Not in der Notaufnahme

  • http://www.zeit.de/2014/30/kra…otaufnahme-notfallmedizin


    JUNGE ÄRZTE
    Not in der Notaufnahme
    Immer wieder werden in deutschen Krankenhäusern schwere Leiden nicht oder zu spät erkannt. Eine Gruppe von Ärzten schlägt Reformen vor - doch die werden abgeblockt.

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Zitat

    Wir haben eindeutig ein Qualitätsdefizit", sagt er, "wir haben zwar gute Ärzte. Aber in Sachen Ausbildung von Notfallmedizinern ist Deutschland ein Entwicklungsland."


    Starke Worte, die sicherlich nicht jedem schmecken.
    Aber die angesprochenen Probleme mit jungen, unerfahrenen Ärzten in den Notaufnahmen kennen wir wohl alle.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Die DGINA jammert mal wieder. Weil sie in der deutschen Fachwelt mit ihrem Facharzt für Notfallmedizin abgeblockt wird, versucht sie's immer wieder mit dicken Tränen in der Öffentlichkeit. Alle paar Monate dieselbe Leier.

  • Ich kann das "Jammern" nachvollziehen.


    Assistenzärzte dessen OA zuhause Nachts telefonisch "erreichbar" sind in den ZNA, ich kann da verstehen dass das nicht optimal ist.


    Aber ich finde ja auch das die DGINA sehr gute Ziele hat, und die DIVI kindisch und albern war, also sie die DGINA rausschmiss. In so fern werden wir uns wohl nicht einig.. :popcorn:

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Das kann sogar gut sein.


    Ich glaube auch, das ein Facharzt nicht die einzige Lösung wäre. Aber immerhin bemüht sich die DGINA um eine Lösung. Ich kriege das Gefühl die anderen Gesellschaften sagen nur "mit mehr Geld ist das Problem gelöst". Und so wie es im Moment ist, ist es verbesserungswürdig.

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Der Werbe-Artikel für den Notfall-Facharzt listet die Fehler doch auf und nimmt sich gleichzeitig selbst den Wind aus den Segeln.


    Natürlich sind klinisch unerfahrene Anfänger-Assistenzärzte oftmals mit akuten Notfällen überfordert oder übersehen eventuelle wichtige Dinge. Wenn hier ein Facharzt gefordert wird, ist dies sicher optimal, nur muss der auch bezahlt sein. Hier muss aber kein spezieller Notfallmediziner her.


    Nach 17, 18 oder noch mehr Stunden Arbeit unterlaufen auch einem Notfall-Facharzt Unkonzentriertheiten oder Fehler häufen sich. Ebenso, wenn ein Arzt alleine eine nicht unerhebliche Zahl Patienten durchschleusen muss. Mehr Personal und ein ausgewogenes Schichtmodell können dem entgegen wirken, kostet aber natürlich auch wieder Geld. Auch hierfür braucht man keinen Notfall-Facharzt.


    Alles Dinge, die man problemlos sofort ändern könnte, ohne eine neue Facharzt-Gruppe, deren große Anzahl ja auch kritisiert wird, einführen zu müssen.

  • Das kann sogar gut sein.


    Ich glaube auch, das ein Facharzt nicht die einzige Lösung wäre. Aber immerhin bemüht sich die DGINA um eine Lösung. Ich kriege das Gefühl die anderen Gesellschaften sagen nur "mit mehr Geld ist das Problem gelöst". Und so wie es im Moment ist, ist es verbesserungswürdig.


    Ist es ja auch. Weniger Geld heißt weniger viel und weniger "teures", im Sinne von weiterqualifiziertes, Personal.


  • Nach 17, 18 oder noch mehr Stunden Arbeit unterlaufen auch einem Notfall-Facharzt Unkonzentriertheiten oder Fehler häufen sich. Ebenso, wenn ein Arzt alleine eine nicht unerhebliche Zahl Patienten durchschleusen muss. Mehr Personal und ein ausgewogenes Schichtmodell können dem entgegen wirken, kostet aber natürlich auch wieder Geld. Auch hierfür braucht man keinen Notfall-Facharzt.

