Rettungsassistent wegen Medikamentengabe entlassen

  • Es gibt Neuigkeiten in diesem Fall:


    Den Ausspruch des Abteilungsleiters Rettungsdienst vom DRK Landesverband Rheinland-Pfalz, Herrn Stefan Wittenberger, finde ich ja schon zutiefst beleidigend für den gesamten Berufsstand.
    Dort hat er sinngemäß in der Gerichtsverhandlung gesagt, dass Rettungsassistent ein ärztlicher Hilfsberuf von zweijähriger Ausbildung sei und jede Friseuse mit einer dreijährigen Ausbildung besser qualifiziert wäre.


    http://rhein-zeitung.de/a/rlp/t/rzo462255.html

  • Was ist an der Aussage denn grundsätzlich falsch ?


    Oder anders gesagt, welchen Ausbildungsberuf schliesst man in unserem Land nach nur zwei Jahren ab (wovon ein Jahr immer noch bei etlichen Arbeitgebern als Billiarbeitskraft-Jahr gewertet wird)


    Und, dass ich das jetzt so geschrieben habe, bedeutet nicht, dass ich es gutheisse !
    Das die Berufsausbildung im RD verbesserungswürdig ist, steht ausser Frage !

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

  • Ohne eine Wertung ist die Aussage zutreffend, klar.


    Aber wenn man sowas in der konkreten Situation und auch noch vor Gericht in polemischer Art und Weise als Arbeitgeber gegenüber dem Mitarbeiter (wobei auch noch mehr als zehn Rettungsassistenten im Zuschauerraum saßen) sagt, halte ich das schon für einen Ausdruck von Geringschätzung.

  • Zitat

    Original von raphael-wiesbaden
    Was ist an der Aussage denn grundsätzlich falsch ?
    Oder anders gesagt, welchen Ausbildungsberuf schliesst man in unserem Land nach nur zwei Jahren ab (wovon ein Jahr immer noch bei etlichen Arbeitgebern als Billiarbeitskraft-Jahr gewertet wird)


    Nunja, die Ausbildung zum mittleren Dienst bei der Polizei in Baden-Württemberg z.B. dauert 30 Monate. Die Ausbildung zum Feuerwehrmann bei der BF Köln bspw. dauert 18 Monate.
    Daneben gibt es natürlich noch weitere Berufe, die nach 2-Jähriger Ausbildungsdauer abgeschlossen werden.
    Und den Vergleich der 2-jährigen RettAss-Ausbildung mit einer 3-jährigen Ausbildung zur Friseuse im Zusammenhang mit dem aktuellen Sachverhalt halte ich persönlich ebenfalls für eine Frechheit.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ein Abteilungsleiter seine fachlich zugeordneten Mitarbeiter in derart unverschämter Weise abqualifiziert - insbesondere wenn man bedenkt, wie man in den meisten HiOrgs an eine solche Position wie jene dieses Herrn kommt...

    Unter den Blinden ist der Einäugige der Arsch - er muss allen Anderen vorlesen...

  • Mit den Wertungen der Geringschätzigkeit bzw. Wertung haben Princemax bzw. Daniel Grein durchaus recht !
    Gesagt hat der DRK-Vertreter etwas sehr sachliches; was er damit gemeint hat, wissen Insider.


    Das die Aussagen des DRK-Vertreters so zutreffend sind, hat m.E. folgende Gründe:
    Alle Hiorg sind in erster Linie Vereine, in den freiwillige HelferInnen ihren unbezahlten Dienst tun.
    Aufgrund der historischen Entwicklung war die Notwendigkeit gegeben, eines Tages für bisher unbezahlte und freiwillige Diensten hierfür bezahltes Personal einzustellen.


    Die Entwicklung der Medizin, speziell der Notfallmedizin, hat weiter dazu geführt, dass das in freiwilligen Stunden erwerbbare Wissen bzw. die Einübung praktischer Arbeit am Patient nicht mehr aus ehrenamtlicher Weise erreichbar war.


    Und so wurde der Rettungsassistent, wie wir ihn heute kennen, geboren.


    Jeder Hiorg-Vertreter ist meiner Meinung nach zunächst ein Vertreter der freiwilligen HelferInnen und gerne lässt man die Bevölkerung (also die spendenwilligen Beitragszahler) im Glauben, dass bei Nacht und Wetter der Sanitäter x-y für ein Vergelts-Gott in's Haus kommt.


