Rettungssanitäter: Quo vadis?

  • Ich finde Johannes D. Argumentation schlüssig, würde da aber gerne mehr ins Detail gehen.


    Du hast völlig Recht, wenn du sagst, dass es unbefriedigend ist, wenn Ausbildungsinhalte gekürzt werden, weil man von politischer Seite eh nur von einem Einsatz im Krankentransport ausgeht. Ich finde das sogar ziemlich kurzsichtig.
    Wenn wir davon ausgehen, dass zukünftig NfS besser vergütet werden sollten, weil sie ja auch mehr Wissen und Verantwortung tragen, ist die Konsequenz ziemlich sicher, dass es immer weniger NfS /NfS Besatzung gibt und mehr NfS / RS Besatzungen.


    Daher halte ich die Aufwertung des RS durchaus für sinnvoll. Ich habe meinen RS 2007 in Goslar gemacht (bzw. den RH Grundlehrgang ...) und das war schon recht umfangreich. Ich würde sagen, dass es ziemlich gut das abgedeckt hat, was man als RS (!) für den Rettungsdienst wissen muss. Wenn man über die Erweiterung der Ausbildung spricht, würde ich viel mehr an die Praxismodule rangehen: Längere Zeit als Dritter, konsequenter auf technischem und medizinischem Gerät einweisen, Fahrsicherheitstraining speziell für RTWs und für Fahrten mit SoRe. Und das ganze bis zum abwinken.


    Die Theorie reicht mMn aus. Jedenfalls gemessen an dem Maßstab von 2007 in Goslar. Ich muss keine umfangreichen Differentialdiagnosen stellen (z.B. Verdachtsdiagnosen) und auch keine 12 Kanals lesen können. Aber ich muss erkennen, in welche Richtung ein Einsatz geht, ob ich schon mal die Trage holen gehen kann oder schnell den Ambu-Beutel bereit lege, das NEF nachfordere, usw. Das sind mMn alles Dinge für die Praxis, nicht für den Theorieunterricht.


    Der RS ist in der Notfallrettung eine Hilfs - bzw. Aushilfstätigkeit, das meine ich völlig neutral und nicht negativ. Mein Aufgabenbereich verlangt kein umfangreiches Theoriewissen (verglichen zum NfS), sondern eine zügiges praktischen Zuarbeiten. D.h. die Handgriffe müssen sitzen. Und das sollte man auch gezielter ausbilden.

    “When I was a boy and I would see scary things in the news, my mother would say to me, "Look for the helpers. You will always find people who are helping.”


    • Fred Rogers

  • 2007 wurde in Goslar noch nach dem alten niedersächsischen Curriculum ausgebildet, leider ist seither drastisch gekürzt worden. Grundsätzlich ist die RS Ausbildung nach altem Standard ganz gut gewesen, man müsste sie um ein paar theoretische Dinge ergänzen, zeitlich etwas entzerren, im schulischen Bereich deutlich mehr Praxistraining hinzufügen und die Praktika verlängern und schon hätte man eine solide einjährige Ausbildung.



    Ein großes Problem wäre allerdings, dass man dem Kind dann vermutlich auch einen neuen Namen geben müsste. Das ist natürlich sehr kritisch. :ironie:

    Land zwischen den Meeren,
    vor dem sich sogar die Bäume verneigen,
    du bist der wahre Grund,
    warum Kompassnadeln nach Norden zeigen!

  • Das habe ich doch implizit bereits geschrieben:


    Ansonsten: Meiner Meinung nach kann man mit Rettungssanitätern nach "altem Standard" auch in der Notfallrettung arbeiten. Die neuen Curricula, die ich oben angesprochen habe, führen zu recht großen Lücken, die echte Probleme machen. Eine Reanimationprüfung im Modus des Megacode / advanced lifesupport ist schon zielführender als eine BLS Prüfung, um ein Beispiel zu nennen. Modelle wie den RS200 halte ich für eine gute Idee, aber langfristig sollte man in Richtung einer einjährigen Ausbildung gehen, schließlich wollen wir insgesamt die Qualität heben.


    Im Detail ist die Frage nicht leicht kurzgefasst zu beantworten. Sicher fahren, die grundlegenden Abläufe kennen und aktiv mitarbeiten, eine Patientenbindung soweit aufbauen können, dass er kein Störfaktor wird, mit dem Arbeitsmaterial adäquat umgehen können und die körperlichen Aufgaben, die an uns gestellt werden, bewältigen können. In den zwei bis drei Monaten, in denen sie bei uns nach der RS Prüfung als Dritte mitfahren müssen, wird meist noch sehr viel Ausbildung gemacht. Das sollte meiner Meinung nach mit einem Kollegen, der dann verantwortlich fährt, nicht mehr erforderlich sein. Der muss seine Aufgabe einfach ausführen können.

