Absturz eines F16-Kampfjets in Bayern: Bericht über die Einsatzkoordination der beteiligten ILS

  • Zitat

    F-16-Absturz: Die Retter sollen zum Arzt


    Von Christina Knorz


    Engelmannsreuth. Die US-Behörden lagen falsch. Nach dem Absturz des F-16-Kampfjet hieß es, es seien keine gefährlichen Stoffe ausgetreten. Jetzt steht fest: der giftige Raketentreibstoff Hydrazin ist sogar noch im weiteren Umfeld der Absturzstelle nachweisbar. Das kann "erhebliche Auswirkungen auf die Gesundheit" haben. Das Landratsamt sagt: Feuerwehrleute und Rettungskräfte sollen sich untersuchen lassen.

    Quelle: Nordbayrischer Kurier


    Ach, na welche Überraschung. Ich hab´s ja gesagt...


    Gruß

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Hier noch einige Beiträge zum Thema:


    Zitat

    Am Donnerstag bestätigte das Landratsamt Bayreuth, die Einsatzkräfte sollten sich zur Sicherheit medizinisch untersuchen lassen. Bei der Bergung der Maschine und der Absicherung der Absturzstelle hatten 484 Menschen geholfen: 235 Feuerwehrleute, 132 Helfer von BRK und Malteser Hilfsdienst, 42 Polizisten, 13 Bundeswehrsoldaten, 33 THW-Mitglieder und 30 US-Soldaten.


    Toxische Stickstoff-Verbindung
    Chemisch betrachtet ist Hydrazin eine Stickstoff-Verbindung. Es gilt als giftig und hochtoxisch vor allem für Wasserorganismen. 2011 wurde es wegen Verdachts auf eine krebserregende Wirkung in die SVHC-Liste aufgenommen, in der besonders besorgniserregende Stoffe geführt werden. Hydrazin fand übrigens als lagerfähiger Treibstoff auch Verwendung in den Raumgleitern der Nasa. Beim Absturz der "Columbia" 2003 warnte die Weltraumbehörde über die Medien die Bevölkerung vor einer möglichen Hydrazin-Kontamination; 2011 wurde ein nahezu intakter Hydrazin-Tank des Shuttles gefunden.

    Quelle: inFranken.de


    Zitat

    Schneller Abbauprozess der Giftstoffe


    Laut Mediziner Johannes Weig vom Landratsamt Neustadt an der Waldnaab würden bei ungeschützter Berührung akut Haut- oder Schleimhautreizungen auftreten. Bei einmaligem Kontakt seien langfristige gesundheitliche Schäden aber eher nicht zu erwarten. Zudem hat Hydrazin laut Landratsamt eine Halbwertszeit von wenigen Stunden. Selbst die Abbauprodukte und –reste wären acht Wochen nach dem Kontakt nun nicht mehr im Körper vorhanden.

    Quelle: BR.de Info: Hier ist ein Video vom Einsatztag anschaubar.


    Zitat

    Kreisbrandrat geigt US-Army die Meinung


    Engelmannsreuth. Kreisbrandrat Hermann Schreck ist empört. Am Tag des F-16-Absturzes haben ihm US-Spezialkräften gesagt, dass kein Hydrazin ausgetreten sei. Jetzt stellt sich heraus: das war falsch. Schreck: "Da bin ich deutlich geworden."

    Quelle: Nordbayrischer Kurier *räusper* Das wird die U.S. Armee sicher beeindrucken... :biggrin_1:

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Zitat

    Zudem hat Hydrazin laut Landratsamt eine Halbwertszeit von wenigen Stunden. Selbst die Abbauprodukte und –reste wären acht Wochen nach dem Kontakt nun nicht mehr im Körper vorhanden.

