Bayern: Bald ungeeignete Ärzte im Bereitschaftsdienst?

  • Das bedenke ich durchaus, denn ich bin mir bewusst das ich weder alle Notfallpatienten sehe, noch alle die der KV Notdienst behandelt. Trotz allem sehe ich zahlreiche Fälle wo ich Patienten durch eine Einweisung eines Not- / Vertretungsdienstes in ein Krankenhaus bringe und kurze Zeit später wieder hole und nachhause fahre. Persönlich kenne ich auch einige Fachärzte die es ablehnen KV Notdienst o.ä. in fachfremden Gebieten zu machen, gerade eben weil sie wissen dass sie in entsprechenden Gebieten kein (aktuelles) Fachwissen mehr haben und das alleine der Titel Arzt nicht reicht um entsprechend tätig zu werden. Ich ziehe meinen Hut vor diesen Personen und davor das sie nicht nur entsprechende Statements abgeben, sondern auch Geld in die Hand nehmen und dafür sorgen dass sie keinen entsprechenden Dienst machen müssen!

  • Trotz allem sehe ich zahlreiche Fälle wo ich Patienten durch eine Einweisung eines Not- / Vertretungsdienstes in ein Krankenhaus bringe und kurze Zeit später wieder hole und nachhause fahre.


    Das resultiert auch daher, daß bei Hausbesuchen nur eine begrenzte Diagnostik zur Verfügung steht, bzw. der Arzt den Patienten nicht kennt. Unabhängig von seinen fachlichen Fähigkeiten. Und so, wie es Sanis gibt, die eher einen Notarzt nachbestellen als andere gibt es auch Kollegen, die im Zweifel eher einweisen als andere. Das finde ich nicht verwerflich.

  • Verwerflich finde ich es schon, wenn gewisse Ärzte es fast als Standard praktizieren jeden Patienten der nicht selbst zu ihnen kommen kann per RTW zu sich oder ins Krankenhaus kommen zu lassen. Verwerflich finde ich es, wenn man statt den Katherwechsel zu delegieren bzw. ihn selbst durchzuführen einen RTW! bestellt. Verwerflich finde ich es, wenn man bewusst Ärzte die sich unsicher sind oder nicht über das nötige (aktuelle) Fachwissen verfügen überhaupt zu entsprechenden Vertretungs-/Not bzw. Bereitschaftsdiensten heranzieht. Vor allem finde ich ein entsprechendes Vorgehen verwerflich, wenn einem doch sonst die Sicherheit; die zeit- und sachgemäße Behandlung und das Wohlergehen besonders am Herzen liegen, wenn es denn um nichärztliches Personal geht.


    Nicht verwerflich finde ich es, wenn ein Arzt dazu steht das er auch nur ein Mensch ist. Lobenswert und beispielhaft finde ich es, wenn ein Arzt zu "Wissenlücken" steht. Noch viel lobenswerter finde ich es wenn ein Arzt seine Grenzen kennt und mein aller größten Respekt haben die Ärzte die zu ihren Wissenlücken und Grenzen stehen und dementsprechend handeln. Unser Land und unsere Patienten brauch viel weniger irgendeinen Arzt, als den Arzt der weiß was er macht und das gilt sowohl für Husten; Schnupfen; Heiserkeit, als auch für all die anderen Banalitäten und selbstverständlich auch für den geringsten Teil der Arbeit, die echten Notfälle.


    Ich bin der letzte der einen Transport verurteilt, weil er aufgrund von mangelnder Diagnosemöglichkeiten erfolgte oder weil es eben wirklich eine Untersuchung durch einen Fachmann braucht. Für entsprechende Transporte stehe ich auch Nachts um Uhres gerne auf bzw. fahre die ganze Nacht ggf. durch. Doch Transporte die nur erfolgen damit man im "warmen" (Bett) bleiben kann oder aus standespolitischen Denken kann ich nicht gut heißen, vor allem dann wenn der Patient nur zu sich bestellt wird um ungesehen/gesprochen die Versicherungskarte durchzuziehen und ihn dann in die Notaufnahme zu schicken.

