Notärzte übernehmen Leichenschau

  • Die Hausärzte in der Region Verden sind verwundert über den Rückgang von Einsätzen bei Totenschauen. Anlass soll die Aufschaltung des kassenärztlichen Notdienstes sein, der in den Abendstunden und am Wochenende dann über die Rettungsleitstelle entgegen genommen wird. In vielen Fällen wird dann für eigentliche Todesfeststellungen anstelle des KV-Bereitschaftsdienstes der Rettungsdienst mit Notarzt disponiert.


    Quelle: http://www.aerztezeitung.de/po…berufspolitik/?sid=839689

  • Dass da ein Konflikt besteht, liegt auf der Hand. Die Suche nach dem "Schuldigen" erscheint mir dabei allerdings ein wenig einseitig.


    Allein aus diesem Satz könnte man einige böse Schlüsse ziehen und den medialen Spieß umdrehen:


    Zitat

    "Normalerweise weiß man ja bei Patienten ohne Vitalzeichen: Der Patient ist tot", so eine Hausärztin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will.

  • Was nen Artikel. Und schickt man kein RTW u. NEF dann ist aber auch was los... Keinen kann man es recht machen...

  • Was nen Artikel. Und schickt man kein RTW u. NEF dann ist aber auch was los... Keinen kann man es recht machen...


    Eine Lösung wäre, am Telefon miteinander zu kommunizieren, d.h. klar zu formulieren, warum man anruft. Wenn aber "Olga von Pflegeheim" anruft und sagt "Mann in Zimmer 8 atmen nicht mehr", kann man als Disponent kaum den KV-Dienst zur Leichenschau hinschicken...


    J. :pleasantry:

  • Dann sollen die Pflegekräfte doch bitte klar am Telefon sagen, das ein Arzt zur Todesfeststellung benötigt wird.
    Und wenn der Notarzt erst einmal da ist, stellt der auch den Totenschein aus.
    Da kann man der Leitstelle wohl kaum einen Vorwurf machen.

  • Nö, was soll man machen? Bessere Abfrage? Daran liegt es nicht. Oft ist die Pflegekraft sich nicht sicher oder aufgrund mangelnder Deutschkenntnisse ist die Kommunikation auch nicht besonders einfach und bevor ich 15 Minuten lang Abfrage muss der RD halt raus.

  • Ich erlebe in letzter Zeit eher das Gegenteil. Der Notarzt an der Einsatzstelle versucht mit allen Möglichkeiten den Hausarzt an die Einsatzstelle zu bekommen (oft nach den Öffnungszeiten der Praxen), damit dieser die Todfeststellung macht. Bis jetzt wollte nie der Hausarzt kommen und 4 Stunden auf den KV-Notdienst warten ist auch nicht Sinn der Sache. Durch die Telefonate kann wenigstens häufig eine natürliche Todesursache angekreuzt werden.

  • Zitat


    Ich erlebe in letzter Zeit eher das Gegenteil. Der Notarzt an der Einsatzstelle versucht mit allen Möglichkeiten den Hausarzt an die Einsatzstelle zu bekommen (oft nach den Öffnungszeiten der Praxen), damit dieser die Todfeststellung macht. Bis jetzt wollte nie der Hausarzt kommen und 4 Stunden auf den KV-Notdienst warten ist auch nicht Sinn der Sache. Durch die Telefonate kann wenigstens häufig eine natürliche Todesursache angekreuzt werden.


    Die Todesfeststellung wird der Notarzt ja auch wohl machen - nicht, dass er einen noch lebenden Menschen nicht behandelt.


    Was du meinst, ist vmtl. die Leichenschau + Ausfüllen des Totenscheins - das überlasse ich als Notarzt auch gerne dem Hausarzt bzw. KV-Arzt, halte aber prinzipiell den HA dafür für den idealen Kandidaten - zum einen kennt er den Patienten, die Umstände, Vorerkrankungen usw., so dass Identifizierung und vermutliche Todesursachenfestlegung problemloser ist, zum anderen ist er dann auch informiert, warum der Patient nicht mehr in die Praxis kommt.
    Als Notarzt bleibt einem häufig bei unbekanntem Patienten nur die Hinzuziehung der Polizei - i.d.R. braucht der HA dieses weniger häufiger tun....



    Es gibt also zahlreiche Gründe für das vorgehen.

  • Trotzdem würde ich mich bedanken, wenn ich als Hausarzt wegen einem Totenschein an meinem freien Wochenende gestört werde (ja klar gibt 100€ aber trotzdem...) und zu den 4 Stunden Wartezeit: Meines Wissens nach soll der Totenschein erst beim Auftreten von sicheren Todeszeichen ausgestellt werden -> eine gewisse Wartezeit ist mMn vollkommen in Ordnung

  • Im Normalfall treten Leichenflecken als sichere Todeszeichen bereits nach zwanzig bis dreißig Minuten auf.

  • Trotzdem würde ich mich bedanken, wenn ich als Hausarzt wegen einem Totenschein an meinem freien Wochenende gestört werde (ja klar gibt 100€ aber trotzdem...)


    Ich hatte da jetzt etwa die Hälfte im Kopf (GOÄ 100 gegebenenfalls zzgl. Auslagen), siehe auch hier:
    http://www.aekno.de/downloads/archiv/2006.09.015.pdf


    Welchen halbwegs legalen Trick gibt es, um 100,- € zu liquidieren?

  • Was nen Artikel. Und schickt man kein RTW u. NEF dann ist aber auch was los... Keinen kann man es recht machen...


