Einstellungskriterien für NotSan Azubis

  • So,
    ab nächstes Jahr fallen jetzt also die ersten NotSan Azubis bei uns in den Betrieben und an den Schulen ein. Wenn man sich den anderen regulären Ausbildungsberufen angleicht, wird es so langsam Zeit, um die Ausbildungsstellen auszuschreiben und damit auch die Bewerber zu selektieren.


    Welche Maßstäbe soll man dazu anlegen?


    Nach was soll die Vorselektion der Bewerbungen erfolgen? Welche Schulfächer sind relevant?


    Wie kann man Einstellungstests gestalten? Sollte auch eine Art Sporttest Bestandteil sein?


    Ein paar Dinge sind mir klar. Alter bei Ausbildungsbeginn 18, gute Noten in Deutsch und Bio, zumindest passabel in Mathe, Sport und anderen Naturwissenschaften, Test der Teamfähigkeit (aber wie?), Test der Tragfähigkeit (zB. 80kg im Tragestuhl über 2 Stockwerke).


    Was habt ihr so Ideen und Erfahrungen?

  • Moin!


    Schau dir doch einfach mal an, wie es Firmen handhaben, die gegenwärtig bereits Einstellungstests durchführen. Letztendlich ist es immer die Frage, welchen Aufwand man betreiben will und kann. Ein Tipp vorweg: Mit dem Einstellungsalter 18 wäre ich vorsichtig es so offen zu kommunizieren. Gemäß des Gesetzes besteht keine Alterbeschränkung und es könnte ein Verstoß gegen Gleichbehandlungsgrundsätze darstellen, wenn man pauschal Minderjährige ablehnt. Die Diskussion wurde im Thema der Novelle ja bereits recht ausführlich geführt. Eine Forderung nach persönlicher Reife und Teamfähigkeit wäre weniger riskant.


    Zum Testen der Teamfähigkeit:


    Bei den meisten mir bekannten gängigen Einstellungstest beginnt dies mit einer Art kennenlern-Spielchen. Man stellt sich gegenseitig vor und spielt mit der Gruppe kleinere Spielchen, zum Beispielen Aufstellen nach Größe, nach Alter, nach Anzahl der Kinder, was auch immer... hierbei braucht man genügend Beobachter, damit man das Verhalten in der Gruppe beurteilen kann. Dann teilt man die große Gruppe in kleinere und lässt Gruppenarbeiten durchführen. Wichtig dabei ist, dass ein Beobachter die Gruppenarbeit anleitet, zum einen können die Aufgaben mit Ansprechpartner durchaus schwieriger sein, zum anderen bekommt man so einen Eindruck des Verhaltens in Kleingruppen. Für Azubis macht es Sinn, hier zum Beispiel Behandlungsmethoden für (einfachere) Notfälle ausarbeiten zu lassen. Im Anschluss werden die Gruppenarbeiten dann vor der Gruppe vorgetragen. Das Ganze kann man dann zu guter letzt in leichten Fallbeispielen abprüfen. Dabei gewinnt man sogar einen Eindruck des Grundverständisses und der Lernfähigkeit.


    Vorsicht mit Sporttests, wenn man soetwas macht, muss man es richtig aufziehen. Hierbei sollte in jedem Fall der arbeitsmedizinische Dienst involviert werden. Ein fehlerhaft geplanter Sporttest resultiert sehr leicht darin, dass sich Auszubildene einklagen können. Wie realistisch dies sein wird, bleibt abzuwarten, aber es macht wenig Sinn von vorneherein eine große Angriffsfläche zu schaffen. Ebenfalls wichtig ist, dass beim Tragen die Unfallverhütungsvorschriften normal gelten, d.h. Schutzkleidung erforderlich ist und diese ist nicht vom Bewerber zu stellen.. Es wäre ebenfalls zu überdenken, ob man einen psycholgischen Dienst mit einer Beurteilung der Bewerber betraut, insbesondere da die Belastungen in dem Arbeitsfeld doch recht hoch sind. Allerdings dürfte dies aus Kostengründen den (richtigen) Assessment-Zentren vorbehalten bleiben.


    Es macht natürlich auch Sinn, das Allgemeinwissen im Rahmen eines schriftlichen Tests abzufragen. Hierüber lässt sich gerade bei größeren Bewerbergruppe leicht differenzieren. Wichtige Fächer kann man verschieden sehen, Naturwissenschaften, Sprachen, Sozialwissenschaften lassen sich gleichermaßen argumentieren. Ebenfalls wichtig ist, dass ein klassisches Bewerbungsgespräch Teil des Tests bleibt, um einen individuellen Eindruck zu bekommen und begründen zu können.


