Telenotarzt-Dienst im Aachener Rettungsdienst

  • Ich stimme dir voll zu

    Ich habe einen ganz einfachen Geschmack - ich bin stets mit dem Besten zufrieden.
    Oscar Wilde, irischer Schriftsteller, 1854 - 1900


    Ich prüfe jedes Angebot. Es könnte das Angebot meines Lebens sein.
    Henry Ford 1863 - 1947

  • Tut er
    Aber tröste dich
    Mein jetziger AG gibt seinen Rettern auch nicht viel frei
    Und wir haben auch noch ARS hier
    Aber ein Teilbereich hat den NA eingeführt
    Es bleibt also spannend auch im gelobten RD Land

    Ich habe einen ganz einfachen Geschmack - ich bin stets mit dem Besten zufrieden.
    Oscar Wilde, irischer Schriftsteller, 1854 - 1900


    Ich prüfe jedes Angebot. Es könnte das Angebot meines Lebens sein.
    Henry Ford 1863 - 1947

  • Ich habe ein paar Freunde in Aachen und bin ja jedes Jahr zu Karneval im Rheinland... da durfte ich auch schon mal mitfahren. Ich fand es ganz interessant, die Mehrzahl der Kollegen waren sehr zufrieden mit dem System. Die Kritik ist allerdings berechtigt, wenn man sich das schweizer System anschaut, hätte man dort schlicht ohne Arzt gearbeitet. Andererseits hatte das System ein paar nette Sicherheitsfeatures, wie beispielsweise eine Wechselswirkungsüberprüfung auch mit der Dauermedikation, Kontraindikationsprüfung, Warnungen, wenn das Feld "Allergien" nicht ausgefüllt war, ehe eine Medigabe angeordnet war etc. Die diensthabende Ärztin erläuterte, dass man auf dem Weg die Komplikationsrate insgesamt deutlich senken konnte.

    Land zwischen den Meeren,
    vor dem sich sogar die Bäume verneigen,
    du bist der wahre Grund,
    warum Kompassnadeln nach Norden zeigen!

  • Das sind sicher nette Features, die in meinen Augen ein solch „aufgeblähtes“ System einfach nicht rechtfertigen. Wenn ich mir bezüglich der Medis unsicher bin, kann ich selber schnell nachschauen, das Erfragen von Allergien ist bei uns Standard vor jeglicher Medi-Gabe (und da würde es als Reminder sonst ein grosser gelber Zettel im Ampullarium auch tun).
    So eine Unterstützung macht in meinen Augen, ausser in den o.g. Fällen, nur bei wirklich hochkomplexen Fällen Sinn, wo u.U. der NA vor Ort auch nicht ohne externe Unterstützung und kurze Recherche im I‘net o.ä. nicht weiterkommt. Aber sind wir mal ehrlich: wie viele Fälle haben wir da im RD, in denen die präklinische Behandlung derart komplex ist!?
    Wie gesagt: drei Jahre Ausbildung sollten jeden NotSan dazu befähigen, die „normalen Alltagsnotfälle und -notfällchen“ eigenständig zu versorgen und in den komplexeren Fällen die Zeit bis Eintreffen NA sinnvoll zu überbrücken. Für tatsächlich mal schierigw Fälle kann man ja z.B. eine telefonische Erreichbarkeit des diensthabenden Notarztes sicherstellen. Das sollte i.d.R. doch ausreichen. Bzw. hat man ja noch Giftnotruf usw...
    Oder aber, wir schaffen die NotSan-Ausbildung wieder ab, setzen RS auf‘s Auto. Zugang legen können die problemlos lernen. Und dann weisst der Tele-NA ihnen jeden Schritt in der Versorgung an. Das würde vdie Personal-Probleme im RD auch auf einen Schlag lösen...

  • Und dann könnte man sich auch weiter NotSan auf dem NEF leisten. Ein Träumchen.

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  • Und dann könnte man sich auch weiter NotSan auf dem NEF leisten. Ein Träumchen.


    Oder wir schaffen die Notärzte auch ab und setzen speziell weitergebildete selbstfahrende RettSan aufs NEF. Denen kann der Tele-NA dann wiederum jeden Schritt anweisen. Für die Führungsaufgaben gibt es dann zukünftig einen Tele-OrgL...
    Noch mehr Probleme gelöst...
    :ironie:

  • Die diensthabende Ärztin erläuterte, dass man auf dem Weg die Komplikationsrate insgesamt deutlich senken konnte.