    Es gibt gerade als HA viele "erwartete" Todesfälle (Palliativpatienten und da zähle ich auch die 95j.Oma mit Demenz im Endstadium dazu), soll man da überall jetzt nen NEF-einsatz draus machen? Ein paar Fragen mehr am Telefon schaden nicht. Im Zweifel (Olga) natürlich besser mal ein NEF hinschicken, aber zu jeder Todesfeststellung?

  • Ich habe nie geschrieben, dass es um jede Todesfestellung geht. Und da tut es auch nicht, wenn man mal ne Frage mehr stellt ;) und ein Knöpfchen weniger drückt ;). Es geht um die Fälle wo die Kommunikation schwierig ist, die Pflegekräfte ihre eigenen Bewohner gar nicht kennen und auf die Frage wie der Pat. zustand vorher war oftmals einfach Ratlosigkeit herscht. Und ich kann dir sagen das kommt gar nicht so selten am Telefon vor. Ich gebe dir recht dass der 95-jährige Patient auch schonmal verstirbt. Aber wenn man dort bei der Meldung leblose Person von den Pflegekräften einfach keine Infos bekommt dann bleibt halt nicht viel übrig oder wo zieht man denn sonst die Grenze?

  • natürlich nicht, da simmer einer Meinung.


    Das Schlimme ist ja, dass das nicht nur am Telefon so ist, sondern vor Ort nicht besser wird.


    Gefühlt 90% aller Notfallpatienten in Pflegeheimen wohnen "erst seit letzter Woche" dort und sind dem Pflegepersonal deshalb nicht bekannt, welches noch dazu in gefühlten 95% der Fälle den ersten Arbeitstag nach einem achtwöchigen Urlaub hat. Auf Nachfrage des eingetroffenen Rettungsdienstpersonals nach Vorerkrankungen und Dauermedikation des leblosen Patienten macht sich dann die einzige anwesende Pflegekraft (nicht examiniert, nur Aushilfe) schulterzuckend auf den Weg zum Pfelegestützpunkt (leider anderes Stockwerk), um die Patientenakte zu suchen, die dann dort handschriftlich (manuell) kopiert wird (incl. Pflegehinweisen und Miktionstagebuch der letzten 6 Monate), bevor die Informationen dem Rettungsdienstpersonal gebracht werden können (nachdem unterwegs noch Frau Müller in Zimmer 13 auf den Toilettenstuhl gesetzt wurde). Zu diesem Zeitpunkt haben der Rettungsdienst und der zwischenzeitlich (nach mehrmaligem Klingeln an der Tür und viertelstündigem Durchs-Haus-Irren auf der Suche nach dem Einsatzort) eingetroffene Notarzt die infauste Reanimation gerade abgebrochen und den Patienten für tot erklärt. Daraufhin erfolgt dann allerdings die Aufforderung der Pflegekraft, man müsse den Patienten dennoch mitnehmen ins Krankenhaus, denn das sei "hier so Vorschrift von Geschäftsleitung". Die Versichertenkarte des Patienten dürfe hingegen nicht herausgegeben werden (ebenfalls "Anweisung von Geschäftsleitung"), "weil die Krankenwagenfahrer die IMMER verlieren!" Undsoweiterundsofort...


    :scare3:

  • Tja, wenn Pflegekräfte in Altenheimen vernünftig bezahlt würden und zu annehmbaren Bedingungen arbeiten könnten, wäre das mit Sicherheit anders. Aber wenn eine Pflegekraft über 50 Patienten zu versorgen hat und nicht mal annähernd in der Lage ist, ihren normalen Aufgaben hinterherzukommen, wenn sie nicht richtig deutsch spricht, weil sich die Geschäftsleitung für billige angelernte Hilfskräfte aus dem Ausland entschieden hat, dann bleiben oben erwähnte Geschichten nicht aus.


    Aber wenn ich mir dann die KTW-Besatzung anschaue, die den Patienten von A nach B fährt, dann frag ich mich manchmal auch, ob da so jeder weiß, was er da durch die Gegend kutschiert - gefühlt ebenfalls in 95% der Fälle. Es lebe das Vorurteil!


    [Seitenhieb Ende]


    Gruß, Christian

  • Das Schlimme ist ja, dass das nicht nur am Telefon so ist, sondern vor Ort nicht besser wird.


    Gefühlt 90% aller Notfallpatienten in Pflegeheimen wohnen "erst seit letzter Woche" dort und sind dem Pflegepersonal deshalb nicht bekannt, welches noch dazu in gefühlten 95% der Fälle den ersten Arbeitstag nach einem achtwöchigen Urlaub hat. [...]

    Was freilich auch an dem Personalverschleiß, aus welchen Gründen auch immer, liegt. Man sieht ser selten oder nur einmal die selben Gesichter.

  • Fühltest du dich angegriffen?


    Nö, ich arbeite ja nicht in einem Altenheim. Und ich kenn auch meine Patienten alle - auch wenn ich aus dem Urlaub komme. Ich bin nämlich ein großer Fan von Übergaben.


    Aber angesichts der zur Zeit immer häufiger anzutreffenden Diskussionen über Pflegenotstand muss man manchmal auch Partei für die Kollegen ergreifen. ;-)


  • Nö, ich arbeite ja nicht in einem Altenheim. Und ich kenn auch meine Patienten alle - auch wenn ich aus dem Urlaub komme. Ich bin nämlich ein großer Fan von Übergaben.


    Aber angesichts der zur Zeit immer häufiger anzutreffenden Diskussionen über Pflegenotstand muss man manchmal auch Partei für die Kollegen ergreifen. ;-)


    Ich sehe das Problem auch eher im System als bei den einzelnen Leuten begründet. Auch wenn einem in Pflegeheimen immer wieder eine bestimmte Mentalität begegnet, die sich mir nicht immer erschließt.


    J.