    Land zwischen den Meeren,
    vor dem sich sogar die Bäume verneigen,
    du bist der wahre Grund,
    warum Kompassnadeln nach Norden zeigen!

  • Du übersiehst aber gerade bei den HA RS, die viel auf dem RTW unterwegs, dass diese Erfahrungen sammeln, die durch keine Ausbildung ersetzt werden können.


    Diesen Aspekt verdränge bzw. übersehe ich nicht, habe ihn nur bislang absichtlich aus der Diskussion heraus gelassen. Sicher kann man über Stunden/Tage/ Einsätze einiges an praktischer Erfahrung sammeln, zum richtigen Erfahrung sammeln gehört aber auch ein gewisses Grundwissen. Die beste Erfahrung bringt mir nichts, wenn ich nicht auch ein entsprechendes Grund-/Fachwissen habe und damit entsprechendes Hintergrundwissen.
    Ein Beispiel:
    Ein RTW Team trifft auf einen Patienten der bei einer oberen GI-Blutung massiv Blut erbrochen hat und schockig ist. Sieht man so etwas ein mal erkennt man sehr schnell, dass es dem Patienten echt dreckig geht. Spätestens, wenn der Patient beim aufsetzen kollabiert erkennt man den ernst der Lage. Hat der RettSan das ein mal gesehen wird er den ernst der Lage beim nächste Mal sicher früher erkennen bzw. auch bei anderen Patienten durch ihr Verhalten / Aussehen eher einschätzen können wie gut/schlecht es ihnen geht. Ohne Frage das ist ein zugewinn und auch wichtig. Dem NotSan bringt es aber nichts, wenn sein RettSan den ernst der Lage erkennt, aber es ihm an Hintergrundwissen fehlt um zumindest sehr grob zu erkennen was das Problem ist. Der RettSan sollte in solch einem Moment nicht nur den ernst der Lage erkennen, er sollte auch eigenständig auf die Idee kommen welche Maßnahmen als nächstes laufen könnten bzw. müssten. Er sollte dabei nicht nur erkennen was vermutlich als nächstes kommt, sondern zum Teil auch eine entsprechend Vorarbeit leisten und assistieren können.

    Weil deine Argumentation ansonsten inkonsequent ist. Wo ist der Unterscheid zwischen einem NFS der einem Arzt unterstützt und einem RS der einen NFS unterstützt?

    Wenn ich deiner Argumentation folge, dann muss ich jetzt mal provokativ fragen für was wir dann einen NotSan mit einer 3jährigen Ausbildung brauchen?
    Will man, dass der NotSan mehr fachliches Wissen und mehr Kompetenzen hat um einen Notfallpatienten besser bis zum Eintreffen des Arztes versorgen zu können, dann braucht er eben auch jemanden an seiner Seite der ihn dabei unterstützen kann. Ein RettSan mit minimal Ausbildung der jeden Schritt erklärt bekommen muss, der ist kein kompetenter Partner an der Seite des NotSan. Geht es uns um die Versorgungsqualität des Notfallpatienten, dann dürfen wir diese nicht nur am Notarzt oder dem NotSan festmachen, sondern müssen das ganze Team entsprechend schulen. Es bringt uns nichts, wenn jeder NotSan ein Zimmer seiner Wohnung mit Urkunden von Buchstabenkursen tapezieren kann, wenn an seiner Seite jemand arbeitet der noch nicht mal einen hauch an Ahnung von dem Ganzen hat.

    12-Kanal kleben? Das kann man im Praktikum sicher lernen.


    Man sollte das im Wachenpraktikum üben, es kann aber nicht Sinn und Zweck sein im Wachenpraktikum das EKG an sich durch zunehmen. Ein RettSan muss kein 12 Kanal EKG interpretieren können, er sollte aber schon mal wissen welche Rhythmen es bei der Reanimation gibt und warum man den einen mit Strom behandelt und den anderen nicht.


