Einführung eines Telenotfallmedizin-Systems in Teilen Schleswig--Holsteins

  • Ist eigentlich (in irgendeinem der Tele-NA Projekte in DE) geplant, dass man auch Homeoffice für Telenotärzte:innen ermöglicht?

  • Mit einem eigenen Datennetz, USV-Puffer und Netzersatzanlage sowie einer Zutrittskontrolle sicher kein Problem. ;) Ich verstehe durchaus, was Du damit sagen willst. Und irgendwie bin ich da auch bei Dir (das man gute Arbeitsbedingungen braucht). Allerdings sehe ich das auch durch das Auge der Resilienz / Infrastrukturhärtung. Für einen zweiten Arzt (Hintergrund bei gleichzeitigen Anfragen) kann ich mir das vorstellen. Aber die Grundfunktionen müssen in der Leitstelle sitzen. Wenn Grundfunktionen ausserhalb einer gehärteten Infrastruktur ihren Dienst versehen in einem Bereich, wo es wenig Resilienz gibt, dann habe ich aus Sicht des Krisenmanagements und Katastrophenschutz Kopfschmerzen damit.


    Jedoch ist eine andere Frage viel interessanter: Woher kommen plötzlich diese ganzen erfahrenden Fachärzte bzw. Notärzte, die die TNA-Funktionen nun wahrnehmen sollen? Wir haben Probleme die NEF´s zu besetzen und bisher wurden noch keine NEF eingestampft.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

    Einmal editiert, zuletzt von Harris NRÜ ()

  • Was hat das nun mit den Standorten der Leitstellen zu tun? Es geht um die Resilienz des Standortes "Home Office" für Funktionen / Aufgaben einer Kritischen Infrastruktur.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • @Harris: es soll ja nur zwei Telenotärzte geben und wenn man den Großraum Lübeck mal ausnimmt, hat Schleswig-Holstein relativ wenig Notärzte. Ich denke, man kann das besetzen, wenn man möchte.

    Land zwischen den Meeren,
    vor dem sich sogar die Bäume verneigen,
    du bist der wahre Grund,
    warum Kompassnadeln nach Norden zeigen!

  • Das ist relativ wenig, das stimmt. Aber immerhin ärztliches Personal für zwei 24/7 NEF.


    Ich bin gespannt, ob wir in den nächsten Jahren dann nachfolgend wirklich Schließungen von NEF Standorten erleben werden (und welche lokalen Diskussionen dieses auslösen wird; mein Krankenhaus, mein Notarzt, usw. Ähnlich wie: neue Bahnstrecken ja - aber nicht bei mir, Windkraft ja - aber wo anders, usw.)

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Was hat das nun mit den Standorten der Leitstellen zu tun? Es geht um die Resilienz des Standortes "Home Office" für Funktionen / Aufgaben einer Kritischen Infrastruktur.

    nun ja, wenn selbst die so oft als Vorbild genannte Leitstelle in Niederösterreich und andere Leitstellen in Deutschland (während der Pandemie) aus dem Homeoffice ihrer Aufgabe nachgehen können bzw. konnten, sollte das bei einem Telenotarzt wohl auch nicht unlösbar sein....

  • Ich kenne die Beispiele. Aber sitzen die alle im Homeoffice oder haben die ihre Grundfunktionen trotzdem in der Leitstelle (oder anders: In einem gehärteten Bereich mit mehr Resilienz) sitzen?


    Was machen wir denn, wenn der einzige (!) Telenotarzt für mehrere Landkreise und einer Großstadt zu Hause im Home Office sitzt und dann der Strom ausfällt? Dann geht er zur Bushaltestelle und wartet auf den nächsten Bus, der gemäß Deutschlandtakt alle 2 Stunden ihn vom Dorf weg holt und ihn irgendwann zur Großstadt bringen wird?

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Dann fällt der Tele-NA halt eine zeitlang aus.

    Aktuell geht die Welt, ganz ohne Telemedizin, auch nicht unter.

    Das flächendeckend Mobilfunk-Netz wird das größere Problem, zumindest in Baden-Württemberg.

    Besser ein Tele Backup Sytem, dass zu 80% erreichbar ist, als gar keines, weil es aufgrund von Unattraktivität zu wenige Interessenten gibt.

  • Ich bin gespannt, ob wir in den nächsten Jahren dann nachfolgend wirklich Schließungen von NEF Standorten erleben werden (und welche lokalen Diskussionen dieses auslösen wird


    Wird das rechtlich überhaupt möglich sein, nach dem Mannheimer Urteil?


    Es kann jederzeit und überall der Fall eintreten, dass innerhalb der Hilfsfrist ein physischer Notarzt vor Ort erforderlich ist.

    Besteht nicht Anrecht auf flächendeckende, notärtzlich Versorgung aus dem GG heraus?

    Oder überinterpretiere ich da das Urteil?

  • Da stellt sich die Frage, wie attraktiv die Stellen bei TNA-Systemen sind? Welche Erfahrungen liegen denn in Aachen vor, die nun bereits seit einem Jahrzehnt das TNA-System praktizieren? Wird das dort in den Leitstellen direkt betrieben oder in Home Office? Wie sieht es da mit der Besetzbarkeit der Stellen aus? Schwierig oder guter Zulauf?


