Der Postbote soll auch Lebensretter sein

  • RP-Online 29.07.2014


    Zitat

    Bei "Post persönlich" soll der Briefbote für Senioren im Notfall die Rettung rufen. Malteser und Caritas kritisieren das Modell: Es könnten wertvolle Zeit und nötige Professionalität bei der Notrettung auf der Strecke bleiben.


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    Ich bin ja nicht die Malteser oder die Caritas, aber ganz grundsätzlich verstehe ich nicht was dagegen sprechen soll das der Postbote bei seinen Rundgängen nach dem Wohlbefinden der Kunden schaut und ggf. Hilfe organisiert?
    Klar sind Hausnotrufsysteme fein aber für mich sieht die Argumentation von MHD und Caritas eher nach Stutenbissigkeit aus:

    Zitat

    "Bei solch einem nichtprofessionellen Angebot kann die Rettungskette unterbrochen werden und dadurch wertvolle Zeit verloren gehen." Denn der Postbote klingele an der Türe und gehe wieder, wenn ihm keiner öffne: "Postboten haben keine Wohnungsschlüssel dabei und könnten auch nicht einschätzen, welche Hilfe sie rufen müssten", meint Feister, der stattdessen auf ein Hausnotruf-System schwört.


    Eben, der Postbote klingelt überhaupt an der Tür. Viele HNR Teilnehmer werden ja auch erst HNR Teilnehmer wenn sie das erste Mal Pech hatten.
    Und wieso sollte ein Postbote nicht einschätzen können welche Hilfe er rufen muss? Den Abschleppdienst wird er wohl kaum rufen und die 112 merken wird er sich sicher können.

    The reason I talk to myself is because I’m the only one whose answers I accept. George Carlin

  • Ist halt in klarer Konkurrenz zum HNR, so unlukrativ scheint der Markt nicht zu sein wenn ich mir das bei uns so anschaue. Klar wird da gebissen...

  • Ich wollte damit auch nicht sagen das ich die Bissigkeit nicht verstehe, aber wie immer finde ich diese "Panikmache" furchtbar albern.
    Man kann doch seine Produktvorteile auch bewerben ohne dummes Zeug zu schwätzen... die sollten sich mal vernünftige Marketingmenschen holen. :cool_1:

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  • Wie wird durch das Klingeln des Postbooten, der nach dem rechten schaut, die Rettungskette unterbrochen?


    Die läuft doch gar nicht, das Postboote kann diese unter Umständen in Gang setzen, unterbrechen wird Schwer.

  • Vielleicht muss dem Herrn F. mal jemand die Rettungskette erklären? ;-)


    Ich sags ja... dummes Gefasel.

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  • Die Rettungskette liegt bei uns seit Jahren im Keller und die rührt auch keiner an, weil sie sackschwer ist.


    Unabhängig davon, ob das Klingeln des Postboten nun im entferntesten einen Beitrag zur medizinischen Versorgungsqualität liefern kann oder nicht ist es doch erstaunlich, auf welche Konzepte man in diesem hart umkämpften Markt kommt. Wäre die präklinische Hypothermie in ihrer Effektivität besser belegt wäre mein Bofrost-Lieferant morgen "BLS-Provider"...

  • Wir haben unsere Rettungskette an die Costa Kreuzfahrten Flotte verkauft. Da sollte so ein Kutter vor irgendeiner Insel mit festgehalten werden...[/OT]

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  • Radikaler Ansatz.


    Dass dies den Horizont der etablierten Unternehmen übersteigt, dürfte keinen wirklich wundern.
    Ähnliche Verhalten sieht man derzeit z.B. in der Taxibranche.
    Insofern ist die Reaktion von Caritas und Malteser eigentlich nur logisch.


    Beispiele für mögliche Resultate solch radikaler Ansätze, kann man sehr gut in der Telekommunikationsbranche sehen.
    Wer war noch einmal Nokia oder Research in Motion?


    Jetzt fehlt nur noch, dass die Post in eHealth macht.... :cool_1:


    vivates E-Health (Beispiel aus der Schweiz)

  • Daß MHD & Caritas hier eine Gefahr für ihr jeweiliges Diensteangebot sehen verstehe ich.


    Hat unabhängig davon jemand das Modell von Post und JUH soweit begriffen, daß er es in einfachen Worten wiedergeben kann? Wie erfährt der Briefträger von einer Abwesenheit des Kunden? Wenn ohne Vertagsverhältnis und entsprechender Abmeldung des Kunden auf Verdacht hin Wohnungen geöffnet werden, weil dem Postboten nicht geöffnet wird halte ich davon nur Abstand.



