Rettungsassistent wegen Medikamentengabe entlassen


  • Und ich dachte es geht um die armen Patienten...

    ....allerdings, um die gehts natürlich auch, weil die unser schwachsinniges Rettungsdienstsystem ausbaden müssen. Mit der Qualifikation Arzt gehe ich davon aus, das Du dies wissen müßtest.


  • ...darum geht es doch gar nicht...sondern um die bestehenden Arbeitsbedingungen. Der ungelöste Konflikt, Helfen oder nicht helfen, zugunsten der Vermeidung arbeitsrechtlicher Konsequenzen. Ein Problem, was jeden vom nichtärztlichen Personal betreffen kann.


    Aber auch die Meinung, das nichts verwertbares in dem hiesigen Fall publiziert wurde kann ich nicht nachempfinden. Es ist schon irgendwie ein wenig kühn zu behaupten, das von den Medien einseitig berichtet worden sei. Anhand sämtlicher Informationen, (es wurde in diesem Fall auch in einem anderen Thread berichtet) kann man sich sehr wohl ein doch recht objektives Bild machen. Die Problematik ist auch in Bayern nichts neues, doch ist es den Rettungsdienstbetreibern wie auch den verantwortlichen Ärzten bis dato nicht gelungen, hier für vernünftige Abhilfe zu sorgen. Auch wenn sich angeblich die 26 ÄLRD in Bayern auf ein einheitliches Konzept einigen wollen, ist kaum davon auszugehen, das auch zukünftig wirklich notwendige Abhilfe geschaffen wird. Ich darf hier z.B. an den Fall des ÄLRD München erinnern, der in seiner Anordnung die Gabe sämtlicher Medikamente (mit Ausnahme Reanimation, Suprarenin) durch nichtärztliches Personal kurzfristig verboten hat. Bei genauer Betrachtung dieser Problematik müßte jedem klar werden, das es hier nicht um sachoriente Problemlösung geht, sondern um sture Machtpolitik auf Kosten des nichtärztlichen RFP und der Patienten. Dagegen gilt es sich zu wehren.


    Wir sind nun einmal in einer Welt wo man - völlig unabhängig von der Berufsgruppe - die Konsequenzen für sein Handeln übernehmen muss.
    Das gilt für die Kassiererin bei Aldi genauso wie für medizinisches Personal.
    Es wird niemals einen Zustand geben wo uns als RettAss Regeln und Gesetze den Arsch retten. Und ich behaupte mal das in der Medizin noch am genauesten geschaut wird. Zum Glück.


    Das es sicher suboptimale Arbeitsbedingungen gibt - zumindest teilweise - will ich nicht abstreiten, aber trotzdem wird uns niemand ein flauschiges Fangkissen aufbauen können.
    Und auch wenn alle 26 bayrischen ÄLRD oder auch alle x-endrölfzig bundesweiten ÄLRD sich auf irgendwas einigen:
    Wenn wir Dinge tun die eigentlich für einen Arzt bestimmt sind muss uns klar sein das es u.U. Ärger oder wenigstens Fragen gibt.
    Wer das nicht mag wird als RettAss nicht glücklich und sollte über eine Umschulung nachdenken.

    The reason I talk to myself is because I’m the only one whose answers I accept. George Carlin

  • ..sehr guter Beitrag..zum Teil m. E. aber der falsche Ansatz.


    ich stimme mit Dir vollkommen ein, das nichtärztliches Fachpersonal für sein Handeln sehr wohl die Konsequenzen ziehen muss, wenn medizinische Fehler im Rahmen einer Notfallbehandlung gemacht wurden. Es kann aber nicht sein, das bei korrekter Handlungsweise im Rahmen der Berufsausübung trotzdem nichtärztliches Personal bestraft wird. Dies kommt aber hin und wieder vor, leider.


    Ist es derzeit nicht so, das uns gerade die Gesetze und Richter mit Hirn und Verstand den Arsch retten, nicht aber unsere "Kollegen Ärzte, oder Arbeitgeber?" Jawohl, es wird in der Medizin schon sehr genau geschaut was gemacht wird und da stehen wir als nichtärztliches Personal gar nicht schlecht da, zumal die Argumentation der Ärzteverbände im Bezug auf Medikamentenapplikation durch nichtärztliches Personal im Rahmen der Notfallrettung nicht gerade schlüssig, nachvollziehbar und verständlich ist.


    Ich denke, dass das nichtärztliche Personal mit dem Notfallsanitäter den richtigen Weg eingeschlagen hat, das RFP bereit ist, sich schulisch wesentlich zu verbessern um für die Tätigkeit in der Zukunft gewappnet zu sein. Hier auch ein großer Dank an den DBRD. Aber es geht trotzdem nichts vorwärts, im Gegenteil, teilweise habe ich den Eindruck wird die Situation im Rettungswesen durch ausschließlich politische Haltung wesentlich verschärft. Es geht nicht mehr um die Sache an sich, sondern nur noch darum, wer - wie - was und wo Geld verdienen kann und wer welche Macht einbüßt.


