Gedankenspiele: Mögliche Optimierungen im Rettungsdienst

  • Großveranstaltungen müssen in Zukunft auch mit HA Personal kalkuliert werden, um dort die nach Maurer gestellten Anforderungen zu erfüllen. Auch hier gehen die Kosten rauf!


    Man kann auch mal das Gedankenspiel zulassen, in wie weit die "Maurer-Formel" über das Ziel hinausschiesst.

  • Man kann auch mal das Gedankenspiel zulassen, in wie weit die "Maurer-Formel" über das Ziel hinausschiesst.


    Nein, eigentlich nicht, weil es in dem Zusammenhang kaum eine Rolle spielt. Nehmen wir doch einfach mal an, daß jedes einzusetzende Rettungsmittel dann zwangsläufig einen hauptamtlichen Transportführer braucht. Das funktioniert bei nem größeren Dorffest bestimmt noch. Alles was größer ist, läßt sich dann schon nicht mehr darstellen.


    Wenn ich an den "mStart" denke, wozu dieser geschaffen wurde?! Bei vielen realen MANV Situationen wurde klar, Sichtungsärzte sind Mangelware. Es ist also in div. Großstädten schon üblich das RettAss eine Vorsichtung nach "mStart" durchführen.


    Ja, ist auch sehr sinnvoll so. Das Konzept ist einfach und von daher ist es eigentlich nicht vertretbar, einen Arzt so weit weg von der eigentlichen Behandlung zu "verbrauchen". Okay, wenn da wirklich an jeder Ecke einer rumsteht, soll's mir recht sein. Aber in aller Regel steht erstmal ein RTW allein vor dem ganzen Elend. Und die Besatzung des ersteintreffenden Rettungsmittels kann viel bewirken. Positiv wie negativ.


    Zitat

    Der Rettungsdienst wird mit seinen Ressourcen bemessen nach dem was alltäglich ist. Wenn wir wie jetzt 40 Grad haben, oder andere Situationen den RD an die Kapazitätsgrenze bringen, dann haben einige RD Bereiche, die Luxussituation den RD durch EA Personal zu verstärken. Daher gibt es div. SEGén die dann mit RettAss und RettSan dies tun.


    Ja, so machen "wir" das auch. Meine Einheit besteht ausschließlich aus RS und RettAss, darunter auch viele, die hauptamtlich im RD arbeiten, der Großteil treibt sich allerdings nebenerwerblich da rum.


    Zitat

    Dies wird irgendwann nicht mehr üblich sein. Folge, der Kostenträger muss dies in die Berechnungen mit rein nehmen und das Budget wird größer.


    Exakt. Wenn wir künftig kein Rettungsmittel außerhalb der Regelvorhaltung nach Landesvorgabe in den Einsatz bringen können, weil uns die Möglichkeit genommen wurde, die Transportführer zu qualifizieren, wird man sich überlegen müssen, wie man den Hauptamtlichen beibringt, daß das Wort "Freizeit" dann eine ganz neue Bedeutung bekommt. Bei der auch heutzutage schon weit verbreiteten Unzufriedenheit der Mitarbeiter, die sich u.a. ganz logischeweise darin niederschlägt, daß sie sich nicht in ihrer Freizeit bei ihrer HiOrg engagieren, sicherlich ein zusätzlicher Motivationsschub. Oder man verzichtet aus Kostengründen auf einen "Plan B" und in vielen Gegenden hat der Bürger, der sich dummerweise zeitgleich zu einem VU in einer anderen Ecke des Landkreises einen Infarkt gönnt, eben Pech gehabt.
    Kann kaum so gewollt sein.


    Zitat

    Großveranstaltungen müssen in Zukunft auch mit HA Personal kalkuliert werden, um dort die nach Maurer gestellten Anforderungen zu erfüllen. Auch hier gehen die Kosten rauf!


    Kann passieren, wenn das Landesrecht für einzusetzende Fahrzeuge für betrieblichen Sanitätsdienst entsprechende Vorgaben macht. In Hessen ist das beispielsweise der Fall.

    They say God doesn't close one door without opening another.

    Please, God, open that door. :oncoming_fist_light_skin_tone:

  • MaMo


    Du hast das falsch verstanden: ich gebe Fortbildungen zum Thema MANV.


