Verfassungsbeschwerde gegen NotSanG

  • Nicht ausschließlich. Meiner Beobachtung nach, und das ist selbstverständlich von meiner regionalen Tätigkeit geprägt, sind die (bei uns glücklicherweise wenigen) Dauernörgler am Notfallsanitäter als Gesamtkonstrukt nicht nur diejenigen, die nicht bereit sind zu lernen oder sich sinnvoll fortzubilden. Es sind gerade in der jüngeren Fraktion auch diejenigen, denen jeder Einsatz zuviel, zu unwichtig, zu zu ungünstigen Zeiten, zu weit weg, zu übelriechend, zu anstrengend, zu überfordernd ist. Das Argument "ehe ich nicht wenigenstens eine Trilliarde Euro mehr bekomme, mach ich nix zusätzlich" kommt meinem Gefühl nach auch bevorzugt aus dieser Fraktion.


    Das ist allerdings in höchstem Maße rein subjektives Erleben und sei hiermit noch einmal explizit und (hoffentlich) unmissverständlich so gekennzeichnet. Zumal ich zugeben muss, dass ich konsequenter Verfechter davon bin, dass man erst eine Leistungsbereitschaft bringen muss und dann nach mehr (was auch immer) rufen kann. Diese Meinung ist sicherlich so auch nicht mehrheitsfähig, muss sie auch nicht. Auch wenn ich den Hintergrund als solchen verstehen (i.S.v. begreifen) kann, habe ich kein Verständnis dafür, dass der Meilenstein einer echten dreijährigen Ausbildung die auch entlohnt wird, wo eine echte Vorselektion der Azubis stattfindet abgelehnt wird, weil es mit persönlichem Ungemach verbunden ist. Stattdessen wird dann meist groß kritisiert, dass man nun gar nicht mehr spritzen darf und NotSans (die ja angeblich gar nicht mehr können) bitte nur noch rechts zu sitzen haben.


    So. Stellst du mir jetzt eine Stunde Gesprächstherapie in Rechnung? :pfeif:

    Land zwischen den Meeren,
    vor dem sich sogar die Bäume verneigen,
    du bist der wahre Grund,
    warum Kompassnadeln nach Norden zeigen!

  • Auch im Bereich der Krankenpflege gibt es viele, die nach der Ausbildung/dem Examen nie-niemals nicht eine Fort-oder Weiterbildung machen, Fachliteratur lesen, sich berufspolitisch organisieren usw.
    Passieren im Sinne von Einschränkung oder gar Verlust der Berufserlaubnis gab und gibt es nicht.

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

  • Ich vermag nicht ganz zu vermeiden, eine gewisse leistungsfeindliche Grundeinstellung dabei wahrzunehmen.


    Leistungsfeindlich im Sinne von nicht willens zu lernen?


    Großes Lamentieren ist ja auch immer wieder von den unzähligen hauptberuflichen Rettungssanitätern zu lesen, die um ihre berufliche Existenz/Zukunft bangen.
    Wenn man ehrlich (und von mir aus auch ein bisschen böse) ist, ist es ja schon "leistungsfeindlich", wenn man irgendwann mal nach der Schule im Ehrenamt oder Zivildienst einen RS-Kurs gemacht hat und sich anschließend darauf verlassen hat, damit für alle Zeiten seinen Lebensunterhalt verdienen zu können.
    Anschließend auch noch ein paar Monate auf die Assistentenschule zu gehen, war für einige schon das Höchste der Gefühle, aber auch nur, wenn die Prüfung nicht zu schwer war.
    Solchen Leuten sind diejenigen Kollegen einfach höchst suspekt, die schon immer ein bischen ehrgeiziger waren und auf der Wache (oder gar zu Hause in der Freizeit) Lehrbücher gelesen oder sich über das Nötigste hinaus fortgebildet haben. Schon Lernzielüberprüfungen in Pflichtfortbildungen wurden und werden von manchen als "Frechheit" wahrgenommen und technische und fachliche Entwicklung als "Schnickschnack" abgetan.
    Und wenn genau diese Klientel das Upgrade zum Notfallsanitäter (wohlgemerkt das Premiumpaket ohne verpflichtende Nachschulung) als "Unverschämtheit" und "Berufsverbot" empfinden, dann ist das halt so.
    Ich persönlich kann damit ganz gut leben. Irgendjemand muss ja auch den KTW lenken.


