Führerscheinentzug und Geldstrafe für selbstfahrenden Notarzt wegen Straßenverkehrsgefährdung

  • Wie war eigentlich das definitive Stichwort bzw. die Depesche... Kind droht zu ersticken, oder Kind hat vor 30min etwas Sekundenkleber verschluckt und nun Übelkeit?

  • Schon klar das die Petition nicht von ihm stammt.
    Ist auch nicht der Punkt.


    Dennoch sehe ich in einem normalen, banalen Verkehrsrechtsverfahren keinen Sinn im "an die Öffentlichkeit gehen", wenn es nicht um eine gezielte Beeinflussung gehen soll.
    Oder hab ich den springenden Punkt übersehen?


    Ich würde das dem Arzt noch nicht einmal vorwerfen. Ich halte es nicht für verwerflich, alles zu tun, um den eigenen "Kopf aus der Schlinge zu ziehen". Ich kann verstehen, dass er sich subjektiv im Recht fühlt und dann alle Hebel in Bewegung setzt.


    Ich habe mich aufgeregt über die einseitige Berichterstattung, die nur Meinungen wiedergegeben hat und nicht einmal versucht hat zu recherchieren bzw. darzulegen, wie eigentlich die rechtlichen Grundlagen sind.
    Das ist bestenfalls schlechter Journalismus, schlechtestensfalls ziemlich manipulativ, wie man an der breiten öffentlichen Reaktion gesehen hat. Viele Menschen hinterfragen einfach nicht, was in der Zeitung steht, weil sie es nicht können oder weil ihnen nicht bewusst ist, wie (Online-)Journalismus funktioniert und welchen Mechanismen er unterliegt. So kommt es dann auch zu solchen bizarren "Petitionen".
    In diesem Fall ging es um ein Thema, das letztendlich so oder so relativ unproblematisch ist. Aber was ist denn, wenn in ähnlichem Stil über andere gesellschaftliche Themen berichtet wird und das "Volk" aufgestachelt wird? Ich kann nur jedem empfehlen, bestimmte Arten von Berichterstattung mit Vorsicht zu genießen. Ein Beispiel aus der letzten Zeit (sinngemäß): "Rettungsdienst traut sich nach Übergriffen nicht mehr ins Asylbewerberheim"...


    J.

  • Da stimme ich dir zu. Dann nehme ich mal meinen "Vorwurf" gegen den Doc zurück.

    The reason I talk to myself is because I’m the only one whose answers I accept. George Carlin

  • Wird ein Strafbefehl direkt angekündigt?
    Klar, dass man mitbekommt, dass die Polizei ermittelt. Aber ein Strafbefehl kann doch auch ohne mündliche Verhandlung aus den Ermittlungsergebnissen der Polizei heraus resultieren, oder?


    Ohne mündliche Verhandlung vor einem Gericht, die kann man dann durch den Einspruch erreichen. Aber zu den Ermittlungen der Polizei / StA gehört natürlich auch, dem Beschuldigten Gelegenheit zur Äußerung zu geben.


    Die Höhe des Strafbefehls ist ein anderes Kapitel.


    Die Höhe der Geldstrafe scheint mir nicht zu hoch gegriffen, wenn man mal von einem gehobenen Einkommen ausgeht. Was wir hier natürlich nur (lebensnah allerdings) unterstellen können.

  • Aber wenn der Arzt, aus welchen Gründen auch immer, nicht innerhalb einer Frist Stellung nimmt (was nicht zu verwechseln ist mit einer Aussageverweigerung), erlässt die Staatsanwaltschaft den Strafbefehl.


    Schmunzel, korrigiere mich, wenn ich irre.


    fakl


    Ich stimme deinen 'Schlussendlich' zu. Den nun bleibt der Eindruck bei den beteiligten Personen aus den sozialen Netzwerken hängen, dass die Staatsanwaltschaft aufgrund des öffentlichen Drucks einen Rückzieher gemacht hat. Während sich vorher die einen aufgeregt haben, wie die Staatsanwaltschaft diesen Lebensretter anzeigen kann, so regen sich nun die anderen auf, weil sie glauben, Gerichte werden so massiv durch öffentlichen Druck beeinflusst.


    Ich finde beides traurig

    “When I was a boy and I would see scary things in the news, my mother would say to me, "Look for the helpers. You will always find people who are helping.”


    • Fred Rogers

  • Bin ich froh, dass ich nicht am Ende der Woche geschrieben habe... :negativ:

  • Mit der Höhe meinte ich nicht die Geldstrafe. Mehr Verdienst bedeutet schließlich höhere Tagessätze.
    Da habe ich mich unsauber ausgedrückt.
    Ich meinte den Führerscheinentzug. :-)


    Hauke
    Im Sinne einer lebendigen Demokratie, finde ich Ersteres bedenklicher als Letzteres, weil es doch zeigt wie mächtig unser aller Grundrecht auf freie Meinungsäußerung sein kann und sich zeigt, warum andere Länder so ein Problem mit der Presse und öffentlicher Meinung haben.
    Auf unser Grundgesetz bin ich stolz. Um es einzuordnen:
    Dieser Stolz ist größer als er es für unsere Fußballnationalmannschaft oder sonstige gesellschaftliche oder kulturellen Errungenschaften unserer Landes jemals sein wird.
    Und ich bin für jeden Staatsdiener zutiefst dankbar, der sich für unser Grundgesetz einsetzt.