    Wenn Gebietskörperschaften oder Länder es nicht schaffen, ein vernünftiges MANV-Konzept zu erstellen ist das ein anderes Problem. Ich wollte nur die von Mr. Blaulicht allgemein und sinngemäß getätigte Aussage: "Es gibt zu wenig Ärzte beim MANV." entkräftigen. Mir ist bisher kein MANV in Deutschland bekannt, wo es einen signifikanten Ärztemangel gegeben hätte. Für Beispiele, die diese Aussage tatsächlich untermauern, wäre ich dankbar.


    Mir ist auch keine Rettungsdienstbereich bekannt, der ausschließlich Rettungsassistenten für die Sichtung verwendet. Es handelt sich dabei maximal um Übergangslösungen und Ausnahmen, bis ausreichend Ärzte vor Ort sind. Mich würde interessieren, in welchen diversen Großstädten regelhaft Rettungsassistenten die Sichtung durchführen. Zumal der erste Notarzt bis zur Übernahme durch den LNA u.a. die Sichtungsfunktion übernimmt. Ein national übliches Verfahren.

  • @ani:


    Ich hab das so verstanden, dass Ärzte, wie allgemein med. Personal zu Beginn eines MAnVs auch, Magelware ist. Und dies kann man durchaus so stehen lassen find ich. Es werden generell weniger RM mit Ärzten vorgehalten als Rettungsfachpersonaler. Zudem bekomme ich über örtliche MAnV-Strukturen recht zügig med. Personal, Ärzte jedoch sukzessiv weniger. Ich gebe dir Recht, dass Ärzte dann auch später ausreichend vorhanden sind, aber es dauert eben etwas länger.
    Zum "RA als Sichter bei einem MAnV" hab ich mir nur mal erzählen lassen, dass dies (abgesehen wohl von Ffm) sich in Untersuchungen als unzureichend gezeigt hat und deshalb hier ein erfahrener Arzt hin muss. Im Bereich der Ausgangssichtung ist ein RA aber wohl durchaus zulässig. Stimmt das? Hat da zufällig jemand was handfestes zu?

  • Das wäre eigentlich nicht besonders erwähnenswert, denn das ist typisch für eine Großschadenslage.


    In Deutschland gilt eigentlich die ärztliche Sichtung als State of the art. Auch unter medico-legalen Aspekten. Konkrete Konzepte in Deutschland, die auf die ärztliche Sichtung verzichten, sind mir nicht bekannt.

  • , Ich wollte nur die von Mr. Blaulicht allgemein und sinngemäß getätigte Aussage: "Es gibt zu wenig Ärzte beim MANV." entkräftigen. Mir ist bisher kein MANV in Deutschland bekannt, wo es einen signifikanten Ärztemangel gegeben hätte. Für Beispiele, die diese Aussage tatsächlich untermauern, wäre ich dankbar.,


    Meine Aussage war, dass sich der Ärztemangel beim ManV weiter demaskiert. Wenn ich weniger Ärzte als vorgesehen habe und dann einen ManV bedienen muss, fehlen mir die Ärzte halt wo anders. Das ist eigentlich eine ziemlich einfache Rechenübung...
    Ausnahmen, wie bereits beschrieben, dass dienstfreie Ärzte alarmiert werden können, sind lobenswert, werfen aber die Frage auf, warum es dann unbesetzte Notarztstandorte gibt.
    Desweiteren muss natürlich auch die jeweilige Einsatzzeit mitbedacht werden. Ein Notarzt, der aus 40km anfährt steht mir halt genausowenig zeitnah zur Verfügung, wie ein Notarzt, den ich per SMS aus der Dusche hole.


    Zur Sichtung: Meines Wissens wird eine erste Sichtung in Ffm anhand des SOGRO-Konzeptes durch Rettungsfachpersonal durchgeführt.


    Gruß, Christian

  • @Mr.Blaulicht


    Unbesetzte Notarztstandorte haben nichts mit der freiwilligen Rekrutierung von Ärzten außerhalb der Dienstzeit zu tun. Ich glaube, Du machst den Fehler, daß Du Deine Berechnungen mit dem Hintergrund anwendest, als ob es sich bei einem MANV um ein regelmäßiges und häufiges Ereignis handelt. Bisher berufst Du Dich weniger auf Fakten, als auf Deine persönlichen Meinungen und Interpretationen. Wenn Du mir Fakten für einen Arztmangel beim MANV vorlegen kannst oder von vergleichbaren Geschehnissen berichten kannst, können wir gerne weiter drüber diskutieren.