    :praising:

  • Auch im Bereich der Krankenpflege gibt es viele, die nach der Ausbildung/dem Examen nie-niemals nicht eine Fort-oder Weiterbildung machen, Fachliteratur lesen, sich berufspolitisch organisieren usw.
    Passieren im Sinne von Einschränkung oder gar Verlust der Berufserlaubnis gab und gibt es nicht.



    Diese möchten aber auch nicht ohne Arzt Patienten Analgosedieren :) (etc..)

  • Diese möchten aber auch nicht ohne Arzt Patienten Analgosedieren :) (etc..)



    Bei inkompetenten Mitarbeitern im RD kann der Patient schnell sterben...bei inkompetenten Mitarbeitern in der Pflege stirbt der Patient langsam.

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

  • aber auch nur, wenn die Prüfung nicht zu schwer war.
    Solchen Leuten sind diejenigen Kollegen einfach höchst suspekt, die schon immer ein bischen ehrgeiziger waren und auf der Wache (oder gar zu Hause in der Freizeit) Lehrbücher gelesen oder sich über das Nötigste hinaus fortgebildet haben.


    Auf etlichen Dornröschen-Wachen hat man sehr, sehr viel Zeit zum lernen.


    Ich habe diese Möglichkeit im Studium immer gerne genutzt. :positiv:



    Andere lassen da lieber den ganzen Tag RTL II laufen... :bye2:

  • Ich muss ja wieder meinen Hauptberuf denken, wenn ich das von Jörg lese. Wenn wir bei uns immer alles per handauflegen bekommen würden. Die medizinschen Checks sind dabei noch das kleinste 'Problem', und sogar sehr nützlich, weil ich das dann nicht privat alle zwei Jahre machen muss.


    Hinzu kommen aber regelmäßige Beobachtungen, Theorietests, Notfalltraining, usw. usf. Zudem sind die Flugsicherungssystem einem stetigen Wandel unterzogen. Auf die neuen Systeme müssen wir eingewiesen werden. Da wird nicht mal eben zwischen Tür und Angel das neue EKG erklärt. Da werde über Monate Schulungen abgehalten, auch hier wieder Prüfungen und Beobachtungen.


    Da würde bei uns nicht eine Person auf die Idee kommen, daran etwas zu ändern. Ich stelle mir gerade vor, man würde auf einmal alle RAs und NFS bundesweit dazu verpflichten einmal im Jahr unter Aufsicht zu arbeiten und sich einem Praxis - und Theorietest zu unterziehen.
    Was meint ihr, wie schnell man sich da bundesweit organisieren würde :-D

    “When I was a boy and I would see scary things in the news, my mother would say to me, "Look for the helpers. You will always find people who are helping.”


    • Fred Rogers

  • Ich stelle mir gerade vor, man würde auf einmal alle RAs und NFS bundesweit dazu verpflichten einmal im Jahr unter Aufsicht zu arbeiten und sich einem Praxis - und Theorietest zu unterziehen.


    Ich habe es schon mal im Rettungsdienst erlebt, dass man im Rahmen der "MPG-Unterweisung", welche mancherorts jährlich durchgeführt wird, an Hand einer Checkliste bestimmte Tätigkeiten der Medizinprodukte vorführen muss. (z.B. Perfusor: Spritzenwechsel, Bolusgabe, Laufrate ändern usw.).


    Man kann sagen, was man will, aber dort nimmt jemand das QM-System ernst. :-)


  • Ich habe es schon mal im Rettungsdienst erlebt, dass man im Rahmen der "MPG-Unterweisung", welche mancherorts jährlich durchgeführt wird, an Hand einer Checkliste bestimmte Tätigkeiten der Medizinprodukte vorführen muss. (z.B. Perfusor: Spritzenwechsel, Bolusgabe, Laufrate ändern usw.).


