Klinikum München-Großhadern gründet eine Betriebsfeuerwehr

  • Kleiner Exkurs zur Gründung einer Betriebsfeuerwehr


    Nach jahrzehntelangen Gerüchten und nun drei Jahren konkreten Planungen ist das Klinikum der Ludwigs Maximilian Universität München-Großhadern in den Startlöchern eine eigene Betriebsfeuerwehr zu gründen. Sie versteht sich als eine rein freiwillige Feuerwehr mit nebenamtlichen Personal aufgrund des hohen Gefährdungspotenzial als Klinik der Maximalversorgung mit ca. 1200 Betten und großen Forschungsbereichen. Grundsätzlich ist vorgesehen, dass jeder Mitarbeiter des Klinikums eine Brandschutzunterweisung bekommt. Allerdings hat in einem Sonderbau, wie diesem Großklinikum, der Betreiber, beispielsweise für eine Räumung zu sorgen und ein Evakuierungskonzept zu erstellen. Diverse Planungen am Papier sind natürlich vorhanden, aber konkret fehlen Entscheidungsträger für den Fall der Fälle: Wohin werden die Leute einer brennenden Station evakuiert? Bis zu welchem Bereich evakuiert man? Wer entscheidet, wann ein Brand zu gefährlich ist und das Eintreffen der Feuerwehr abgewartet werden muss?


    Der Vorstand hat auf alle Fälle dem Projekt schon mal zugestimmt und nun sind die zukünftigen Mitarbeiter dran. Interesse bekunden darf jeder, der einen Arbeitsvertrag mit der Klinik hat und gesundheitlich geeignet ist. Eine Klinik-Betriebsfeuerwehr ist keine Münchner Erfindung - es gibt deutschlandweit ca. 60 Kliniken mit eigener Feuerwehr. Als Beispiele wären hier Tübingen (1500 Betten), Augsburg (1700 Betten) oder Ingolstadt (1100 Betten), wobei letztere so beliebt ist, dass es sogar eine Warteliste für neue Helfer gibt. Meist haben die Feuerwehren keine eigenen Fahrzeuge, sondern diverse fahrbare Rollies, Container oder dem Haus entsprechende Technik. Primäre Aufgabe der Betriebsfeuerwehr die neben der Brandbekämpfung die Zusammenarbeit bei der Räumung, Einsetzen der Ortskenntnis und Einsatzleitung bis zum Eintreffen der Berufsfeuerwehr. Bei einem kürzlich durchgeführten Übung auf einer stillgelegten Station im 11. Stock hat es 18 Minuten ab Alarmierung gedauert, bis ein Trupp mit Wasser bereitstand. Jeder von uns weiß, was in dieser Zeit passieren kann. Dieses Beispiel hat die Notwendigkeit einer Betriebsfeuerwehr nochmals verdeutlicht.


    Geplant ist eine Personalstärke von tagsüber sechs Kräften und nachts drei, womit man insgesamt ca. 30 Helfer benötigt. In der Regelarbeitszeit sind sicher viele zukünftige Feuerwehrler aus Haustechnik und Verwaltung zu akquirieren, nachts sieht das schon schlechter aus. Wer im Haus ist, wird eigentlich auch benötigt. Wie das mit Pflegepersonal oder Ärzten aussieht, ist noch nicht bekannt. Grundsätzlich will man die Feuerwehrtätigkeit jedem Mitarbeiter anbieten, Erfahrung in einer freiwilligen Feuerwehr ist natürlich wünschenswert.


    Nun können die zukünftigen Mitarbeiter entscheiden, welche Art von Feuerwehr sie favorisieren und sich entsprechen anmelden.
    Variante 1: Selbstschutzeinheit. Nebenberufliche Feuerwehr ohne gesetzlichen Auftrag
    Man kann sozusagen machen was man will und wenn es aus irgendwelchen Gründen doch nicht mehr klappen sollte, kann die genauso schnell wieder außer Dienst gehen. Die Kräfte, ohne Feuerwehrerfahrung, werden eine zweiwöchige Grundausbildung bekommen und dann in etwa 14tägig üben in den Bereichen Begehung/Ortskunde, Materialkunde und Löschübung. Teilnahmepflicht besteht für 50% der angebotenen Übungen.
    Variante 2: Einheit der freiwilligen Feuerwehr der Stadt München
    Da wird sicherlich mehr geboten, da dann nach Dienstordnung der Feuerwehr München verfahren wird. Das bedeutet, dass Ausbildung, Haftung, Löschfahrzeug, Ausrüstung u.ä. durch die Branddirektion organsiert werden. Des Weiteren wird das Einsatzaufkommen im Vergleich zu Variante 1 deutlich steigen, da dann auch Einsätze außerhalb des Klinikgeländes übernommen werden müssen. Ein Nachteil dieser Variante ist, dass alle Feuerwehrmitglieder atemschutztauglich sein müssen. Es gibt hier keine Ausnahme. Kann/will/darf/soll ein Klinikmitarbeiter nicht mit Atemschutz arbeiten, kann er nicht mithelfen.
    Ein Wechsel zwischen den Varianten ist sicher möglich, wobei von 1 auf 2 eher als Upgrade gesehen wird. Wohin gegen die "Zurückstufung" auf Variante 1 bedeutet, dass weniger Einsätze gefahren werden, das Fahrzeug der Stadt München wieder weg kommt, die Aus-und Weiterbildungsmöglichkeiten wieder selbst über die staatlichen Feuerwehrschulen organisiert werden müssen und demzufolge vielleicht auch die Motivation schrumpft.


