Ketanest-Gabe durch RettAss: Rechtsgutachten zum Schreiben des Innenministeriums Rheinland-Pfalz

  • Gibt es denn inzwischen erste Erfahrungen der Kolleginnen und Kollegen aus Rheinland-Pfalz mit der Versorgung von Traumapatienten ohne die Möglichkeit, auf ein adäquates Analgetikum zurückgreifen zu können? Wie häufig kommt es zum Einsatz von Perfalgan und bei welchen Indikationen?

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Meinerseits bisher ein Einsatz bei Patellaluxation; keine erkennbare Wirkung innerhalb von 45 min. nach Anwendung.

  • Meinerseits bisher ein Einsatz bei Patellaluxation; keine erkennbare Wirkung innerhalb von 45 min. nach Anwendung.


    Das hat ja auch net ernsthaft jemand erwartet, oder?
    Armes Deutschland... Mannmannmann :-(

  • Meinerseits bisher ein Einsatz bei Patellaluxation; keine erkennbare Wirkung innerhalb von 45 min. nach Anwendung.


    *rolf*
    :rofl:


    Wenn es nicht so traurig wäre...

    ...mit Legenden ist das so eine Sache...
    ...manche sind wahr... 8)

  • Das hat ja auch net ernsthaft jemand erwartet, oder?
    Armes Deutschland... Mannmannmann :-(



    Nur der Vollständigkeit halber (und um Missverständnisse zu vermeiden): Im konkreten Fall wurde das Perfalgan von uns während des Transportes NACH erfolgter Reposition (diese erfolgte durch den NA, der Transport erfolgte dann ohne Arztbegleitung in ein weiter entferntes KH) verabreicht. Die eigentliche Reposition durch den von unserer Seite nachgeforderten NA erfolgte im Übrigen ohne jede Analgesie (!) - augenscheinlich ein einmaliges und unvergessliches Erlebnis für den Patienten ;-) In der Aufnahme des Zielkrankenhauses erfolgte dann unmittelbar eine suffiziente Analgesie (Dipi).


    Hinter vorgehaltener Hand hört man selbst aus dem Umfeld der entsprechend verantwortlichen ÄLRD, dass man sich mit der "Freigabe" von Perfalgan wohl i.e.L. aus der medialen Schusslinie (--> "Ketanestverbot") bewegen wollte. Mit einer Wirkung rechnen anscheinend auch die ÄLRD nicht ;-) Inzwischen träumen zumindest einzelne Vertreter in den entsprechenden rheinland-pfälzischen Gremien anscheinend von Fentanyl-Nasenspray als "Zukunftsperspektive". Diesen Blödsinn lasse ich jetzt einfach mal unkommentiert...ups, schon passiert :-)

  • Hmmm, man mag sich bei obiger Fallschilderung durchaus die Frage stellen, warum eine "Not"-Analgesie durchgeführt wurde, nachdem der behandlnde Arzt selbst für die regelmäßig äusserst schmerzhafte Reposition, eine Analgesie für entbehrlich hielt. Alleine die Reposition führt doch in aller Regel schon zu einer deutlichen Linderung der Schmerzen... oder lieg ich da grad ganz falsch?


    Wenn es nur eine Wahrheit gäbe, könnte man nicht hundert Bilder über das selbe Thema malen. (Pablo Picasso)

  • Ganz davon abgesehen, dass ich (abgesehen von evtl BTMrechtlichen Problemen) die Gabe von Morphin oder Fenta durch RA für recht sicher und effektiv halten würde (geht in anderen Ländern ja schliesslich auch), versteh ich nicht, warum in D niemand auf die Idee zu kommen scheint, entweder Nalbuphin (Nubain) für die RAs einzuführen (hohe analgetische Potenz aber nicht BTM-pflichtig und super steuerbar) oder aber mal schaut, was tatsächlich inhalativ möglich wäre. Soviel ich weiss hat man in England da doch sehr gute Erfahrungen damit gemacht (weiss evtl. jemand, welches Präparat da verwendet wurde? Lachgas o.ä.!?).
    Das wären doch auch interessante Möglichkeiten, wenn man den "dummen RAs" schon kein BTM in die Hand drücken will!?