    Ein wenig weckt es wieder die Erinnerungen an den Epichlorhydrin-Austritt beim Zugunglück in Bad Münder (Niedersachsen) im Jahre 2002. So gering die Folgeschäden auch sein mögen, wenn jetzt, bei den Untersuchungen, keine Rückstände mehr nachweisbar sind, so wird die Beweisführung bei einer tatsächlichen Erkrankung, wo der Verdacht eines Zusammenhangs bestehen könnte, sicher schwer werden.


    Eine Frage die sich mir stellt ist folgende: Am Tag des Absturzes war in den Presseberichten regelhaft nur von einer Gefahr durch Kerosin sowie durch (Übungs-)Munition zu lesen. Während meiner Führungsausbildung an der LFS Celle (ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich meine es war bei der Zugführerausbildung) wurde im Rahmen des Unterrichtes auf Gefahren die von militärischen Luftfahrzeugen ausgehen können hingewiesen. Neben der üblichen Munition, den passiven Täuschkörpern (Chaff, Flare) und dem Schleudersitz wurde auch auf Hydrazin zum Betrieb von Zusatz- / Notstromaggregaten hingewiesen. Daher überrascht es mich doch ein wenig, dass die bayrischen Feuerwehren hier so überrascht sind. Wird dieses dort nicht gelehrt? Gibt hier jemanden mit einer bayrischen Fw-Führungs-/ABC-Ausbildung? Oder liegt es einfach auch nur daran, dass ich als begeisteter Fliegerei-Fan mir sowas einfach nur besser merken konnte?


    Gruß

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Ich habe die Gefahrgutausbildung des BRK genossen und in einer Tabelle waren bei militärischen Luftfahrzeuge allgemein Kerosin, weitere Sondertreibstoffe, etc. aufgeführt als vielfältige Gefahrenquellen.

  • Ein wenig weckt es wieder die Erinnerungen an den Epichlorhydrin-Austritt beim Zugunglück in Bad Münder (Niedersachsen) im Jahre 2002. So gering die Folgeschäden auch sein mögen, wenn jetzt, bei den Untersuchungen, keine Rückstände mehr nachweisbar sind, so wird die Beweisführung bei einer tatsächlichen Erkrankung, wo der Verdacht eines Zusammenhangs bestehen könnte, sicher schwer werden.


    Eine Frage die sich mir stellt ist folgende: Am Tag des Absturzes war in den Presseberichten regelhaft nur von einer Gefahr durch Kerosin sowie durch (Übungs-)Munition zu lesen. Während meiner Führungsausbildung an der LFS Celle (ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich meine es war bei der Zugführerausbildung) wurde im Rahmen des Unterrichtes auf Gefahren die von militärischen Luftfahrzeugen ausgehen können hingewiesen. Neben der üblichen Munition, den passiven Täuschkörpern (Chaff, Flare) und dem Schleudersitz wurde auch auf Hydrazin zum Betrieb von Zusatz- / Notstromaggregaten hingewiesen. Daher überrascht es mich doch ein wenig, dass die bayrischen Feuerwehren hier so überrascht sind. Wird dieses dort nicht gelehrt? Gibt hier jemanden mit einer bayrischen Fw-Führungs-/ABC-Ausbildung? Oder liegt es einfach auch nur daran, dass ich als begeisteter Fliegerei-Fan mir sowas einfach nur besser merken konnte?


    Gruß


    Wird gelehrt..Aber: Es wurde laut Kollegen die vor Ort waren dann von Seiten der US Armee die Aussage getätigt, dass kein Hydrazin im besagten Luftfahrzeug vorhanden sei. Diese hat sich nun wohl als falsch heraus gestellt.

  • Wird gelehrt.

    Danke. Weißt Du noch wo genau in der Fw-Ausbildung (ABC-Lehrgang oder bei welcher Führungsausbildung?)?


    Aber: Es wurde laut Kollegen die vor Ort waren dann von Seiten der US Armee die Aussage getätigt, dass kein Hydrazin im besagten Luftfahrzeug vorhanden sei. Diese hat sich nun wohl als falsch heraus gestellt.