    Und da würden mich tatsächlich mal Zahlen interessieren. Wurde vor Einführung des Tele-NAs über einen längeren Zeitraum tatsächlich eine Evaluation der Komplikationen durch Medi-Gabe im RD durch NotSan und NA gemacht? Das wäre nämlich eine interessante Studie. Wir haben z.B. aktuell die Analgesie durch unsere RS über 1,5 Jahre untersucht und es gab keine relevanten Komplikationen.

  • Davon würde ich tatsächlich ausgehen, da das Aachener Projekt ja wissenschaftlich begleitet wird. Ich habe allerdings noch keine Publikation mitbekommen. Da werden wir entweder warten oder anfragen müssen.

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  • Und da würden mich tatsächlich mal Zahlen interessieren. Wurde vor Einführung des Tele-NAs über einen längeren Zeitraum tatsächlich eine Evaluation der Komplikationen durch Medi-Gabe im RD durch NotSan und NA gemacht? Das wäre nämlich eine interessante Studie. Wir haben z.B. aktuell die Analgesie durch unsere RS über 1,5 Jahre untersucht und es gab keine relevanten Komplikationen.


    Was sind denn diese Komplikationen?


    MCP bei Illeus
    Übelkeit bei Opiaten?
    Vomex bei Asthma (Danke an Ani)

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  • Davon würde ich tatsächlich ausgehen, da das Aachener Projekt ja wissenschaftlich begleitet wird. Ich habe allerdings noch keine Publikation mitbekommen. Da werden wir entweder warten oder anfragen müssen.


    Mach mal!

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    Oscar Wilde, irischer Schriftsteller, 1854 - 1900


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    Henry Ford 1863 - 1947

  • Ich versuch dran zu denken, wenn ich das nächste mal unten bin. Wird aber dauern, das Staatsexamen fesselt mich derzeit ziemlich an den Schreibtisch.

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  • Erst einmal ein "Hallo" in die Runde !
    Ich bin jetzt schon einige Male über die Beiträge hier im Forum gestolpert und wollte jetzt mal als "betroffener" TNA mal meine Meinung kund tun bzw. einige Dinge korrigieren. Das werde ich wahrscheinlich nicht in einem Post schaffen, aber ich probiers mal ....
    Zuerst zu den Kosten.... Hier kursieren einige Zahlen, die meinem Wissen nach nicht stimmen. Es stimmt, daß die damaligen Forschungsprojekte "TEMRAS" sowie "Medon@ix", die ja letztendlich zum Telenotarztsystem geführt haben, einige Millionen als Forschungsgelder aus verschiedenen Töpfen erhalten haben, die eigentlichen Kosten des aktuellen Regelprodukts "Telenotarzt" sind deutlich geringer. Es ist relativ normal, daß viele Froschungsprojekte mit hohen Summen gefördert werden bevor sie, wenn überhaupt, in einem Regelprodukt enden. Natürlich muss man anfänglich erstmal für die technische Umrüstung etc. Geld in die Hand nehmen, aber ich denke, daß sich das dann in der Folgezeit amortisiert. Auch gibt es verschiedene Stufen des Produkts "Telenotarzt". Es wäre zB nicht sinnvoll in jedem Kreis eine Telenotarztzentrale zu etablieren, sinnvoll wäre da zB der Zusammenschluß mehrerer Kreise bzw. Städte und der Etablierung einer TNAZ an einer zentral gelegenen LST.
    Es wurde ja schon ein einige Male das Argument angeführt, daß das TNA-System bei dem neu eingeführten Berufsbild des NFS ja quasi sinnlos bzw. sinnbefreit wäre. Ich weiß, daß da draußen viele kompetente und gute Kollegen unterwegs sind, aber jeder weiß auch, daß es da draußen auch einfach ein riesige Inhomogenität an Kompetenz, Wissen und KnowHow je nach Kreis, Bundesland etc. gibt. Nicht jetzt durch den einzelnen bedingt, aber je nach Einsatzfrequenz, disponierten Einsätze, jeweiligen Rettungsdienstbereich und Freigaben durch den AelRD kann man gar nicht bestimmte Erfahrungen sammeln und praktizieren. Da kann der TNA zB zur Supervision genutzt werden und man gibt automatisch die medizinische Verantwortung an ihn ab. Ich freue mich ja persönlich darüber, wenn mich ein Team kontaktiert, mir die gesamte Anamnese und Befunderhebung incl. Therapie um die Ohren haut und ich nur den Vorschlag bejahen muss. Je weniger man lenken oder eingreifen muss, desto mehr Spaß bzw. Sinn macht die Sache. Außerdem hat der TNA weiter den Vorteil, daß man außerhalb der Szenerie steht und vielleicht auch eine andere Sicht auf bestimmte Dinge hat. Auch bezweifele ich, daß man innerhalb der dreijährigen Ausbildung zum NFS dieselben klinischen Erfahrungen sammeln kann wie in der Klinik über mehrere Jahre hinweg.
    Nicht falsch verstehen, ich finde den Schritt zum NFS richtig und gut, aber berufspolitisch bedingt ist er nicht das geworden was er hätte sein können, aber das ist ja ein anderes Thema.
    Neben den Primäreinsätzen begleiten wir übrigens auch Sekundärtransporte, klären medizinisch Verlegungen ab, stehen zB auch der Lst bei unklaren Notrufen etc. zur Verfügung und stehen auch den NAs draußen als Zweitmeinung zur Verfügung.
    Das waren jetzt nur ein paar Sachen, die mir spontan eingefallen sind, aber falls es noch weitere Fragen gibt, einfach schreiben.....
    Übrigens, die og. Studie läuft aktuell noch, so daß man noch ein bissl warten muss :pfeif:

