Aufstand der jungen Ärzte

  • Dann bin ich froh, dass sich das gelegt hat :prost:

    We are the pilgrims, master; we shall go always a little further.

  • Man könnte aber auch die provokante Frage stellen wieso die Ärzte nicht für bessere Arbeitsbedingungen streiken, sondern nur für mehr Kohle...


    Aber nur, wenn man sich nicht mit den Forderungen auseinandergesetzt hat.
    In jeder Tarifrunde waren die Arbeitsbedingungen (Dienste, (unbezahlte) Überstunden, Arbeitszeiterfassung, Bürokratie, Laufzeit der Arbeitsverträge etc.) mit ein Thema, welches einerseits in den Medien nie so dargestellt wurde (es wurde immer nur über die finanziellen Forderungen berichtet) und es andererseits von den Arbeitgebern wenig Problembewusstsein zu diesem Thema gab und gibt.

    "We are the Pilgrims, master; we shall go
    Always a little further: it may be
    Beyond that last blue mountain barred with snow,
    Across that angry or that glimmering sea,


    White on a throne or guarded in a cave
    There lives a prophet who can understand
    Why men were born: but surely we are brave,
    Who take the Golden Road to Samarkand."


    James Elroy Flecker

  • Das mag sein. Zugegeben, ich habe mich hier auf die Medien verlassen und nicht auf die Mitteilungen entsprechender Gewerkschaften. Trotzdem scheint es so, dass auch viele Ärzte dies nicht wissen, denn in Gesprächen kam bei eben jener frage auch immer zurück, dass dies auch nicht so ganz verstanden wird. Und auch am Arbeitsalltag eines Mediziners hat sich, so mein subjektiver Eindruck auch nicht viel geändert.

  • Ich seh hier nur keinen Kinderkram. Wo seht ihr den? Es wird klar von der Pflege erwartet, dass sie dem Pat. eine Stunde lang vertrstet und sich das genörgel anhört weil der Chirurg erst mal ne Ruhephase will und das obwohl ein anderes Modell hier Problemlos die Versorgung sicherstellen wrde.


    Da kann der einzelne Chirurg, der an diesem Tag Dienst hat, persönlich etwas dafür!
    Super!
    Das Verhalten ist assozial.


    Ich kenne das Spiel aus der Ambulanz aber eher so:
    Es gibt dort einen Aufenthaltsraum mit Fernseher und Sofa. Wenn kein Patient in der Ambulanz ist, dann ist das sehr bequem, weil man auf dem Sofa schlafen kann oder Fernseh schaut...
    Blöd ist es halt dann, wenn der Patient in der Ambulanz rumsitzt...
    Und da hat die Pflege dann auch ein Interesse dran, dass der "arme" Patient schnell versorgt ist... und der böse Arzt endlich aus seinem Bett kommt, weil er am Tag sowieso im OP genug Zeit gehabt hat zu schlafen... :ill:


    Sorry, für die Emotionalität,
    aber so ein Verhalten k+tzt mich in der Klinik einfach an.

  • Beispielsweise, ja.
    Doch währen der Kardiologe um 21 Uhr zum Dienst kommt und ausgeruht ist ist der Chirurg sauer wenn du ihn für ne doofe Kopfplatzwunde aus dem Bett klingelst und das nciht ne Stunde warten kann, damit er endlich mal Schlaf nachholen kann. Es gibt Pflegepersonal, welches sich hier klar weigert dem Chirurgen mall eine Ruhezeit zu gönnen, er hätte es selber anders haben können.


    Wenn Kollegialität sich rein an der Zugehörigkeit zu einer Berufsgruppe erschöpft, dann ist das nicht nur Kinderkram, sondern einfach nur traurig und bescheuert. Wie verdammt unkollegial kann man denn sein, bzw. was für ein persönlicher Frust mag hinter so einem "Bestrafungsverhalten" stecken?

