Rettungsassistent wegen Medikamentengabe entlassen

  • Ich bin gespannt wie ein gefüllter Tampon was dieses Urteil nun im Rettungsdienst bewirkt. Ärzte schauen genauer hin wenn ein...gut versogter Notfallpatient...ohne Notarzt in die Klinik kommt. Ich warne aber vor Übereifer und Berufung auf das Urteil...Der durfte das also will ich das auch dürfen....! Freue mich aber tierisch auf die nun folgende Diskussion hierzu!


    Bin heiss auf eure Meinungen :hot:
    Hans aus Ludwigshafen

  • @ Stefan84:


    Laut dem "Reutlinger-Gutachten" ist eine Analgosedierung mit Ketanest/Dormicum auch ohne Notarztnachforderung legitim...Ich persönlich empfehle jedoch dringend, sich an die Rahmenvorgaben im eigenen RD-Bereich zu halten (sofern vorhanden), um auch im Interesse der Rettungsdienstleitung/des ÄLRD zu handeln.

  • Laut dem "Reutlinger-Gutachten" ist eine Analgosedierung mit Ketanest/Dormicum auch ohne Notarztnachforderung legitim...

    Vorsicht mit solchen "Pauschal"-Aussagen. Es hängt immer vom Einzelfall ab, ob ein Vorgehen als "vertretbar" oder "nicht vertretbar" einzustufen sein wird.


    Das Urteil sollte eigentlich den Gesetzgeber dazu veranlassen, endlich in Bezug auf das RettAssG, tätig zu werden. Eine BErufung auf das o.g. Urtiel halte ich indes für sehr gefährlich, da hier ja nur die Meinung einer Spruchkammer dargelegt ist. Es mag sein, dass dies an einem anderen Gericht oder bei einem anderen Richter auch anders entschieden worden wäre. Dennoch sehe ich in dem Urteil ein positives Signal...


    Wenn es nur eine Wahrheit gäbe, könnte man nicht hundert Bilder über das selbe Thema malen. (Pablo Picasso)

  • Wie ist das eigentlich als zweiter Mann auf dem Auto? Ich bin mal mit nem Kollegen gefahren, der hautpberuflich als Fachpfleger für Anästhesie/Intensiv arbeitet und meinte, dass er Ketanest/Dormicum ohne NA fahren würde.
    Mach ich mich da als Sani irgendwie strafbar, wenn ich das tolleriere? Muss ich die Mitarbeit quasi verweigern oder hab ich da keine direkten Konsequenzen zu fürchten?


    Lese Dir einfach noch mal durch, was da in der Notkompetenz steht.

  • Lese Dir einfach noch mal durch, was da in der Notkompetenz steht.

    Das beantwortet nicht meine Frage. Ich schränke es nochmal ein:
    In meinem RD-Kreis gibt es keine "zusätzlichen" Freigaben von Medikamenten über den Rahmen der (Standard-) Notkompetenz (z.B. Analgesie) hinaus.
    Also kein Ketanest/Dormicum ohne NA. Handelt jetzt der RA (Transportführer) trotzdem, muss ich dann auch mit juristischen-/arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen?

  • Hallo //stefan84,


    hier der Versuch Dir mal meine Sichtweise näherzubringen oder besser: mein Verhalten, sollte ich die Handlungskompetenz meines Kollgegen in Frage stellen: sollte ich mit den von meinem Kollegen beim Patienten ergriffenen Maßnahmen nicht konform gehen, so bringe ich dies neben einem verbalen, auch schriftlich im Protokoll zum Ausdruck. Damit ist es dokumentiert.


    In wie fern Du (oder besser: man) juristisch für das Fehlverhalten des Kollegen belangt werden kann, das kann vielleicht der "Kompetenzausschuss Jura" hier im Forum darlegen.


    greetz Medic 2 :rtw:

  • Das beantwortet nicht meine Frage. Ich schränke es nochmal ein:
    In meinem RD-Kreis gibt es keine "zusätzlichen" Freigaben von Medikamenten über den Rahmen der (Standard-) Notkompetenz (z.B. Analgesie) hinaus.
    Also kein Ketanest/Dormicum ohne NA. Handelt jetzt der RA (Transportführer) trotzdem, muss ich dann auch mit juristischen-/arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen?

    Auch hier verweise ich auf obige Aussage... Es ist Einzelfallabhängig, ob ein Handeln legitim ist oder nicht. Sollte die HAndlung deines KOllegen nach deiner Ansicht nicht in Ordnung sein, so würde ich einen dezenten Hinweis geben. Diskussion vor dem Patient würde ich nur dann starten, wenn es grob fehlerhaft ist und hierdurch eine Gefahr für den Patienten besteht. Aber bei solchen Aktionen sollte man sich seiner sehr sicher sein. Konsequenzen kann das schon haben, wenn man gar nichts macht. Aber hierbei kommt es letztlich darauf an, ob du den Fehler deines Kollegen hättest erkennen können und auch müssen. Hier ist ein frischer RettSan oder RettAss anders zu werten als ein erfahrener.


    Wenn es nur eine Wahrheit gäbe, könnte man nicht hundert Bilder über das selbe Thema malen. (Pablo Picasso)

  • In diesem Fall scheint es ja zu keiner Patientenschädigung gekommen zu sein und die Patienten stehen alle hinter dem Rettungsassistenten.
    Wirklich interessant wird ein Urteil wohl erst, wenn es durch eine (eigentlich ärztliche) Maßnahme durch einen Rettungsassistenten zu einer Komplikation gekommen ist, oder wenn der Patient dem Rettungsassistenten eine Fehlbehandlung anlasten will.