    Grundlegend sollte man aus meiner Sicht davon weggehen, 1. den RettSan immer an der Seite des NotSan zu sehen und 2. den RettSan als Chef eines besseren Taxi (=KTW) zu sehen. Ein RettSan sollte vor allem genauso Rettungsfachpersonal sein, wie ein NotSan und damit auch ein Stückweit entsprechendes Fachwissen haben. Gerade da ein RettSan auch "Chef" auf dem KTW sein kann und oder bei einem San-Dienst sollte er eben mehr drauf haben, als nur zu erkennen "Oh...dem gehts wohl nicht gut!". Ein RettSan sollte durchaus auch erkennen können warum es wohl einer Person nicht gut geht oder was man dann machen kann. Sicher kann man vieles davon auch im Alltag lernen, vieles lernt man dann aber nur tlw. und oder manchmal auch nicht unbedingt korrekt. Lernt man die Sachen grob im theoretischen Teil, dann kann man durch Einsatzerfahrung auch wirkliches Fachwissen aufbauen und zur qualitativen Versorgung des Patienten beitragen.

  • Ich kann jetzt nur für mich sprechen, aber eine obere GI Blutung und das erkennen eines Schocks gehörten definitiv zu meinem Ausbildungsstandard als RS. Natürlich muss ein Grundwissen her. Dafür muss der RS aber nicht monatelang in der Schule hocken. Seine Aufgaben sind eben eher praktischer Natur

    “When I was a boy and I would see scary things in the news, my mother would say to me, "Look for the helpers. You will always find people who are helping.”


    • Fred Rogers

  • Sicher sind die Aufgaben des RettSan eher praktisch, genauso wie die des NotSan. Trotzdem braucht man für diese praktischen Aufgaben ein gewisses Hintergrund wissen, denn ohne diese kann man den Hintergrund und den Bedarf an solchen Maßnahmen nicht erkennen bzw. verstehen.


    Im übrigen bin ich nicht der Meinung, dass ein RettSan Ewigkeiten in die Schule muss/soll. Würde man die Ausbildung auf z.B. ein Jahr dehnen, dann könnte man mit 4 Monaten Theorieunterricht + 2 Monate Klinikpraktikum + 3 Monate Rettungsdienstpraktikum und 1 Monat Prüfungsvorbereitung + anschließender Prüfung einiges erreichen. Die übrige Zeit habe ich übrigens nicht unterschlagen, sondern für Ferien o.ä. eingerechnet.
    Würde man die Ausbildung entsprechend dehnen, dann könnte man den RettSan auch im Bereich Gesprächsfürhung und strukturierter Versorgung etwas mehr Input zukommen lassen. Auch im Bereich der oftmals für wichtig gehaltenen Lagerung und oder dem Umgang mit älteren Personen könnte man dem RettSan etwas mehr an Fachwissen an die Hand geben. Die Kombination aus längerer theoretischer und längerer praktischer Ausbildung würde aus meiner Sicht auch dazu führen, dass man auch mehr üben kann und die Chance hat mehr Erfahrung sammeln zu können.
    Mit einer entsprechenden Ausbildung könnte der RettSan allgemein besser aufgestellt sein, was für ihn als 1. Mann auf dem KTW eine echte Hilfe sein kann und auch für die Position des zweiten auf dem RTW.

  • Ich finde das etwas über das Ziel hinaus. Der heutige RS ist, wenn ich mich jetzt nicht ganz vertue, bei einer Vollzeitausbildung, nach ca. 3 Monaten fertiger RS. Richtig? Diese Ausbildung jetzt auf einmal in der länger vervierfachen?


    Der Monat für die reine, trockene Theorie reicht mMn weiterin aus (meinen Maßstab hatte ich ja genannt: Das, was 2007 in Goslar gemacht worden. Das war sehr umfangreich und hat im Grunde alles abgedeckt).
    Ich würde einen weiteren Monat dran hängen. Man könnte in der Tat hier und da Theorie etwas vertiefen, ich würde aber vielmehr noch praktische Inhalte lehren. Rettung aus Autowracks, Immobilisieren mit den gängigen Methoden und Geräten, Assistenz bei Intubation usw.


    Teile davon werden dann in den Praktika vertieft, der Rest als 3. auf'm RTW. Dadurch würde sich die Ausbildung aber im Grunde nur um einen Monat verlängern. Man könnte noch darüber reden, die RTW-Zeit zu verlängern. Dann wären wir aber eher bei einem halben Jahr. Und nicht bei einem ganzen Jahr. Ich halte das für zu viel.


    Zitat

    Sicher sind die Aufgaben des RettSan eher praktisch, genauso wie die des NotSan. Trotzdem braucht man für diese praktischen Aufgaben ein gewisses Hintergrund wissen, denn ohne diese kann man den Hintergrund und den Bedarf an solchen Maßnahmen nicht erkennen bzw. verstehen.


