Weil die Trage des Intensivtransporthubschraubers "Christoph Gießen" nicht mit der Tragehalterung eines Rettungswagens aus dem Lahn-Dill-Kreis (Hessen) kompatibel war, lehnte die Besatzung des RTW den Transport einer Intensivpatientin mittels Hubschrauber-Trage ab. Da der Gesundheitszustand der 64-jährigen Patientin zu instabil war, sollte diese nach Vorgabe der behandelnden Oberärztin in der Dillenburger Klinik sowie der Notärztin des ITH direkt auf die Trage des Hubschraubers umgelagert und mit dem RTW zum wenige hundert Meter vom Krankenhaus entfernten Hubschrauberlandeplatz transportiert werden. Dies lehnte die Besatzung des RTW ab, da sich die Trage nicht sicher im Fahrzeug befestigen lasse.
Auch mehrere Telefonate der Oberärztin und der Notärztin sowohl mit der Rettungsleitstelle in Wetzlar als auch mit dem dafür zuständigen Kreisbrandinspektor und einer Ärztin der Johanniter in Gießen änderten nichts an der Entscheidung der Rettungswagenbesatzung. Durch die Rettungsleitstelle sowie dem Kreisbrandinspektor erhielt diese Rückendeckung. Letztlich musste "Christoph Gießen" seinen Einsatz abbrechen; die Patientin wurde bodengebunden mit einem Intensivtransportwagen in die Uniklinik Gießen transportiert.
Der für den Rettungsdienst im Lahn-Dill-Kreis zuständige Vize-Landrat Heinz Schreiber erklärte gegenüber der "Dill-Post", die Rettungswagen seien DIN-genormt, weshalb sich die Trage des ITH "Christoph Gießen" nicht sicher befestigen lasse, da diese nicht dieser DIN entspreche. "Fahrer und Rettungssanitäter sind grundsätzlich haftbar, wenn aufgrund des nicht vorschriftsgemäßen Einsatzes der Rettungsmittel, dazu gehört auch die Trage, etwas passiert, also wenn zum Beispiel der Patient von der Trage fällt."
Auch im hessischen Sozialministerium ist das Problem bekannt, dass manche Hubschrauber-Tragen nicht mit den Rettungswagen kompatibel sind. Hierzu gibt es ein Schreiben aus dem Jahr 2014: "Die hessischen Luftrettungsmittel sind gemäß DIN mit Tragen ausgestattet, die, aufgrund ihrer geringeren Breite, nicht auf den im bodengebundenen Rettungsdienst eingesetzten Trageuntergestellen der für den Zwischentransport eingesetzten Rettungswagen fixiert werden können."
Mit den Anbietern der Tragegestelle werde nach einer Lösung gesucht. Bis dahin liege die Verantwortlichkeit und Entscheidung beim Notarzt, der den Patienten im Hubschrauber versorge.
Die Patientin verstarb drei Tage nach ihrer Verlegung in die Uniklinik Gießen; nun beschäftigen sich Juristen mit der Frage, ob es einen Zusammenhang zwischen dem Transportverzug und ihrem Tod gibt. Die Staatsanwaltschaft hat Vorermittlungen eingeleitet und prüft, ob der Anfangsverdacht einer fahrlässigen Tötung oder Körperverletzung vorliegt. Dazu wurde der Leichnam der 64-Jährigen sicher gestellt und obduziert. Das Ergebnis liegt derzeit noch nicht vor.
Quelle und ausführlicher Artikel: http://www.mittelhessen.de/lok…ztinnen-_arid,569142.html