    Mag natürlich möglich sein, dass neuere Generationen der F-16 (die glaube ich "Blocks" genannt werden) andere Möglichkeiten zum Betrieb von den genannten Zusatz-/Notstromaggregaten haben. Das weiß ich natürlich nicht, auch die erst eintreffende Feuerwehr nicht (sicher zunächst auch nicht um was für ein Flugzeugtyp es sich handelt). Daher würde ich mich erst einmal auf die GAMS-Regel beschränken und eine Menschenrettung, soweit möglich, und eine Ausweitung des Schadens unter Vollschutz begrenzen. Das aber auch die U.S. Armee hier keine Kenntnisse über Gefahrstoffe des Flugzeugtyps hatte überrascht mich. Ging man vielleicht davon aus, dass das Hydrazin vielleicht aufgrund des Feuers sich bereits "abgebaut" hatte? Oder war es Absicht? Dabei fällt mir ein: Hatten wir in Remscheid beim Absturz des A-10 Kampfflugzeuges nicht schon mal so eine Situation? Damals ging es doch um die schwach-radioaktive 30mm-Munition der Bordkanone.


    Gruß

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Das Militär ist bei solchen Unfällen leider nicht für besonders zuverlässige Informationen bekannt. Egal ob aus Unwissenheit der Anwesenden oder aus Geheimhaltungspflicht.

  • Die logische Konsequenz wäre dann natürlich auf die Angaben zu pfeiffen und immer vom Schlimmsten auszugehen. Was das (US) Militär mit seinen Soldaten macht ist erstmal deren Problem, aber es ist nicht in Ordnung, dass sie unsere Einsatzkräfte gefährden.

    Land zwischen den Meeren,
    vor dem sich sogar die Bäume verneigen,
    du bist der wahre Grund,
    warum Kompassnadeln nach Norden zeigen!

  • F#llt wohl alles unter Kollateralschaden. Sie wie ein MSF Krankenhaus.

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Das sollte man entsprechend etwas bekannter machen. Ich bin nicht sicher, dass jedem Einsatzleiter einer entsprechenden Lage das so bewusst ist. Zumindest ich sehe das als die Lehre, die man daraus ziehen sollte.

    Land zwischen den Meeren,
    vor dem sich sogar die Bäume verneigen,
    du bist der wahre Grund,
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  • Na ja, also auf meinem Zugführer-Lehrgang an der LFS Celle wurde das im Prinzip schon "gelehrt".
    Das Militär (insb. das US-Militär) hat einfach bestimmte Geheimhaltungsinteressen.
    Gerade nach Flugunfällen. Ein Grund warum bei solchen Szenarien das Militär das Kommando übernimmt.


    Soll nicht heißen das ich es begrüße, dass wichtige Informationen vorenthalten werden...

    The reason I talk to myself is because I’m the only one whose answers I accept. George Carlin

  • Es ist beim Militär auch deutlich schwieriger als bei anderen Firmen/Behörden.
    Vieles ist wenigstens Vertraulich oder sogar Geheim.
    Das "ausplaudern" solcher Informationen kann eine Straftat sein.
    Also wird der Ansprechpartner sich über die Einstufung informieren und ggf. rausfinden wer reden darf.
    Das beginnt i.d.R. auf Divisionsebene. Da muss es aber erstmal hin.

    The reason I talk to myself is because I’m the only one whose answers I accept. George Carlin

  • Das Militär (insb. das US-Militär) hat einfach bestimmte Geheimhaltungsinteressen.
    Gerade nach Flugunfällen. Ein Grund warum bei solchen Szenarien das Militär das Kommando übernimmt.


    Die Bundeswehr ebenso. Siehe Absturz des SAR 71.

    Alle sagten: "Das geht nicht!". Dann kam einer, der wusste das nicht und hat es einfach gemacht.

  • Gehe ich mit.