    Gut, wenn man eine Zeit lang auf einen TNA verzichten kann, muss man sich aber auch die Frage stellen, ob man sowas dann überhaupt braucht? Kritische Infrastrukturen zeichen sich ja eben genau deswegen als solche aus, weil sie unverzichtbar ist und eine Störung oder ein Ausfall Wechselwirkungen auf andere Infrastukturen hat, welche ebenfalls wieder zu Störungen und Ausfällen führen können (Verletzlichkeitsparadoxon). Einige Stunden auf eine Leitstelle oder ein Krankenhaus verzichten zu müssen macht schon ordentlich Probleme. Wenn ein TNA-Ausfall für einige Stunden kein Problem ist, dann ist dieser ggf. grundsätzlich nicht erforderlich? Irgendwie muss man da dann Kompromisse finden, wenn man diesen doch als wichtig einstufen sollte. Für Bequemlichkeit die Sicherheit opfern? Man muss dann zu mindestens Redundanzen schaffen, um Störungen und Ausfälle von kritischen Infrastrukturen auffangen zu können.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

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  • Wird das rechtlich überhaupt möglich sein, nach dem Mannheimer Urteil?


    Es kann jederzeit und überall der Fall eintreten, dass innerhalb der Hilfsfrist ein physischer Notarzt vor Ort erforderlich ist.

    Besteht nicht Anrecht auf flächendeckende, notärtzlich Versorgung aus dem GG heraus?

    Oder überinterpretiere ich da das Urteil?

    Die Frage wird Baden-Württemberg vielleicht alleine klären müssen, da die meisten Bundesländer keine getrennten Hilfsfristen für RTW und NEF definieren. Da gibt es i.d.R. nur eine; für das erste eintreffende Rettungsmittel eben. Letzendlich kommen wir dann aber wieder an den Punkt, ob das System dann überhaupt sinnvoll ist, wenn wir es weiter aufblähen?

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Was machen wir denn, wenn der einzige (!) Telenotarzt für mehrere Landkreise und einer Großstadt zu Hause im Home Office sitzt und dann der Strom ausfällt?

    Dann schaltet ein ”kluges” System ganz automatisch weiter zur nächsten Telenotarztzentrale. So wie in den Momenten, wo der TNA aus anderen Gründen halt einen Einsatz nicht annehmen kann. Dann kann auch nicht mal eben ein ”normaler” Disponent einspringen....Wenn der Strom nur lange genug ausfällt, ist es eh zappenduster....

  • Die Frage wird Baden-Württemberg vielleicht alleine klären müssen, da die meisten Bundesländer keine getrennten Hilfsfristen für RTW und NEF definieren.

    So neu ist die Fragestellung auch nicht...


    https://dejure.org/dienste/ver…zeichen=III%20ZR%20178/91


    So hat der Bundesgerichtshof zu einem Streitfall aus Bayern bereits einmal ausgeführt:


    […] Für die Einrichtung der Rettungswachen schreibt § 1 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung zur Ausführung des Bayerischen Gesetzes über den Rettungsdienst (AVBayRDG) vom 13. August 1975 (GVBl S. 276) vor, "so viele Rettungswachen zu errichten, daß jeder an einer Straße liegende Einsatzort in der Regel innerhalb einer Fahrzeit von höchstens zwölf Minuten erreicht werden kann (Hilfsfrist)" (vgl. jetzt auch Art. 20 Abs. 1 Satz 3 BayRDG 1990). Diese Bestimmung ist zwar auf die Organisation des Notarztdienstes durch die Beklagte nicht unmittelbar anzuwenden. Sie erfordert aber, da der Notarztdienst Bestandteil des Rettungsdienstes und dieser insgesamt nur dann funktionsfähig ist, wenn die erforderlichen rettungs- und notarztdienstlichen Maßnahmen exakt aufeinander abgestimmt sind, als Richtlinie auch bei der Verteilung der Notarztwagenstandorte Beachtung.[…] Rn. 27 Juris


    Es ist aus meiner Sicht eine politische Entscheidung, wie eng das Netz der außenklinischen Notfallversorgung zukünftig sein soll. Bin gespannt, welche Zeit das bevorstehende Bundesrettungsdienstgesetz dann vorschreiben wird...

  • Dann schaltet ein ”kluges” System ganz automatisch weiter zur nächsten Telenotarztzentrale.

    Das ist genau das, was ich mit Redundanzen meinte! ;)

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • s ist aus meiner Sicht eine politische Entscheidung, wie eng das Netz der außenklinischen Notfallversorgung zukünftig sein soll. Bin gespannt, welche Zeit das bevorstehende Bundesrettungsdienstgesetz dann vorschreiben wird...

    Ja, stimmt. Die Politik muss definieren, was sie will. Ich bin mir nur noch nicht sicher, ob es ein "Bundesrettungsdienstgesetz" jemals geben wird. Die Länder wollen sich bestimmt nicht so gerne die Sandförmchen klauen lassen.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.