    Oder mal anders gefragt: welche Hiorg traut sich, einen Verbandsfunktionär für die Belange der hauptberuflichen Rettungsassistenten zu benennen, weil dies ja durchaus im Einklang mit den Zielsetzungen der Hiorgs zu bringen wäre ?


    Natürlich weiss man durchaus, dass eine hauptberufliche Verrichtung der Notfallrettung heute der Standard ist / sein sollte.


    ABER WER SOLL DAS DENN BEZAHLEN ??? (denken die Hiorg...)


    Wenn die Hiorgs tatsächlich eine fundierte, praxisnahe, dreijährige Ausbildung etablieren wollen (und dafür bin ich sehr !!!) wird das Geld kosten, welches sich dann wiederum im den Transporttarifen niederschlagen wir.
    Gleichzeitig würde es bedeuten, dass Notfallrettung eben nicht mehr von Freiwilligen (mit Engagemant, Menschlichkeit u.v.m) verrichtet wird.
    Wollen die Hiorg tatsächlich den Kampf mit der Politik und den Kostenträgern ausfechten, wo es doch "nur" um die selbstverständlichen Belange einer kleinen Arbeitnehmergruppe (im Vergleich zum ehrenamtlichen Helferpotential...) geht ?


    Hier kommt die unglückliche Verquickung von Politik und Hiorg's ins Spiel.
    Solange jede Hiorg froh ist, dass abgetakelte und drittklassige PolitikerInnen (Ja ich weiss, jetzt wird es wieder einmal pauschal bei mir...) den Vorsitz im Verband übernehmen, wird sich hier grundlegend nichts daran ändern.


    Wie sollen Hiorg-Vorstände (selbst wenn sie denn tatsächlich eine Verbesserung der Situation des hauptberuflichen RD wollten) denn derartige Forderungen durchdrücken, wenn der MdB bzw. Landrat a.D. der sozial-liberalen-christlichen-grünen Fraktion hier einerseits Geld haben will, wenn aber andererseits die gleichen Parteien stets die Stimmen der nächsten Wahl vor Augen haben und Gesundheit zwar das höchste Gut ist - es darf bloss nichts kosten !


    Allein, wenn man als Einstellungsvoraussetzung für die Ausbildung zum RA einen höheren Schulabschluss fordern würde, gäbe es garantiert einen Aufschrei, weil das ja volkswirtschaftlich zu teuer sein würde.


    Zur Aussage von Daniel:
    der Vergleich zu einer BF hinkt m.E. etwas, denn nach wie vor ist hier die Einstellungsvoraussetzung eine bereits abgeschlossene Berufsausbildung (auch wenn heute nicht mehr unbedingt ein handwerklicher Beruf notwendig ist).

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

    Einmal editiert, zuletzt von raphael-wiesbaden ()

  • Zitat

    Original von raphael-wiesbaden


    der Vergleich zu einer BF hinkt m.E. etwas, denn nach wie vor ist hier die Einstellungsvoraussetzung eine bereits abgeschlossene Berufsausbildung (auch wenn heute nicht mehr unbedingt ein handwerklicher Beruf notwendig ist).


    Die abgeschlossene Berufsausbildung muss aber mit der eigentlichen Tätigkeit bei einer BF nicht in direktem Zusammenhang stehen sondern lediglich "brauchbar" oder "dienlich" sein. Sie erhöht somit die Kompetenzen (und darum geht es ja hier grundsätzlich) im Einsatzfall nicht zwingend.
    Ein Rettungsassistent könnte ebenso eine zusätzliche "brauchbare" oder "dienliche" Berufsausbildung haben, diese würde aber seine Kompetenzen als Rettungsassistent im Einsatzfall nicht grundsätzlich erhöhen. Du verstehst, was ich meine ?


    Mowl


    Interessant, dass man solch abqualifizierende Aussagen bezüglich dem ihnen unterstellten Personal immer wieder mal aus dem Mund von "Führungspersonen" hört. Da stellt sich doch zwangsläufig die Frage, ob diese "Führungspersonen" ihre Aufgaben pflichtgemäß wahrnehmen und wie die Einstellung zur Aufgabe und zur Position insgesamt ist.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Zitat

    Original von raphael-wiesbaden
    Zur Aussage von Daniel:
    der Vergleich zu einer BF hinkt m.E. etwas, denn nach wie vor ist hier die Einstellungsvoraussetzung eine bereits abgeschlossene Berufsausbildung (auch wenn heute nicht mehr unbedingt ein handwerklicher Beruf notwendig ist).


