Praxis richtig und intensiv erlernen

  • Das ist mir sehr wohl bewusst, aber meiner Erinnerung nach war die drastische Verkürzung des Rettungshelfers in NRW war von der Diskussion um die erneute Verkürzung des Zivildienstes ausgelöst worden. Dies hatte sich dann aber nochmal um einige Zeit verzögert, deswegen ist der Zivildienst hier der Auslöser für die nun bestehende Ausnahmesituation in NRW. Ich hoffe inständig, dass man junge Kollegen, die bereit sind in unserer Tätigkeit ein Jahr soziale Arbeit für ein Taschengeld zu leisten überwiegend zu Rettungssanitätern qualifiziert. Dies ist bei einer einjährigen Dienstzeit ja ohne weiteres möglich.

    Land zwischen den Meeren,
    vor dem sich sogar die Bäume verneigen,
    du bist der wahre Grund,
    warum Kompassnadeln nach Norden zeigen!

  • Das ist mir sehr wohl bewusst, aber meiner Erinnerung nach war die drastische Verkürzung des Rettungshelfers in NRW war von der Diskussion um die erneute Verkürzung des Zivildienstes ausgelöst worden. Dies hatte sich dann aber nochmal um einige Zeit verzögert, deswegen ist der Zivildienst hier der Auslöser für die nun bestehende Ausnahmesituation in NRW. Ich hoffe inständig, dass man junge Kollegen, die bereit sind in unserer Tätigkeit ein Jahr soziale Arbeit für ein Taschengeld zu leisten überwiegend zu Rettungssanitätern qualifiziert. Dies ist bei einer einjährigen Dienstzeit ja ohne weiteres möglich.


    In der Einzelfallbetrachtung ist die Qualifizierung eines FSJler zum RS durchaus machbar. Allerdings kann ich hier aus meinem Beritt sagen, dass es in der globalen Betrachtung über ca. 40 FSJler anders ist. Zum einen gibt es einen kleinen Teil (2-3 Leute) die schon zweimal durch die Prüfung zum Rettungshelfer fallen. Allerdings haben diese Kollegen nach der nicht bestandenen RH-Prüfung natürlich ihre Praktika angetreten. Ein weiterer Teil (etwa 4) Leute scheitern zweimal an der RS Prüfung, eine Nachprüfung müssen insgesamt 15-18 Leute machen. Also haben wir hier von 40 FSJlern nur 33 die wirklich RS sind und 20 mal Kosten für Wiederholungsprüfungen. Von den 33 Leuten merken innerhalb von 3 Monaten auch nochmal 3-4 das die Tätigkeit im RD nichts für sie ist. Und mindestens einer, meist zwei - haben das FSJ nur angenommen um kostenfrei an die RS-Ausbildung zu kommen. Dann bekommen einige doch noch Studien-/Ausbildungsplätze, da gehen nochmal so 3 im Schnitt. Und dann gibt es natürlich noch die zwei, welche ein Verhalten an den Tag legen, dass man Ihnen nahelegt zu gehen. Am Ende habe ich also 20 FSJler die tatsächlich auch das Jahr voll machen. Somit muss ich für jeden Platz den ich besetzen will 2 FSJler einstellen, Ausbilden und eine Prüfung doppelt bezahlen, die betriebsmedizinischen Untersuchungen und Sicherheitsschuhe etc. sind natürlich auch doppelt zu rechnen.


    Und ob es dann am Ende sich noch lohnt kommt sehr auf das Rettungsdienstsystem und dessen Vergütung an.

  • Man muss dann aber auch fragen, ob es überhaupt noch sinnvoll ist FSJ´ler im Rettungsdienst einzusetzen? Wenn man den Luxus von so vielen FSJ-Bewerbern hat, dann könnte man auch ein Auswahlverfahren machen, um sich die besten der Gruppe zu filtern. Das schützt zwar nicht vor allen Dingen, wie z.B. den Abbrechern wegen Studium, aber vielleicht würde es helfen die "Durchfaller", "Danebenbenehmer" und "Abbrecher weil ich kann kein Blut sehen" zu reduzieren. Und eine RettSan-Ausbildung ist hier für knapp 700 Euro im Komplettpaket zu haben. Ist eigentlich auch nicht so teuer wie man vielleicht denkt.


