten ;-)

  • Wenn Gewebe infarziert, wird es durch die Hypoxie weich und vulnerabel. Deshalb kommt es bei Infarzierungen oft zu ein Einblutungen (Darm, Lunge, Herzmuskel, Gehirn, Niere, Milz etc.). Erst, wenn das Gewebe bindegewebig vernarbt, sinkt das Risiko wieder. Das ist aber erst nach Tagen der Fall.


    Im Hirn nennt sich das ganze dann Kolluiqationsnekrose (Verflüssigung des fett-haltigen Gewebes), daher bilden sich bei überlebten Hirninfarkten Pseudozysten aus. Im Gegensatz dazu die Koagulationsnekrose des Herzens (lehmgelbe, trockene Nekrose --> Umbau in Bindegewebe).


    Kolliquationsnekrose(Pseudozyste nach Jahren) Hirn:



    Koagulationsnekrose Herz:




    Hier die Bilder mit erklärendem Text:


    Hirn
    Herz