  • Ganz davon abgesehen, dass ich (abgesehen von evtl BTMrechtlichen Problemen) die Gabe von Morphin oder Fenta durch RA für recht sicher und effektiv halten würde (geht in anderen Ländern ja schliesslich auch), versteh ich nicht, warum in D niemand auf die Idee zu kommen scheint, entweder Nalbuphin (Nubain) für die RAs einzuführen (hohe analgetische Potenz aber nicht BTM-pflichtig und super steuerbar)


    Nubain ist (meine ich) in Deutschland nicht mehr auf dem Markt. Die Idee an sich ist aber nicht neu ...
    Was Mo und Fenta betrifft :prost:


    ...oder aber mal schaut, was tatsächlich inhalativ möglich wäre. Soviel ich weiss hat man in England da doch sehr gute Erfahrungen damit gemacht (weiss evtl. jemand, welches Präparat da verwendet wurde? Lachgas o.ä.!?).


    Entonox - wird in England und Asien viel verwendet, ist aber auf Grund der hohen Diffisionsfähigkeit nicht unproblematisch, z.B. beim Pneu, beim Ileus oder auch bei intubierten Patienten.

  • Naja, wenn man von den möglichen Problemen bei den angesprochenen Krankheitsbildern mal absieht, fänd ich das Entonox allerdings durchaus interessant für den Rettungsdienst. Grad mal die Fachinfo durchgelesen:


    http://www.kompendium.ch/Monog…t.aspx?lang=de&MonType=fi


    Was will man mehr!? Schnell da, schnell wieder weg, überschaubare NW und KI...
    Eigentlich doch ideal für die präklinische Anwendung.


    Und sicher effektiver als Paracetamol :rofl:

  • Hmmm, man mag sich bei obiger Fallschilderung durchaus die Frage stellen, warum eine "Not"-Analgesie durchgeführt wurde, nachdem der behandlnde Arzt selbst für die regelmäßig äusserst schmerzhafte Reposition, eine Analgesie für entbehrlich hielt. Alleine die Reposition führt doch in aller Regel schon zu einer deutlichen Linderung der Schmerzen... oder lieg ich da grad ganz falsch?


    Die seitens des Notarztes durchgeführte Reposition schien in der Tat äußerst schmerzhaft zu sein. Auch nach der Reposition klagte der Patient weiter über erhebliche Schmerzen, die durch den bereits im Folgeeinsatz befindlichen NA nicht mehr behandelt werden konnten. Insofern war das Perfalgan durchaus einen Versuch wert, ernsthafte Alternativen standen zu diesem Zeitpunkt nicht zur Verfügung. Warum der Notarzt zur eigentlichen Reposition auf eine Analgesie verzichtete, war für niemanden nachvollziehbar - denn genau zu diesem Zweck hatten wir ihn ja nachgefordert.


    Ganz davon abgesehen, dass ich (abgesehen von evtl BTMrechtlichen Problemen) die Gabe von Morphin oder Fenta durch RA für recht sicher und effektiv halten würde (geht in anderen Ländern ja schliesslich auch), versteh ich nicht, warum in D niemand auf die Idee zu kommen scheint, entweder Nalbuphin (Nubain) für die RAs einzuführen (hohe analgetische Potenz aber nicht BTM-pflichtig und super steuerbar) oder aber mal schaut, was tatsächlich inhalativ möglich wäre. Soviel ich weiss hat man in England da doch sehr gute Erfahrungen damit gemacht (weiss evtl. jemand, welches Präparat da verwendet wurde? Lachgas o.ä.!?).
    Das wären doch auch interessante Möglichkeiten, wenn man den "dummen RAs" schon kein BTM in die Hand drücken will!?


    Nubain ist (meine ich) in Deutschland nicht mehr auf dem Markt. Die Idee an sich ist aber nicht neu ...