    Mein Eindruck ist das einige Fehler entstehen nicht durch Müdigkeit sondern eher durch (fachlicher) Überforderung, Ahnungslosigkeit, und mangelndes symptom-orientiertes Arbeiten. (Bauchschmerz ist chirurgisch, nicht internistisch).

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Ich darf aus eigener Erfahrung sagen, nach 20 Stunden ist nicht nur der Körper, auch das Gehirn deutlich träger. Dinge, die man bei voller Vigilanz sofort sieht, erscheinen leider nicht mehr ganz so klar usw.


    Symptomorientiertes Arbeiten ist im ganz akuten "Erstangriff" nötig, nicht aber im Krankenhaus, weil man irgendwann auch mal zu einer Ursache des Problems kommen und eine Diagnose stellen muss.

  • Ich darf aus eigener Erfahrung sagen, nach 20 Stunden ist nicht nur der Körper, auch das Gehirn deutlich träger. Dinge, die man bei voller Vigilanz sofort sieht, erscheinen leider nicht mehr ganz so klar usw.

    Das kann ich sogar gut nachvollziehen. Und u.a. auch ein Grund, warum ich den Arztberuf gar nicht so interessant finde - wegen den Arbeitszeiten. Ich bin für meine Person schon einmal froh, dass es keinen 24 Stunden-Dienst mehr gibt. Sicher, es gab Ruhepausen. Wenn man mal von Freitag oder Samstag 24Std. absieht. Aber gut nachvollziehen daher, dass ich im Leitstellendienst durchaus auch schon nach weniger Stunden Konzentrationsschwäche bemerkt habe. Auch wenn gerne mal über den "Dauersitzcamper" und "Ständig-Falsch-Disponierer" mit Bananensucht gelästert wird, so kann der ständige Dauerbeschuss mit Informationen zur Aufmerksamkeitsinsuffizienz führen. Nach einem 10 Stunden Leitstellen-Tagdienst fühle ich mich manchmal wie nach einem Marathon. Völlig ausgelutscht. Ich komme nach Hause und leg mich auf das Sofa. Game over! Nach der letzten RTW-Nachtschicht auf der Feuerwache am vergangenen Montag habe ich 11 Einsätze absolvieren müssen. Oder anderes gesagt: Ich bin die ganze Nacht durch geschubbert (bis 5:20 Uhr). Ich ging aber wesentlich entspannter nach Hause wie nach so manchen Leitstellendienst. Warum? Ich denke es liegt u.a. daran, weil ich mich immer nur auf diesen einen Einsatz, den ich gerade mit meinem RTW abarbeite, konzentrieren muss. Und ich habe an den Krankenhäusern, beim Einrücken, usw., kurze Ruhephasen. Das gibt es in der Leitstelle nicht! Deshalb ist mein Nebenjob auf der Semi-Stadt/Landwache mit 7-8 Einsätzen/12Std. auch immer wie Urlaub für mich...


    Gruß

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Zitat

    Wenn das Deine Arbeitshypothese sein sollte, ist sie völlig falsch.


    Das ist die Arbeitshypothese in einigen ZNA hier. Der Patient kommt zum Chirurgen. Das Blut wird nicht auf trop usw getestet.


    Nach 2? Stunden ist sich der Chirurg sicher: Bauch ist eigentlich ok, und schickt weiter an den Internisten...




    Klar gibts top Chirurgen die frühzeitig an differenzialdiagnosen denken, aber ob der Assistenzarzt das nach einem Jahr Berufserfahrung auf einer peripher Station tut?


    Ich habe letztens erlebt wie der Orthopäde im Röntgen eine rippenserienfraktur sah, und "n Pneu oder so". Er holte die Thoraxchirurgin. Ihre Frage, ob er mal auskultiert habe, verneinte er.


