agbn warnt: Notarztdienst in Bayern in Gefahr

  • Die Arbeitsgemeinschaft der in Bayern tätigen Notärzte (agbn) warnt vor Einbrüchen in der notärztlichen Versorgung. Hintergrund ist die Kürzung der Vergütung für Notarzteinsätze, welche laut agbn "aus juristischen Gründen" auf der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung (KVB) am 25.07.2012 beschlossen werden musste und die zum 01.10.2012 in Kraft tritt.
    Damit sei vorhersehbar, dass in die flächendeckende Versorgung Bayerns mit Notärzten weitere, empfindliche Lücken gerissen werden. Ein Verzicht auf notärztliche Versorgung und Ersatz alleine durch Rettungsdienstpersonal könne nicht der richtige Weg sein, so die agbn. Schon jetzt entstehen in den Notarztdienstplänen, insbesondere in ländlichen Regionen, in denen der Notarztdienst vorzugsweise von Vertragsärzten geleistet wird, in Folge des zunehmenden Ärztemangels größere Lücken. Häufig sind inzwischen schon gar keine Notärzte mehr vor Ort ansässig - weder mit ihrer Praxis noch privat.


    Ursache der Kürzungen sind finanzielle Probleme, die weder von den Notärzten noch von der KVB verursacht sind, sondern auf einem Abstimmungsproblem mit der Zentralen Abrechnungsstelle für den Rettungsdienst (ZAST) beruhen, die die Benutzungsentgelte für die KVB gegenüber den Kostenträgern geltend machen muss. Die Abstimmungsprobleme resultieren aus einer wenig konkreten Formulierung zur Kostenerstattung im Bayerischen Rettungsdienstgesetz, was dazu geführt hat, dass die von Notärzten in den Jahren 2010 und 2011 bereits erbrachten und von der KVB vorfinanzierten Einsätze nicht erstattet werden konnten. Derzeit ist von einem Defizit von über 10 Mio. EURO die Rede.
    Einsätze, bei welchen Patienten lediglich durch einen Notarzt behandelt, aber nicht durch einen Rettungswagen transportiert wurden oder Einsätze, in denen zwei Patienten durch einen Notarzt versorgt wurden, wurden durch die KVB zwar in Rechnung gestellt, durch die ZAST und die Kostenträger aber weder anerkannt noch erstattet. Da die KVB während der laufenden Verhandlungen in Vorleistung getreten ist und die leistungsgerechte Erstattung der Notarztbehandlungen nicht eingestellt hat, ist das o.g. Defizit entstanden. Diese Praxis darf nun gegen den Willen des Vorstandes der KVB, aus juristischen Gründen, mangels Kostendeckungszusage durch die Krankenkassen bis auf Weiteres nicht fortgesetzt werden.


    Die Arbeitsgemeinschaft der in Bayern tätigen Notärzte fordert ZAST und Kostenträger dringend auf, die Verhandlungen mit der KVB rasch und kompromissbereit zu intensivieren, um noch in den kommenden Wochen eine tragfähige Lösung für die Finanzierung der in den Jahren 2010 und 2011 erbrachten Notarztleistungen herbeizuführen. Die agbn wird es weder akzeptieren, dass bereits erbrachte notärztliche Leistungen unter Berufung auf Abstimmungsprobleme von Abrechnungsstellen oder andere "Unplausibilitäten" nicht erstattet werden, noch dass die zum 1.10. angedrohte Kürzung der bereits derzeit keineswegs üppigen Vergütung der Notärzte erfolgt.


    Quelle: Pressemitteilung der agbn

  • Die agbn wird es weder akzeptieren, dass bereits erbrachte notärztliche Leistungen unter Berufung auf Abstimmungsprobleme von Abrechnungsstellen oder andere "Unplausibilitäten" nicht erstattet werden, noch dass die zum 1.10. angedrohte Kürzung der bereits derzeit keineswegs üppigen Vergütung der Notärzte erfolgt.