    Und noch ein Paradoxum das mir hier im Forum sehr auffällt ist, das nichtärztliche Kollegen, die eben bereit sind, Verantwortung zu tragen, die dafür bestraft wurden, von ihren eigenen Kollegen auch noch gesteinigt werden. Das doch ein erheblicher Anteil vom nichtärztlichen Personal hier im Forum tatsächlich nicht bereit ist, Verantwortung zu tragen, diese lieber auf den Arzt schieben. Das ein Teil der Ärzte und andere akademische Personen hier im Forum gar nicht gewillt sind, eine Verbesserung im Rettungswesen zu erreichen, sich dabei hinter Paragrafen verbarrikadieren, das nichtärztliche RFP als unfähig bezeichnen und von einer Patientengefährdung sprechen, es aber nicht begreifen wollen, es sturhaft ignorieren, das eine Verhinderung der Anpassung des Rettungssystems in Deutschland, an die jetztigen Gegebenheiten, erst recht eine Patientengefährdung darstellt.

    3 Mal editiert, zuletzt von Mütom ()

  • Es kann aber nicht sein, das bei korrekter Handlungsweise im Rahmen der Berufsausübung trotzdem nichtärztliches Personal bestraft wird.


    Weißt Du, es gibt nicht einen einzigen Fall aus der neueren Zeit, in dem nicht eben genau das zweifelhaft gewesen ist: Dass das nichtärztliche Personal medizinisch korrekt gehandelt hat. Sowohl in dem Koblenzer als auch in dem Bayerischen Fall gibt es jedenfalls anhand der öffentlich zugänglichen Quellen durchaus unterschiedliche Sichtweisen. Und deshalb kann man aus diesen Fällen auch rein gar nicht das schließen, was Du daraus machen möchtest.

  • Weißt Du, es gibt nicht einen einzigen Fall aus der neueren Zeit, in dem nicht eben genau das zweifelhaft gewesen ist: Dass das nichtärztliche Personal medizinisch korrekt gehandelt hat. Sowohl in dem Koblenzer als auch in dem Bayerischen Fall gibt es jedenfalls anhand der öffentlich zugänglichen Quellen durchaus unterschiedliche Sichtweisen. Und deshalb kann man aus diesen Fällen auch rein gar nicht das schließen, was Du daraus machen möchtest.


    Hier muss ich Dir widersprechen Schmunzel. Die Fälle haben alle einen gemeinsamen Nenner, nämlich das von Seiten des nichtärztlichen Personals Medikamente appliziert wurden, weil der Notarzt noch nicht vor Ort war. Von diesen Maßnahmen profitierten die Patienten, nicht aber das RFP, das jeweils um seinen Arbeitsplatz bangen musste. Zweifelhaft sind die Fälle immer nur aus juristischer Sicht gewesen, durchaus....vom reinen Menschenverstand her nicht. Wieviel Unheil dürfen unsere Juristen hier noch anrichten? Wieviel Dummheit muss erst noch passieren, weil nur noch die rechtliche Absicherung vieler Personen (und nicht nur im Rettungsdienst) im Vordergrund steht, nicht aber die wirklichen Belange der Patienten oder Menschen überhaupt? Denk mal drüber nach.

  • weil der Notarzt noch nicht vor Ort war.


    Der springende Punkt ist: Der Notarzt war - im Koblenzer Fall - nicht "noch" nicht vor Ort, sondern zu keinem Zeitpunkt der beiden dort betroffenen Einsätze. Er war nicht einmal auf der Anfahrt, weil der betreffende Rettungsassistent ihn nicht alarmiert hatte. Dabei ging es einmal um die Behandlung einer hypertensiven Krise durch Ebrantilgabe und das andere Mal um eine Oberarmfraktur mit zunehmenden Schmerzen und starker Übelkeit, appliziert wurden Novaminsulfon und MCP.


    Ich kann da nicht erkennen, dass der gesunde Menschenverstand eine Behandlung ohne Arzt geboten hätte. Die Sache mit der Dummheit lasse ich unkommentiert.

  • Jetzt bitte ich Dich, rein objektiv (aus juristischer Sicht natürlich nicht!) ist es unerheblich, ob ein Arzt zur Einsatzstelle kommt, oder der Patient zum Arzt gebracht wird. Entscheidend ist, ob dem Patienten effektiv geholfen werden konnte.