    Noch kurz zum Zeitplan:
    --> August 2015 Meldung der Mitarbeiter mittels Formblatt für favorisierte Variante und vorhandene Ausbildungen
    --> September 2015 Entscheidung des Vorstandes (Geld spielt keine Rolle, aber "es muss klappen")
    --> Oktober 2015 erste Beschaffungen und Begehungen
    --> 2016 Ausbildung und Übung der Mitarbeiter
    --> 2017 Start der Betriebsfeuerwehr


    P.S.: man steigt schon mal groß ein - ein Löschfahrzeug gibt es bereits --> http://www.merkur.de/lokales/w…-aber-schuss-5198487.html
    Im Anhang ein Bericht (ab Seite 14) zur Betriebsfeuerwehr des Klinikums Ingolstadt.


    Quelle: Informationsveranstaltung für Klinikmitarbeiter. Nachdem da meiner Meinung nichts Geheimes ans Tageslicht gekommen ist, denke ich, dass nichts gegen die Veröffentlichung hier im Forum spricht.

  • Die Uniklinik Köln hat schon seit längerem eine hauptamtliche Feuerwehr. In Bonn kommt / kam man drumherum, weil man hier eine Wache der BF bin setzen will auf das Gelände.
    Scheint eine neuer Trend zu werden?

  • Einige, wenn leider auch weniger informative, Links zum von Monschi genannten Konzept an der Uniklinik in Bonn:


    http://chayns.net/67752-14617/ticker/tickernode/23587425


    https://www.facebook.com/HLPBN…5/998813250170210/?type=1


    Laut Aussage der Feuerwehr sind derzeit im Tagdienst 3 Beamte der BF Bonn auf der "neuen" Feuerwache 5 stationiert; das Ganze soll zeitnah auf 6 Beamte ausgebaut werden, die dann langfristig im 24h-Betrieb ein HLF besetzen und durch zwei weitere Kollegen mit einer Drehleiter ergänzt werden.
    Genaue Daten sind mir allerdings nicht bekannt!

  • Die Uniklinik Köln hat schon seit längerem eine hauptamtliche Feuerwehr. In Bonn kommt / kam man drumherum, weil man hier eine Wache der BF bin setzen will auf das Gelände.
    Scheint eine neuer Trend zu werden?


    Laut Aussage der Feuerwehr sind derzeit im Tagdienst 3 Beamte der BF Bonn auf der "neuen" Feuerwache 5 stationiert; das Ganze soll zeitnah auf 6 Beamte ausgebaut werden, die dann langfristig im 24h-Betrieb ein HLF besetzen und durch zwei weitere Kollegen mit einer Drehleiter ergänzt werden.


    Ich halte nicht so viel davon, wenn man den Werkbrandschutz großer Einrichtungen mit besonderem Gefahrenpotenzial an eine öffentliche Feuerwehr abgibt. Einen Trend scheint es tatsächlich zu geben. Monetäre Gründe sind da wohl die Hauptbeweggründe. Blöd ist nur, wenn das HLF gerade zu Oma Schabulke hin ist um die Türe zu öffnen, weil diese sich gerade im Bad lang gemacht hat.


    Gruß

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Ich halte nicht so viel davon, wenn man den Werkbrandschutz großer Einrichtungen mit besonderem Gefahrenpotenzial an eine öffentliche Feuerwehr abgibt. Einen Trend scheint es tatsächlich zu geben. Monetäre Gründe sind da wohl die Hauptbeweggründe. Blöd ist nur, wenn das HLF gerade zu Oma Schabulke hin ist um die Türe zu öffnen, weil diese sich gerade im Bad lang gemacht hat.


    In Essen hat eines der landesweit größten Chemieunternehmen seinen Hauptsitz neben der Hauptfeuerwache. Man hat den Deal, dass man keine Werkfeuerwehr unterhält, dafür der BF in regelmäßigen Abständen schicke neue Autos auf den Hof stellt. Natürlich kann es geschehen, dass im Falle eines Einsatzes im Werk der Zug der Feuerwache gerade ausgerückt ist. Aber ich denke, das ist eine ähnlich abstrakte Situation wie die im Thread mit dem RTW auf dem SanDienst. Parallele Notfälle kommen selten vor, geschehen aber nunmal ab und an dennoch. Ich halte das Konstrukt, dass die städtische Feuerwehr Aufgaben eine Werkfeuerwehr mit übernimmt für prinzipiell keine schlechte Idee, insbesondere, wenn - wie in diesem Fall - dadurch die Gemeinschaft profitiert.

