CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn nennt Pflege-TÜV "Desaster"

  • Zitat

    "Spahn schließt sich nun diesem Urteil an. "Der enorme bürokratische Aufwand ist bei den Pflegekräften zu Recht verhasst", sagte er. Sie müssten jeden Tag sehr viel an Dokumentation ausfüllen und nachweisen, um damit ein "unbrauchbares Nonsens-Ergebnis" zu erreichen. So habe fast jede Einrichtung die Note eins, was Spahn für unrealistisch hält: "Es glaubt doch kein Mensch, dass die Heime in Deutschland alle gleich gut sind." Erst kürzlich habe in Bonn eine Einrichtung wegen eklatanter Mängel schließen müssen, die laut Pflege-TÜV die Note eins gehabt habe."


    Quelle und vollständiger Artikel: Süddeutsche Zeitung

  • Das Problem ist aber hausgemacht.
    Schliesslich entscheiden Politiker über gesetzliche Regelungen.
    Sie verlassen sich hierbei auf die etablierten Gremien, man kann auch sagen: auf die Lobbyisten.
    Die Gruppe der Pflegekräfte hat keine Lobby - was auch selbstverschuldet ist.


    Es wird auch für jeden Beitragszahler einleuchtend, wenn bspw. jede Handreichung in der (Alten)Pflege dokumentiert werden soll, weil dies einerseits eine Abrechnungsgrundlage darstellt und andererseits belegt, daß die Leistung als solche überhaupt erbracht wurde(was nicht dokumentiert wurde, wurde nicht gemacht).


    Was bei einer Autoreparatur sehr sinnvoll ist, führt aber in der (Alten)Pflege dazu, daß ein riesiger Zeitaufwand für die Bürokratie entstand/entsteht.
    Dieser erhebliche Zeitmehraufwand wurde niemals in personellen Berechnungszahlen berücksichtigt.
    Hinzu kommt, daß die Arbeitskräfte in der Altenpflege nicht immer die dt. Sprache in Wort und Schrift flüssig beherrschen.
    Dies führt dann zu Formulierungen, die mehrdeutig sind - das alleinige Abzeichnen irgendwelcher Listen ist nur ein Teil der Dokumentation.


    Im Unterschied zur Autowerkstatt arbeiten aber in der (Alten)Pflege nur sehr selten Meister und nur wenige Gesellen.
    Dafür ist der Anteil an Azubi's und Handlangern hoch.
    Was den Beitragszahler vielleicht erfreut wird allerspätestens dann zum Problem, wenn dieser Beitragszahler gleichzeitig Angehöriger eines pflegebedürftigen alten Menschen ist.
    Der wöchentlich auftretende Pianospieler im Foyer (ergibt Pluspunkte in der Bewertung) ersetzt halt nicht den notwenigen Zeitaufwand bei der Hilfestellung bei der Einnahme von Mahlzeiten und Getränken durch eine Fachkraft (NEIN, es wird nicht gefüttert - in den Einrichtungen leben MENSCHEN und keine Goldhamster).

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

  • Das Problem ist aber hausgemacht.
    Schliesslich entscheiden Politiker über gesetzliche Regelungen.


    Hättest du den Artikel gelesen, wüsstest du, dass das von Spahn nicht bestritten wird. Im Gegenteil:


    Zitat

    "Dem umstrittenen Pflege-TÜV droht das Aus. In einem Interview der Süddeutschen Zeitung plädierte der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn dafür, das Notensystem für die Pflegeheime wieder abzuschaffen. Ergebnis und bürokratischer Aufwand passten nicht zusammen, sagte er. "So, wie das heute läuft, ist es einfach nur ein Desaster." Das System der Pflegenoten habe "bei maximalem Aufwand und Ärger nichts, aber auch gar nichts gebracht". Wenn etwas nach so vielen Jahren nicht funktioniere, "dann sollten wir es einfach einmal streichen", sagte Spahn, der auch dem CDU-Präsidium angehört."

  • Bei der Praxisgebühr hatte es ja geklappt, so vielleicht auch beim Pflege-TÜV.


    Von mir aus können auch gleich noch die anderen Zertifizierungen und ähnliche Beschäftigungsmaßnahmen mitabgeschafft werden.

  • ...
    Von mir aus können auch gleich noch die anderen Zertifizierungen und ähnliche Beschäftigungsmaßnahmen mitabgeschafft werden.