  • Wir kommen jetzt so ein bißchen in Richtung Stammtisch, merkste? So mit Standesdünkel und Ärzte, die lieber im warmen Bett bleiben wollen. Deshalb klinke ich mich aus der Diskussion mit Dir aus. Sieh es doch einfach so: wenn es den KV-Dienst nicht gäbe, würdest Du nachts gar nicht mehr ins warme Bett kommen. :-)

  • Das hat nichts mit dem üblichen Retterstandesdünken der Makre "die Ärzte sind böse und wollen nur böses zu tun"!
    Ich bin sehr dankbar für die Ärzte, für die Hausärzte und für die welche den Not(arzt)dienst versehen, ich schätze sie als zum Großteil kompetente und fähige Personen. Trotz allem gibt es aber auch unter diesen schwarze Schafe, dies zu Leugnen oder mit Stammtischparolen abzutun finde ich fragwürdig.
    Im übrigen, wie du sicher gelesen hast bin ich ein absoluter Freund eines KV Notdienstes, mal eben vorausgesetzt man er wird ordentlich betrieben. Kann man aber amb. Behandlungen im Krankenhaus im Zusammenhang mit Telefoneinweisungen und gewissen am Notdienst teilnehmenden Ärzte in einen eindeutigen Einklang bringen wird das System für mich fragwürdig, solche Fälle gibt es und das werden dir sicher auch einige Leitstellendisponenten bestätigen können.


    Ansonsten hätte ich übrigens kein Problem damit wenn es keinen KV-Notdienst gäbe und ich bzw. wir dann eben zu allem und jeden müssten, denn dann würde dies eben zu meinen Aufgaben gehören und dazu könnte auch gehören dass es keine "Verpflichtung" gäbe den Patienten mit ins Krankenhaus zu nehmen. Selbst wenn es diese Verpflichtung geben sollte hätte ich damit kein Problem, denn dann wäre es noch immer mein Job und ich könnte mir sicher sein meine Arbeitszeit zu 100% anerkannt zu bekommen. Der hauptsächlich leidtragende in einem System ohne KV-Notdienst wäre übrigens nicht der Rettungsdienst, sondern am Ende würde es die Krankenhäuser; ihre Notaufnahmen und die dort beschäftigten Ärzte treffen.

  • Ärzte, die lieber im warmen Bett bleiben wollen.


    Mir kommt's in den letzten Jahren, in denen der dienstplanmäßige Notdienst in der Fläche durch einen zentral vorgehaltenen Notdienst abgelöst wurde, eher so vor, dass sich da gerade diejenigen Prachtexemplare tummeln, die ganz bestimmt nicht im Bett bleiben, sondern mangels sonstiger Gelegenheit im Notdienst Stückzahlen abgreifen wollen.

    They say God doesn't close one door without opening another.

    Please, God, open that door. :oncoming_fist_light_skin_tone:

    Einmal editiert, zuletzt von Alrik ()

  • Nur so am Rande bemerkt:
    1.) Notfallmedizin ist ein kompletter Schein mit Benotung
    2.) Im Hammerexamen werden mittlerweilen regelmäßig 10-20 notfallmedizinsche Fragen gefragt. ("Sie kommen als Notarzt auf der Autobahn zu einem Verkehrsunfall...")


    Jawoll - so steht das auf dem Papier. Aus eigener Erfahrung, sowie durch Austausch mit Kommilitonen einer anderen nicht ganz kleinen Uni kann ich dir zum ersten Punkt erwiedern:


    1-2 Vorlesungen, Praktikum teils anwesenheitspflichtig, keinerlei Relevanz zum Lernen für den Schein, da an beiden Universitäten in den Anästhesie-Block integriert, und bezüglich der Anzahl der Klausurfragen vollkommen wurscht. Wichtig ist das Dantrolen für die MH - einer der klassischen Notfälle (auch in der Anästhesie), und das korrekte Verhältnis der Kompressionen/Beatmungen bei der CPR, wenn man privat zum Notfallpatienten kommt.