    Ich bin hier aber auch selbst durch übereifrige Nachbarn und Polizeibeamte vorgeschädigt. Vor einigen Jahren, als ich gerade einen neuen Job, außerhalb meines bisherigen Wohnorts aufgenommen hatte, machten sich einige ältere Nachbarn (ich kannte diese bis dato nicht wirklich) aus heiterem Himmel Sorgen und riefen die Polizei. Die Nachbarn bestanden darauf mich sonst regelmäßig getroffen zu haben und nun schon seit einigen Tagen nicht mehr. Daß mein Fahrzeug nicht vor der Tür stand und auch mein Briefkasten ständig durch Freunde geleert wurde war für die ermittelnden Beamten kein Grund anzunehmen, daß ich nicht daheim war. In der Folge ging man aus nicht nachvollziebaren Gründen von einer akuten Gefährdung aus und hat anstatt Schlüsseldienst das komplette Aufgebot von RD & FW bestellt. Zurück blieb vor Ort ein beschädigtes Fenster (hierüber wollte man zunächst einsteigen) eine demolierte Tür nebst Rahmen und eine nicht unerhebliche Rechnung. Erfahren habe ich von der Aktion erst als sich mein Arbeitgeber bei mir gemeldet hat, denn die Polizei hatte mich zur Fahndung ausgeschrieben und entsprechende Ermittlungen eingeleitet.


    Ich hoffe also, daß das neue Geschäftsmodell von Post & JUH an mir vorbei geht oder daß es zumindest eine Lösung gibt mich vor übereifrigen Helfern zu schützen.

    Em Herrgott sei schönschde Gab`isch ond bleibt dr`Schwob!

  • Auch wenn dein Beispiel natürlich interessant ist, so glaube ich doch das Post und JUH sich über diesen Fall Gedanken gemacht haben.
    Kann mir nicht vorstellen das wenn der Briefträger zwei Mal klingelt der Ziehfix schon im Anschlag ist.

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  • Zitat

    So könnte es ablaufen, wenn die Deutsche Post kommende Woche ihren Dienst "Post Persönlich" startet, ein Pilotprojekt in den beiden Ruhrgebietsstädten Gelsenkirchen und Mülheim. Dort sollen die Briefträger ab 1. Juli an den Haustüren von Senioren klingeln und diese nach ihrem Wohlbefinden fragen. Sollte es dem Kunden nicht so gut gehen oder dieser nicht die Tür öffnen, informiert der Postbote den Dienst der Johanniter, der wiederum einen Angehörigen kontaktiert. Das Angebot ist für ältere Menschen gedacht, die alleine wohnen und bei denen nicht täglich jemand nach dem Rechten sieht.


    Quelle uns ausführlicher Text

  • Naja, ganz ehrlich, es ist hier schon ein dicker Unterschied zum Hausnotrufsystem gegeben - eben weil die Notrufkomponente fehlt-.
    Persönlich gesehen finde ich es ja eine ganz nette Idee, aber mir wäre in der Tat lieber wenn der Kunde mit einem HNR versorgt ist und auf der anderen Seite jemand qualifiziertes (und im Zweifelsfall auch motivierteres, denn ich befürchte die Austragegebiete werden nicht viel kleiner wegen deswegen) beim älteren Menschen vorbei schaut.

  • Ich kann eure Bedenken zwar grundsätzlich verstehen aber es ist doch lediglich ein Pilotprojekt. Ich spekuliere mal man will vor allem die Nachfrage ausloten. Ich persönlich bin überzeugt man hat mehrere Varianten für einen Weiterentwicklung im Hinterkopf (vllt. den Postboten als "personifizierte Tagestaste" in Kombination mit einem HNR-Gerät für den Notfall?).
    Und ich glaube auch nicht das der Großteil an FSJ-lern welche bei vielen Anbietern primär zum HNR geschickt werden viel besser qualifiziert ist als ein Briefträger...

    Manchmal ist das Blatt zwischen den Zeilen auch einfach nur weiß.

  • Dieser Dienst soll im Monat 40 Euro kosten. Ein HNR Service liegt -je nach gewünschter Leistung- zwischen 20 und 40 Euro und bietet mindestens den gleichen Service. Dort nennt er sich nur eben Tagestaste. Den einzigen Vorteil im Vergleich zum Hausnotruf sehe ich darin, das der Kunde einmal am Tag einen Face-to-Face Gesprächspartner hat.