    Vielleicht ist das wieder so ein Ausnahme-Einzelfall, das Gefühl hatte ich aber nicht.



    Das wir alle Fehler machen, und das wir alle mehr Fehler machen wenn wir müde sind, ist außer Frage. :-)

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Wenn alle unklaren Bauchschmerzen erst zum Chirurgen kommen ist das kein Problem des Einzelnen, sondern ein generelles Problem des Hauses. Das Beispiel mit der Rippenfraktur finde ich gar nicht so schlimm, denn er hat sich Support geholt und dabei noch was gelernt.


    Daß die Ausbildungssituation im Krankenhaus aufgrund des Personalmangels unter Ärzten heute schlechter denn je ist, steht außer Frage. Das würden aber auch die Konzepte der DGINA nicht ändern können, denn auch da wird enstprechend Personal benötigt. Es ist also keine Frage des Konzeptes.


    Ihr müßt Euch mal von der Vorstellung verabschieden, nur Highperformern an Eurer Schnittstelle zu begegnen. Die habe ich im Rettungsdienst auch nicht. Das ist nun mal so.

  • Vielleicht ist das wieder so ein Ausnahme-Einzelfall, das Gefühl hatte ich aber nicht.


    Ich kann Dir aus der langjährigen Beobachtung chirurgischer Ärzte in den entsprechenden Ambulanzen versichern: das ist sicherlich eine Ausnahme für einen Orthopäden/Unfallchirurgen in Deutschland.

  • Daß die Ausbildungssituation im Krankenhaus aufgrund des Personalmangels unter Ärzten heute schlechter denn je ist, steht außer Frage. Das würden aber auch die Konzepte der DGINA nicht ändern können, denn auch da wird enstprechend Personal benötigt. Es ist also keine Frage des Konzeptes.


    Ich denke schon, dass es eine Frage des Konzeptes ist, wenn auch die Anregungen der DGINA dem nicht gerecht werden dürften. Es würde einen kompletten Paradigmenwechsel erfordern, der letztlich bereits in der studentischen Ausbildung beginnen müsste und sich in der klinischen Weiterbildung fortführt, incl. Änderung bestehender Strukturen. Dies ist aber nur langfristig möglich, - vermutlich - nicht gewünscht und - sicherlich - kaum finanzierbar.
    Ob dies aber eine Verbesserung der Situation zur Folge hätte ist gar nicht abschätzbar.

  • Das schönste Konzept hilft nüscht, wenn es an an Personal fehlt. Das gilt auch für die Konzepte der DGINA. Unser Konzept ist prinzipiell gut, schlüssig und stringend. Etwas zu ändern ist eigentlich nicht nötig. Die Probleme müssen an anderer Stelle gelöst werden. Daß sich die DGINA die unbefriedigende Situation argumentativ zu Nutze macht, ist doch klar. Ist halt wie in der Politik.

  • Das schrieb ich doch bereits. Auch der beste Super-Notfallmediziner macht Fehler, wenn er alleine in der Notaufnahme einen hohen Patienten-Durchlauf zu bewerkstelligen hat, erst recht bei langen Arbeitszeiten. Dazu kommt, dass auch das Drumherum. Wenn z.B. auch der Transportdienst personell ausgedünnt wird, der Röntgen-Thorax deswegen sehr lange dauert, Labor nicht abgeholt wird. Wenn Pflegepersonal nur unzureichend vorhanden ist, lassen sich manche Untersuchungen mangels Assistenz nicht zeitnah umsetzen, werden dann irgendwann halt nicht durchgeführt oder vergessen etc. Dann läuft die ganze Maschine nicht optimal. Das kann auch ein Notfall-Facharzt nicht kompensieren.


    Und wie ich ebenso schrieb, das meiste ließe sich problemlos jetzt schon umsetzen, wenn Geld und Personal vorhanden wäre. Und niemand müsste 5 Jahre auf den Facharzt für Notfall-Medizin warten.