    Man kann sagen, was man will, aber dort nimmt jemand das QM-System ernst. :-)

    Ist das ernst gemeint mit dem Test? Also ich meine den Inhalt des Testes.

  • Ja, das ist es.


    Und ehrlich gesagt, ist es vorher nicht garantiert gewesen, dass jeder "seltene" Dinge, wie einen Perfusor etc. beherrscht oder die Pacer Funktion des Defi aktivieren kann.
    Daher finde ich das schon gut und besser als eine "normale" MPG-Einweisung.


    Nachtrag:
    Ich habe das früher auch immer alles ganz locker und entspannt gesehen. Aber ich das Erlebnis hatte jemanden, den ich nicht intubieren wollte, antagonisieren zu wollen und mir dann die Anästhesie-Schwester in Fachweiterbildung folgende Fragen stellte
    "Anexate? Was ist das denn? Wo haben wir das? Wie zieht man das auf?" ,
    habe ich gemerkt, dass es manchmal gut ist, wenn jeder im Team Bescheid weis...


    Anderes Beispiel:
    Arzt am Einsatz und er möchte/muss Pacen, nun kann das je nach Defi (Musterbeispiel: Corpuls 08/16) durchaus komplizierter sein...


  • Wobei es schon eine gesetzliche Verpflichtung dazu gibt und wenn die Kollegin jetzt mit Fön und Eiswürfeln zum Patienten geht, wird das durchaus Konsequenzen haben.



    Kannst Du mir die gesetzliche Verpflichtung zur Fortbildung von exam. Krankenpflegekräften konkret benennen?


    Das es arbeitsrechtliche Konsequenzen bei Sachverhalten, wie der von Dir beschriebene usw. haben kann, ist mir klar.
    Ebenso kenne ich die Möglichkeit der Haftung (Zivilklage) des Patienten/der Angehörigen gegenüber einer Pflegekraft bei grober Fahrlässigkeit - wenn der Arbeitgeber beweisen kann, daß ihn keine Schuld trifft.


    Aber der Verlust der Berufserlaubnis? Strafrechtlich nach meinem Wissen nur bei relevanten Straftaten.


    Ergänzung:
    Das, was Bodo#3 da als Bsp. benennt, ist die jahrzehntelang übliche - und durch keinerlei Untersuchung belegte - Massnahme bei einem Decubitalgeschwür.
    Die Druckstelle wurde mit einem Eiswürfel abgerieben, anschliessend mit einem Haarfön getrocknet.
    Die Wechselwirkung von Kälte und Hitze sollte durchblutungsfördernd sein.
    Während meiner Pflegeausbildung Mitte der 70-er-Jahre war dies durchaus noch Standard.
    Anstelle von bereits eingeführten Verbandmaterialien empfahlen viele altgediente Ärzte noch ausgekochte Leinenläppchen.


    Edit:
    Ergänzung

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

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  • @ra-wi:

    Zitat von RICHTLINIE 2005/36/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

    Bei den in den Artikeln 24, 25, 28, 31, 34, 35, 38, 40, 44 und 46 erwähnten Ausbildungen
    [...]
    b) wird durch allgemeine und berufliche Weiterbildung im Einklang mit den spezifischen Verfahren der einzelnen Mitgliedstaaten gewährleistet, dass Personen, die ihre Ausbildung abgeschlossen haben, mit der beruflichen Entwicklung so weit Schritt halten, wie dies für eine sichere und effiziente berufliche Leistung erforderlich ist.

  • Hi Bodo,
    zunächst herzlichen Dank für die Quelle. Dann jedoch scheint mir beim Überfliegen des Berufsqualifikationsfeststellungsgesetzes, mit dem die RiLi in Deutschland umgesetzt werden sollte, dieser Passus nicht umgesetzt worden zu sein. Möglicherweise ist dies auch eher Aufgabe der Länder, daher wäre die Frage: gibt es Berufsausübungsregelungen durch das Land BaWü, in denen man die Umsetzung in deutsches Recht suchen könnte? Die Bundesrepublik hat ja offenbar 2009 schon durch den EuGH (C-505/08) die Feststellung der Nichtumsetzung kassiert.


