Ich habe das Gefühl, dass der Empathie-Teil in der Medizin häufig zu kurz kommt bzw. stark unterschätzt wird.
Könnte mir vorstellen, dass beide etwa gleich gute/ schlechte Ergebnisse hätten...
In der praktischen Medizin kommt es ohne Frage zu kurz, doch ich muss behaupten, dass es kein Fehler des Studiums / der Lehre ist. Es gibt inzwischen kaum noch ein Semester ohne mindestens ein psychologisches / psychiatrisches / psychosomatisches / soziologisches / ethisches Fach. Und bisher war die Gesprächsführung und empathischer Umgang ein wichtiger Teil, teils soweit, dass andere wichtige Aspekte des Fachs schon vernachlässigt wurden. In der Praxis sieht es zugegeben ganz anders aus, in jedem Unterricht am Krankenbett (UaK), jedem Blockpraktikum und jeder Famulatur ist man recht überrascht von der Realität - wenn man sie aus der Rettung / Pflege / etc nicht eh schon kennt. Woran liegt das? Nun, zu einem guten Teil sicherlich an dem was fakl sagte, nicht jeder Mensch ist empathisch. Mediziner, unabhängig vom genauen Tätigkeitsfeld Arzt / Rettung / Pflege sind ein Querschnitt der Gesellschaft wie alle große Berufsgruppen, vielleicht mit einer leichten Verschiebung der Normalverteilung. Sollte es eine Voraussetzung sein? Schön wäre es sicherlich, aber wie will man das realisieren? Empathie und unsere gesamte Persönlichkeit unterliegt bis ins Hohe Alter hinein einer stetigen Entwicklung, ich glaube nicht, dass es sich vorhersagen lässt, wer welche Voraussetzung am Ende seiner Ausbildung / seines Studiums hat. Ich glaube aber auch allerdings nicht, dass die Probleme im Patientenumgang ausschließlich aus mangelnder Empathiefähigkeit des Personals resultieren.
Ich denke vielmehr, dass eine der wichtigsten Ursachen die Arbeitsverdichtung ist. Bei dem in der Medizin inzwischen abgeforderten Leistung in einer 48 - 56 Stunden Woche ist das Stresslevel einfach extrem hoch. Dies erhöht nicht nur die Fehlerquote, sondern schlicht auch die Reizbarkeit. Und darunter leidet der Patientenumgang am meisten. Ich zitiere es immer wieder gern, auch wenn ich nicht mehr weiß, wo es herkam: "Niemand von uns würde einen Mechaniker, der seit 22 Stunden durcharbeitet an den Motor seines geliebten Autos lassen, aber vom Chirurgen erwarten wir ein freundliches Gespräch und eine fehlerfrei, komplikationslose sechs Stunden OP." Vielleicht sind es nicht nur die schlechten und bösen Kollegen, vielleicht tragen die Arbeitsumstände den erheblicheren Teil bei.