    Ja, ganz genau. Nur muss der NotSan da ein sehr umfassendes Wissen haben, weil er Differentialdiagnosen stellen muss, die Behandlung richtig einleiten muss, usw. Als RS muss ich das nicht. Ich sollte halt schon grob erkennen, wo die Reise hingeht. Aber da reicht Basiswissen für aus. Ich finde das, was du verlangst, als zu viel für eine Aushilfstätigkeit. Und das ist der RS nunmal.

    “When I was a boy and I would see scary things in the news, my mother would say to me, "Look for the helpers. You will always find people who are helping.”


    • Fred Rogers

  • Ich würde auf die Krankenhaus-Praktika einen nicht so großen Stellenwert legen, auch wenn es natürlich mehr als sinnvoll wäre, aber wir wissen ja alle, dass die meist nicht so ablaufen, wie das ausbildungstechnisch gewünscht ist.

  • Grundsätzlich verstehe ich, dass du dich an dem von dir in Goslar gelernten orientierst. Würde ich mich an meinem RettSan orientieren, dann würde ich wie du sagen ein Monat mehr an Theorie reicht.
    Betrachtet man sich aber wie unterschiedlich die Ausbildung zum RettSan abläuft und wie unterschiedlich die Schwerpunkte bzw. Lerninhalte sind, dann würde ein Plus von 2 Monaten in Kombination mit einem einheitlichen Lehrplan ein echter Zugewinn sein. Aus meiner Sicht könnte man dafür gern die Pläne von früher wieder aufnehmen und die Ausbildung ähnlich dem NotSan auf Bundesebene regeln.


    Mir sind aktuell zwei Schulen bekannt, wo der RettSan eine reine BLS Rea inkl. AED macht (tlw. sogar ohne Larnyxtubus oder vergleichbares) und bei einer wird ABCDE durch BAK ersetzt, da das ABCDE für einen RettSan angeblich "zu viel ist". Solche RettSan Ausbildungen sind für mich im Bezug auf eine Assistenz für einen NotSan oder gar für den Einsatz als 1. auf dem KTW sehr fragwürdig.
    Sicher darf der Inhalt der RettSan Ausbildung nicht zu aufgebläht werden, die Theorie sollte aber einen halbwegs auf die Praxis vorbereiten und das sehe ich im von mir eben beschriebenen Fall nicht als gegeben an.


    Warum hältst du eigentlich ein Jahr für zu lang? Schließlich geht es hier um eine Ausbildung, die dazu berechtigen soll als 1. ein Rettungsmittel zu besetzen und als Assistent in einem Team einen Notfallpatienten nach aktuellen Standard bzw. allgemein gesagt qualitativ zu versorgen.
    Warum sollte man nicht analog der Krankenpflege zwei Qualifikationen einführen, wo die niedrigere eine Ausbildung von einem Jahr hat und die höhere eine Ausbildungszeit von 3 Jahren hat und wo es möglich ist sich mit der ersten zur Zulassung zur zweiten zu qualifiziere. Mit dem Zukunfts-RettSan muss man ja nicht die bisherigen ins Abseits schieben oder dem Ehrenamt den gar ausmachen, man kann beiden auf verschiedenen Wegen ermöglichen auch in Zukunft noch etwas in der Hand zu haben. Beim bisherigen RettSan könnt man über eine Fortbildung nach gewissen Regeln nachdenken und für das Ehrenamt könnte man den bisherigen RettSan erhalten und diesen als RettSan-KatS oder Rettungshelfer bezeichnen, wobei letzteres im Rettungsdienst dann nur für den Einsatz als 2. auf dem KTW reichen würde. Mit einer solchen Regelung würde keiner großartig verlieren.


    Hilope & Eddy:
    Der Sache bin ich mir durchaus bewusst. Die Sache entstammt nur dem Wunsch anderer den RettSan im Bezug auf Erkrankungen / Gebrechlichkeiten des Alters und beim Thema Lagerung besser auszubilden.