  • Im Sinne einer lebendigen Demokratie, finde ich Ersteres bedenklicher als Letzteres, weil es doch zeigt wie mächtig unser aller Grundrecht auf freie Meinungsäußerung sein kann und sich zeigt, warum andere Länder so ein Problem mit der Presse und öffentlicher Meinung haben.
    Auf unser Grundgesetz bin ich stolz. Um es einzuordnen:
    Dieser Stolz ist größer als er es für unsere Fußballnationalmannschaft oder sonstige gesellschaftliche oder kulturellen Errungenschaften unserer Landes jemals sein wird.
    Und ich bin für jeden Staatsdiener zutiefst dankbar, der sich für unser Grundgesetz einsetzt.


    Das ist aber auch nur die halbe Wahrheit, oder?
    So wichtig die freie Meinungsäußerung für die Demokratie ist, so wichtig ist doch auch die Unabhängigkeit der Justiz.

  • Aber wenn der Arzt, aus welchen Gründen auch immer, nicht innerhalb einer Frist Stellung nimmt (was nicht zu verwechseln ist mit einer Aussageverweigerung), erlässt die Staatsanwaltschaft den Strafbefehl.


    Ja, klar. Man kann natürlich nicht durch schlichtes Totstellen eine Bestrafung vermeiden. Das wäre ja auch praktisch... scheint sich aber wieder einmal zu bestätigen, dass der Versand eines Strafbefehls die Bearbeitungsgeschwindigkeit durch Betroffene steigern kann.



    Mit der Höhe meinte ich nicht die Geldstrafe. Mehr Verdienst bedeutet schließlich höhere Tagessätze.
    Da habe ich mich unsauber ausgedrückt.
    Ich meinte den Führerscheinentzug. :-)


    Der ist eine gesetzliche Regelfolge bei Straßenverkehrsgefährdung, also kann man hier nicht von einem besonders harten Vorgehen der StA sprechen.

  • so wichtig ist doch auch die Unabhängigkeit der Justiz.


    Die Frage ist und bleibt, wie man Unabhängigkeit definiert.
    Die USA besitzen auch eine Gewaltenteilung, besitzen eine unabhängige Justiz und nutzen Geschworenengerichte.


    Über das andere Extrem einer vollkommen unabhängigen, aber nicht durch die breite Öffentlichkeit legitimierte Justiz möchte ich nicht reden. Dafür gibt es im Ausland und in der Geschichte genügend Beispiele...
    Hier steht etwas über die Judikative:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Judikative


    Aber dein Argument ist auch ein Grund, warum man einen Prozess hätte befürworten sollen!


    @Schmunzel:
    Ich bezog mich, bezüglich des Entzugs der Fahrerlaubnis, hier auf die Bewertung dieser Juristin:
    http://www.feuerwehr-forum.de/s.php?n=803532

  • @Schmunzel:
    Ich bezog mich, bezüglich des Entzugs der Fahrerlaubnis, hier auf die Bewertung dieser Juristin:
    http://www.feuerwehr-forum.de/s.php?n=803532


    Da steht ja auch genau das drin, was ich geschrieben habe.


    Und übrigens spielt bei Laienjuries eine erhebliche Rolle, wie man diese vor Beeinflussung von außen schützt. Abgesehen davon kann man durchaus kritisch sehen, ob Laienrichter eine sinnvolle Erfindung sind. Aber darum geht es hier nun wirklich nicht.

  • Nein, es ging mir nur um den Ursprung des Begriffes Gewaltenteilung. Klassische Beispiel einer mangelhaften Gewaltenteilung: die Exikutive nimmt direkten Einfluss auf die Judikative etc.
    Das sich ein Richter in seiner Rechtsprechung, die auf Recht und Gesetz basiert, von der allgemeine Volksmeinung beeinflussen lässt, ist doch eher weniger verwunderlich. Die Volksmeinung kann auch ganz banal bedeuten: die Sitten und Gebräuche unseres Landes.
    Beispiel: Was ist unsittlich? Das müssen Gerichte selbst bewerten. Hier gibt es keinen festen Katalog an "unsittlichen" Sachverhalten.
    Diesen Freiraum würde ich persönlich nun nicht als negativ betrachten oder gar als Beispiel einer mangelnden Gewaltenteilung.


    Und nochmal: Im konkreten Fall hätte ich mir genau deswegen einen Prozess gewünscht.