    Nalbuphin war früher einmal unter dem Handelsnamen "Nubain" und auf dem Markt und verschwand dann für einige Zeit in der Versenkung. Inzwischen ist es unter dem Handelsnamen "Nalpain" auch in Deutschland wieder erhältlich. Problematisch ist, dass Nubain an My-Rezeptoren antagonistisch (bei jedoch hoher Rezeptoraffinität) und an Kappa-Rezeptoren agonistisch wirkt, zudem setzt der Opiat-typische Ceiling Effekt bereits bei vergleichsweise geringen Dosen ein. Was im Endeffekt heißt: Ist die Analgesie mit Nubain nicht ausreichend, KÖNNTE es bei einer evtl nachfolgenden Verabreichung stärkerer / anderer Opioide zu Problemen kommen (mehr oder minder ausbleibende Wirkung bei gleichzeitig u.U. verstärkten Nebenwirkungen). KÖNNTE, weil dieser Effekt zwar pharmakologisch erklärbar ist, in der Praxis so aber wohl nur selten auftritt. Nalbuphin wurde früher gerne bei der Narkoseausleitung gegeben - die atemdepressive Wirkung des "Narkose-Opiats" wurde ein wenig abgeschwächt, gleichzeitig war der Patient aber immer noch suffizient analgesiert (dann eben durch das Nalbuphin).
    Weiterhin fehlen dem Nalbuphin einige "erwünschte Nebenwirkungen" des Morphin, so z.B. eine euphorisierende Wirkung oder aber die Senkung des myokardialen Sauerstoffverbrauches, vorteilig hingegen ist die mehr oder weniger nichtvorhandene Atem- und kreislaufdepressive Wirkung des Nalbuphins.
    Die ärztlichen Leiter in Rheinland-Pfalz kamen durchaus schon auf die Idee einer "Freigabe", haben sich jedoch schlussendlich aus o.g. Gründen / Überlegungen dagegen ausgesprochen. Ich persönlich halte Nalbuphin (auch auf Basis praktischer Anwendungserfahrung in der Anästhesie) in bestimmten Fällen dagegen durchaus für eine sehr interessante Option.
    Meines Wissens läuft im Übrigen gerade irgendwo in Thüringen eine Art "Anwendungsbeobachtung" im RD, man hört und sieht nur leider nichts davon.


    Neben Nalbuphin könnte man sich auch Meptazinol mal genauer ansehen - ebenfalls ein nicht Btm-pflichtiges Opioid, dass m.W. derzeit vorwiegend in der Gynäkologie eingesetzt wird (Kupierung des Wehenschmerzes). Ich kenne dieses Präparat selbst jedoch nicht, so dass ich mir hinsichtlich einer möglichen Eignung für den RD keine Meinung erlauben kann.


    Aber nun vielleicht: Zurück zum eigentlichen Thema..Erfahrungen mit Perfalgan - nachdem es zumindest in RLP flächendeckend "verlastet" und "freigegeben" ist, dürfte es doch hier und da auch schon zum Einsatz gekommen sein?!

  • Nalbuphin war früher einmal unter dem Handelsnamen "Nubain" und auf dem Markt und verschwand dann für einige Zeit in der Versenkung. Inzwischen ist es unter dem Handelsnamen "Nalpain" auch in Deutschland wieder erhältlich.


    Okay, ich hatte nur kurz die "Rote-Liste" konsultiert und Nubain nicht gefunden.
    Was Nalbuphin betrifft, wir hatten dieses Medikament an meinem früheren Arbeitsplatz gerne bei Kindern eingesetzt und immer eine gute Analgesie erreicht. Über die praktische Wirkung beim Erwachsenen kann ich nichts sagen.

  • Zitat

    Weiterhin fehlen dem Nalbuphin einige "erwünschte Nebenwirkungen" des
    Morphin, so z.B. eine euphorisierende Wirkung oder aber die Senkung des
    myokardialen Sauerstoffverbrauches, vorteilig hingegen ist die mehr oder
    weniger nichtvorhandene Atem- und kreislaufdepressive Wirkung des
    Nalbuphins.

    ..eigentlich genau der Grund warum Morphin endlich irgendwann auch vom Rettungsassistenten gegeben werden sollte!


    Die Diskussion der Gefährlichkeit von Morphin im Bezug auf die Atem- und kreislaufdepressive Wirkung ist einfach nur lächerlich, da genau diese Symptome eigentlich alleine schon von der Ausbildung und seinem Aufgabenfeld her vom Rettungsassistenten beherrscht werden sollten. Und in der Regel sind die Rettungsassistenten den meisten spezialisierten Ärzten in diesem Bereich aufgrund ihrer regelmäßigen jährlichen zusätzlichen Ausbildungen und der dauerhaften Praxis auch überlegen.


    Hier muss sich einfach politisch etwas ändern, eine sachliche Diskussion bzgl. eine potentiellen Analgesie durch den Rettungsassistenten wird man zur Zeit kaum führen können.


    Nubain wurde in München mit großem Erfolg eingesetzt! Wie gesagt, leider ist es vom Markt.

  • Hier muss sich einfach politisch etwas ändern, eine sachliche Diskussion bzgl. eine potentiellen Analgesie durch den Rettungsassistenten wird man zur Zeit kaum führen können.