  • Na ja, der Kunde hat ein tägliches Gespräch, aber was hat er von den 12 Sekunden? Ein sicherlich spannender Ansatz, aber wenn der Postbote das nebenbei zu seinem vermutlich recht strengen Zeitplan regeln soll, wird er kaum mit den Bezahlbriefkastenkunden eine Kaffeerunde eröffnen können. Ich frage mich wirklich regelmäßig, ob Nachbarn nur noch dafür da sind, sich gegenseitig zu ärgern, anstatt sich zu unterhalten oder halbwegs ein Auge aufeinander zu werfen (im positiven Sinne, Vorgartennazis gibt es auch so schon genug).

  • Ich frage mich wirklich regelmäßig, ob Nachbarn nur noch dafür da sind, sich gegenseitig zu ärgern, anstatt sich zu unterhalten oder halbwegs ein Auge aufeinander zu werfen (im positiven Sinne, Vorgartennazis gibt es auch so schon genug).


    Ein schöner Gedanke.
    Aber mal ehrlich: Unterhältst du dich wirklich regelmäßig mit allen deinen Nachbarn oder immer nur mit den gleichen?


    Ich bin recht kommunikativ und plaudere auch gerne mal mit meinen Nachbarn oder mit den Leuten nebenan beim Bäcker. Aber wenn zwei Häuser weiter mal jemand drei Wochen lang fehlt, merke ich das tatsächlich nicht. Und selbst wenn ich merken würde, dass ich meine Nachbarn seit ein paar Tagen nicht gesehen habe, würde ich ihnen nicht direkt die Polizei oder die Feuerwehr auf den Hals hetzen.


    Ich finde es schon gut und richtig, wenn man älteren alleinstehenden Leuten organisierte Hilfskonzepte zur Verfügung stellt.
    Das kostet zwar ein bisschen Geld und hat nicht so einen romantischen Charme, dafür ist es vermutlich zuverlässiger.


    J.

  • Das artet aus, wenn ich dir jetzt über die Kommunikation mit meinen Nachbarn berichte, weil es dann noch 9 andere User tun, aber du weißt, was ich meine. Es geht nicht darum, dass ich die ganze Straße im Auge habe, aber in einer vernünftigen Nachbarschaft, fallen Unregelmäßigkeiten eher auf und es besteht die Tendenz, dass etwas passiert (durch ein Fenster gucken, andere Nachbarn fragen). Wohingegen die Nachbarschaften der dargestellten finsteren Art nur daraus besteht, zufällig auf der selben Straße oder im selben Haus zu wohnen und ansonsten nicht zu merken, wenn der Nachbar schon unter der Tür durch riecht.

  • Das artet aus, wenn ich dir jetzt über die Kommunikation mit meinen Nachbarn berichte, weil es dann noch 9 andere User tun, aber du weißt, was ich meine.


    Ja klar, aber du weißt auch, was ich meine.


    Ich halte ein Hausnotrufgerät (oder den engagierten Postboten) für sicherer als die Hoffnung darauf, dass meine lieben Nachbarn mich in zwei oder drei Tagen vermissen und dann mal zum Fenster reinschauen, dann aber erst mal noch weitere drei Tage abwarten, weil ich nicht hinterm Fenster, sondern im Bad liege.


    Aber sicher ist es schön, eine funktionierende Nachbarschaft zu haben. Meine Vermieterin stellt mir zum Beispiel immer einen Teller mit Kuchen vor die Tür, wenn sie gebacken hat. (Vermutlich würde sie nach mir suchen, wenn der Kuchen am nächsten Tag noch unangetastet wäre - du hast also Recht!)


    :popcorn:

  • Sie würde nach dir suchen, wenn der Kuchen nach 12 Minuten noch da ist :herz:


    Wenn ich mir allerdings ansehe, wie die Quoten der Hausnotrufteilnehmer zur Gesamtbevölkerung stehen und wie wenig bekannt diese Services sind, besteht Handlungsbedarf an anderer Stelle. Aber es kann natürlich wichtiger sein, dass man die Aufstellung der Fußballnationalmannschaft samt Spielplan auswendig kann, als zu wissen, welche Möglichkeiten es für die allein lebende Oma in den Weiten Mecklenburgs gibt. Daher sehe ich den Service der Post im Sinne einer Art Aufzeigen von Optionen als sinnvoll an und wir werden ja sehen, wie weit es eine Bekanntheit und Durchdringung gibt.