    Zu dem Artikel:
    Vielleicht habe ich den Artikel auch falsch gelesen, aber sie war auch verwundert, wie man von dienstlichem Verhalten auf privates Verhalten Rückschlüsse ziehen kann. ?-(
    (Entzug der Fahrerlaubnis "Sie sind ungeeignet ein KFZ zu führen". Das bedeutet nicht nur nicht NEF fahren, sondern auch nicht zum Bäcker zum Brötchen holen. Klar kann man hier schlecht differenzieren. Die Frage ist nur, hätte man diese Sanktion benötigt?)

  • Vielen Dank für den Verweis!


    Ist der Notarzteinsatz der Regelfall?
    Hättest du es nicht als interessant empfunden, wenn Gerichte die Definition dieses Regelfalles im Kontext einer Blaulichtfahrt interpretiert hätten?

  • Völlig unabhängig davon, ob der Notarzt nun zu Recht oder zu Unrecht vom Vorwurf "freigesprochen" wurde (für mich als juristischen Laien mutet das doch sehr fragwürdig an): liest man insbesondere die Kommentare auf den diversen Fachseiten befürchte ich ernsthaft, dass diese Entscheidung und der Weg dorthin (Medien/Online-Petition) von Vielen nicht richtig eingeordnet werden kann bzw. ein völlig falsches Signal sendet. Er ist teilweise erschreckend und beängstigend, welche Meinungen man dort zu lesen bekommt.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Ich berichtige dich gerne: auch ein Blaulichtauto darf sich seine freie Fahrt nicht erzwingen. Gerade weil es sich über bestehende Regeln hinwegsetzt, ist Umsicht gefragt. Insofern wäre eine Anzeige durch den NA ggf. zum Bumerang mutiert.


    Zum Rest deines Beitrags hat thh (immerhin mit langjähriger Erfahrung in der Tätigkeit als Staatsanwalt im Hintergrund) eigentlich alles geschrieben was dazu aktuell zu sagen wäre.


    DAS wiederum hat ja auch niemand behauptet. Man lese, denke und staune. Sehr wohl kann man jemanden anzeigen, der seiner Pflicht, z.B. freie Bahn zu schaffen, nicht nachgekommen ist. Und dann gilt obig geschriebenes. Da brauch ich auch keine Nötigung dazu.


    Wie dem auch sei, ich habe das Ergebnis mit Erleichterung zur Kenntnis genommen und sehe jetzt wieder nur das fragwürdige Zitieren jener Quellen, die vorher noch als reißerisch abgetan wurden, um sich selbst bestätigen zu können, dass die Presse diese Aussetzung des Strafbefehls "erzwungen" hätte. Wenn nicht noch viele neue Informationen nachgekommen wären und der Fall dennoch beim selben Ergebnis gelandet wäre, hätte ich auch mein Vertrauen in die hiesige Justiz komplett verloren. Aber alles hat sein gutes Ende gefunden.

  • Wenn nicht noch viele neue Informationen nachgekommen wären


    Welche neuen Informationen sind denn nachgekommen? Hast du da nähere Informationen?
    Ich weiß nur (aus der Presse), dass der Notarzt sich an die konkrete Situation nicht erinnern konnte und nun plötzlich aufgrund seiner Aussage zur Einsatzfahrt der Vorwurf fallen gelassen wurde. Auf der anderen Seite gab es immerhin einen Autofahrer, der Anzeige erstattete und einen, der den Vorfall, auf den sich der Strafbefehl bezog, bezeugte. Für mich ist das alles sehr fragwürdig.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.


  • DAS wiederum hat ja auch niemand behauptet. Man lese, denke und staune. Sehr wohl kann man jemanden anzeigen, der seiner Pflicht, z.B. freie Bahn zu schaffen, nicht nachgekommen ist. Und dann gilt obig geschriebenes. Da brauch ich auch keine Nötigung dazu.


    Ne, dafür bist du lediglich im Bereich der Ordnungswidrigkeiten, deren Maximalandrohung bei 2.000 Euro liegt. Gleihes gilt übrigens für Leute, die unberechtigt Wegerechte anzeigen...

  • Also für mich persönlich ist der Beginn dieser ganzen Sache hochgradig peinlich. "Oh ich musste für ein Blaulichtauto bremsen, ich renn jetzt zu Mami (Polizei) und petze *grosses Kleinkind Geschrei*"


    Und warum? Weil der Anzeigensteller nicht Mann genug ist zum zuständigen Kreisverband zu gehen und zu sagen: "Hey euer Notarzt fährt ein bisschen arg schnell und hastig", dann gäbe es auf dem Dienstweg eins auf die Kappe und eine Entschuldigung fertig. Aber nein man hat ja nicht die Cohones dazu und läuft heulend zu Mama und petzt wie ein kleines Kind. :mauer:


    Das ganze jetzt unabhänhig von der Rechtsmässigkeit/Unrechtmässigkeit der Erteilung/Rücknahme des Strafbefehls, denn es hat was damit zu tun wie man grundsätzlich seine Angelegenheiten behandelt, als Mensch, Mann und Bürger.