    Einmal editiert, zuletzt von needafix ()

  • Hallo needafix. Danke für die Einschätzung "aus erster Hand". Falls Du Zeit und Lust hast, würden mich ein paar "Live"-Fallschilderungen zum Tele-NA-Einsatz interessieren. Bisher kenne ich nur die aus den diversen Berichterstattungen und "Werbevideos".


    aber jeder weiß auch, daß es da draußen auch einfach ein riesige Inhomogenität an Kompetenz, Wissen und KnowHow je nach Kreis, Bundesland etc. gibt


    Auch bezweifele ich, daß man innerhalb der dreijährigen Ausbildung zum NFS dieselben klinischen Erfahrungen sammeln kann wie in der Klinik über mehrere Jahre hinweg


    Bezüglich der Kompetenzen und der Erfahrung des Rettungsfachpersonals: natürlich wird der NotSan nie die klinische Erfahrung haben, wie ein mehrjähriger Kliniker. Aber braucht er die denn für die "Alltags-Präklinik"? Auch eine mehrjährige Tätigkeit im Rettungsdienst gibt ein hohes Mass an Notfalllkompetenz (die dem Kliniker oft fehlt). Und Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass in drei Jahren ein kompetenter "Sani" auf die Strasse geschickt werden kann, der die Alltagsnotfälle eigenständig, auch inklusive Medikamentengabe und invasiver Massnahmen, kompetent bewältigen kann. Ich finde es schade, dass man diese Kompetenz in Deutschland dem "nichtärztlichen" Personal einfach nicht zugestehen möchte. Wenn man das nie macht und dem "Sani" nie wirklich eigenständige Entscheidungen zutraut, dann wird er tatsächlich auch nie kompetent sein. Weil irgendjemand ist ja immer da, der ihm die Entscheidungen abnimmt.


    Versteh mich bitte nicht falsch. Ich bin eh ein grosser Technik-Nerd und finde das System äusserst spannend. Gerade in komplexen Fällen, die evtl. auch mal über die SOPs rausgehen, kann das durchaus sinnvoll sein. Dann könnte man das System auch tatsächlich regionsübergreifend einführen, weil der Bedarf im Alltag dann auch nicht so gross wäre. Aber gerade die "Notfälle", die immer wieder in den Publikationen gezeigt werden, werden in anderen Ländern problemlos jeden Tag von den "Sanis" allein abgearbeitet (Analgesie bei Extremitätentrauma z.B.). Und genau dafür wurde doch der NotSan u.a. eingeführt. Auf Anweisung arbeiten kann auch ein RettSan. Da brauche ich tatsächlich keine dreijährige Ausbildung dafür.


    Wie gesagt: für Ausnahmefälle ein "Call-Back-System", ok. Dennoch sind in meinen Augen entsprechende Gesetzesänderungen notwendig, um dem NotSan im Alltag ein eigenständiges Arbeiten unterhalb der Notarztindikation auch ohne Tele-NA zu ermöglichen.