    Viele Grüße,
    Johannes

    Land zwischen den Meeren,
    vor dem sich sogar die Bäume verneigen,
    du bist der wahre Grund,
    warum Kompassnadeln nach Norden zeigen!

  • Sei doch froh, das sich da überhaupt noch jemand bewirbt bei 3 Jahren Ausbildung und bei dem Gehalt nach der Ausbildung.


    Jemand mit deinen Notenwünschen geht in die Chemie und hat 1000 Euro mehr im Monat und das ohne Sporttest.


    Wir finden doch jetzt schon keine Leute mehr.

  • Das würde ich deutlich differenzierter sehen. Es ist momentan deutlich ein Azubi-Rückgang zu spüren, die Leute werden nicht wegfallen sondern eher auf den NotSan warten. Allerdings muss man mit der Notenselektion etwas aufpassen. Damit begünstigt man deutlich Studienplatzwarter, die natürlich auch weiterhin irgendwo bleiben müssen. Der NotSan mit der besseren Ausbildungsfinanzierung wird da sicher nicht unattraktiver werden als der bisherige Rettungsassistent. Das Argument, dass sich die Warter davor scheuen werden, eine längere Ausbildung zu beginnen ist bei zu erwartenden sechs Jahren Wartezeit schlichtweg hinfällig.

    Land zwischen den Meeren,
    vor dem sich sogar die Bäume verneigen,
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    warum Kompassnadeln nach Norden zeigen!

  • ich musste in 10 Jahren nicht einmal Laufen oder Schwimmen in dem Job! Und müsste ich das heute tun, nützt mir ein Sporttest von vor 10 Jahren auch nichts. Ein vernüftiger Arztcheck bei einem Betriebsmediziner, nicht HA, ist meiner Meinung völlig ausreichend!

  • Ich würde ja auf einen Großstadt RD mit etwa 5% Notfallrettungsquote tippen... :diablo:

    Land zwischen den Meeren,
    vor dem sich sogar die Bäume verneigen,
    du bist der wahre Grund,
    warum Kompassnadeln nach Norden zeigen!

  • Ein paar Dinge sind mir klar. Alter bei Ausbildungsbeginn 18, gute Noten in Deutsch und Bio, zumindest passabel in Mathe, Sport und anderen Naturwissenschaften,


    Kommt drauf an, von welcher Schulart ein Bewerber kommt.
    Ein Abiturient mit schlechten Noten in Mathe oder anderen Naturwissenschaften kann durchaus ein guter Notfallsanitäter sein. Auch eine (nur) ausreichende Deutschnote in der Oberstufe bedeutet nicht, dass sich der Kandidat nicht gut genug sprachlich ausdrücken kann, um im Rettungsdienst zu arbeiten. Vielleicht ist er einfach kein guter Literaturwissenschaftler.
    Ich würde mich also nicht auf bestimmte fixe Notengrenzen festlegen. Insgesamt ist und bleibt Rettungsdienst eine eher praktische Tätigkeit.


    J.

  • Du bist auf der Leitstelle, stimmts ? :biggrin_1:


    Wenn die Technik nicht so will wie sie soll, Flächen- oder Großschadenslagen drohen, dann wird auch gelaufen und das Wasser steht dem Disponenten schnell bis zum Hals und er kommt mächtig ins schwimmen... :playboy:


    Drei der letzen fünf Dienste in dieser Woche waren solche doofen Tage. Jetzt habe ich erst einmal 3 Wochen Urlaub!


    Gruß

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • @ Jörg: Klar, ich meinte die Noten natürlich auch relativ. Dass eine 3 in Deutsch bei dem Abiturienten vom Fertigkeitsgrad zu mindest einer zwei von einem Realschüler entspricht ist klar und hat ja auch nix damit zu tun diesen herabzuwürdigen, der Abiturient hat ja auch 2-3 Jahre mehr Zeit.


    In wie fern kann denn ein Sporttest Grund zur Klage sein? Solange er klare Richtlinien hat? Also zB ein definiertes Gewicht über eine definierte Strecke zu transportieren. Dass man dafür Rat von einem Arbeitsmediziner oder Sportwissenschaftler einholen sollte um es auch verwertbar zu machen ist auch klar.