    Übrigens ist es bei vielen gut funktionieren MANV-Konzepten so, daß auf ehrenamtliche Helfer und Helfer aus der Freizeit heraus zurückgegriffen wird. Das gilt nicht nur für den ärztlichen Bereich. Gerade in in Bebieten mit weniger Infrastruktur.


    Auch zum Frankfurter Konzept hätte ich gerne härtere Informationen. Sofern es möglich ist. Ansonsten fällt es mir schwer zu glauben, daß ein Ballungsraum wie Frankfurt ein nichtärztliches Sichtungskonzept verfolgt.

  • Eine Sichtung sollte aber auch entsprechende Konsequenzen nach sich ziehen!
    Am SA war ich wieder einmal Verletztendarsteller bei einer grösseren Übung.
    Szenario: PKW gegen Regionalzug an einem Bahnübergang; zweiter PKW fährt dabei auf den ersten PKW auf;
    auf der anderen Seite des Bahnübergangs macht ein Linienbus eine Notbremsung.
    90 zu versorgende Menschen.


    Meine Sichtung und Einstufung in die Kategorie GELB erfolgte nach ca. 30 min.
    Danach verging eine weitere Stunde, in der ich medizinisch völlig unversorgt in meinem Bahnabteil herumlag.
    Halt das stimmt nicht: die FF-Mannschaft holte sich ihren FW-Sanitäter und der schiente mein Bein. :positiv:
    Dann Rettung durch einen Tragentrupp der FF und verbringen auf die Verletztenablage GELB.


    Dort Übergabe an DRK-Betreuungspersonal.
    Betreut haben die - aber nur sich gegenseitig.
    Weiterhin keinerlei medizinische Versorgung.
    Bei einer angenommenen Übungslage von 32° C (die ja von der Realität völlig übertroffen wurde) nur ein wenig Schatten dank einer Hauswand - sonst nichts.
    Excikose, Dehydration, Hitzerschöpfung...der Zustand hat viele Namen, die allesamt meinen Übungszustand nicht gerade verbessert hätten.


    Die allerste Vitalwertkontrolle (!) nach knapp 2 Std. - 5 min. später war Übungsende.


    Bei dieser Übung sah ich sehr viele Indianer und viel zu wenig Häuptlinge.
    Als Patient wünsche ich mir aber genügend Oberindianer, die eine Erstversorgung im Sinne von Body-Check,
    ven. Zugang, Infusion, Analgetica usw. einleiten können.


    Statt dessen eben jede Menge SEG-Indianer, die anstelle von Skalps ganz stolz prallbestückte Einsatzkoppel vorführten.


    Das Szenario war in Südhessen, einer rettungsdienstlich (inkl. NA-Standorte) reich gefüllten Region!
    Man wollte wohl nur die regionalen SEG-Strukturen usw. üben lassen.
    Der normale Alltag zeigt nämlich, daß mit dem hess. System der Ü-MANV-Komponenten (3 RTW + 1 NEF pro benachbartem RD-Bereich) eine adäquate Verstärkung in etwa 30 min' an der Einsatzstelle ist.

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

    Einmal editiert, zuletzt von raphael-wiesbaden ()

  • Exakt. Wenn wir künftig kein Rettungsmittel außerhalb der Regelvorhaltung nach Landesvorgabe in den Einsatz bringen können, weil uns die Möglichkeit genommen wurde, die Transportführer zu qualifizieren, wird man sich überlegen müssen, wie man den Hauptamtlichen beibringt, daß das Wort "Freizeit" dann eine ganz neue Bedeutung bekommt. Bei der auch heutzutage schon weit verbreiteten Unzufriedenheit der Mitarbeiter, die sich u.a. ganz logischeweise darin niederschlägt, daß sie sich nicht in ihrer Freizeit bei ihrer HiOrg engagieren, sicherlich ein zusätzlicher Motivationsschub. Oder man verzichtet aus Kostengründen auf einen "Plan B" und in vielen Gegenden hat der Bürger, der sich dummerweise zeitgleich zu einem VU in einer anderen Ecke des Landkreises einen Infarkt gönnt, eben Pech gehabt.
    Kann kaum so gewollt sein.


