Rettungssanitäter: Quo vadis?

  • Da nicht jeder Facebook hat oder dort regelmäßig reinschaut möchte ich dort auf eine lebhafte Diskussion in der Facebook-Gruppe "Arbeitsbedingungen im Rettungsdienst.Meinungen und Diskussionen" aufmerksam machen.


    Es ist scheinbar mit einer Petition zu rechnen, in der gefordert wird, dass Rettungssanitäter, unabhängig von der Möglichkeit des zweiten Bildungsweges, nach mehrjähriger Berufserfahrung in der Notfallrettung auch mit einem Hauptschulabschluss die Ausbildung zum Notfallsanitäter antreten können.

  • Zum Verständnis: Es ist laut dem zukünftigen Petenden in dieser Form schon der Krankenpflege möglich, also Krankenpflegehelfer plus n Jahre Berufserfahrung als Zugangsmöglichkeit ohne Mittlere Reife zur Gesundheits- und Krankenpflge-Ausbildung.

  • Da nicht jeder Facebook hat oder dort regelmäßig reinschaut möchte ich dort auf eine lebhafte Diskussion in der Facebook-Gruppe aufmerksam machen.


    Nach einem Blick auf die Mitgliederliste scheint mir das halbe Forum in dieser Gruppe vertreten zu sein :-D

  • Es ist scheinbar mit einer Petition zu rechnen, in der gefordert wird, dass Rettungssanitäter, unabhängig von der Möglichkeit des zweiten Bildungsweges, nach mehrjähriger Berufserfahrung in der Notfallrettung auch mit einem Hauptschulabschluss die Ausbildung zum Notfallsanitäter antreten können.

    Mir stellt sich die Frage, wenn jemand nicht in der Lage ist, warum auch immer, den Realschulabschluss nachzuholen, warum sollte er dann so nebenher die NFS-Prüfung packen?

  • Hilope, hast du dich nicht so sehr daran gestört, sinnlos irgendwelche Dinge an einer Schule zu lernen, nur damit man einen Lappen in der Hand hält, mit dem man dann einen gewissen Beruf erlernen kann? Du meintest, dass man diese Zeit sinnvoller nützen könnte. (Nachtrag: Sehe gerade: das warst nicht du, sondern thh ! )


    War Thema in meinem Blog, weil ich Abi notgedrungen machen musste, obwohl ich 95% davon nicht mehr brauche.


    Tja, ich finde, genau hier würden die Leute die Zeit sinnvoller nutzen, da sie gezielt nach ihrem Berufswunsch ausgebildet werden und nicht erst wieder jede Menge (für ihren Berufswunsch) sinnlosen Kram lernen müssen

    “When I was a boy and I would see scary things in the news, my mother would say to me, "Look for the helpers. You will always find people who are helping.”


    • Fred Rogers

    Einmal editiert, zuletzt von Hauke ()

  • Dann kann man auch das Abitur sein lassen und es bei allen auf 9 Jahre Schule beschränken. Sind dann aber halt nur Fachidioten unterwegs und ein Berufswechsel wird später sehr schwer fallen.


    Außerdem soll Schulbildung auch "Lebensqualifikation" sein. Du weiß nicht, ob du Vieles von dem, was du heute kannst (abseits von deinem Beruf), auch könntest, wenn du das ganze "Unnötige" nicht gelernt hättest.

  • Gerade im Dozentenkreis in meinem Dunstkreis hat die Anhebung auf den Realabschluss großen Beifall geerntet. Ich persönlich halte ein gewisses naturwissenschaftliches Grundverständnis für die Ausbildung für unabdingbar. Und in unserem Berufsbild später spielt auch eine gute Allgemeinbildung und politisch-soziologisches Verständnis eine Rolle. Auch wird in vielen Bereichen ein sehr differenziertes Denken gefordert, das muss irgendwo geschult werden. Es war oft problematisch Themen soweit herunter zu brechen, dass jeder eine faire Chance hatte dem zu Folgen. Und wir beklagen so oft, dass Bildungsaufträge von der Oberstufe an die Uni verlagert werden. Müssen da Bildungsthemen der Mittelstufe unbedingt in die Ausbildung verlagert werden, an welcher Stelle ist dies besser? Natürlich gibt es wieder den positiven wie den negativen Einzelfall vom dummen Abiturienten und brillanten Hauptschüler. Zur Sache tragen sie beide nichts bei, denn Zugangsregeln müssen eine Verallgemeinerung eingehen, eine Einzelfallprüfung ist nicht zu leisten.