  • ..naja was erwarten wir denn bei einem schon fast asozialen Gesundheitssystem, das schlägt sich dann auch auf das Personal nieder, das es "leben" muss.

  • ..naja was erwarten wir denn bei einem schon fast asozialen Gesundheitssystem, das schlägt sich dann auch auf das Personal nieder, das es "leben" muss.


    Sorry, aber ist das jetzt ein Kaffeeklatschthema?


    Unser Gesundheitssystem - welches für mich das Rentensystem mit einschliesst, denn das ist die grösste Nutzergruppe des Gesundheitssystems, hat etliche "Baustellen" im Sinne von Unausgewogenheiten/Ungerechtigkeiten/Bevorzugungen.


    Dennoch, im europäischen Vergleich stehen wir nach wie vor sehr gut da.
    Nicht nur Entwicklungsländer, sondern auch die hochgelobte USA mit dem teuersten Gesundheitssystem dieses Planeten, könnten sich alle zehn Finger lecken, wenn sie ein Deutschland ähnliches System hätten.


    Gesundheit orientiert sich nicht nur an den Reanimationsergebnissen in Seattle.
    Wesentlich basisorientierter ist die Tatsache, daß sich ein Grossteil der US-Bevölkerung keinerlei zahnärztliche Versorgung leisten kann u.a.m.


    Und trotz des guten Systems bei uns, ist das kein Grund, sich auf den Lorbeeren auszuruhen.
    Die Baustellen sind da - und Lobbyisten aller Interessenparteien versuchen, hier Profit zu machen - keine Gesundheit.

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

  • Zitat

    Sorry, aber ist das jetzt ein Kaffeeklatschthema?

    Sorry Raphael und Jörg


    ....eine recht naive Sichtweise und davon betroffen sind nicht nur die Renten, sondern die gesamte soziale Gesetzgebung. Tatsächliche notwendige Reformen....schlicht "Fehlanzeige" und derzeit unmöglich. Die Probleme bei den Ärzteschaften sind ja nur ein Gipfel des Eisberges.


    ...und da sich nichts ändert, mutiert unser Sozialsystem, dazu gehört auch das Gesundheitssystem, immer mehr zu einem großen Selbstbedienungsladen auf Kosten der Allgemeinheit.

  • Zum Thema Deutschland im Vergleich - hier Amerika.
    Interview mit Peter W. Carmel M.D., Präsident der American Medical Association: Blick über die Grenzen
    Dtsch Arztebl 2012; 109(22-23): A-1131 / B-973 / C-965


    aerzteblatt.de


    So viel zum gelobten Land der unbegrenzten Möglichkeiten...

  • Mir geht es hier nicht um den Vergleich mit anderen Ländern, natürlich kann ich mir dann auch auf die Schulter klopfen und sagen, jaa...in "good old germany" ist alles bestens, denn vergleiche doch mal unser Gesundheitssystem mit dem von Bangla Desh.


    Bei uns geht es schlicht und ergreifend um eine immer höher werdende Verwirtschaftlichung des Allgemeinwohls, gepaart mit dem schleichenden und diskreten Abbau des sozialen Netzes. Das was die jungen Ärzte, aber eben nicht nur die, sondern auch die Hausärzte, Pflegepersonal, Rettungsdienstpersonal etc.. hier bei uns dann erleben sind nur die Auswüchse dieser Fehlsteuerungen. Die Allgemeinheit bleibt immer mehr auf der Strecke und die Institutionen und Personen die hier tiefgreifende Reformen durchführen könnten blockieren dies, da sie unglaublich gut von diesen Missständen wirtschaftlich profitieren.


  • Wenn Kollegialität sich rein an der Zugehörigkeit zu einer Berufsgruppe erschöpft, dann ist das nicht nur Kinderkram, sondern einfach nur traurig und bescheuert. Wie verdammt unkollegial kann man denn sein, bzw. was für ein persönlicher Frust mag hinter so einem "Bestrafungsverhalten" stecken?