    An was denkst du da? Zertifizierung Traumazentrum und so was? Fachausrichtungen wie Case-Manager? Oder was ganz anderes?

  • Jörg: ich habe den Artikel gelesen.
    Schön, wenn 2015 durch die Politik aufgenommen wird, was mindestens seit 2005 in Fachmedien und der öffentlichen Presse immer wieder thematisiert wurde.
    Bereits die Einführung der Pflegeversicherung wurde ja politisch-öffentlich als "optimalste" Lösung präsentiert - obwohl jedem interessierten Insider klar war, daß hier allenfalls eine Teilkaskolösung geboren wurde, die aber jedem als allumfassende Problemlösung dargestellt wurde.


    M.E. hat "die Politik" viel zu lange gebraucht, um die Verflechtungen und ausgehandelten Bedingungen zwischen Pflegekassen und Pflegedienstleistern is Visier zu nehmen.
    Man braucht noch nicht einmal pflegerisches oder medizinisches Fachwissen um zu erkennen, daß Foyerkonzerte für mobile Bewohnerinnen niemals einen Ausgleich zu druckentlastenden Massnahmen und bedürfnisorienierter Flüssigkeits- und Kalorienzufuhr sein können.


    Ich vergleiche einmal:
    in der (Grund)Schule mag es angehen, daß ich mit einer -1-in Musik meine -5- im naturwissenschaftlichen Bereich ausgleiche.
    Spätestens im Berufsleben aber zählt die erbrachte Arbeitsleistung und diese ist verknüpft mit den dazu zur Verfügung stehenden Ressourcen - sprich: mit der Anzahl und der Qualifikation der Mitarbeiter und den zur Verfügung stehenden Sachmittel.
    Der Erfolg einer Firma hängt primär nicht davon ab, ob im Eingangsbereich Teppichboden verlegt ist.


    Das war - und ist auch immer noch - die Krux des bestehenden Systems.
    Es werden Äpfel mit Birnen verglichen.
    Die teilweise lebensgefährlichen Folgen sind mit "Pflegefehler" falsch beschrieben - es sind Systemfehler.


    Diese Systemfehlerkennt jeder im RD: multiinfizierte Dekubiti bei hochfieberhaften und somnolenten Menschen; akute Excikosen und Dehydration, vermeidbare Sturzfolgen und-und-und.


    Ich habe den Artikel gelesen und hoffe sehr, daß nach der Erkenntnis eine vernunftorientierte Reform kommen soll.
    Gleichzeitig weiss ich, daß dies erst passiert, nachdem eine Vielzahl von Menschen unter den Mängeln des bisherigen Bewertungssystems schwere gesundheitliche Beeinträchtigungen bis hin zum Tod erlitten hat.

    raphael-wiesbaden


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  • Besonders gegen KTQ?
    Endlich nicht nur Prozesse, sondern Ergebnisse!



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    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • M.E. hat "die Politik" viel zu lange gebraucht, um die Verflechtungen und ausgehandelten Bedingungen zwischen Pflegekassen und Pflegedienstleistern is Visier zu nehmen.
    Man braucht noch nicht einmal pflegerisches oder medizinisches Fachwissen um zu erkennen, daß Foyerkonzerte für mobile Bewohnerinnen niemals einen Ausgleich zu druckentlastenden Massnahmen und bedürfnisorienierter Flüssigkeits- und Kalorienzufuhr sein können.


    Ah ja.


    Wieso kandidierst du nicht einfach? In deiner Welt scheint ja alles ganz einfach, eindimensional und lösbar zu sein. Dann mach doch was draus. Zeig diesem machthungrigen CDU-Jüngling doch einfach, wie es richtig geht. Kann doch nicht so schwer sein. Und ganz nebenbei spendierst du noch ne preiswerte kompakte Musikanlage von Aldi fürs Foyer, dann kann man sich die Musiker auch noch gleich sparen.

  • Nils:
    ich bin Realist genug, um zu erkennen, daß die Gestaltung von politischen Prozessen sehr oft nur eine Kompromisslösung ist.
    Dies ist zwar so - findet aber dennoch meine Kritik, wenn ich der Ansicht bin, daß zu viele Aspekte eines Problems nicht berücksichtigt.
    Es geht auch keinesfalls um einen CDU-Jüngling.