    Das Ganze jetzt vielleicht etwas überspitzt ausgedrückt, aber einem "kompletten Schein mit Benotung" entspricht das in keinster Weise, wenn man das mit anderen Fächern vergleicht.
    Dem Punkt, dass Eigeninitiative einen entscheidenden Faktor spielt, unterschreibe ich sofort - wie im ganzen Studium und dem späteren Berufsleben. Hier haben wir wieder die Brücke zu meinem Punkt von oben, dass die Fortbildungsmöglichkeiten (für den KV-Dienst) sehr gut sind - sie werden nur von wenigen Kollegen genutzt.

  • Du darfst Folgendes nicht vergessen:


    - Notfallbilder werden auch in den entsprechenden Fächern besprochen


    - ist die Notfallmedizin de facto nur ein sehr kleiner Teil der Medizin


    - muß man individuelle Interessen berücksichtigen



    Ich finde, die Notfallmedizin ist im Allgemeinen gut im Studium repräsentiert. Meine Erfahrung stammt aus dem eigenen Studium und den Kontakt zu diversen in der studentischen Ausbildung aktiven Kollegen.Wer mehr will, kann sich heute in diversen Skilllabs oder Extrakursen austoben oder praktische Erfahrungen in Famulatur und PJ sammeln. Die von Dir beschriebenen Defizite sind möglicherweise Folgen des Ärztemangels, der auch zunehmend die Unikliniken betrifft, dürfte aber erst nachfolgende Ärztegenerationen betreffen und jetzt keine wesentliche Bedeutung haben.

  • Deswegen brilliert das Gros der Ärzteschaft ja auch bei Notfällen.

    They say God doesn't close one door without opening another.

    Please, God, open that door. :oncoming_fist_light_skin_tone:

  • Das könnte man genauso gut über Naturheilkunde, das Zuordnen von Hauteffloreszenzen oder psychiatrische Explorationen sagen.

  • Richtig.

    They say God doesn't close one door without opening another.

    Please, God, open that door. :oncoming_fist_light_skin_tone:

  • Persönlich kenne ich auch einige Fachärzte die es ablehnen KV Notdienst o.ä. in fachfremden Gebieten zu machen, gerade eben weil sie wissen dass sie in entsprechenden Gebieten kein (aktuelles) Fachwissen mehr haben und das alleine der Titel Arzt nicht reicht


    Es gibt aber auch Ärzte, denen diese Einsicht fehlt...... deren Studium 50 Jahre zurück liegt, die noch nicht mal über eine Facharztausbildung verfügen, die lediglich im Besitz der Zusatzbezeichnung "Betriebsmedizin" sind und Jahrzehnte ausschließlich in diesem Bereich tätig waren und trotzdem (offensichtlich des Geldes wegen), Dienste auf freiwilliger Basis leisten. Nach dem Motto, wird schon gutgehen !! Das dies früher oder später fatale Folgen haben kann, mussten wir auf tragische Weise erfahren. Er deutete erstmalig aufgetretene, unerträgliche Kopfschmerzen begleitet von Übelkeit bei einer 17 jährigen Patientin, völlig falsch und schickte die Patientin mit der Diagnose "Migräne" nach Hause. Sie starb an den Folgen einer Hirnblutung. Ich nenne es FAHRLÄSSIG !!!! Und damit meine ich nicht nur das Handeln des Arztes, sondern auch den Rest der Verantwortlichen (KV , Ärztekammer u.s.w. )

  • Sicher ist sowas übel. Allerdings möchte ich erinnern, dass jede Seite über schlechte Beispiele anderer Berufsgruppen berichten kann. Der zunehmende Ärztemangel, auch die der niedergelassenen Ärzte die bereits sind Notdienst zu machen, führt leider dazu, dass auch weniger qualifizierte Ärzte Dienste machen müssen. Glücklich bin ich damit auch nicht, jedoch können die Ärzte an der Basis auch nichts dazu. Das sind eher politische Ebenen, die hier versagen.