    Mich würden die angedachten Konsequenzen interessieren, die man ziehen würde.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Ganz einfach, die Fahrzeuge bleiben in der Garage. Das ganze gabs es schonmal im damals neu gegründeten Verlegungsarztdienst in Bayern. Nachdem dort die Sätze gekürzt wurden war ülötzlich niemand mehr zu finden der das Auto besetzt. Jedoch war auch das nicht von langer Dauer, nach einiger Zeit gab es keine DIenstplanlücken mehr.

  • Sind das die Gleichen, die das da


    Zitat

    Die Notärzte sind daran interessiert in Zukunft besser qualifiziertes Personal an ihrer Seite zu haben
    mit dem Ziel eine adäquate notfallmedizinische Versorgung der Notfallpatienten zu gewährleisten,
    wobei der garantierte Anspruch des Patienten auf eine notärztliche Versorgung zukünftig nicht in
    Frage gestellt werden darf. In dem derzeitigen Fassungsentwurf wird dieser Intention im
    Gesetzesentwurf nicht Rechnung getragen.


    geschrieben haben?

  • wobei der garantierte Anspruch des Patienten auf eine notärztliche Versorgung zukünftig nicht in Frage gestellt werden darf.


    Da wurde lediglich der Zusatz "solange die Kohle stimmt" vergessen.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Hallo,


    ich muss zugebe das ich einer von den Bösen war die auf dem RTW nicht jeden NA-Einsatz abgerechnet haben. Es gab und gibt sicherlich genug Einsätze bei denen der NA unverrichteter Dinge (nur Untersuchug o.Ä.) wieder abzog aber trotzdem abrechnen wollte. Brauchen sich also nicht wudern wenn die Kostenträger nun nicht mehr mitspielen.


    Max

  • Mit "nur Untersuchung" ist aber schon eine Leistung erbracht, die abgerechnet werden kann (und muss).

    What I cannot create, I do not understand. (Richard Feynman)


    Mein Name ist Hans, das L steht für Gefahr.

  • Ich such´ gerade die Quelle. Bin mir aber sicher das es in Bayern anderst gehandhabt wird. "Nur" Untersuchen ist da glaub ich nicht abrechenbar.
    Kann man auch schlecht begründen warum man dafür 570,- Euro haben will :-)

  • Ich finde das Interesse der agbn in diesem Fall berechtigt.


    J.


    Sicher, das sehe ich auch so. Und wenn es nur um die Frage der Vergütungshöhe gehen würde, hätte ich auch kein Problem damit.


    Trotzdem darf es auffallen, dass jene Organisation, welche den Patienten unbedingt vor einer in Einzelfällen notarztfreien Versorgung beschützen möchte, wenige Tage später in einer Erklärung einen Ärztemangel ausmacht, welcher auf der schlechten Vergütung der ärztlichen Leistung resultiert. Nicht die Versorgung der Patienten ist also das Ziel dieser Vereinigung, sonst würden sie diese ja durchgehend sicherstellen und sich gleichzeitig oder hinterher um die finanziellen Details streiten. Zur Durchsetzung der eigenen Interessen ist eine arztfreie Versorgung anscheinend ein probates Mittel.



    Überspitzt ausgedrückt: wenn die Kohle nicht stimmt, ist ein Paramedicsystem kein Problem mehr. Nicht, dass ich derartiges herbeiwünschen würde, ich mag unser Notarztsystem. Mir geht nur diese Verlogenheit auf den Wecker.

  • Wenn ich das BayRDG korrekt interpretiere rechnen dort die Notärzte selbst nach GOÄ ab? Mir schwirrt im Hinterkopf, das an anderer Stelle bereits einmal gelesen zu haben. Wie funktioniert die Abrechnung dort überhaupt?

    What I cannot create, I do not understand. (Richard Feynman)


    Mein Name ist Hans, das L steht für Gefahr.