  • Jetzt bitte ich Dich, rein objektiv (aus juristischer Sicht natürlich nicht!) ist es unerheblich, ob ein Arzt zur Einsatzstelle kommt, oder der Patient zum Arzt gebracht wird. Entscheidend ist, ob dem Patienten effektiv geholfen werden konnte.


    Erstens: Wenn es aus juristischer Sicht nicht unerheblich ist, ob ein Arzt hinzugerufen wird oder nicht, dann solltest Du Deine Kritik noch einmal überdenken, Juristen seien Dummköpfe. Natürlich beurteilen Juristen Sachverhalte nach juristischen Kriterien. Wonach denn sonst?


    Zweitens: Ich denke, es ist nicht nur entscheidend, ob einem Patienten effektiv geholfen werden konnte. Mindestens zwei weitere Aspekte sind maßgeblich, nämlich zum einen, ob dem Patienten noch besser hätte geholfen werden können und zum anderen, ob die Risiken für den Patienten so weit wie möglich reduziert wurden.


    Drittens: Wenn es eine klare Anweisung gibt, einen Notarzt hinzuzuziehen, braucht man nicht diskutieren, ob man das macht. Der Notarztruf schadet dann nämlich der Patientenversorgung nicht.

  • Drittens: Wenn es eine klare Anweisung gibt, einen Notarzt hinzuzuziehen, braucht man nicht diskutieren, ob man das macht. Der Notarztruf schadet dann nämlich der Patientenversorgung nicht.

    Ich möchte Mütom hier nicht unterstützen, ich hab eh den überblick verloren worum es geht. Aber wenn sinnlose Anweisungen Notärzte binden, dann fehlen diese vlt. bei Einsätzen wo sie dringlich gebraucht werden. (Dabei beziehe ich mich nicht auf einen spezifischen Fall.)


    Immer mehr NEF Standorte auf machen gestaltet sich schwierig...

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Ich möchte Mütom hier nicht unterstützen, ich hab eh den überblick verloren worum es geht. Aber wenn sinnlose Anweisungen Notärzte binden, dann fehlen diese vlt. bei Einsätzen wo sie dringlich gebraucht werden.


    Richtig, aber das ist keine Entscheidung, die ein einzelner Rettungsassistent in einem einzelnen Einsatz treffen muss.

  • Ich denke schon das der, ungeachtet des obigen Falles, einzelne RettAss auch und besonders im Einzelfall darüber entscheiden muss wie er auf die Ressource Notarzt am effektivsten zu greifen sollte.

  • Ich denke schon das der, ungeachtet des obigen Falles, einzelne RettAss auch und besonders im Einzelfall darüber entscheiden muss wie er auf die Ressource Notarzt am effektivsten zu greifen sollte.


    Das bedeutet aber wiederum nicht, dass er bei einer klaren Notarztindikation auf dessen Alarmierung verzichtet, nur um die Ressource für einen fiktiven Paralleleinsatz aufzusparen.

  • Bevor ich zu Deinen Post Stellung beziehe würde mich vorab interessieren wie Du deinen 2. Punkt:

    Zitat

    Zweitens: Ich denke, es ist nicht nur entscheidend, ob einem Patienten
    effektiv geholfen werden konnte. Mindestens zwei weitere Aspekte sind
    maßgeblich, nämlich zum einen, ob dem Patienten noch besser hätte
    geholfen werden können und zum anderen, ob die Risiken für den Patienten
    so weit wie möglich reduziert wurden.

    in der Praxis umgesetzt sehen willst? Insbesondere interessiert mich der Punkt... dem Patienten noch besser hätte geholfen werden können.

  • Mütom: es gehört schon viel Fantasie dazu, eine Novalgin/MCP-Medikation als bestmögliche präklinische Medikation einer Fraktur einzuschätzen. Aber solche Dinge anzusprechen gleicht in deinen Augen ja der Blasphemie.


    Ich fand das Urteil aus Mayen im Ergebnis gut, weil eine Niederlage ein fatales Signal gesendet hätte. Das ändert aber nichts daran, dass ich weder das Vorgehen des Rettass noch die Begründung des Urteils für richtig in Vorgehen und Argumentation halte. Ob du derartige Differenzierungen für schädlich hältst oder sie schlicht nicht verstehst, kann ich nicht beurteilen. Allerdings finde ich deine polemische Gleichmacherei sehr anstrengend, weil sie über notwendige Differenzierungen einfach hinweggeht und statt dessen emotional "argumentiert". Das ist dann ein bischen wie mit Gläubigen über Gott diskutieren zu wollen: man braucht damit gar nicht anzufangen, weil die Fronten klar und unveränderlich sind.

  • Zitat

    Vielleicht sollten sie in Eurem KV mal weniger Machtpolitik betreiben und sich überlegen, wie sie das Ganze durmherum für das RFP erheblich verbessern könnten.


    Zum Beispiel durch Kündigung ungeeigneter Kräfte.