    Deswegen: nicht immer nur auf die Jungs von Uncle Sam schimpfen. Andere sind auch nicht besser. Und dabei ist das einfach nur deren Job.

    Alle sagten: "Das geht nicht!". Dann kam einer, der wusste das nicht und hat es einfach gemacht.

  • Gehe ich mit.


    Deswegen: nicht immer nur auf die Jungs von Uncle Sam schimpfen. Andere sind auch nicht besser. Und dabei ist das einfach nur deren Job.

    Nun ja, das ist mir etwas zu einfach. Man könnte schon kritisch hinterfragen warum Strukturen nicht verändert werden, wenn immer wieder Zivilisten durch Falschaussagen unnötig gefährdet werden. Geheimhaltung hin oder her, besondere Protokolle zu etablieren die den Informationsfluss beschleunigen wäre definitiv möglich. Die Frage ist eben, wie viel Interesse das Militär daran hat. Ich kriege das Gefühl, es interessiert einfach nicht genug, ob da ein FF-Mann sich gefährdet weil er mit Hydrazin oder Strahlung in Kontakt kommt.

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Nun ja, das ist mir etwas zu einfach. Man könnte schon kritisch hinterfragen warum Strukturen nicht verändert werden, wenn immer wieder Zivilisten durch Falschaussagen unnötig gefährdet werden. Geheimhaltung hin oder her, besondere Protokolle zu etablieren die den Informationsfluss beschleunigen wäre definitiv möglich.


    Ob das jetzt "immer wieder" passiert würde ich mal anzweifeln. Wie oft stürzen denn mit Hydrazin beladene Flieger irgendwo ab? Das ist ja jetzt nichts was regelmäßig geschieht.
    Im Bereich der Bundeswehr sind die Strukturen vorhanden die auch einen schnellen Informationsfluss fördern, aber man neigt dazu zu unterschätzen, welche Quellen bei so einem Vorfall anzuzapfen sind.
    Derjenige, der am Ende Aussagen treffen darf muss sich ja erstmal umfassend informieren können. Dazu gehört im Falle eines Absturzes halt auch die Rücksprache mit dem z. B. Geschwaderkommodore, den Bundeswehrfeuerwehrkräften und und und... das ist halt nichts was innerhalb von 10 Minuten erledigt ist. Es muss ja auch erstmal klar sein was da für ein Vogel vom Himmel gefallen ist.
    Die Gefahr, dass da jemand also in ein solches Gefahrenszenario reinstolpert ist also hoch.
    Da könnte man aus Sicht der Feuerwehr nur den Rückschluss ziehen, dass es schlau ist bei jedem Absturz zunächst vom Worst-Case auszugehen.


    Die Frage ist eben, wie viel Interesse das Militär daran hat. Ich kriege das Gefühl, es interessiert einfach nicht genug, ob da ein FF-Mann sich gefährdet weil er mit Hydrazin oder Strahlung in Kontakt kommt.


    Ich glaube nicht, dass es dem Militär egal ist oder das ein Feuerwehrmann nicht wichtig genug ist.
    Wenn ein Gefahrgut-Lkw auf der Straße verunglückt ist es ja nicht weniger schlimm für die Feuerwehr. Auch da müssen ggf. entsprechende Informationen besorgt werden, TUIS-Fachberater zur Einsatzstelle gebracht werden und und und.
    Der Unterschied ist, dass hier niemand böse Absicht vermutet und man bei einem Gefahrgut-Lkw in der Regel sich von Beginn an entsprechend verhält.
    Wie gesagt, dass könnte (sollte) man bei Kampfflugzeugabstürzen auch mal in Erwägung ziehen.



    Ich möchte aber auf gar keinen Fall verteidigen, dass die US-Air Force in diesem Fall wohl etwas viel zu zögerlich diese Information rausgerückt hat.

    The reason I talk to myself is because I’m the only one whose answers I accept. George Carlin