    Ich stelle mir zwar immer mal die Frage, wie lange die erstarrende Ehrfurcht vor Altkanzler Kohl noch andauert - unter dessen Kanzlerschaft sie Pflegeversicherung eingeführt wurde, die von Anfang an mit Mängeln versehen war (auch damals gab es bspw. schon Menschen mit erheblichen dementiellen Veränderungen)


    Ich kritisiere ja auch durchaus, daß Pflegekräfte nicht willens sind, sich zu organisieren.
    Dies mag an der christlichen Historie der Pflege liegen, dem Desinteresse der Gewerkschaften, dem Interesse vieler Beteiligter an "preisgünstiger" Dienstleistung.
    Beteiligte sind u.a. Politikerinnen jeder Coleur, die in Stiftungsräten, Leitungsgremien und Fachdezernenten sitzen und hier völlig konträre Punkte vertreten sollen:
    einerseits eine fachlich hochwertige Versorgung, die nun einmal mit einer Fachkräftequote steht und fällt...andererseits mit Beitragstabilität, weil dies fürden Wähler ein sehr entscheidendes Kriterium darstellt.


    Nils, selbst bekleidest ein politisches Amt.
    Ich unterstelle Dir damit Interesse an allen möglichen gesellschaftlichen Anliegen und Danke Dir dafür.
    Gleichzeitig ist jedes politische Amt - unabhängig von der Parteifarbe - damit verbunden, daß der Bürger jederzeit kritisieren und anzweifeln darf, was er möchte.
    Dies hat "der Politiker" nicht nur auszuhalten - er muß gleichzeitig ständig den Dialog zum Wähler/Bürger halten.
    Macht er das nicht, dann hockt er in einem selbst gebauten Glaskasten.


    Die zahlreichen Baustellen in der pflegerischen Versorgung möchte ich in einem gesonderten Beitrag am Bsp. der tgl. Körperpflege darstellen.

    raphael-wiesbaden


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  • Ich stelle mir zwar immer mal die Frage, wie lange die erstarrende Ehrfurcht vor Altkanzler Kohl noch andauert - unter dessen Kanzlerschaft sie Pflegeversicherung eingeführt wurde, die von Anfang an mit Mängeln versehen war


    Stell dir vor, manche Menschen sind zu einem differenzierten Blick auf die Welt fähig und dazu in der Lage, Menschen, sogar Politiker, nicht an einzelnen Entscheidungen zu messen (was im Rückblick auch häufig sicher einfacher ist, als wenn man in einer Entscheidungsverantwortung ist und nicht in die Zukunft sehen kann), sondern eine Lebensleistung zu beurteilen.
    Wenn ich an die Lebensleistung von Helmut Kohl denke, ist die Pflegeversicherung vermutlich ein Aspekt, auf den ich jetzt nicht gerade an erster Stelle kommen würde.

  • Gleichzeitig ist jedes politische Amt - unabhängig von der Parteifarbe - damit verbunden, daß der Bürger jederzeit kritisieren und anzweifeln darf, was er möchte.


    Echt jetzt? Politiker sind also grundsätzlich immer und grundlos zu kritisieren? Scheiß Job.

    The reason I talk to myself is because I’m the only one whose answers I accept. George Carlin

  • Ihr duscht Euch alle?
    Ich gehe einfach mal davon aus, daß Ihr diese Tätigkeit tgl. ausführt; aufgrund der Tagestemperatur/Eurer Transpiration/wg. einer gröberen Verschmutzung/nach einem Infektionstransport/in Vorbereitung einer Freizeitveranstaltung evtl. sogar zweimal.


    Warum macht Ihr das?
    Aus dem alleinigen Grund der Körperpflege würde eine Reinigung mit Kernseife und fliessenden, bestenfalls halbwarmen Wasser, völlig ausreichen.