    Entschuldigung, ich kann immer noch nichts verwerfliches daran erkennen. Auch verstehe ich nicht ganz was dies mit Bestrafungsverhalten, Zugehörigkeit zu einer Berufsgruppe oder dem Fernseher im Ausenthaltsraum zu tun haben soll.
    In besagtem Uniklinikum haben sich alle Chirurgen, also ohne Ausnahme, für einen 24h-Dienst ausgesprochen. Das bedeutet dann aber nun mal auch, dass gearbeitet werden muss wenn Arbeit da ist. Dieser Arzt ist auch eben nicht im OP-Plan mit integriert und hat hier auch keine 4h-OP zu leisten sondern er ist für den gesamten Rest inkl. Ambulanz zuständig. Die Tätigkeiten die er verführt sind also auch immer welche, die er sofort verlassen können muss im in der Ambulanz die Pat. zu versorgen. Sicherlich gibt es hier auch eine Dringlichkeit, das ist klar. Natürlich kann die Kopfplatzwunde mal 10 Min. warten bis ein Aufklärungsgespräch zur OP zu Ende ist o.ä., aber bei einem Polytrauma geht dies eben logischerweise nicht.
    Sich aber einfach mal Abzumelden für 1-3 Std. um sich ins Bett zu legen und die Kopfplatzwunde eben so lange warten zu lassen sehe ich da schon eher als Unverschämt an. Beim nächen 24h-Dienst auf deiner Wache kannst du der Leitstelle ja auch mal sagen, dass du die nächsten Einsätze nur fährst wenn es das Polytrauma ist, die Bauchschmerzen können dann auch mal 2 Std. warten. Ich bin gespannt ob der Leitstellendisponent sich hier eher kollegial oder "unkollegial und assozial" verhält und dich trotzdem aus dem Bett wirft wenn was ist...

  • Monschi


    Woher beziehst Du denn Deine Einblicke in unser System? Das können doch nur bruchstückhafte Momentaufnahmen sein, die Dir von Dritten, die möglicherweise selber nur bedingt Einsichten in die Tätigkeit von Ärzten haben, übermittelt werden. Verquirlt mit persönlichen Mutmaßungen über die Abläufe im ärztlichen Betrieb.

  • Das Argument verstehe ich nicht ganz, Ani. Wieso "in unser System"? Würdest du dir eine Meinung über "unser System" nicht bilden? Diese kannst du doch teilweise auch nur von Dritten haben und es spiegelt doch auch nur "bruchstückhafte Momentaufnahmen" dann wieder, oder? Selbstverständlich spielen hier auch solche Dinge rein, sowie selbst erlebtes. Wo siehst du hier den Fehler?

  • Ich würde etwas vorsichtiger und zurückhaltender mit meiner Meinung sein, wenn ich mich in einem ausgesprochen komplexen System nicht wirklich gut auskenne. Du weißt gar nicht, was diese 24 Stunden für einen Chirurgen in einem Uniklinikum bedeuten. Oder warum sich die Kollegen für die 24 Stunden und gegen ein anderes Dienstmodel entschieden haben. Ich will aber nicht auf die Details eingehen, weil das hier zu viel würde.

  • Ich wollte nicht auf das Beispiel eingehen, kenne aber Situationen, in denen man einen Arzt aus Mitgefühl noch etwas schlafen lässt. So lange dem Patienten kein Schaden entsteht, kann ich da völlig mitgehen. Und habe mich in ähnlichen Situationen auch schon so verhalten, in dem ich meine Pflege schlafen gelassen und alleine gearbeitet habe.

  • Sorry Raphael und Jörg


    ....eine recht naive Sichtweise und davon betroffen sind nicht nur die Renten, sondern die gesamte soziale Gesetzgebung. Tatsächliche notwendige Reformen....schlicht "Fehlanzeige" und derzeit unmöglich. Die Probleme bei den Ärzteschaften sind ja nur ein Gipfel des Eisberges.