    Gruß

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Dieser Arzt hat freiwillig diese Dienste übernommen. Er war hierzu nicht verpflichtet, da er


    kein Vertragsarzt ist


    keine Kassenzulassung hat


    kein angestellter Krankenhausarzt ist


    nicht im Arztregister eingetragen ist


    nicht niedergelassen ist


    keinerlei Facharztausbildung hat


    wie es dazu kommen konnte, dass er trotzdem einen Bereitschaftsdienstausweis erhalten hat, konnte bisher noch nicht geklärt werden.


    Ist es nicht so, dass Honorarärzte immer auch Fachärzte sein müssen, um eigenverantwortlich Patienten behandeln zu können !!!??? Zumindest die vertragsärztliche Versorgung betreffend ! Facharztstandard ?

  • Er deutete erstmalig aufgetretene, unerträgliche Kopfschmerzen begleitet von Übelkeit bei einer 17 jährigen Patientin, völlig falsch und schickte die Patientin mit der Diagnose "Migräne" nach Hause. Sie starb an den Folgen einer Hirnblutung.

    Das ist wirklich verdammt tragisch und traurig, keine Frage. Facharztstatus ist in einigen KVen kein Muss um Bereitschaftsdienste zu übernehmen. Exemplarisch die ÄBD Ordnung von Hessen: https://www.kvhessen.de/fuer-u…nstordnung-der-kv-hessen/
    Obwohl das ganze sehr tragisch ist, ist die Hirnblutung bei einer 17 j. ein sehr seltenes Ereignis, gerade diese wenigen abwendbar gefährlichen Verläufe aus der Masse an Kinkerlitzchen rauszufischen, das ist die Kunst in der Allgemeinmedizin. Da die Balance zu halten zwischen Unter- und Überdiagnostik ist schwierig, ob ein Facharztstatus vor diesem Fehler geschützt hätte ist fraglich. Es gab und gibt immer wieder Fälle gerade bei jüngeren Menschen wo seltene aber gefährliche Erkrankungen nicht diagnostiziert wurden, einfach weil sie eben selten sind (zB auch der Herzinfarkt bei unter 30 jährigen). Eine Entschuldigung für Fahrlässigkeit bei eindeutiger Klinik ist das natürlich trotzdem nicht.

  • die Balance zu halten zwischen Unter- und Überdiagnostik ist schwierig


    ein derartig unqualifizierter Arzt kann doch gar nicht unterscheiden, was evtl. an Diagnostik nötig ist ! Das ist doch der Punkt, wie soll so jemand, unterscheiden ob evtl. eine ernste Erkrankung dahinter steckt. Er hat etwas ERNSTES gar nicht in Erwägung gezogen..... kannte offensichtlich die Vorgehensweise bei erstmalig auftretenden, unerträglichen Kopfschmerzen gar nicht...... Ich finde es ist unverantwortlich, solche Ärzte dort tätig werden zu lassen. Ich glaube kaum, dass auch nur ein einziger Patient sich wissentlich in eine solche Gefahr begeben würde



  • Ist dir bekannt, welche Qualifikation die üblicherweise eingesetzten Ärzte auf Notaufnahmen haben?
    Einen Facharzt bekommst du da quasi nie zu Gesicht.


    ,
    Die Debatte "Qualifikation" als RH/RS/RA/NfS im Vergleich zu einem approbierten Arzt will ich gar nicht erst vom Zaun brechen.

  • Ist dir bekannt, welche Qualifikation die üblicherweise eingesetzten Ärzte auf Notaufnahmen haben?
    Einen Facharzt bekommst du da quasi nie zu Gesicht.


    Ein Missstand, den ich schon oft angesprochen habe im Forum. :hot:

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Aber der Versuch dessen? ?-(

    Nein auch nicht der Versuch dessen, nur eine Erklärung der Grundvoraussetzungen. Du und ich waren bei der Sache nicht dabei und wie immer macht es das dann so ziemlich unmöglich zu beurteilen wer hier warum versagt hat. Extrem traurig und leider nicht mehr gut zu machen ist das unabhängig von dieser Frage!