    Den Teil verstehe ich nicht. Selbt wenn (falls) man Rettungsmittel bei SanDiensten mit hauptamtlichen Personal besetzen müsste, weshalb sollte dieses Personal das dann in seiner Freizeit tun müssen?


    J. ?(

  • Natürlich gilt die ärztliche Sichtung als State-of-the-art. Und das soll sie auch bleiben.


    Allerdings haben wir lokal für die ersten 60 Minuten ein differentes Konzept. Dort brauche ich den Notarzt nicht
    zum Sichten sondern zum Versorgen! Gerade bei der laufenden Diskussion zum NFS muss sich die Frage stellen
    ob ich wirklich einen oder mehrere Notärzte aus der Versorgung herausnehmen will um zu sichten.


    Wir lassen durch geschulte Rettungsassistenten eine Vorsichtung nach mSTART vornehmen. Das sollte für die
    ersten 60 Minuten auch reichen, zumal ich unterstelle das jeder gut ausgebildete RA eine unmittelbare vitale
    Bedrohung erkennen sollte (ROT), die gehfähigen Patienten absondern (GRÜN) und den Rest unter Beobachtung
    hält.
    Schließlich machen wir im täglichen Rettungsdienst als RTW genau die gleiche Ersteinschätzung bei der Frage
    NEF nachfordern oder nicht!


    Am Behandlungsplatz wird dann ggf. ärztlich nachgesichtet. Aber nur wenn die Kapazitäten verfügbar sind.


    Wir haben das nicht als Angriff auf die ärztliche Domäne Sichtung gesehen sondern eher als Untermauerung
    der ärztlichen Domäne medizinische Behandlung (Heilkunde).


    Gruß

  • Man kann auch mal das Gedankenspiel zulassen, in wie weit die "Maurer-Formel" über das Ziel hinausschiesst.


    Kann man, aber leider gibt es aktuell keine anderen Formeln, die man als Betroffener zur Hilfe nehmen könnte, wenn man deutlich darunter kalkuliert und es dann schief geht, der Herr Staatsanwalt wird in diesem Fall auch schauen was es als "Referenzen" geben könnte. Wer will das riskieren?!

    Der Inhalt des Textes, möchte keine Lehrmeinung vertreten er stellt eine rein persönliche Ansicht des Autors da. Die Nutzung ausserhalb des Forums ist nicht gestattet.
    * 150 Jahre Deutsches Rotes Kreuz, Aus Liebe zum Menschen * :rtw:

  • Na, dann hat Ani wohl in einigen Fobis geschlafen. Wenn ich an den "mStart" denke, wozu dieser geschaffen wurde?! Bei vielen realen MANV Situationen wurde klar, Sichtungsärzte sind Mangelware. Es ist also in div. Großstädten schon üblich das RettAss eine Vorsichtung nach "mStart" durchführen.


    Da Ani nicht ganz richtig gelesen hat, was ich geschrieben hatte!!! Ich meinte ein Vorsichtung, am Übergabepunkt. Die Sichtung am BHP wird dann natürlich durch einen Arzt verfeinert! Dies soll nicht abgeschafft werden! mStart soll die Vorsichtung unterstützen bzw. den Ärzten die das nicht oft machen als Hilfe dienen.


    Das System hat was, wie ich persönlich finde. OrgL-PM hat verstanden was ich meinte..

    Der Inhalt des Textes, möchte keine Lehrmeinung vertreten er stellt eine rein persönliche Ansicht des Autors da. Die Nutzung ausserhalb des Forums ist nicht gestattet.
    * 150 Jahre Deutsches Rotes Kreuz, Aus Liebe zum Menschen * :rtw:

  • Gerade bei der laufenden Diskussion zum NFS muss sich die Frage stellen
    ob ich wirklich einen oder mehrere Notärzte aus der Versorgung herausnehmen will um zu sichten.


    Ein ungelegtes Ei, das aktuell keine Diskussionsgrundlage darstellt.


    Dein beschriebenes Konzept hört sich sinnvoll an, funktioniert aber auch nur, wenn es diese geschulten Rettungsassistenten vor tatsächlich Ort gibt, denn man darf nicht vergessen: der in die Akutversorgung einbezogene Notarzt braucht auch Rettungsfachpersonal zur Unterstützung und andere Patienten brauchen ebenfalls Hilfe. Die grausige Zahl von "60 Minuten" und die fehlenden Ärzte schulde ich mal der Infrastruktur, aus der Du kommst (Brandenburg?). Daß da im Bereich der rettungsdienstlichen Infrastruktur Einiges im Argen liegt, ist ja ein offenes Geheimnis. Woanders ist es das Ziel, alle rotgesichteten Patienten nach einer Stunde von der Einsatzstelle weg zu haben.