    Beim Alter wäre ich jetzt sehr strikt, da ein Einsatz im RD für unter 18 jährige sich durch das Jugendarbeitsschutzgesetz verbietet, auch wenn das NotSanG es erlauben will.


    Kennt jemand eine Quelle für Teamworktests? Die müssen für den RD ja nicht neu erfunden werden.

  • Wie aussagekräftig ist denn so ein Test? Viele müssen Teamwork doch erstmal lernen. Mit 18 sind die meisten doch noch grün hinter den Ohren. Und was macht der Schulabgänger, bis er 18 ist, wenn er NotSan werden will?

  • Ich möchte mir ja nur ungern den Ruf einhandeln hier die Spaßbremse zu sein, aber bevor man in eine Diskussion wie diese einsteigt, sollte man sich vielleicht kurz mit folgenden Punkten befassen:


    1.

    So,
    ab nächstes Jahr fallen jetzt also die ersten NotSan Azubis bei uns in den Betrieben und an den Schulen ein.


    DAS ist meiner Meinung nach noch gar nicht so sicher.
    Derzeit findest Du kaum einen Betrieb, der sich ernsthaft bereits mit der Frage nach der NotSan-Ausbildung auseinander setzt, weil die Finanzierung einfach noch nicht geklärt ist.
    Kann gut sein, dass sich im ersten Jahr da erst mal wenig tut, weil unter Umständen - bis die Finanzierung geregelt ist - die Ausschreibungen bzw. Stellenangebote für die Schulabgänger zu spät kommen.
    Ich denke in den ersten Jahren werden die Betriebe mehr auf Rettungsassistenten mit Überleitung setzen.
    Und vergiss nicht: NOCH ist der NotSan nirgends im RD-Gesetz verankert. Es besteht also in den ersten Jahren erstmal gar kein "Zwang" (und sei es nur ein Sachzwang) auszubilden.


    2.

    Alter bei Ausbildungsbeginn 18, gute Noten in Deutsch und Bio,


    Wie schon erwähnt, ist im Gesetz als Mindestvoraussetzung ein mittlerer Bildungsabschluss vorgesehen.
    Das bedeutet grundsätzlich, dass man unter Umständen mit 16 oder 17-jährigen Azubis konfrontiert ist.
    Eine rechtsmittelsichere Grundlage jemanden erst mit 18 einzustellen, sehe ich nicht.
    Gleiches gilt für die Noten z.B. in Biologie. - Je nachdem von was für einer Schule ein Auszubildender kommt, hatte der vielleicht gar kein Bio.
    Die einzige im Gesetz geforderte und damit bei der Einstellung problemlos zu prüfende Eigenschaft des Auszubildenden sind die für den Beruf ausreichenden Kenntnisse der Deutschen Sprache in Wort und Schrift.


    Sollte die APrVO in diesem Punkt nicht verändert werden, könnte man (wegen der geforderten Kenntnisse der Englischen Sprache) für die Note im Fach Englisch auch ein Limit festlgen.


    3.

    Sei doch froh, das sich da überhaupt noch jemand bewirbt bei 3 Jahren Ausbildung und bei dem Gehalt nach der Ausbildung.


    Das ist auch ein spannendes Statement.
    Wo genau wird der Notfallsanitäter im Tarifvertrag denn eingruppiert sein?
    Wieviel kommt denn am Ende rum, mit Zulagen?
    Ich denke die Gehaltsstrukturen werden sich wandeln (müssen).
    Klar ist - mit dreijähriger Ausbildung muss man höher eingruppiert werden, als der RettAss. Alles weitere ist meiner Meinung nach Spekulation.


    4.

    Sport- und Schwimmabzeichen halte ich für gerechtfertigte Forderungen.


    Auch dafür gibt es keine rechtsmittelsichere Grundlage.
    Wenn ein Arbeitgeber so ewtas verlangt (und wieso sollte er das denn bittte tun?) müsste er es im Zweifelsfall auch bezahlen.
    Und Kosten scheuen die Leistungserbringer wie der Teufel das Weihwasser.


    Wie auch immer, ich halte diese Diskussion für verfrüht und halte es ganz mit Ani, der da sagt:

    Das muß sich doch erstmal alles einspielen.