    Wer darüber nachdenkt, warum er einfach aus Routine tgl. duscht, wird auf viele Gründe kommen.
    Es hat letztendlich etwas mit Genuß zu tun bzw. unserem Bedürfnis nach wohltuender Berührung (Sensorik, Haptik) in Verbindung mit einem angenehmen Geruch.
    Ggf. werden weitere Sinne aktiviert: ein Radio läuft oder der Wohnungspartner plaudert.
    Da wir hier in einem Fachforum sind, können auch "Peinlichkeiten" angesprochen werden:
    das tgl. Duschen ist für viele Menschen mit einer Blasenentleerung verbunden, ggf. sogar mit einer sexuellen Aktivität.
    Nach dem Duschen erfolgt ein gründliches Abtrocknen bei regelhaft vorhandenen intakten Hautverhältnissen.
    Ein mir nicht bekannter Anteil der Gesamtgruppe der Morgenduscher wird sogar eine Hautlotion auftragen oder auch andere Düfte/Essenzen für bestimmte Körperregionen.
    Letztendlich zieht Ihr alle (hoffe ich doch sehr; in unserer Zeit ist das so - in den 50-er-Jahren war dies noch kein Standard!) tgl. frische Unterwäsche an.
    ......................................................................................................................................................................................................................
    In Abhängigkeit von Lebensalter, Vorerkrankungen, körperlichen Einschränkungen benötigen Menschen in den stationären Pflegeeinrichtungen hierbei Hilfestellung.
    Wer einen alten Menschen vor sich hat, findet regelhaft einen Hautzustand vor, der sich von einer jüngeren Person unterscheidet.
    Dies bedingt dann eine besondere Sorgfalt bei der Hautpflege - zu der die Körperpflege zählt.
    Berücksichtigt werden müssen auch noch die vielfältigen Hilfsmittel, die bei alten Menschen zu finden sind:
    Blasenkatheter, Kondomurinale, suprapubische Harnableitungen, Anus Praeter.
    Hörgeräte können ebenso Hautirritationen hervorrufen wie eine Brille mit fest angezogenen Bügeln.
    Bei eingeschränkter Motorik der Hände (bspw. rheumatische Erkrankung) ggf. in Kombination Einschränkung von Seh- und Geruchsinn kommt der tgl. Zahnpflege eine besondere Bedeutung zu: das alleinige Einlegen eines Prothesenteils in einen Becher mit Wasser und Sprudeltablette ist nicht ausreichend!


    Bisher noch nicht erwähnt habe ich, daß es in der geriatrischen Bevölkerungsgruppe oft zu einer Ablehnung bei Hilfestellungen im Kontext der Körperpflege kommt:
    - Verschwendung (früher wurde Wasser gespart - "frische Wäsche" gab es nur einmal wöchentlich)
    - Peinlichkeit bzw. Intimsphäre (Nacktsein, nicht-angezogen-sein)
    - Einschränkung bzw. Verlust von Sinnessystemen (Verschmutzung von Körperstellen und Bekleidungstücken, keine Wahrnehmung von Schweiss, Urin, Kot)
    - Angst vor Verlust/Diebstahl (neu gekaufte Garderobe wird nicht als Eigentum erkannt - was nicht primär sichtbar ist, wurde gestohlen).


    Pflege soll heutzutage ganzheitlich (also allumfassed) und individuell sein (also keine Massenabfertigung).
    Ich hoffe sehr, daß Ihr beim Lesen gemerkt habt, wieviele Punkte eigentlich beachtet werden sollten (und ich habe noch längst nicht alle erwähnt).
    Jetzt überlegt Euch selbst einen durchschnittlichen Zeitwert und multipliziert ihn mit der ebenso durchschnittlichen Zahl von nichtmobilen Menschen einer beliebigen Pflegeeinrichtung, die Ihr tgl. mit Eurem Fzg. aufsucht.
    Dann habt Ihr einen ersten Ansatz (die Selbstverständlichkeiten wie Be- und Entkleiden, Essen und Trinken, Ausscheidung kommen ja noch dazu!) wie hoch eigentlich der Anteil von Fachpflegekräften eigentlich notwendig wäre.
    Vielleicht fällt Euch die Berechnung leichter, wenn Ihr Euch vorstellt, daß diese nichtmobilen Menschen allesamt liebe Verwandte sind, also Personen, die es "wert sind" daß man sich gut um sie kümmert.


    Wer jetzt noch den allseits beliebten Politikspruch "Pflegen kann doch jeder" voller Überzeugung von sich gibt... dem ist nicht mehr zu helfen.


    Danke fürs Lesen!

    raphael-wiesbaden


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  • Hä? :shok:


    Siehe meinen letzten Satz in Beitrag #11 dieser Diskussion.
    Am Bsp. der tgl. Körperpflege soll verdeutlicht werden, was die einfache Tätigkeit der Körperpflege so alles umfasst und warum es dazu ausreichend fachlich geschultes Personal benötigt.

    raphael-wiesbaden


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