  • Bevor ich zu Deinen Post Stellung beziehe würde mich vorab interessieren wie Du deinen 2. Punkt:

    in der Praxis umgesetzt sehen willst? Insbesondere interessiert mich der Punkt... dem Patienten noch besser hätte geholfen werden können.



    Z.B. durch eine echte Schmerztherapie. Metamizol und MCP bei eskalierenden Schmerzen nach Fraktur ist keine suffiziente oder sinnvolle Schmerztherapie.

    "We are the Pilgrims, master; we shall go
    Always a little further: it may be
    Beyond that last blue mountain barred with snow,
    Across that angry or that glimmering sea,


    White on a throne or guarded in a cave
    There lives a prophet who can understand
    Why men were born: but surely we are brave,
    Who take the Golden Road to Samarkand."


    James Elroy Flecker

  • Zitat

    In dem hiesigen Fall ging es einzig und allein darum, das ein cerebraler Krampfanfall von nichtärztlichen Personal medikamentös durchbrochen wurde, da der Notarzt noch nicht vor Ort war.


    Ob das der Fall war, ist durchaus strittig und bedarf der Klärung, bevor man - wie Du hier - die Reaktion darauf beurteilt.


    Zitat

    1. Es gibt keine widersprüchlichen Informationen, die Kommentierung von Pillenhändler zu diesem Fall ist schon mehr als fragwürdig, zumal er nur sagt, das die Kollegen einen Fehler gemacht hätten. Welchen Fehler sie gemacht haben sagt er aber nicht. Auch der Kreisverband wirft den Kollegen ausschließlich den Fehler der Kompetenzüberschreitung vor. Rein medizinisch fachliche Fehler wurden zu keinem Zeitpunkt den Kollegen vorgeworfen.


    Diese Darstellung ist offenkundig falsch. Es wurde dargelegt, dass der Fehler darin bestanden habe, dass ein Medikament falsch dosiert in falscher Weise ohne Indikation - nämlich in der post-iktalen Phase - verabreicht worden war; das ist die klare und unmissverständliche Darlegung eines groben Behandlungsfehlers, unter Berufung aus Insiderwissen. Ich habe bisher keinen Grund, nicht an die Richtigkeit dieser Darstellung zu glauben und damit den Kollegen der Lüge zu zeihen. Welchen Grund dafür siehst Du?


    Die bloße Tatsache, dass in der Presse diese Darstellung nicht erfolgt, besagt nichts. Presseberichterstattung ist eine mehr oder weniger - meist mehr - verzerrte, vergröberte und vereinfachte Darstellung von Sachverhalten, wie jeder mit nur ein bisschen eigener Erfahrung nachvollziehen können wird.


    Zitat

    2. wie wäre es einfach mal mit Hirn und ein wenig Sachverstand und den Willen, sich auch mal alles durchzulesen?


    Ein guter Rat. Du solltest ihn beherzigen.


    Ich erlaube mir dabei der Hoffnung Ausdruck zu geben, dass Deine Anamneseerhebung sorgfältiger erfolgt als Deine Meinungsbildung hier.


    Zitat

    Vorfälle wie der o. g. sind im übrigen keine Neuigkeit im Rettungsdienst. Darüber wurde schon häufiger auch aus anderen Regionen der Republik berichtet.


    Genau so?:-)


    Zitat

    Das üble Bild unseres Berufsstandes ist ein Produkt unseres Systems, aus dem wir zur Zeit versuchen ein wenig auszubrechen.


    Ich hätte die Ursachen eher bei oft mangelnder Qualifikation bei erheblicher Selbstüberschätzung gesehen; die sind allerdings tatsächlich Folge eines Ausbildungssystems, das bislang in keiner Weise *zuverlässig* geeignet ist, die notwendigen Qualifikationen zu vermitteln und zu belegen. Das schließt nicht aus, dass es hervorragende Ausbildungen und hervorragend (über)qualifizierte und motivierte Rettungsassistenten, möglicherweise sogar in der Mehrzahl, gibt; das hilft nur alles wenig, so lange das berechtigte Tragen der Berufsbezeichnung oder sogar erfolgreiche Abschluss der Ausbildung das nicht *sicherstellt*.


    Zitat

    die Ärzteverbände und ÄLRD sind, die ganz klar in ihren jeweiligen Bereichen den Ton angeben, was an Therapie gemacht werden darf und was nicht.


    Natürlich, wer auch sonst? Die sind nun einmal die medizinischen Fachleute, die das Fach studiert haben, und zwar etliche Jahre, statt im Extremfall vier Monate die Schulbank gedrückt und ansonsten Praktika gemacht zu haben. SOPs befolgen zu können qualifiziert bei weitem noch nicht dazu, sie aufzustellen.


    -thh