    MaMo


    Es gibt nicht immer einen BHP, sondern viele MANV-Fälle werden mit erweiterten Patientenablagen abgearbeitet. Das heißt, es gibt möglicherweise keine "Vorsichtung" (in meinen Augen einen kritischer Begriff, wo ich eigentlich nicht weiß, was der eigentlich aussagen soll). Der Begriff der "verfeinerten Sichtung" durch Ärzte ist ebenfalls problematisch, denn die erste Sichtung ist wegweisend für den Ablauf der Abarbeitung und das einzelne Patientenschicksal. Hier sollte eine qualitativ hochwertige und schnelle, aber auch umfassende Sichtung erfolgen. Hier gehört die höchstqulaifizierteste Kapazität hin. Am besten ein in der Traumatologie erfahrener Notarzt. Nachsichtungen kosten Zeit und sollten vermieden werden. Irgendjemanden da hinzustellen und zu argumentieren: "Da guckt nachher sowieso noch ein Arzt drauf!" sind wenig zielführend und kritisch.


    Ich bin oft als Übungs-LNA eingesetzt und stelle immer wieder fest, daß die Patienten, die durch Rettungsfachpersonal gesichtet werden, fast ausschlichlich mit zu hoher Priorität gesichtet worden. Das führte regelmäßig zu Chaos und übertriebenen Abtransporten in den Patientenablagen. Erst, wenn erfahrene Notärzte nachgesichtet haben, lichtete sich das Chaos. Ich wäre also sehr vorsichtig mit dem Begriff der "Vorsichtung".

  • Es ist eben fraglich, ob man einfach "irgendwen" zum Vorsichten (der Begriff ist mittlerweile wohl einigermaßen etabliert, ich hab den jedenfalls schon in zwei OLRD-Lehrgängen so serviert bekommen und der ist mir auch schon oft anderswo über den Weg gelaufen) hinstellt, oder ob man jemanden einsetzt, der nach einem Konzept vorgeht. Gerade mSTaRT scheint da ja sehr gute Ergebnisse zu erzielen.
    Von daher halte ich nicht so viel davon, den höchstqualifiziertesten Medizinmann bei der Sichtung zu verheizen. Den Notarzt brauche ich woanders viel dringender, nämlich für die Behandlung. Hier und da taucht ja auch mal die aberwitzige Idee auf, die Sichtung sollte durch den LNA erfolgen, aber da brauchen wir wohl hoffentlich nicht weiter drauf eingehen. :)
    Der Begriff "Vorsichtung" als Abgrenzung zur DIN 13050 kommt mir auch gar nicht weiter verwerflich vor, "Notkompetenz" ist viel schlimmer. :-D



    Auch zum Frankfurter Konzept hätte ich gerne härtere Informationen. Sofern es möglich ist. Ansonsten fällt es mir schwer zu glauben, daß ein Ballungsraum wie Frankfurt ein nichtärztliches Sichtungskonzept verfolgt.


    Auch hier fällt wieder der Begriff Vorsichtung. Mir ist auch noch kein Konzept vorgestellt worden, das ausdrücklich auf ärztliche Sichtung verzichtet.

    They say God doesn't close one door without opening another.

    Please, God, open that door. :oncoming_fist_light_skin_tone:

    Einmal editiert, zuletzt von Alrik ()

  • Als kleine Seiteninformation: die Maurer-Formel wurde inzwischen fast regelmäßig durch den sogenannten Kölner-Algorithmus abgelöst.
    Ist spezifischer und hat noch mehr "Stellschrauben". ( #mce_temp_url# )
    @Ani
    Hast gut geraten ;-) Ich kann bei uns froh sein, wenn ich nach 30min 5 NEF und 10 RTW vor Ort habe die dann mit der Versorgung beginnen können.
    Flächenland und Flächenlandkreis eben.