    Aber ich denke, wir müssen uns von der Vorstellung einer Durchlässigkeit für alle und jeden lösen, wenn wir die Qualitätsansprüche und die Kompetenzstellung erreichen wollen, die hier so oft gefordert ist. Wenn wir so viel mehr leisten wollen, müssen wir akzeptieren, dass dies am Ende nicht jeder kann. Ergo bleiben dabei nunmal Leute hintenan. Sei es bei der Zulassungsvoraussetzung, beim Ausbildungsniveau, bei der Prüfung (gleich ob Ausbildungs- oder Ergänzungsprüfung / StEx für RettAss) oder bei den Voraussetzungen zur Berufsausübung. Bei letzterem wird man irgendwann das Problem haben, dass man den ein oder anderen nicht erfolgreich auf die SOPs geschult bekommt, vielleicht wird es irgendwann in Deutschland auch Rezertifizierungen geben (müssen). Sicherlich ist vieles davon Zukunftsmusik, aber man muss sich an den Gedanken gewöhnen, dass bei Niveausteigerungen und Prüfungen Leute überfordert werden. Ich finde es regelmäßig gruselig, wie teils vom selben Personenkreis gefordert wird, dass man nun diese und jene Kompetenz bekommen müsse, weil man ja so hart geprüft würde und im selben Atemzug verlangt wird, dass dies aber nichts kosten und keinesfalls jemand durchfallen dürfe. Welche Strömung sich am Ende durchsetzt wird neben wirtschaftlichen und juristischen Zwängen maßgeblich entscheiden, wohin die Reise im Rettungsdienst geht.

    Land zwischen den Meeren,
    vor dem sich sogar die Bäume verneigen,
    du bist der wahre Grund,
    warum Kompassnadeln nach Norden zeigen!

  • Ich könnte mir vorstellen, dass man den jetzigen Rettungssanitäter mit seiner 3 monatigen Ausbildung, nicht zuletzt wegen dem Ehrenamt und dem Katastrophenschutz, noch als Transportführer eines KTW einsetzt.


    Aber das man dem Notfallsanitäter auf dem RTW einen Fahrer mit einer vergleichbaren einjährigen Ausbildung wie dem Transportsanitäter aus der Schweiz spendiert - Diese umfangreichere "Fahrer"-Qualifikation könnte dann auch zu einer Verkürzung der NotSan-Ausbildung berechtigen.


    Dies würde aus meiner Sicht zu einer Aufwertung des jetzigen RettSan-Berufsbildes führen und zeitgleich dem NotSan einen höher qualifizierten Assistenten zur Seite stellen - Was ich im Rahmen eigenverantwortlicher Maßnahmen des NotSan mit entsprechend eigener Abwicklung von Einsätzen sehr begrüßen würde.

  • Mangels Facebook kann ich die Diskussion dort nicht mitlesen bzw. mich hier auf diese beziehen, dennoch habe ich hierzu eine Meinung.


    Aus meiner Sicht könnte man den aktuellen RettSan bei der Ausbildung zum Notfallsanitäter berücksichtigen, aber nur in dem man entsprechende Personen vom KTW Praktikum als 3. Mann befreit und ihn früher auch mal als 2. einsetzt.
    Die aktuelle Rettungssanitäterausbildung halte ich aufgrund der Regelung auf Länderebene und den dadurch entstehenden Unterschieden, sowie der generellen Ausbildung für wenig geeignet um diese umfangreich in der Ausbildung zum NotSan anzuerkennen.


    Würde man die Ausbildung zum Rettungssanitäter überarbeiten oder besser noch eine neue Qualifikation oberhalb dieser einführen, die bundeseinheitlich in ihren Grundzügen geregelt wir und z.B. mindestens 1 Jahr dauert könnte ich mir eher eine umfangreichere Anerkennung vorstellen.
    Selbst wenn man solch eine Anerkennung nicht zulassen will, es braucht aus meiner Sicht dringend eine Überarbeitung der Ausbildung für den 2. Mann auf dem RTW und den 1. Mann auf dem KTW. Die bisherige Ausbildung zum Rettungssanitäter ist aus meiner Sicht für die Position als 2. Mann auf dem RTW nur teilweise geeignet. Auch im Bezug auf die aktuelle und zukünftige Situation auf dem KTW halte ich die aktuelle Rettungssanitäterausbildung für den 1. Mann auf dem KTW für unzureichend.
    Generell würde ich es aber begrüßen, eine Ausbildung wie den aktuellen Rettungssanitäter für den ehrenamtlichen Bereich zu erhalten.