    Ich habe meinen Zivildienst übrigens auch dafür benutzt um als RettSan Stunden für den RettAss zu sammeln. War also nicht ganz uneigennützig. Nur einige Hauptamtliche musste ich mir auch etwas zurecht erziehen, dass ich als Krankenpfleger, damals mit knapp 8 Monaten Anästhesie- und Intensivpflegeerfahrung und RettSan nicht so unbedarft und unwissend war wie einige dachten und mich entsprechend als Leibeigende behandeln wollten. Der Wachenleiter hatte schnell Respekt vor mir, mit zwei Hauptamtlichen lief es dann sogar super, so das ich hauptsächlich mit ihnen zusammen gefahren bin. Tja, und zum Ende der 13 Monate bin ich dann sogar öfters mit "wirklichen Zivis" gefahren, als Verantwortlicher RettSan auf dem RTW. Also zwei Zivis auf einem RTW. Und das war nicht in den 1970ziger Jahren, sondern mit 1998 noch gar nicht so lange her. Aber es war der letzte Landkreis wo man als Zivi noch RTW fahren konnte. Und das war mir zum Stunden sammeln sehr wichtig! Wenn ich schon wegen der damaligen Herzdame *hust* blöde *zensiert* geh in Arsch *hust* verweigert habe...


    Gruß

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Grundsätzlich werden sehr viele FSJ-Bewerber angenommen, da man gerade als Hilfsorganisation auch schwierigen Leuten eine Chance geben möchte. Das halte ich auch für grundsätzlich Richtig. Habe in den letzten Jahren so einige Überraschungen erlebt, wo man am Anfang dachte wie konnte man den Einstellen und am Ende waren das super Leute. Und das ganze unterliegt eben auch Schwankungen. Und wenn man nicht irgendwann ohne Leute dastehen möchte (gerade im Sommer) ist es schon wichtig eine gewisse Reserve zu haben.


    Der RS-Schulblock ist bei uns nicht für 700€ zu haben, aber davon abgesehen sind ja noch weitere Kosten (Fahrtgeld, Verpflegung, med. Untersuchung, Sicherheitsschuhe, Praktikumsorganisation....) ebenfalls zu berücksichtigen.


    Zu Zivildienstzeiten war das auch in der Planung einfacher:
    a) kamen auch mehr Leute die bereits schon eine Ausbildung etc. absolviert hatten
    b) blieben Zivis so gut wie immer die volle Dienstzeit

  • Dann muss man damit auch leben, wenn man unbedingt an FSJ'lern festhalten möchte.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Und man muss an dieser Stelle mal ganz ehrlich sagen, dass die finanziellen Probleme hausgemacht sind. Wenn ich vielen Leuten im Sinne des sozialen Auftrags der Hilfsorganisation eine Chance geben will, was ich durchaus befürworte, dann muss ich mit den daraus entsprechenden Mehrkosten einfach leben. Es gibt sehr viele Rettungsdienste und private Krankentransportunternehmen, die ja nicht selten unter deutlich stärkerem Konkurrenz- und resultiertend Preisdruck stehen, die es wirtschaftlich rentabel hinbekommen, im Rahmen eines ein-Jahres-Vertrages Bewerber zum RS zu qualifizieren. Im Gegensatz zum FSJler fallen in der gesamten Zeit, auch in der Ausbildung, erhebliche Lohnkosten an, die man nicht mehr als Taschengeld bezeichnen kann. Solange diese Angebote immer häufiger werden ist es nur sehr schwer zu erklären, dass dies bei FSJlern nicht gehen sollte.

    Land zwischen den Meeren,
    vor dem sich sogar die Bäume verneigen,
    du bist der wahre Grund,
    warum Kompassnadeln nach Norden zeigen!

  • Also ich kenne im Krankentransport in keinem der Umliegenden Landkreise auch nur einen privaten Anbieter. Nur in einem Nachbarkreis hält ein privater Anbieter einen RTW und ein MZF vor. Diese Fahrzeuge werden durch "Selbstständige" besetzt. Von daher muss man schon differenzieren wo etwas zu welcher Vergütung stattfindet. Aber du rechnest mir sicher vor, wie man bei 78€ inkl. 100 km (mittlere Transportstrecke 76km) mit hauptamtlichen Personal und einem zu bezahlenden RS-Azubi hinkommt.


    Am Ende ging es mir nur darum zu sagen, dass es eben nicht Pauschal richtig ist zu sagen, dass es kein Problem sie jedem FSJler den RS zu bezahlen. Sondern das es Anstrengung und Willen und spitzen Rechnen Bedarfs.