  • Wenn ich das BayRDG korrekt interpretiere rechnen dort die Notärzte selbst nach GOÄ ab? Mir schwirrt im Hinterkopf, das an anderer Stelle bereits einmal gelesen zu haben. Wie funktioniert die Abrechnung dort überhaupt?


    Kassenpatienten rechnen die Notärzte über die KVB ab. Für einen Einsatz tags mit einer Dauer bis 75 Minuten gibt es pauschal ca. 90 Euro, egal ob Polytraumamaximalversorgung oder im RTW kurz die Hand geschüttelt. Privatpatienten bekommen vom Notarzt eine Rechnung nach GOÄ.

  • Ich such´ gerade die Quelle. Bin mir aber sicher das es in Bayern anderst gehandhabt wird. "Nur" Untersuchen ist da glaub ich nicht abrechenbar.
    Kann man auch schlecht begründen warum man dafür 570,- Euro haben will :-)


    Untersuchung ist in Bayern abrechenbar.
    Zudem gibt es für GKV Patienten gerade mal 1/5 des Betrages, den Du hier in den Raum stellst....

    "We are the Pilgrims, master; we shall go
    Always a little further: it may be
    Beyond that last blue mountain barred with snow,
    Across that angry or that glimmering sea,


    White on a throne or guarded in a cave
    There lives a prophet who can understand
    Why men were born: but surely we are brave,
    Who take the Golden Road to Samarkand."


    James Elroy Flecker

  • condorp: Max sprach vom RTW (ein Beitrag weiter vorne, du sprichst vom NA. So kommt es zu den unterschiedlichen Sätzen:


    Hallo,


    ich muss zugebe das ich einer von den Bösen war die auf dem RTW nicht jeden NA-Einsatz abgerechnet haben.


    Evtl. ist aber auch Aufklärung über unterschiedliche Sätze notwendig? Ich kenne das Vergütungsmodell nicht, aber möglich wäre ja eine getrennte Abrechnung von NEF-Pauschale und Arztpauschale o.ä. - wie gesagt, ich kenne die Regelungen Bayerns hierzu nicht. Die Abrechnungsmodelle sind ja regional unterschiedlich kreativ entwickelt worden.

  • Im Streit um die Bezahlung der Notarzteinsätze schieben sich die Beteiligten jeweils den Schwarzen Peter zu. Während die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) die Schuld bei der Zentralen Abrechnungsstelle für den Rettungsdienst (ZAST) sieht, wirft die Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassenverbände (ARGE) in Bayern der KVB vor, Bürger, Politik und Notärzte zu verunsichern. Die Kassen würden "ohne Wenn und Aber" alle nachgewiesenen Notarzteinsätze honorieren, die KVB weigere sich aber bereits seit knapp einem Jahr, ihre Daten mit der ZAST abzugleichen. Es handle sich also um ein "hausgemachtes Problem", so die ARGE.
    Die KVB indes plädiert für eine Gesetzesänderung, die wieder eine direkte Abrechnung zwischen Kassen und KVB ermöglicht -?? auf Grundlage der Dokumentation der Notärzte. Einem Datenabgleich mit der ZAST stehe nichts im Wege, ändere aber nichts an der unterschiedlichen Definition der zu vergütenden Einsätze. Das für den Rettungsdienst zuständige Bayerische Innenministerium hält eine Gesetzesänderung für überflüssig: "Wir haben die Verhandlungen begleitet und moderiert", so Sprecher Rainer Hutka. Nun müssten sich die Beteiligten schnellstmöglich einigen.


    Quelle und ausführlicher Text: http://www.mainpost.de/regiona…-kritisch;art1727,6948837

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Aus der oben angegebenen Quelle:


    Zitat

    Schon jetzt steht für Peter Jung der Idealismus im Vordergrund: Der Gynäkologe aus Haßfurt übernimmt regelmäßig Notarztdienste in der Nacht und am Wochenende.


    Ich dachte bislang tatsächlich, die Zeiten, in denen Gynäkologen oder ähnliche Fachrichtungen als Notarzt eingesetzt sind, wären vorbei. Falsch gedacht.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.