    Letztlich hoffe ich, dass die Petition genug Stimmen und Öffentlichkeit bekommt um etwas bewegen zu können. Ich hoffe aber, dass die Bewegung zu einer neuen Strukturierung der Ausbildung führt und nicht einfach zur Anerkennung dieser.

  • Es geht in diesem Petitionsvorhaben überhaupt nicht um eine Anerkennung von Ausbildungsteilen, sondern um eine Zulassung zur Ausbildung ohne den erforderlichen Realschulabschluss, wenn mehrjährige Erfahrung vorliegt.

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  • Danke für diesen Hinweis.


    Wobei das Eine und das Andere für mich sehr nah zusammen hängen. Erkennt man den RettSan im Bezug auf die Zulassung an, dann wir die Forderung nach einer entsprechenden Anerkennung zu Verkürzung der NotSan-Ausbildung nicht lange auf sich warten lassen.


    Bezüglich der Anerkennung für die Zulassung kann ich mir nur ein Weg unter den aktuellen Bedingungen vorstellen, das wäre das Festschreiben von einer Tätigkeit als RettSan von deutlich über einem Jahr (inkl. der Festschreibung das ein FSJ nicht anerkannt werden kann und eine geringfügige Beschäftigung nur anteilig) und einen einheitlichen Eingangstest. Würde man diese zwei Hürden meistern, dann könnte ich mir Vorstellen dass man als RettSan mit Hauptschulabschluss auch die Ausbildung zum NotSan beginnen kann.

  • Es geht in diesem Petitionsvorhaben überhaupt nicht um eine Anerkennung von Ausbildungsteilen, sondern um eine Zulassung zur Ausbildung ohne den erforderlichen Realschulabschluss, wenn mehrjährige Erfahrung vorliegt.


    Es geht aber in dieser baldigen Petition um eine Aufwertung der RettSan-Tätigkeit.


    Ich präferiere dagegen lieber eine Aufwertung der Qualifikation - Für mich gehören Leute mit einer 3-monatigen Qualifikation nicht als Fahrer und als Assistent eines NotSan auf einen RTW.

  • Die Frage ist gerade, ob wir alle hier über das selbe Petitionsanliegen sprechen. Ich beziehe mich auf folgende Frage in einer geschlossenen Gruppe:


    Zitat von Facebook

    Ich denke über eine Petition zur Änderung des Notfallsanitätergesetzes nach. Das Inhalte änderbar sind, durften wir ja vor kurzem feststellen. Es sollte den Kollegen Rettungssanitätern(w/m) möglich sein, auch ohne Fachoberschulreife oder anderer abgeschlossener Berufsausbildung die Ausbildung zum Notfallsanitäter aufzunehmen. Vorgeschlagene Vorraussetzung: Fünf Jahre nachgewiesene Tätigkeit als Rettungssanitäter. Davon mindestens 1600 Stunden in der Notfallrettung. Eure Meinung?


    Parallel dazu gibt es ja von Seiten des DBRD soweit ich gehört habe Bestrebungen, die Rettungssanitäterausbildung im Sinne einer einjährigen Ausbildung zu novellieren. Das wiederrum fände ich sehr unterstützenswert.

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  • Dann kann man auch das Abitur sein lassen und es bei allen auf 9 Jahre Schule beschränken. Sind dann aber halt nur Fachidioten unterwegs und ein Berufswechsel wird später sehr schwer fallen.


    Außerdem soll Schulbildung auch "Lebensqualifikation" sein. Du weiß nicht, ob du Vieles von dem, was du heute kannst (abseits von deinem Beruf), auch könntest, wenn du das ganze "Unnötige" nicht gelernt hättest.


    Ich würde gerne vieles können / wissen, was meine Freunde an der Realschule gelernt haben, in der Oberstufe aber nie angesprochen worden ist. Das soll jetzt aber nicht zu weit vom Thema abkommen, weiteres gerne per PN.