  • Zitat

    Aber du rechnest mir sicher vor, wie man bei 78€ inkl. 100 km (mittlere Transportstrecke 76km) mit hauptamtlichen Personal und einem zu bezahlenden RS-Azubi hinkommt.
    .


    Wenn das heißen soll, 78 Euro pro Fahrt, wobei 100km inkl. sind, folgende Lösung:
    Anständige Preise und kein Dumping.

  • Wenn das heißen soll, 78 Euro pro Fahrt, wobei 100km inkl. sind, folgende Lösung:
    Anständige Preise und kein Dumping.


    Wenn das heißen soll, 78 Euro pro Fahrt, wobei 100km inkl. sind, folgende Lösung:
    Anständige Preise und kein Dumping.


    Wow, das ist natürlich eine super Idee. Ist bestimmt noch nie einer drauf gekommen!


    Aber das in BaWü die HiOrg = Träger des RD ist hat Sie einen Sicherstellungsauftrag. Sprich, solang man in dem Bereich (RD&KTP) tätig ist - muss man das eben Sicherstellen. Das Wissen in Verhandlungen natürlich auch die Kostenträger. Gibt ja einen Grund warum in BaWü so wenig Geld pro Versicherten im Jahr bezahlt wird.

  • Mit diesem Argument wird aber ein Schuh draus.
    Richtig, der RD hat einen Sicherstellungsauftrag.


    Dazu gehört die Beachtung der gesetzlichen und tarifrechtlichen Vorgaben.
    Das wiederum ergibt den Zwang einer gesicherten und zur Erfüllung des Auftrags erforderlichen Vergütung seitens der Kostenträger.


    Alle Unternehmer (im Ländle eine wichtige Bezugsgrösse) müssen diese Vorgaben erfüllen.
    Nur so sind sie konkurrenzfähig - und gute Leute kosten gutes Geld.


    Nach wie vor haben RD-Erbringer ein supergrosses Problem, dessen Beseitigung sie geflissentlich ignorieren.
    Meine Hausärztin arbeitet ebensowenig ehrenamtlich wie die Physiotherapeutin meiner Frau (usw).
    In NRW usw. kommt auch kein Löschknecht mehr angelaufen, wenn die Sirene geht und das Krankenauto besetzt werden muß.


    Nur im Süden des Staates wird "gespart" - egal, wieviel es kostet.

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

  • Zitat

    Wow, das ist natürlich eine super Idee. Ist bestimmt noch nie einer drauf gekommen!


    Aber das in BaWü die HiOrg = Träger des RD ist hat Sie einen Sicherstellungsauftrag. Sprich, solang man in dem Bereich (RD&KTP) tätig ist - muss man das eben Sicherstellen. Das Wissen in Verhandlungen natürlich auch die Kostenträger. Gibt ja einen Grund warum in BaWü so wenig Geld pro Versicherten im Jahr bezahlt wird.


    Du willst also sagen, in den anderen Bundesländern funktioniert das, weil die Rettungsdienste sonst sagen, wir arbeiten nicht mehr? Bei uns führt der Landkreis die Verhandlungen, der kann ja auch nicht sagen, wenn ihr(die GKV) nicht zahlt, fällt der Rettungsdienst halt flach.
    Und trotzdem gibt es kostendeckende Preise. Und das, obwohl kein Ehrenamt vorhanden ist( im RD).

  • Bei uns führt der Landkreis die Verhandlungen


    Der Landkreis legt eine Gebührensatzung fest welche von den Kostenträgern zu bezahlen ist. Die Kostenträger können dagegen nur vorgehen, wenn nachweislich zu hohe Gebühren genommen werden bzw. über Bedarf Personal/Fahrzeuge/Equipment vorgehalten wird. Daher ist dies eine völlig andere Situation.

  • Nein, es ist eine Entgeltvereinbarung mit den Kostenträgern. Ein Vertrag zwischen dem Landkreis und den Kostenträgern. Wird jedes Jahr erneuert. Aber schön, dass du Bescheid weißt...

  • Bei den Begrifflichkeiten habe ich mich vertan. Es ist eine Endgeltvereinbarung, Gebührensatzung ist das Ergebniss daraus.


    Lies mal das NRettDG. Paragraph 14ff. Speziell Paragraph 15 Abs. 2 Satz 3 (Die Summe der Entgelte muss die vereinbarten Gesamtkosten des Rettungsdienstes decken.) ist hier entscheidend.