  • Kommt drauf an, von welcher Schulart ein Bewerber kommt.
    Ein Abiturient mit schlechten Noten in Mathe oder anderen Naturwissenschaften kann durchaus ein guter Notfallsanitäter sein. Auch eine (nur) ausreichende Deutschnote in der Oberstufe bedeutet nicht, dass sich der Kandidat nicht gut genug sprachlich ausdrücken kann, um im Rettungsdienst zu arbeiten. Vielleicht ist er einfach kein guter Literaturwissenschaftler.
    Ich würde mich also nicht auf bestimmte fixe Notengrenzen festlegen. Insgesamt ist und bleibt Rettungsdienst eine eher praktische Tätigkeit.


    J.

    Auch wenn der RD eine praktisch orientierte Tätigkeit ist, ist das bisherige Lernverhalten von Interesse: Wie soll jemand den schulischen Teil, der durchaus beachtlichen Umfang hat, (gut) meistern, wenn das schon in der Schule Problem war?


    Was den Sport betrifft: Es geht ja nicht nur um die körperliche Belastbarkeit im Einsatz, sondern auch darum wieweit jemand in der Lage/Bereit ist, sich körperlich zu ertüchtigen, um diesen Beruf tatsächlich länger ausüben zu können.

    Wie aussagekräftig ist denn so ein Test? Viele müssen Teamwork doch erstmal lernen. Mit 18 sind die meisten doch noch grün hinter den Ohren. Und was macht der Schulabgänger, bis er 18 ist, wenn er NotSan werden will?

    Natürlich gibt man sich bei der Bewerbung super Mühe, aber das ist sicher nicht das normale Level, daß man im Alltag dann durchhält. Andererseits zeigt die Fähigkeit zu einem gewissen Verhalten, daß jemand immerhin grundsätzlich befähigt ist.

  • Das bedeutet grundsätzlich, dass man unter Umständen mit 16 oder 17-jährigen Azubis konfrontiert ist.
    Eine rechtsmittelsichere Grundlage jemanden erst mit 18 einzustellen, sehe ich nicht.


    Warum sollte ein Arbeitgeber nicht selbst festlegen können, daß er keine Azubis unter 18 (ggf. kurz vor Vollendung des 18. Lj.) einstellen will?


    Im aktuellen Krankenpflegegesetz (§5; Voraussetzungen für den Zugang zur Ausbildung) ist kein Mindestalter festgelegt, dennoch werden Azubis hier nach meiner Erfahrung seltenst vor Vollendung des 18. Lj. eingestellt. Begründet wird das höhere Einstellungsalter mit physischen/psychischen Belastungen sowie den Vorgaben des JArbSchG. Das Krankenpflegesetz von 1985 (gültig bis 2004) sah zwar noch die Vollendung des 17. Lj. vor, dennoch war es auch damals schon gelebte Praxis Krankenpflegeschüler quasi nicht vor Vollendung des 18. Lj. einzustellen.


    Der Vorteil des etwas höheren Lebensalters ist auch daß die Azubis vielfach bereits ein Pflegepraktikum oder FSJ (v.a. Altenpflege) absolviert haben. Während diesem Praktikum/FSJ ist die Einhaltung des JArbSchG i.d.R. kein Problem, da v.a. die Praktikanten meist wenig bis gar keine Vergütung erhalten und so tatsächlich außerhalb des Stellenplans beschäftigt werden. Es gilt vielfach die Ansicht, daß jmd. der nach einem Praktikum/FSJ der Altenpflege wirklich noch einen Pflegeberuf ergreifen will auch tatsächlich dazu geeignet ist.


    Übertragen auf die zukünftigen NotSan Azubis könnte ich mit, auch vor Vollendung des 18. Lj., ein Praktikum im Krankentansport vorstellen, ggf. in Kombination mit einem Pflegepraktikum, um zu sehen ob einem der Umgang mit Alten und Kranken auch etwas abseits des Blaulichts liegt.

    Em Herrgott sei schönschde Gab`isch ond bleibt dr`Schwob!

  • Ich war mal Proband bei einer witschaftspsychologischen Untersuchung in der herausgefunden wurde, dass wir nach 7 bis 10 Sekunden eine Person besser einschätzen können und nach diesem Eindruck auch besser einstellen sollten. Statistisch gesehen sind die Trefferquoten einen guten und langjährigen Mitarbeiter zu finden so höher als bei jedem noch so ausgefeiltem Einstelungstest. In sofern... ;-)

  • Interessant, dass nur eine so kurze Zeit notwendig sein soll, hätte ich nicht gedacht.


    Wobei sicherlich ein mehrtägiges "Schnupperpraktikum" auch hilfreich ist.