  • Das Problem ist halt, dass der RS immer weiter abgewertet wurde und immer mehr benötigt werden, auf Grund explodierender Anzahl an RTW/KTW. Dadurch leidet auch die Qualität was nachher den fertigen RS angeht. In Nds. ist der RS eigentlich nur noch auf KTW getrimmt, muss aber letztendlich auf Grund des herrschenden Mangels auch auf dem RTW eingesetzt werden. Das war vorher eigentlich kein Problem, weil die theoretische Basis besser war. Wenn aber heute nur noch rudimentäre EKG Bilder gelehrt werden, wie Kammerflimmern, Asystolie, aber Sachen wie AV-Block und ähnliches unter den Tisch fällt, ist es klar dass da ein großes Gefälle zwischen RS und NFS ist.


    Allerdings möchte ich auch in Erinnerung rufen, dass auch der RA keinesweg fertig und als vollwertiges Mitglied in sein Annerkennungsjahr gestartet ist. Ich habe auch einige frischgebackene RAs mit Urkunde kennengelernt, die immer wieder Unterstützung durch den erfahrenen RS brauchten.


    Von daher denke ich, sollte man den RS aus der Ecke des reinen KTW-Besatzungsmitglieds wieder rausholen, und den Fokus mehr auf Notfallrettung legen. Sollte die alte Ausbildung dann mehr Zeit spendiert bekommen und eben Sachen zu vertiefen, um so besser. Denn was einem RS fehlt am Anfang, wie allen anderen, ist Praxiserfahrung als 2. Besatzungsmitglied.


    Denn um den NFS unterstützen zu können muss der RS die Handlungsabläufe kennen und unterstützen können und Theorie und Einsatzerfahrung dahin gehend kombinieren können, dass er eben nicht nur Träger und Fahrer ist, sondern die Lage richtig einschätzen kann. Dann kann man die richtigen Schlüsse ziehen und damit die richtigen Vorschläge dem NFS unterbreiten, um zielführend zu arbeiten.

  • _BC_


    Die Situation, wie du sie beschreibst, muss natürlich entsprechend geändert und im Idealfall bundesweit einheitlich verlaufen. BLS + AED ist letztich auf den Bereich KTP ausgerichtet, was in unseren Szenario ja nicht das Ziel ist. Hier gibt es natürlich Nachholbedarf.


    Ich denke, dass ein Jahr zu lange sein könnte, weil vieles vertieftes Wissen im eigentlichen "Aufgabenbereich" das RS gar nicht mehr abgerufen bzw. erforderlich ist. Dafür hat er ja den NfS. Verstehe mich nicht falsch: Ein RS, der über seinen Tellerrand hinaus schaut, ist ausgesprochen wünschenswert. Aber es bringt nichts, ihm viel beizubringen, was er am Ende dann eh nicht anwendet, weil er immer höherqualifziertes Personal dabei hat. Und für die Einschätzung eines Patienten beim im KTP reicht auch "mein" Stand, den ich 2007 hatte ... naja, zugegeben: Einschließlich 1-2 Jahren Erfahrung.


    Zitat

    Ich würde auf die Krankenhaus-Praktika einen nicht so großen Stellenwert legen, auch wenn es natürlich mehr als sinnvoll wäre, aber wir wissen ja alle, dass die meist nicht so ablaufen, wie das ausbildungstechnisch gewünscht ist.


    Dem stimme ich zu. Pflegepraktikum hat mir nicht viel gebracht, aber ich würde auch behaupten, dass ich von Anfang an keine wirklich Probleme mit Empathie und Patientenkontakt hatte. Letztlich war ich ein Essensverteiler und ein Bettenschieber und somit für die Stationsschwestern eine willkommene Entlastung. Intensiv war immer dann interessant, wenn der Rettungsdienst einen akuten Notfall gebracht hat, ansonsten waren eben viele Dinge auch zu speziell, als das ich das als RS 1. verstehe und 2. dabei etwas mitnehme. Anästhesie fand ich super. Ich durfte intubieren, viel wichtiger fand ich aber tatsächlich dass Assistieren bei der Intubation, das aufziehen der Medikamente und das Kennenlernen verschiedene Narkosemedikamente. Da habe ich sehr viel mitgenommen, weil das am Ende genau mein Aufgabenbereich sein wird.

    “When I was a boy and I would see scary things in the news, my mother would say to me, "Look for the helpers. You will always find people who are helping.”


    • Fred Rogers

  • Aber es bringt nichts, ihm viel beizubringen, was er am Ende dann eh nicht anwendet, weil er immer höherqualifziertes Personal dabei hat.