    Es gibt eine Neuerung zu der von dir angesprochenen RiLi: RICHTLINIE 2013/55/EU

    Zitat

    Ständige berufliche Weiterbildung trägt zu einer sicheren und effektiven Praxis von Berufsangehörigen bei, die in den Genuss der automatischen Anerkennung ihrer Berufsqualifikationen kommen. Es ist wichtig, die weitere Stärkung ständiger beruflicher Weiterbildung in diesen Berufen zu fördern. Die Mitgliedstaaten sollten insbesondere die ständige berufliche Weiterbildung für Ärzte, Fachärzte, praktische Ärzte, Krankenschwestern und Krankenpfleger, die für die allgemeine Pflege verantwortlich sind, für Zahnärzte, Fachzahnärzte, Tierärzte, Hebammen, Apotheker und Architekten fördern. Diese von den Mitgliedstaaten zur Förderung der ständigen beruflichen Weiterbildung für diese Berufe ergriffenen Maßnahmen sollten der Kommission mitgeteilt werden, und die Mitgliedstaaten sollten sich über bewährte Verfahren in diesem Bereich austauschen. Die ständige berufliche Weiterbildung sollte Entwicklungen in den Bereichen Technik, Wissenschaft, Reglementierung und Ethik umfassen und die Berufsangehörigen motivieren, am lebenslangen Lernen, das für ihren Beruf von Bedeutung ist, teilzunehmen.


    Nur: die konkrete Forderung dazu habe ich beim Überfliegen der RiLi nicht gefunden, vermutlich bezieht sich dies auf die von dir zitierte Textstelle aus 2005.

  • http://www.bverfg.de/SharedDoc…k20150710_1bvr285313.html


    Herr G.
    Dann stimmte der Fpurfunk also doch.



    Edit:

    Zitat


    Zwar handelt es sich bei § 32 Abs. 2 NotSanG um eine subjektive Zulassungsbeschränkung für den Beruf des Notfallsanitäters; diese ist jedoch zum Schutz des besonders wichtigen Gemeinschaftsguts „Gesundheitsschutz“ gerechtfertigt (vgl. BVerfGE 80, 1 <24>). Insbesondere ist diese Regelung zur Zweckerreichung nicht deshalb ungeeignet, weil die bereits tätigen Rettungsassistenten aufgrund ihrer Berufserfahrung bereits über den vom Notfallsanitätergesetz vorausgesetzten Wissensstand verfügten. Denn ein solcher Wissensstand kann aufgrund der weniger intensiven Ausbildung nicht ohne Weiteres angenommen werden und ist abhängig vom tatsächlichen Einsatzbereich des jeweiligen Rettungsassistenten. Aus diesem Grund ist die angegriffene Regelung auch erforderlich, denn eine voraussetzungslose Überleitung stellt gerade kein zum Schutz der Gesundheit gleich geeignetes Mittel dar. Auch benachteiligt die Regelung den Beschwerdeführer nicht unangemessen. Zunächst steht ihm der Erwerb der Berufsbezeichnung „Notfallsanitäter“ frei. Durch § 30 NotSanG wird dessen bestehende Berufsbezeichnung weiter geschützt. Er selbst muss aufgrund seiner Berufserfahrung auch keine weitere Ausbildung durchlaufen. Die für eine geringere Berufserfahrung geregelten weiteren Ausbildungszeiten erscheinen im Vergleich mit der Verlängerung der regulären Ausbildung von zwei auf drei Jahre aber auch angemessen. Eine Verpflichtung des Gesetzgebers zur Regelung der genauen Ausgestaltung der Weiterbildung (z.B. neben oder während der Arbeitszeit) sowie der Prüfungs- und Ausbildungskosten besteht nicht.

  • Zu Eis und Föhn, das sollte aber doch hoffentlich nur ein Schmankerl aus der Vergangenheit sein und wird nicht mehr praktiziert?
    Viel mehr als zusätzliche Hautschädigungen sind da nicht zu erwarten.


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