UK: Patientin verstorben - Vorwürfe an Scottish Ambulance Service - Paramedic machte Mittagspause

  • Vorwürfe erhebt eine Familie aus dem schottischen Fraserburgh gegen einen Paramedic des Scottish Ambulance Service. Der Paramedic war nicht zu einem Notfalleinsatz ausgerückt, weil er gerade Mittagspause machte.


    Die 33-jährige Tochter der Patientin wählte den Notruf 999 und erklärte, dass ihre Mutter blau angelaufen war und ihr Herz nicht mehr schlagen würde.
    Ein Rettungswagen und der Paramedic der nur 280 Meter entfernten Rettungswache wurden alarmiert. Der Paramedic jedoch machte gerade seine ihm zustehende Mittagspause und schickte die Ambulance Technicians alleine zum Einsatz. Kurze Zeit später traf ein zweiter Rettungswagen ein, der allerdings ebenfalls nur mit Ambulance Technicians besetzt war, welche nach dem Paramedic fragten. Nach kurzer Verwirrung aufgrund des fehlenden Paramedics stabiliserten die Technicians die Patientin und transportierten sie in ein Krankenhaus, wo sie zwei Tage später verstarb.


    Ein Sprecher des Scottish Ambulance Service erklärte, dass nach vier Minuten Hilfe durch die Technicians eingetroffen sei. Diese sind notfallmedizinisch gut ausgebildet und retten jeden Tag Leben.
    Das Personal im Rettungsdienst ist berechtigt, seinen Dienst für eine Pause zu unterbrechen und darf während dieser Zeit nicht gestört werden. Alle Rettungsdienste in Großbritannien müssen sich an diese Regelung halten; es obliegt dem Personal, ob es in dieser Zeit zu einem Einsatz ausrückt oder nicht.


    Quelle: http://www.eveningexpress.co.uk/Article.aspx/850676?UserKey=

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Da steht ausdrücklich, das die in der Pause nicht gestört werden dürfen. Ich kann ihn sogar verstehen. Organisatorisches zu Regeln ist der Job von seinem Chef.

  • Das sieht in der Tat nach strukturellen Mängeln aus, wenn ausdrücklich eine "unterbrechungsfreie" Pause gewährt wird, kann man nicht in einem Nebensatz dem Mitarbeiter wieder den schwarzen Peter zuschieben:
    "...es obliegt dem Personal, ob es in dieser Zeit zu einem Einsatz ausrückt oder nicht..."

  • Ich möchte hierbei auf die Gepflogenheiten in UK aufmerksam machen und daran erinnern, dass dort die Gewerkschaften einen ganz anderen Stellenwert haben und auch diese und die entsprechende "Macht" nicht unterschätzen darf.


    Gruß,


    Marcus

  • Meine Meinung:
    Mittagspausen sind genauso notwendig und einplanbar wie Fahrzeugausfall durch Desinfektion, Werkstattaufenthalte usw.. Hierfür ist entsprechender Ersatz zu stellen.


    Bei uns sind entsprechende Ausfallzeiten auch im Bedarfsplan berücksichtigt worden. Dementsprechend würde ich das ganze als ein organisatorisches Problem bezeichnen, nicht als ein persönliches des Mitarbeiters.



    Etische Gedanken:
    Ob man allerdings bei einem solchen Meldebild sein Brötchen weiteressen sollte, ist zu diskutieren.


    edit:RSF

    Einmal editiert, zuletzt von lumberjack ()

  • Solange nicht nur ein einzelnes Fahrzeug für ein Revier vorgehalten wird, sind Pausen meiner Meinung nach durchaus planbar.


    Wobei Mittagspause natürlich von "Wir (LST) versuchen, euch in Ruhe zu lassen." bis "1/2 Stunde Schlüssel wegschmeissen und von der Erde verschwunden sein" reichen kann.

    Alle sagten: "Das geht nicht!". Dann kam einer, der wusste das nicht und hat es einfach gemacht.

  • Zitat

    Ich wage mal zu behaupten das Mittagspausen nicht planbar sind...


    Ich wohl. Zwar nicht in jedem Fall, aber mit 2 - 3 Sigma.


    Beispiel:
    In der Zeit von 11.00 Uhr bis 14.00 Uhr ist für die Region XYZ ein zusätzlicher Rettungswagen vorzuhalten. Die Besatzungen der übrigen 3 Rettungswagen der Region sind angehalten, in dieser Zeit eine Mittagspause von 30 Minuten einzuhalten. Diese ist vorher mit der Leiststelle abzusprechen.

  • Dann kommt der zweite Notfall...


    Oder der VU mit zwei Patienten...


    Oder die NAW-Verlegung...


    Sicher können im Bereich Rettungsdienst (beim Krankentransport pflichte ich Euch bei; aber denke es ist unstrittig das wir dies alle nicht im Sinn hatten) Anstrengungen gemacht werden eine Mittagspause anzugehen, aber planbar wird sie nie sein. Eine strikte Pause ist in diesem Beruf nicht möglich...


    Edit: Außer vielleicht man löst die Besatzung über Mittag komplett aus und ersetzt sie durch eine Andere; aber dieses Szenario entbehrt jeglicher Realität.