  • Hallo zusammen!


    Ich denke, man muss jetzt einfach mal abwarten, bis eine schriftliche Urteilsbegründung für o.g. Fall vorliegt. Hierauf aufbauend wird man dann einiges diskutieren können. Aber das Gericht hat im genannten Fall ja nur die Medikamentengabe unter straf-/ordnungsrechtlichen Gesichtspunkten inzident geprüft. Selbst wenn eine Medikamentengabe durch Rettungsassistenten strafrechtlich oder arbeitsrechtlich legal sein sollte (wie es nach diesem Urteil ja scheint), so muss auch weiterhin bedacht werden, dass man im Rahmen der zivil-haftungsrechtlichen Verantwortug ab Fahrlässigkeit nach wie vor voll haftbar ist (aber das ist man als Rettungsdienstmitarbeiter ja nicht nur bei Medikamentengaben). Die fahrlässige Begehung von Körperverletzung oder Totschlag (aber auch durch Unterlassen!) bleibt hiervon ebenso unberührt.

  • Es war ein Arbeitsgericht, welches darüber entschieden hat, ob ein wiederholter schwerer Verstoß gegen Dienstanweisungen eine Kündigung rechtfertigt. Sonst nichts.

  • So ist es. Die Folgerung, nach diesem Urteil eigenmächtig Medikamente einsetzen zu dürfen, ergibt sich aus diesem Urteil nicht. Auch wenn der DBRD das offensichtlich so sieht.

  • Selbst wenn eine höhere Instanz diese Urtail wieder kassiert - was zumindest nicht unwahrscheinlich erscheint - dokumetiert es deutlich den diesbezüglichen Regelungsbedarf. Auch wenn jetzt alsbald wieder Mediziner hierher kommen, um dies in Abrede zu stellen... :thumbdown:

    Unter den Blinden ist der Einäugige der Arsch - er muss allen Anderen vorlesen...

  • So ist es. Die Folgerung, nach diesem Urteil eigenmächtig Medikamente einsetzen zu dürfen, ergibt sich aus diesem Urteil nicht. Auch wenn der DBRD das offensichtlich so sieht.

    Richtig! Ich halte es im Übrigen auch für äusserst gefährlich genau diesen Schluss zu ziehen, da es sich bei diesem Urteil nicht einmal um eine höchstrichterliche Rechtsprechung handelt.


    Eine Allgemeingültigkeit dieses Urteils kann und darf hieraus nicht abgeleitet werden.


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    Einmal editiert, zuletzt von oepfae ()

  • Wie gesagt, voreilige Schlüsse sind fehl am Platz. Man muss abwarten, bis das Urteil nebst Begründung vorliegt.


    Auch wenn es sich um ein arbeitsgerichtliches Verfahren gehandelt hat, so musste das Gericht neben den (vorgeworfenen) arbeitsrechtlichen Verstößen auch inzident die generelle Rechtmäßigkeit der Medikamentengabe überprüfen. Sollte das Gericht in vorliegenden Fällen nicht vom Vorliegen einer Notstandslage ausgehen, dann wird es erst interessant. In diesem Fall wird sich das Gericht nämlich auch zur Frage der Anwendbarkeit des HeilPrG äußern müssen.


    Dass eine Dienstanweisung, welche Medikamentengaben verbietet, rechtlichen Bestand haben kann, wage ich zu bezweifeln: Dies könnte eine Versuchte Anstiftung zur Begehung durch Unterlassen seitens des Arbeitgebers darstellen (§ 30 I StGB).

  • @ snoopy und Ani:


    Richtig, die Fragestellung ist grundsätzlich eine rein arbeitsrechtliche. Um diese jedoch beantworten zu können sind eben die Frage nach der Richtigkeit einer solchen Dienstanweisung und damit natürlich auch die Frage nach der Rechtmäßigkeit der Medikamentengabe in den dort angeführten Fällen zu stellen und zu beantworten. Denn ohne die Gründe der Kündigung zu hinterfragen kann das Gericht, ausser aus formalen Gründen, die Frage der Rechtmäßigkeit der Kündigung nicht klären.


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  • Es ist sicher am besten, die Urteilsbegründung abzuwarten. Es gibt ja noch mehr Gründe, aus denen eine fristlose Kündigung rechtswidrig sein kann, als die Diskussion um Kompetenzen von Rettungsassistenten.

  • @ Oepfae


    Wir gehen ja miteinander konform, das Handlungsbedarf besteht. Auch ich wäre über eine Überarbeitung der Richtlinien sehr dankbar, aber das hat kein Arbeitsgericht zu Entscheiden.


    Nehmen wir als Beispiel einfach mal die Dienstbekleidung. Die sieht manchmal einfach schauerlich aus, ist aber vorgeschrieben von diversen Richtlinienerstellern in Art und Ausführung und der AG kann genau vorschreiben, welche Du trägt und auch sagen, wenn Du diese und keine andere zu Tragen hast. Nun, diese Bekleidung gefällt Dir nicht und Du nimmst andere, die den Normen entspricht und ggf viel weitergeht, aber nicht die vorgeschriebene des AG ist. Er sagt es Dir, dann motzt er, dann kommen Abmahnungen, dann fliegst Du.
    Vor Gericht argumentierst Du, das kein Patient zu Schaden kam und das die Anweisungen des AG schwachsinnig sind und Du sie nur einhalten willst, wenn Du Lust hast.