    Ich glaube genau hier haben wir einen weiteren Knackpunkt unserer Diskussion. Im Gegensatz zu dir würde ich diese These nicht aufstellen, denn 1. kann der RettSan durchaus verantwortlich auf einem KTW fahren und 2. kann der RettSan im Ehrenamt durchaus auch eigenverantwortlich und ohne Personal mit höherer Qualifikation eingesetzt werden. Verschärfen tut aus meiner Sicht die Problematik, dass man in manchen Bundesländern auf die Idee kommt den RTW / RettSan ohne jemand höher qualifizierten zu "niedrigen" Notfällen zu schicken. Denkt man an die Zukunft und die fehlende Unendlichkeit an NotSan, dann muss man auch auf den Gedanken kommen, dass es immer weniger KTW mit RettAss/NotSan Besetzung geben wird und die Wahrscheinlichkeit mit einem KTW einen Notfall bzw. eine Erstversorgung zu fahren immer höher wird.

  • Verstehe mich nicht falsch. Ich will den RS nicht günstlich dumm halten. Aber nehmen wir mal als Beispiel die Intubation. Ich habe im RS Lehrgang gelernt, zu intubieren. Immer und immer wieder. Und in der Klinik dann erneut. Ein Tubus nach dem anderen. Um in den 10 Jahren danach kein einziges mal zu intubieren. Die endotracheale Intubation ist nicht wirklich Aufgabe eines RS. Ich hätte mir lieber Zeit genommen und das Vorbereiten der Intubation + Narkose geübt. Übungsmedikamente, Trockensubstanzen, usw. die ich von morgens bis abends aufziehe, beschrifte, Mischverhältnis drauf schreiben, usw. Denn das ist das, was ich am Ende tue. Die Intubation macht der NfS oder der NA. In viele Fällen wird sogar erstmal ein Larynxtubus genommen.
    Und das sind diese handwerklichen Fähigkeiten, die ich meine. Das ist ja kein Hexenwerk, ein Medikament aufzuziehen. Aber zu wissen, welches Medikament in welchen Dosierungen "üblich" ist, welche Tricks es gibt um schnell alles bereit zu stellen, usw. Das finde ich wichtig.


    Das Intubieren ist nice to know ... aber wir haben irre viel Zeit damit verschwendet. Und ähnlich sehe ich das bei Theorieinhalten. Es ist schön, wenn der RS ein sehr umfassendes Theoriewissen hat. Er wird es aber in den seltensten Fällen anwenden müssen, wenn überhaupt. Ich wusste nach dem Theorielehrgang damals ziemlich genau, wo man die Thoraxdrainage einführt. Aber was ich eigentlich tun muss, um alles halbwegs keimfrei vorzubereiten ... no idea. Das musste ich mir selbst erarbeiten. Und hier will ich einfach die Ausbildung etwas mehr auf den eigentlichen Aufgabenbereich des RS konzentrieren.

    “When I was a boy and I would see scary things in the news, my mother would say to me, "Look for the helpers. You will always find people who are helping.”


    • Fred Rogers

  • Ich hätte mir lieber Zeit genommen und das Vorbereiten der Intubation + Narkose geübt. Übungsmedikamente, Trockensubstanzen, usw. die ich von morgens bis abends aufziehe, beschrifte, Mischverhältnis drauf schreiben, usw. Denn das ist das, was ich am Ende tue.


    In viele Fällen wird sogar erstmal ein Larynxtubus genommen.


    Ich wusste nach dem Theorielehrgang damals ziemlich genau, wo man die Thoraxdrainage einführt. Aber was ich eigentlich tun muss, um alles halbwegs keimfrei vorzubereiten ... no idea.


    Mit den gebrachten Zitaten gehst du genau auf meine Kritikpunkte der bisherigen bzw. an manchen Schulen üblichen Ausbildung ein. Ein RettSan muss kein Intubation oder eine Thoraxdrainage beherrschen, er muss aber aber eine Intubation vorbereiten; ein Larynxtubus anwenden und auch einigermaßen keimfrei arbeiten können. Ein RettSan soll in dem Theorieuntericht auch nicht Tag für Tag von morgens bis abends mit irgendwelchem hoch greifendem Fachwissen zugeschüttet werden, er sollte aus meiner Sicht für sich wichtiges Fachwissen im Zusammenhang mit der Abarbeitung entsprechende Fallbeispiele bzw. einzelnem üben von Maßnahmen bekommen. Mit einer solchen Ausbildung könnte man echt etwas erreichen, vor allem auch für den Einsatz als 1. Mann auf dem KTW, als verantwortlicher beim San-Dienst oder gar für das alleinige Arbeiten beim Einsatz als RTW mit zwei Patienten.