    Dem kann ich nur zustimmen: Die ganze Diskussion und das Resultat wird ausschliesslich durch politisiche Interessen geleitet. Deshalb ist jeder Vorschlag der hier (vernuenftigerweise) gemacht wurde, auch dazu verdammt ins Leere zu laufen. An den Patient oder auch das Rettungsdienstpersonal denkt da keiner mehr!


    16 Jahre Interessen- und Vetternwirtschaft im System Koenig Kurt haben ihre Spuren ueberall in der Gesellschaft hinterlassen: seit dem Wahlsonntag wissen wir aber :wayne:

  • Zum Thema Nalbuphin


    Lachgas in Kombination mit Perfalgan wurde auch durch den hiesigen (DRK-eigenen) ÄLRD angedacht. Auch wenn es auf den ersten Blick ideal erscheint, halte ich es für die präklinische Notfallmedizin aber für eher ungeeignet, da die Inhalation durch den Patienten selbst (und kontinuierlich, also auch während des Transports) gesteuert werden muss und ein versehentliches Inhalieren des Gases durch das Rettungsdienstpersonal im geschlossenen Fahrzeug nicht ausgeschlossen ist. In Großbritannien wird es durch EMT's beim isolierten Extremitätentrauma eingesetzt, Paramedics hingegen verwenden bei starken Schmerzen zusätzlich Morphin.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • In Großbritannien wird es durch EMT's beim isolierten Extremitätentrauma eingesetzt, Paramedics hingegen verwenden bei starken Schmerzen zusätzlich Morphin.


    Ich meine, dass sogar Diamorphin verwendet wird.

  • Zitat

    Die Begründung für die Entscheidung bei Euch wäre interessant!

    Aus Analgesie mit Lachgas - Mischungen ENTONOX




    Die Begründung ist einfach: Ketanest ist ein gefährliches Narkosemedikament.


    Angeblich gab es in der Vergangenheit auch einen Vorfall, bei welchem einem Patienten mit Herzinfarkt durch einen Rettungsassistenten Ketanest verabreicht worden sein soll. Letztlich - und das konnte ich in einem persönlichen Gespräch mit einer für die Entscheidung mitverantwortlichen Ärztin heraushören - ist es aber mehr eine Entscheidung aufgrund der persönlichen Einstellung gegenüber dem Medikament. Die Mehrheit der bei uns tätigen Notärzte kann diese Entscheidung interessanterweise nicht nachvollziehen, insbesondere deshalb, weil das Medikament im hiesigen Rettungsdienstbereich im Notfall seit Jahren auch durch Rettungsassistenten eingesetzt wird. Anstatt nun bspw. eine ergänzende Pharmakologie-Fortbildung durchzuführen, setzt man sich dafür ein, Ketanest kurzerhand von den Fahrzeugen zu nehmen und durch Perfalgan zu "ersetzen". Die oben erwähnte Ärztin hat mir im Gespräch erläutert, dass sie selbst "sehr gute Erfahrungen" damit bei postoperativen Patienten gemacht hat. Ginge es nach ihr, würde sie uns ein Opiat zur Verfügung stellen. Dummerweise geht das ja aber nicht, denn das BtMG lässt dies nicht zu...

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Entonox - wird in England und Asien viel verwendet, ist aber auf Grund der hohen Diffisionsfähigkeit nicht unproblematisch, z.B. beim Pneu, beim Ileus oder auch bei intubierten Patienten.


    Und hat ein nicht unproblematisches Nebenwirkungsprofil..... (von der (zeitlich) begrenzten Analgetischen Wirkung her mal ganz zu schweigen.)

    "We are the Pilgrims, master; we shall go
    Always a little further: it may be
    Beyond that last blue mountain barred with snow,
    Across that angry or that glimmering sea,


    White on a throne or guarded in a cave
    There lives a prophet who can understand
    Why men were born: but surely we are brave,
    Who take the Golden Road to Samarkand."


    James Elroy Flecker

  • Zu dem ganzen "Ersetzen" von Ketamin durch Perfalgan/Entonox oder Ähnlichen fällt mir eigentlich auch nur noch der gute, alte Merkspruch in der Medizin ein:
    MACH ES NICHT NOCH SCHLIMMER...


    Sollten mal ein "paar Leute" bedenken...

    ...mit Legenden ist das so eine Sache...
    ...manche sind wahr... 8)