    Dann nimm halt den Piloten :rolleyes: Der hat bestimmt auch weniger gelernt als jede Friseurin.



    Zitat

    Original von Mowl
    Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ein Abteilungsleiter seine fachlich zugeordneten Mitarbeiter in derart unverschämter Weise abqualifiziert - insbesondere wenn man bedenkt, wie man in den meisten HiOrgs an eine solche Position wie jene dieses Herrn kommt...


    Anderes ist man aus Mainz doch nicht gewohnt. Egal ob Lipp, Becker oder jetzt halt Herr Wittenberger. Ich bin ja noch immer schwer begeistert von den pseudowissenschaftlichen Erhebungsinterpretationen von Becker. Insgesamt passt da das Selbstverständnis der Mainzer ganz gut ins Bild: Vorbild Rheinland-Pfalz : Rettungsdienst in Deutschland. Man ist dort so gut, daß es ins eigene Selbstverständnis hineinpasst, nur noch in inzestuösem Verhalten Personal aus der eigenen Rettungsdienstschule einstellen zu wollen. So kann man natürlich bestens einer Erweiterung des kollektiven Wissens in den eigenen Reihen vorbeugen.

  • Zitat

    Original von Nils


    Anderes ist man aus Mainz doch nicht gewohnt. Egal ob Lipp, Becker oder jetzt halt Herr Wittenberger. Ich bin ja noch immer schwer begeistert von den pseudowissenschaftlichen Erhebungsinterpretationen von Becker. Insgesamt passt da das Selbstverständnis der Mainzer ganz gut ins Bild: Vorbild Rheinland-Pfalz : Rettungsdienst in Deutschland. Man ist dort so gut, daß es ins eigene Selbstverständnis hineinpasst, nur noch in inzestuösem Verhalten Personal aus der eigenen Rettungsdienstschule einstellen zu wollen. So kann man natürlich bestens einer Erweiterung des kollektiven Wissens in den eigenen Reihen vorbeugen.


    Da hast du meine vollste Zustimmung.


    Mal abgesehen von der unhaltbarenThese, dass Vollzeit-RettAss und übergeleitete RettAss besser sein sollen als die aus der "verkürzten" Ausbildung, war da doch auch dieses unsägliche Verfahren, wegen dem Transport von ungesichertem Gepäck. Und auch dort hatten die Mainzer ja einen Mitarbeiter öffentlich diffamiert und sogar Richterschelte betrieben.

  • Ich hasse es immer, wenn die Qualifikation an der Ausbildungszeit festgemacht wird.
    Demnach hätte ein studierter Bachelor den Ausbildungsstand einer Friseuse. Wenn er allerdings für sein dreijähriges Ausbildungspensum fünf Jahre benötigt, wäre er höher qualifiziert.
    Die dreijährigen Berufsausbildungen sind meiner bescheidenen Meinung nach künstlich in die Länge gezogen.
    Wichtig für eine fundierte Ausbildung sind die vermittelten Inhalte sowie Erfahrung durch Anwendung dieser Inhalte in der Praxis unter Beaufsichtigung eines erfahrenen Ausbilders. Dies ist in allen Ausbildungsberufen so. In zwei Jahren kann dies in allen Berufen, welche ich kenne durchaus geleistet werden. Leider sehen das die meisten anders. Sicher auch aus Angst sie könnten dann als Minderqualifiziert abgestempelt werden.

  • Irgendwie gerät die berufspolitische Variante mittlerweile mehr in den Vordergrund als der eigentliche "Fall", so mein Eindruck.
    Und wenn man mal die Kommentare vom Anfang des Threads liest, so kann man das dann auch nachvollziehen.


    denn eigentlich war der Tenor am Anfang, dass das Verhalten des RettAss nicht akzeptabel war. Mit Verlagerung auf den berufspolitischen Part, sehe ich Tendenzen sich aus der konkreten Situation herausstehlen zu wollen.


    Das System ist schlecht, die Chefs sind böse, alles wollen einem nur Schlechtes und eigentlich ist man doch der große Lebensretter und nur ein Opfer.
    Ne, also ich bezweifel, ob das der richtige Weg ist und bezweifel zudem ob es wirklich geschickt ist, einen solchen Fall als Signal für andere zu deklarieren.