    Manchmal ist das Blatt zwischen den Zeilen auch einfach nur weiß.

    Einmal editiert, zuletzt von Joke ()

  • Prinzipiell müsste es doch so sein, dass ein Mitarbeiter während seiner Mittagspause seinen Betrieb verlassen darf/ kann. Dann ist eine Unterbrechung schlecht möglich, weil er schlicht nicht da ist.

  • Aber deine Szenarien könnten ja auch für einen Bereich gelten, in dem nur ein Fahrzeug vorgehalten wird. Dann dauert es eben ein paar Minuten länger, bis das zweite Fahrzeug eintrifft.
    Dort braucht es dann aber meines Erachtens auch keine geregelte Pause.
    Diese ist nur in Breichen vonnöten, in denen man sich "den Arsch abfährt". Und dort sind dann meist mehre disponible Fahrzeuge und ebenso disponible Touren (Krankentranporte) vorhanden.

    Alle sagten: "Das geht nicht!". Dann kam einer, der wusste das nicht und hat es einfach gemacht.

  • Wenn die Tatsache stimmt, dass er strikt seine Pause einhält und nicht ausrückt, obwohl solch ein Einsatzgrund vorliegt, dann hab ich da kein Verständnis für.


    Wenn die örtliche Struktur es dem Paramedic nicht ermöglicht, eine unterbrechungsfreie Pause einzulegen, dann ist das Pech für ihn !!!


    Bzw. halt was sag ich... die haben geregelte Mittagspausen ? Man braucht nicht zum Einsatz ausrücken, wenn man Pause macht ? Ich will sofort dorthin :ironie:

    Einmal editiert, zuletzt von kusti79 ()

  • Ich könnte eine solche Gesinnung dann verstehen, wenn dem Mitarbeiter die Mittagspause regelmäßig von der Arbeitszeit abgezogen wird (Also nicht bezahlt ist).
    Dann sehe ich sein gutes Recht darin in dieser halben Stunde den "Schlüssel weg zu schmeissen und von der Erde verschwunden zu sein".


    Ist die Mittagspause bezahlt und wird ihm nur regelmäßig (nach Auftragslage) zugestanden, muss er auch ausrücken...


    Da ich von ersterem Fall ausgehe, hat der Kollege rechtlich richtig (moralisch allerdings fragwürdig) gehandelt...

  • Zitat

    aus dem Pressekommentar


    (...)As it is, Catherine Cowie died two days after suffering a heart attack and her family are, quite rightly, asking if she might have lived if treated immediately by a paramedic rather than a less highly-qualified technician. (...)


    Ausgehend von der Bezeichnung "less highly-qualified technician" wollte ich mal kurz die Frage in den Raum werfen, inwieweit die "technicians" ausgebildet sind... kann man den im Artikel betitelten Ambulance Technician mit dem deutschen Rettungssanitäter vergleichen ? Ist der Paramedic analog ein Rettungsassistent mit erweiterter Kompetenz (Medi-Gabe, invasive Massnahmen nach definierten Algorithmen, ...) ?

  • Ambulance technician beim NHS-Trust: http://www.nhscareers.nhs.uk/details/Default.aspx?Id=906


    Künftige Ausbildung zum Emergency care assistant beim NHS-Trust (anstelle des Ambulance technician): http://www.nhscareers.nhs.uk/details/Default.aspx?Id=2045


    Zitat

    Emergency care assistants take a six to nine week training course in which they learn moving and handling techniques, first aid, basic patient skills and safe driving techniques. The course incorporates assessment and written practical examinations, successful trainees are then attached to an ambulance station where they work under the guidance of a trained supervisor for a probationary period before working unsupervised.


    Da die neue Ausbildung wohl eine Verbesserung darstellen soll gehe ich davon aus, dass die Ausbildung zum technician weniger qualifiziert ist.


    NACHTRAG: http://careersadvice.direct.go…iles/profiles/profile283/

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Es steht doch aber auch noch im Raum ob es nen unterschied gemacht hätte wenn der Paramedic vor Ort gewesen wäre. Die Patientin ist ja "erst" nach zwei Tage in einer Klinik verstorben.

  • Man könnte das Handeln des genannten UK-Kollegten als ethisch fragwürdig bezeichnen. Da ich die dortigen Gegebenheiten jedoch nicht persönlich kenne, werde ich mir dieses Urteil nicht gestatten. Darüber hinaus ist es durchaus möglich, dass seine Kollegen ihm die Haut abziehen, wenn er seine verordnete Pause für einen Notfall unterbricht ("Fahr nicht so schnell, du machst die Zeiten kaputt!" OZ eines älteren Kollegen, den ich mal kannte... :rolleyes: )


    Abgesehen davon kenne ich selbst einige Kollegen, die der Leitstelle gerne mal sagen würden "Steck dir deine Fahrt sonstwohin, wir haben jetzt Pause!" - auch, wenn es sich dabei um einen Notfall handeln würde!

    Unter den Blinden ist der Einäugige der Arsch - er muss allen Anderen vorlesen...

    Einmal editiert, zuletzt von Mowl ()