  • RettG BW Paragraph 28

    Zitat

    (3) Für Leistungen des Rettungsdienstes werden jährlich Benutzungsentgelte vereinbart. [...]Die Beteiligten ermitteln die Kosten für Notfallrettung und Krankentransport getrennt.


    (4) Für die Notfallrettung im Rahmen von § 3 Abs. 3 werden die Benutzungsentgelte für den Rettungsdienstbereich von den Leistungsträgern und den Kostenträgern im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 einheitlich vereinbart. [...]Für den Krankentransport werden die Benutzungsentgelte für den Rettungsdienstbereich zwischen den Kostenträgern im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 einheitlich und gemeinsam und den einzelnen Leistungserbringern vereinbart.


    Das heißt für mich weiterhin, wenn man mit Ehrenamtlichen rechnet, hat man selber schuld. Man könnte auch mit Hauptamt rechnen, funktioniert in fast allen anderen Bundesländern schließlich auch.

  • Da steht aber nicht, dass die Nutzungsentgelte tatsächlich die Kosten decken müssen. Und genau in diesem Moment kommt dann wider der Sicherstellungsauftrag zum Tragen. Und wenn die Kostenträger im Bereichsausschuss sagen: "Ihre Kostenansätze sind ganz nett, aber wenn Sie sich anstrengen können Sie xy% der Stunden EA leisten daher kürzen wir das Budget um z € hat man nicht so wirklich viele Möglichkeiten. Denn im Bereichsausschuss sind die Stimmen 50% Träger Rettungsdienst und 50% Kostenträger aufgeteilt. Sprich ohne Zustimmung der Kassen kann es keine Erhöhung der Budgets geben. Und das dies ein strukturelles und kein Problem eines einzelnen Träger des Rettungsdienstes ist, kann man ja daran sehen das die Preise in ganz BW ziemlich ähnlich sind - nämlich die niedrigsten in der BRD.

  • Zitat

    Und das dies ein strukturelles und kein Problem eines einzelnen Träger des Rettungsdienstes ist, kann man ja daran sehen das die Preise in ganz BW ziemlich ähnlich sind - nämlich die niedrigsten in der BRD.


    Das sind eben die sparsamen Schwaben!

  • Dies sehe ich aber als Mangel im Verhandlungsgeschick und nicht als unabänderlichen Zustand.


    Die Kassen haben ja offenbar außerordentliches (und vor allem besseres ) Verhandlungsgeschick (als die andere Seite) und die nötige Lobby, das Instrument des "Bereichsausschusses" auch weiter zu nutzen . Betriebswirtschaftlich machen sie es also ganz gut...
    Und offenbar können die Leistungserbringer ja unterm Strich auch damit leben.

  • Die Kassen haben ja offenbar außerordentliches (und vor allem besseres ) Verhandlungsgeschick (als die andere Seite) und die nötige Lobby, das Instrument des "Bereichsausschusses" auch weiter zu nutzen . Betriebswirtschaftlich machen sie es also ganz gut...


    Das machen die sehr gut. Und das aktuelle RDG zeigt den Einfluss klar auf und die Ergebnisse sind entsprechend. Daher finde ich es aber eben so anmaßend wenn Kollegen aus Niedersachsen der Meinung sind, das liegt ja nur daran weil die Träger des RD zu doof sind. Ganz so einfach ist es dann eben doch nicht.


    Und offenbar können die Leistungserbringer ja unterm Strich auch damit leben.


    Na sicher können Sie das, aber halt nicht mit HA Personal auf jedem Fahrzeug und bezahlten HA-RS-Ausbildungen noch weniger. Das ist ja genau das was ich bereits geschrieben hatte:


    Also ich kenne im Krankentransport in keinem der Umliegenden Landkreise auch nur einen privaten Anbieter. Nur in einem Nachbarkreis hält ein privater Anbieter einen RTW und ein MZF vor. Diese Fahrzeuge werden durch "Selbstständige" besetzt. Von daher muss man schon differenzieren wo etwas zu welcher Vergütung stattfindet. Aber du rechnest mir sicher vor, wie man bei 78€ inkl. 100 km (mittlere Transportstrecke 76km) mit hauptamtlichen Personal und einem zu bezahlenden RS-Azubi hinkommt.


    Am Ende ging es mir nur darum zu sagen, dass es eben nicht Pauschal richtig ist zu sagen, dass es kein Problem sie jedem FSJler den RS zu bezahlen. Sondern das es Anstrengung und Willen und spitzen Rechnen Bedarfs.