    ...und da sich nichts ändert, mutiert unser Sozialsystem, dazu gehört auch das Gesundheitssystem, immer mehr zu einem großen Selbstbedienungsladen auf Kosten der Allgemeinheit.


    Das Du mich für naiv hältst, ist Deine persönliche Ansicht und deswegen von mir zu respektieren.
    Jörg muß für sich selbst sprechen.


    Ich wiederum halte Dich für einen linkspolitisch-orientierten Weltverbesserer, der grundsätzlich gegen das "System" ist, aber keine Alternativen aufzeigt.


    Wir beide ziehen unsere Schlüsse sicherlich zu einem grossen Teil aus unserem Leben; also Arbeit und dessen Umfeld, eigene Patientenkarriere bzw. im persönlichen Umfeld und viele Punkte mehr.


    "Unser System" hat tatsächlich etliche Ungereimheiten und auch Ungerechtigkeiten aufzuweisen.
    Ebenso scheint es in der Natur des Menschen zu liegen, daß jede Person auf den eigenen Vorteil schielt bzw. nur bereit ist, ein gewisses Maß an Solidarität zu zeigen, wenn es die eigenen Ressourcen ja nicht angreift.
    Das dies verstärkt wird durch wirtschaftspolitische Interessen aller möglichen Interessengruppen macht die Sache noch viel schlimmer.
    Deswegen sind (politische) Kompromisse ja auch so schwer.


    Als die Praxisgebühr eingeführt wurde, schrien etliche Lobbyisten Zeter + Mordio.
    Doch bis heute ist noch kein Rentner o.a. Personen(kreise) daran gestorben.
    In den USA wiederum gibt es durchaus dokumentierte Situationen (http://www.youtube.com), wo die Patienten im Wartebereich eines beliebigen Emergency Rooms auch sterben - weil ihnen einfach nicht geholfen wird.


    Jeder kann hier zweimal jährlich völlig umsonst zum Zahnarzt zwecks Vorsorge.
    "Das System" hat tatsächlich kapiert, daß diese Kosten wesentlich billiger sind wie die evtl. notwendigen Ausgaben für eine Zahnsanierung.


    Nenne mir bzw. uns eine deutsche Klinik, wo wartende Angehörige nach dem Unfallereignis eines Familienmitglieds energisch angesprochen werden, weil man "gern" pro Person 500ml Vollblut "gespendet" haben möchte.


    Hierzulande (auch hier im Forum) wird gejammert, wenn Oma Krawuttke einen KTW benötigt zur Gipskontrolle.
    Genauso wurde aber auch von den Leistungserbringern in Krankentransport und Rettungsdienst gejammert, als Liegemietwagen für den unqualifizierten KTP eingeführt wurden.
    In sehr vielen Ländern gibt es überhaupt keine organisierten Einrichtungen für derartige Transporte - oder Patient/Familie müssen SOFORT Bargeld abdrücken!
    Ach ja, in Griechenland muß Oma Krawuttke beim gebrochenen Unterschenkel für den Gipsverband die Gipsbinden mit ihrem eigenen Geld kaufen - die Kliniken haben keine mehr und die Apotheken verkaufen nur noch gegen Bargeld.


    Die Beispielliste ist beliebig verlängerbar.
    Mindestens ebenso gross wird eine Liste von Mängeln im Versorgungssystem sein.
    Jede Gruppierung im Gesundheitssystem wird versucht sein, ihre eigenen Wünsche durchzusetzen.
    Wenn kein Argument auf Rücksichtnahmen auf andere Gruppierungen mehr möglich ist, kommt nach meinen Erfahrungen i.d.R. immer das "Ja, aber..."-Argument.
    ABER bedeutet nichts anderes wie NEIN.
    Auch ich habe hier keinen Lösungsvorschlag anzubieten.


    Meines Erachtes jammerst Du jedoch auf einem verdammt hohen Niveau!

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?