  • Parallele Notfälle kommen selten vor, geschehen aber nunmal ab und an dennoch. Ich halte das Konstrukt, dass die städtische Feuerwehr Aufgaben eine Werkfeuerwehr mit übernimmt für prinzipiell keine schlechte Idee, insbesondere, wenn - wie in diesem Fall - dadurch die Gemeinschaft profitiert.

    Die spannende Frage ist nämlich, ob die Gemeinschaft davon profitiert. Wenn der Bürger am Fenster steht und sehnsüchtig auf seine Feuerwehr wartet, weil ihm der Arsch heiß wird, diese aber gerade beim XY-Konzern einen Melder zurück stellt, dann finde ich das nicht so schön. Ich komme aus einem Bereich, wo bereits umfangreiche Kooperationen stattfinden sowie weitere geplant sind. So selten sind diese Duplizitätsfälle nämlich nicht!


    Gruß

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Ich halte das Konstrukt, dass die städtische Feuerwehr Aufgaben eine Werkfeuerwehr mit übernimmt für prinzipiell keine schlechte Idee, insbesondere, wenn - wie in diesem Fall - dadurch die Gemeinschaft profitiert.


    Insbesondere, wenn es sich, wie hier im Ausgangsbeispiel, um eine öffentliche Liegenschaft handelt.

  • Das Klinikum Großhadern (Ausgangsbeispiel) gehört aber dem Freistaat Bayern. Da freut sich dann zumindest der Steuerzahler, wenn Doppelstrukturen vermieden werden.

    Aus Sicht des Steuerzahlers freue ich mich da mit. Die Frage ist eher, ob doppelte Strukturen nicht auch erforderlich sind? Bei einem Krankenhaus sehe ich das noch nicht so wild, aber große Industriekonzerne beschäftigen eine Werkfeuerwehr schon recht gut. Hier ist bei der Übernahme durch eine öffentliche Feuerwehr vermehrt mit Duplizitätsfällen zu rechnen. Okay würde ich es finden, wenn dafür die Personal- und Fahrzeugvorhaltung erhöht wird, damit man dem Bedarf ohne die Sicherstellung seiner eigentlichen Aufgabe nicht gefährdet.


    Gruß

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Aus Sicht des Steuerzahlers freue ich mich da mit. Die Frage ist eher, ob doppelte Strukturen nicht auch erforderlich sind? Bei einem Krankenhaus sehe ich das noch nicht so wild, aber große Industriekonzerne beschäftigen eine Werkfeuerwehr schon recht gut. Hier ist bei der Übernahme durch eine öffentliche Feuerwehr vermehrt mit Duplizitätsfällen zu rechnen. Okay würde ich es finden, wenn dafür die Personal- und Fahrzeugvorhaltung erhöht wird, damit man dem Bedarf ohne die Sicherstellung seiner eigentlichen Aufgabe nicht gefährdet.


    Gruß


    Da bin ich total bei dir.
    Wir haben hier in der Nachbarschaft ja auch einen größeren Chemiekonzern mit eigenem Werkrettungsdienst und eigener hoch spezialisierter Werkfeuerwehr. Dort ist es eher so, dass diese Einheiten im öffentlichen Raum in Stadt und Umland aushelfen, gerade bei besonderen Lagen.

  • Naja prinzipiell gibt es im TH und Feuer Bereich bei weiten nicht so hohe Duplizitätsfälle, wie im RD.
    Auch größere Werksfeuerwehren haben im Schnitt eine völlig normale Einsazfrequenz.
    Ich denke, dass das Beispiel Bonn gar nicht schlecht ist. Am Ende haben beide profitiert.
    Die BF hat ne Wache mehr und die Uni Ihren Grundschutz.

  • Ich habe auch nicht gesagt, dass diese täglich 10mal passieren. Aber hier, wo die Feuerwehr auf 3 große Industriekomplexe "aufpasst", sind diese schon einige male vorgekommen. Nicht täglich, aber regelmäßig. Und dafür steht definitiv auch weniger Personal zu verfügung wie zuvor. Das finde ich nicht gut.


    Gruß

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Die allg. Gefahrenabwehr gehört nunmal zur Aufgabe der Feuerwehr. D.h die Stadt hat dafür zu sorgen, dass sie eine leistungsfähige Feuerwehr hat. Auch dafür zahlen Firmen Steuern und das sind nicht wenig. Sollte es einen besonderen Gefahrenschwerpunkt geben, dann gibt es auch heute schon die Möglichkeit eine Werksfeuerwehr zu verlangen. Aber ansonsten sehe ich keinen Grund dafür, dass die Industrie/Krankenhäuser usw. für Igren Brandschutz sorgen sollen.

  • Zufällig gerade gefunden - Ein Pressebericht über die Werkfeuerwehren in Mannheim:


    https://www.morgenweb.de/mannh…rkt-brandschutz-1.2386519


    Eigentlich auch ein ganz guter Bericht. Schön auch, dass der Unterschied zwischen Werk- und Betriebsfeuerwehr sowie der haupt- und nebenamtlichen Werkschutzkräften erklärt wird. Damit tut man sich ja häufig schwer.


    Gruß

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.