  • "Vorsichtung" (in meinen Augen einen kritischer Begriff, wo ich eigentlich nicht weiß, was der eigentlich aussagen soll)


    Zitat von BÄK

    Das nichtärztliche Rettungsdienst-Fachpersonal wird deshalb beim Fehlen von Ärztinnen und Ärzten gezwungen sein, eine erste Zustandsbeurteilung vornehmen zu müssen. Hierfür ist der Begriff â??Vorsichtungâ?? zu wählen. Er weist eindeutig auf eine vorläufige Beurteilung hin, die in jedem Fall durch die immer erforderliche ärztliche Sichtung zu ergänzen ist.


    Quelle: http://www.bundesaerztekammer.…che_Sichtung_-_240409.pdf


    Sogar die BÄK teilt mit dass es Situationen gibt, in denen geschultes nichtärztliches Personal eine Vorsichtung durchführen muss und verwendet hierfür ebenfalls explizit den Begriff Vorsichtung.


    Selbst in "gut" ausgestatteten Bereichen dürften in der Frühphase eines MANV nur eine geringe Anzahl von Notärzten verfügbar/vor Ort sein. (So ist meine Erfahrung.) Wenn dann vorab ausgebildete Einsatzkräfte im Schadengebiet eine Vorsichtung vornehmen, deren Ziel die Identifikation der akut vital bedrohten Personen ist, damit diese dann zügig (durch die Feuerwehr?) den (erweiterten) Patientenablagen zugeführt werden, wo dann wiederum die (im Moment noch) wenigen Ärzte die erste (ärztiche) Sichtung und Behandlung der Kat. 1 Patienten übernehmen können, halte ich das für eine sinnvolle Idee.


    Zitat von Ani

    Ich bin oft als Übungs-LNA eingesetzt und stelle immer wieder fest, daß die Patienten, die durch Rettungsfachpersonal gesichtet werden, fast ausschlichlich mit zu hoher Priorität gesichtet worden. Das führte regelmäßig zu Chaos und übertriebenen Abtransporten in den Patientenablagen.

    Da wir (noch) kein Vorsichtungskonzept haben sichten hier nur die Notärzte - dummerweise bei den mittlerweile zahlreichen Großübungen denen ich beiwohnte mit dem selben unbefriedigenden Ergebnis, dass du aufgeführt hast.


    Zitat von Ani

    Erst, wenn erfahrene Notärzte nachgesichtet haben, lichtete sich das Chaos.

    Die Verfügbarkeit erfahrener Notärzte vorausgesetzt! Und die ist beim MANV keinesweigs gesichert. (Wo NEFs v.a. mit Assistenzärzten besetzt werden sogar unwahrscheinlich)



    Wer mit genügend gutem Willen nach "mSTaRT" und "Aufgaben ersteintreffendes Rettungsmittel" sucht, wird viel Material finden. Z.B. hier hier S. 101-104 oder hier S. 41-47.


  • Nein, eigentlich nicht, weil es in dem Zusammenhang kaum eine Rolle spielt. Nehmen wir doch einfach mal an, daß jedes einzusetzende Rettungsmittel dann zwangsläufig einen hauptamtlichen Transportführer braucht. Das funktioniert bei nem größeren Dorffest bestimmt noch. Alles was größer ist, läßt sich dann schon nicht mehr darstellen.


    Du meinst, dass man grössere Veranstaltungen, als ein Dorffest nicht mehr hauptamtlich abdecken kann ? Ich kann dir vom Gegenteil berichten, ich mache das fast wöchentlich. Ich schicke dir in den nächsten Tagen, wenn du magst, einen Hinweis auf einen Artikel zu diesem Thema. Der erscheint in Kürze.

  • Der Begriff "Vorsichtung" ist ein Kunstbegriff, den es schon früher gegeben hat. Damals hieß das "erste orientierenden Sichtung" und brauchte kein besonderes Konzept. Zudem ist die Definition des Begriffes "Vorsichtung" recht schwammig und wird unter vielen Aspekten angeführt. Das Hauptptoblem, daß ich sehe, ist eine unnötige Verzögerung in der Patientenversorgung. Ein ähnliches Problem gab und gibt es beim legendären "Transportstop".