  • Die angesprochene Signalwirkung dieses Falls bezieht sich mehr auf die politische Ebene denn auf die personelle im Rettungsdienst. Der Fall unterstreicht deutlich, dass es mehr als an der Zeit ist, sich politisch mit den rechtlichen Regelungen sowie der Ausbildung auseinanderzusetzen.


    Es ist nur logisch, dass solch ein Fall auch berufspolitische Relevanz hat.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Zitat

    Original von Daniel Grein
    Es ist nur logisch, dass solch ein Fall auch berufspolitische Relevanz hat.


    Zumal es ja durchaus falsch ist anzunehmen, dass es sich hier um eine reine Personalmaßnahme handelt. Es geht bei so etwas durchaus darum, auf Arbeitgeberseite die eigene Sichtweise dadurch durchzusetzen und als Faktum hinzustellen, um den Druck auf das restliche Personal aufrechterhalten zu können. Wenn DAS keine berufspolitische Komponente ist, dann gibt es in unserem Berufsfeld wohl keine.

  • Aber es ist doch nicht richtig, den RettAss nun zum Opfer zu machen.
    Es wirkt ja geradezu so, als hätte der RettAss nicht anders gekonnt, als sich so zu verhalten, weil er in einem System von falschen Vorschriften und schlechter Ausbildung handeln muss.

  • Ohne den Sachverhalt aufgrund des Fehlens näherer Kenntnisse beurteilen zu wollen ist es sowohl für die rechtliche Auseinandersetzung wie auch die berufspolitische Intention nachzuvollziehen, dass der RettAss hier als mögliches Opfer dargestellt wird.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Ich würde gerne wissen, warum angeblich die Medikamentengabe erforderlich war, aber der Notarztruf nicht. Hier sehe ich nämlich keine rechtliche Grauzone und auch keine Grundlage für eine berufspolitische Diskussion.

  • Zitat

    Original von Benutzername
    Ich würde gerne wissen, warum angeblich die Medikamentengabe erforderlich war, aber der Notarztruf nicht. Hier sehe ich nämlich keine rechtliche Grauzone [...]


    Ja.



    Allerdings finde ich es auch immer etwas komisch, wenn der RA einem Patienten mit gebrochenen Unterarm etwas gegen die Schmerzen gibt und den Patienten schient, einen NA nachfordert, den Patienten in das Auto bringt. Dann kommt der NA und er macht .... richtig - nix mehr. Wenn der NA nur noch überprüft, was bisher gemacht wurde ist die Versuchung diesen Zwischenschritt wegzulassen (gerade wenn der NA z.B. eine viertel Stunde entfernt ist) relativ groß.
    ACHTUNG: Dies soll keineswegs den Fehler im angesprochenen Fall rechtfertigen. Ich verstehe den Fehler nur in einem gewissen Rahmen und habe keine Lösung dafür.


    Zitat

    Original von Benutzername
    [...] und auch keine Grundlage für eine berufspolitische Diskussion.


    Naja, eventuell doch?

  • Das sehe ich ähnlich. Nur für eine Unterschrift auf dem Notfallprotokoll ist mit Sicherheit kein Arzt notwendig (von den verursachenden Kosten einmal ganz abgesehen. NAW kostet locker mal das doppelte von einem RTW.)


    Ohne, dass ich Medikamentengaben nun gut- oder schlechtheißen will, soll aber folgendes als Vergleich angemerkt sein: Es wäre so, als wenn man die Feuerwehr zu einem bereits gelöschten Brand schickt.

  • Zitat

    Original von Princemax
    Es wäre so, als wenn man die Feuerwehr zu einem bereits gelöschten Brand schickt.


    Daraus schließe ich, daß Zimmerbrände in Zukunft ohne die Feuerwehr bekämpft werden. Die rücken also erst aus, wenn doch die ganze Wohnung in Flammen steht, oder aber durch das selbsständige Löschen ein wenig über's Ziel hinausgeschossen wurde und durch das Löschwasser der Keller zum Swimmingpool wird.


    Ein schöner Vergleich... ;)

  • Zitat

    Original von Princemax
    Ohne, dass ich Medikamentengaben nun gut- oder schlechtheißen will, soll aber folgendes als Vergleich angemerkt sein: Es wäre so, als wenn man die Feuerwehr zu einem bereits gelöschten Brand schickt.


    Es gibt einige Feuerwehren, die sogar zu einem gelöschten Brand fahren, um Brandnachschau zu machen..z.B. in Wohnungen..wo sie mit der Wärmebildkamera nachschaun.