  • Im Prinzip muss man beides getrennt voneinander sehen.
    Die Idee zum TNA entstand ja primär, um die "Ressource" NA von den vielen "kleineren" Notfällen fernzuhalten und damit zu entlasten. 2007 war ja der NFS noch weit entfernt. Der TNA ist nicht dafür da, um die Rettungsdienstler zu bevormunden oder zu überprüfen, weil man kein Vertrauen hat.
    Das die NFS aktuell in ihrer Kompetenz so "beschnitten" sind, ist meiner Meinung nach in der sehr starken Ärztelobby begründet. Da gibt es vielfältige Interessen, bestimmte Kompetenzen nicht aus der Hand zu geben. Man muss ja nur mal überlegen, wie viele Ärzte auf einmal "arbeitslos" wären, wenn der NFS weitreichende Kompetenzen bekäme. Aus der Richtung bekommt der TNA aber auch viel Gegenwind, der wird auch als Gefahr angesehen. Die Kompetenz der NFS wird ja weiterhin durch den jeweiligen ÄLRD vorgegeben. Man weiß ja, wie sehr da die Schere auseinander geht.
    ich sehe da den TNA als Bindeglied, der es den Rettungsdienstlern eher erlaubt eigenständig zu arbeiten und dann letztendlich auch die medizinische Gesamtverantwortung übernimmt.

  • Hallo needafix,
    danke für die ersten Erklärungen und das Angebot auch weiterhin Fragen zu dem Thema zu beantworten!

    Es ist relativ normal, daß viele Froschungsprojekte mit hohen Summen gefördert werden bevor sie, wenn überhaupt, in einem Regelprodukt enden.


    Für mich vollkommen fragwürdig erscheint hier ein neues Forschungsobjekt zu schaffen und darin Gelder zu "versenken". Betrachtet man sich die Erfahrungen mit Stroke-/Cardio-Angel sollte man doch erkannt haben, dass das bayerische nicht ärztliche Rettungsfachpersonal mit Telemedizin umgehen kann. Auch sollte man aufgrund des Systems bei der DGzRS und dem Telenotarztprojekt aus Aachen genug Erfahrungen haben um kein erneutes Forschungsprojekt starten zu müssen. Auch wenn du es vll. nicht beantworten kannst, aber warum geht man nicht direkt in die Einführung und dann in den Regelbetrieb über? Siehst du persönlich nach tatsächlich noch Bedarf für eine Erforschung?

    Auch bezweifele ich, daß man innerhalb der dreijährigen Ausbildung zum NFS dieselben klinischen Erfahrungen sammeln kann wie in der Klinik über mehrere Jahre hinweg.


    Spannend finde ich hier den immer wieder gerne genommenen Vergleich zwischen einem "frischen" NotSan und einem erfahrenen Kliniker (hier vor allem auf Ärzte bezogen), dieser Vergleich hinkt für mich massiv und vor allem im Vergleich mit einem Arzt. Interessanter wäre doch hier der Vergleich zw. einem frischen NotSan und einem frischen Kliniker (= Arzt) und realistischer der Vergleich zw. einem NotSan und einer z.B. Intensivpflegekraft (= n. ärztli.), hier hätte man aus meiner Sicht eher vergleichbare Sachverhalte und das vor allem beim letzten Vergleich.
    Verstehe mich bitte nicht falsch, ich will dem Arzt nicht seine Kompetenz und seine Berechtigung absprechen, aber der Vergleich frischer NotSan vs. erfahrenen Arzt strotzt für mich vor Überheblichkeit. Es ist einfach ganz logisch, dass ein NotSan nie an das Wissen und können eines guten und erfahrenen Arztes heran kommt und damit braucht es auch keine solche Vergleiche um die "Einzigartigkeit" des Arztes hervorzuheben.


    Ist es tatsächlich so, dass der Tele-NA parallel zum Einsatz eines NEF alarmiert wird bzw. tatsächlich mit dem Einsatz des Tele-NA ein NEF-Einsatz ausgelöst wird? Erachtest du letzteres als tatsächlich notwendig; zeitgemäß und wirtschaftlich sinnvoll?

  • Es ist ja aber nunmal so, dass ein frischer Arzt nicht sofort am Rettungsdienst als Notarzt teilnehmen darf. Für die unterschiedlichen Notarztkurse sind doch ein paar Voraussetzungen zu erfüllen. Der frische NotSan bestimmungsgemäß darf dies schon sofort. Daher könnte der Vergleich rühren, ohne gleich furchtbar arrogant sein zu müssen.

    Land zwischen den Meeren,
    vor dem sich sogar die Bäume verneigen,
    du bist der wahre Grund,
    warum Kompassnadeln nach Norden zeigen!

  • Daher könnte der Vergleich rühren, ohne gleich furchtbar arrogant sein zu müssen.


    Und wieviel spezielle Erfahrung hat dann nun der Arzt in (präklinischer-) Notfallmedizin mit beginn der doch marginalen Wochen-Fobi zum Notarzt, und wieviel danach?