    Alle Stellungnahmen (einschließlich BÄK), die nichtärztliches Personal zur Sichtung einsetzen, setzen das Nichtvorhandensein von Notärzten voraus. In Deutschland also eher eine Rarität. Grundsätzlich wird bei uns die Sichtung als ärztliche Maßnahme gesehen. Deshalb ist die Sichtung in der Erstphase Aufgabe des ersten eintreffenden Notarztes, der die folgenden Notärzte entsprechend an Stellen verweist, "an denen er besser gebraucht wird". Das ist die aktuelle Lehrmeinung zum Thema MANV und wurde bisher von den notfallmedizinischen Fachgesellschaften nicht revidiert. Es gibt keine klassisches Vorsichtungskonzept, bei dem der Rettungsassistent sichtet, der Arzt arbeitet und später ein Arzt nachsichtet. Wenn ein Arzt da ist, wird er zusammen mit einen Führungsassistenten (z.B. NEF-Fahrer) diese Funktion übernehmen


    Auf das übliche Notarztbashing, jetzt auch offensichtlich neu im MANV-Fall, lasse ich mich nicht ein. Ich traue grundsätzlich einem Notarzt eher zu, den Gesundheitszustand eines Menschen spontan einzuschätzen als einem Rettungsassistenten. Das sind Skills, die auch im Krankenhausarbeit gefordert werden und dort "trainiert" werden.

  • Auch zum Frankfurter Konzept hätte ich gerne härtere Informationen. Sofern es möglich ist. Ansonsten fällt es mir schwer zu glauben, daß ein Ballungsraum wie Frankfurt ein nichtärztliches Sichtungskonzept verfolgt.


    Ich habe meine Infos aus einer Fortbildung zum Thema SOGRO - und leider kein Script zur Hand.
    Im Netz habe ich das hier gefunden: http://ww4.laekh.de/upload/Hes…11/2011_05/2011_05_05.pdf, Seite 288 "SOGRO 500 und die Ziele"
    Im Vortrag erwähnte der Autor, dass in Zukunft die Vorsichtung ausschließlich durch die Rettungsassistenten geplant sei, da auch diese über die entsprechenden Eingabegeräte verfügten.
    Zusätzlich fand ich diesen Satz interessant: "Das SOGRO-Projekt sah zudem vor, vital bedrohte Patienten (Sichtungskategorie Rot) nicht mehr zu einem Behandlungsplatz, sondern sofort in ein Krankenhaus zu bringen" (Quelle siehe oben). Das würde ja tasächlich bedeuten, dass viele Patienten unter Umständen gar nicht mehr von einem Arzt am Schadensort gesehen wird. Da Sogro ja auch die Umtriagierung durch das aufnehmende Krankenhaus erlaubt, wäre interessant, ob sich Anis Behauptung, das nichtärztliches Personal eher zu hoch katagorisiert, bestätigen lässt...


    Gruß, Christian

    Einmal editiert, zuletzt von Mr. Blaulicht ()

  • Es sollten daher Möglichkeiten entwickelt werden, ehrenamtliche Mitarbeiter in den Hilfsorganisationen nach dem Erwerb des RS weiter zu qualifizieren - selbst wenn diese Weiterqualifizierung zukünftig nicht mehr darauf abzielt, eine Berufsbezeichnung zu erwerben oder den entsprechenden EA als verantwortlichen Patientenbetreuer auf einem RTW einzusetzen. Vielleicht können auch hier Module angeboten werden (--> Pharmakologie, EKG-Interpretation, Airway-Management...), nach deren erfolgreichem Abschluss dem RS vorher definierte Kompetenzen zugewiesen werden (Legen venöser Zugänge, LT, Gabe von ausgewählten Notfallmedikamenten).
    Auf diese Weise könnte man qualifizierte Personen im Ehrenamt halten & hätte parallel auch im Kat-Fall eine ausreichende Zahl halbwegs qualifizierter Einsatzkräfte.


    Die Weiterqualifizierung ist meines Erachtens bereits jetzt ohne weiteres möglich - Durch den Besuch entsprechend hochwertiger Fortbildungen.
    Desweiteren machen zukünftige Zusatzmodule alleine keinen guten RettSan aus; man muss doch bereits jetzt sicherstellen, dass ein RettSan einen Notfallpatienten initial alleine versorgen kann.


    Nur da sehe ich gerade im ehrenamtlichen Bereich, wo Personal nicht regelmäßig KTP oder RD fährt, große Probleme.
    Ich nenne sie liebevoll die "Schönwetter-Retter". :D Die haben ihre RettSan-Urkunde, die kann man auch pro forma beim Reitturnier hinsetzen, wo ein RettSan vorgeschrieben wird - Aber drüber hinaus wirds kritisch.