    Ich bin nicht der Meinung, dass dann nur Fachidioten unterwegs sind. Mein Beruf ist hier vielleicht eine seltene Ausnahme, weil ich außerhalb der Luftfahrt als komplett ungelernt gelte. Nichts desto trotz bin ich innerhalb der Luftfahrt trotzdem eine gefragte Fachkraft, wenn es um Entwicklung und Forschung geht.


    Nochmal: Ich würde es begrüßen, dass erfahrene RS ihre Jahre quasi als Einstieg für die Berufsausbildung nutzen können, ohne nochmal extra zur Schule gehen zu müssen. D.h. nicht, dass sie nicht trotzdem einen Realschulabschluss nachholen können / sollten, weil sie vielleicht mehrere Eisen im Feuer haben wollen.


    In der "freien" Wirtschaft ist irgendwann der Schulabschluss doch auch nicht mehr wichtig, sondern der bisher ausgeübt Beruf, die Berufserfahrung und natürlich der Eindruck im Vorstellungsgespräch bzw. beim Probearbeiten.

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    • Fred Rogers

  • Ich bin nicht der Meinung, dass dann nur Fachidioten unterwegs sind.

    Doch, das wärst du dann. Es soll in der Schule nicht nur um die Vermittlung von technisch-naturwissenschaftlichen Dingen gehen, die dazu befähigen, einen Beruf ausführen zu können, es geht um eine humanistische "Grundausbildung" im weitesten Sinne, es geht darum, dass du am demokratischen Gemeinwesen teilnehmen kannst, es geht darum, dass du über Kunst, Literatur und Musik diskutieren kannst usw. Ich weiß, es hört sich sehr pathetisch an und das Ziel wird sehr häufig verfehlt, aber das ist zumindest die Grundintention unseres Schulsystems. Wenn du nur Mathematik, Physik und Chemie in der Schule hattest, wirst du lediglich ein gut funktionierendes Rädchen im Wirtschafssystem sein, dass wenig über unser soziales Gebilde zu reflektieren in der Lage wäre.



    Nochmal: Ich würde es begrüßen, dass erfahrene RS ihre Jahre quasi als Einstieg für die Berufsausbildung nutzen können, ohne nochmal extra zur Schule gehen zu müssen. D.h. nicht, dass sie nicht trotzdem einen Realschulabschluss nachholen können / sollten, weil sie vielleicht mehrere Eisen im Feuer haben wollen.

    In einem medizinisch-sozialen Beruf gehört eben mehr dazu, als nur einen Körper zu reparieren. Johannes D. hat es doch schon angesprochen, sozio-kultureller Hintergrund, Geschichtsverständnis usw. das sind wichtige Skills, sonst bist du nur ein Medizinroboter. Ob dafür ein zusätzliches Jahr Realschule ausreicht, mag fraglich sein, es ist aber allemal besser als nichts.



    In der "freien" Wirtschaft ist irgendwann der Schulabschluss doch auch nicht mehr wichtig, sondern der bisher ausgeübt Beruf, die Berufserfahrung und natürlich der Eindruck im Vorstellungsgespräch bzw. beim Probearbeiten.

    Natürlich nicht, deswegen wird auch immer der Hauptschüler mit Schlosserberuf für leitende Positionen dem Abiturienten mit FH- oder Hochschulabschluss vorgezogen werden :eyeroll:

  • Zitat

    In der "freien" Wirtschaft ist irgendwann der Schulabschluss doch auch nicht mehr wichtig, sondern der bisher ausgeübt Beruf, die Berufserfahrung und natürlich der Eindruck im Vorstellungsgespräch bzw. beim Probearbeiten.


    Es sei denn, es will jemand eine Ausbildung absolvieren, für die ihm der notwendige Abschluss fehlt. Das ist selbstverständlich in der freien Wirtschaft auch nicht anders.


    Mir ist zudem völlig unklar, was eine fünfjährige (ehrenamtlich e? ;-)) Tätigkeit und 1600 Stunden in der Notfallrettung mit dem Realschulabschluss zu tun haben. Entweder bedarf es der entsprechenden auch und insbesondere theoretischen Kenntnisse, dann kann man sie nicht dadurch ersetzen, dass man 1.600 Stunden als Fahrer einen RTW bewegt. Oder man kann die Ausbildung genauso gut mit einem Hauptschulabschluss absolvieren, dann muss man die Eingangsvoraussetzungen generell ändern. Alles andere passt nicht zusammen.