Verkürzung der Ruhezeiten "in Notfällen"

  • Hallo nochmal,


    bei uns brennt es gerade an vielen Stellen, das Thema Ruhezeiten lässt mir momentan keine Ruhe.


    Laut Gesetz mind. 11 h, in Ausnahmefällen 10 h, wenn Ausgleich innerhalb von... Details grad nicht so relevant, hab eben auch noch was von Verkürzung um zwei Stunden gelesen, das wären immerhin noch neun Stunden.


    Aber darf die Ruhezeit tatsächlich auf sieben Stunden gekürzt werden??? Und wenn ja, wo steht das? Unser Spätdienst endet um 00:06 Uhr, der Frühdienst beginnt um 06:54 Uhr, wären in Summe noch nicht mal die vollen sieben Stunden und egal wo ich nachlese, mehr als zwei Stunden Verkürzung kann ich nicht finden.


    Kann mir da bitte jemand weiterhelfen?


    Die Ursache liegt bei uns de facto darin, dass von vornherein mit zu wenig Personal kalkuliert wurde, was einen Ausnahmefall wohl eher nicht begründet... Würde ich zumindest mal behaupten, kenn mich da aber auch nicht so gut aus.

  • Die 1. Frage ist: Gibt es einen Tarifvertrag mit einer Öffnungsklausel nach ArbzG §7 Absatz 1 Satz3?


    Wenn nicht, dann sagt unser Gewerbeaufsichtsamt:


    1.
    Die mögliche Verkürzung der Ruhezeit nach ArbzG §5 trifft nicht auf den Rettungsdienst zu!
    Wenn der Gesetzgeber es gewollt hätte, dann hätte er ihn wie in ArbzG §10 erwähnt.
    Dies ergibt sich nach Aussagen auch aus der Kommentierung des Gesetzes.


    2.
    Bedeutet das Wort "kann" im ArbzG §5 eine Öffnungsklausel für Tarifverträge und keine Regelung per se.


    3.
    Auf die Frage nach korrekt geplanten Diensten und dann entstandenen Überstunden sagt man, dass dann ArbzG §14 greifen müsste und eine ungeplante Unterschreitung der Ruhezeiten erlaubt sei.


    Somit bleibt für den Rettungsdienst laut ArbzG eine Ruhezeit von 11 Stunden erforderlich und nur im Ausnahmefall (z.B. ungeplante Überstunden) ist eine Verkürzung der Ruhezeit möglich.


    Soweit die Auskunft unseres Gewerbeaufsichtsamtes.


    PS: Unser Arbeitgeber hält sich streng an die Einhaltung von 11h Ruhezeit.

  • Es klingt nicht so, als würdet ihr 12h-Dienste fahren, oder?

    Ja und nein. Wir haben einen etwas gewöhnungsbedürftigen Schichtplan, 12 Stunden kommen da auch vor, aber hier geht es explizit um den Wechsel von Spät auf Früh, den wir auch haben.


  • Genau so ist es. Selbst mit Tarifvertrag keine Unterschreitung der 10 Stunden. Und wenn dann muss die nächste Ruhezeit entsprechend länger sein also mind 13 Stunden. Dass passt natürlich allen Arbeitgebern die 12 Stundenschichten fahren nicht wenn dann nach einem langen Einsatz das Personal am nächsten Tag nicht um 7:00 kommt sondern erst um 9:00 Uhr oder später. Das ist aber vollkommen korekt die Verpflichtung für entsprechenden Ersatz zu sorgen liegt organisatorisch definitiv beim Arbeitgeber. Mein Chef wollte das nicht glauben und meinte sich mal bei einem Staatsanwalt erkundigen zu müssen. Der sah das genau so und seither ist ruhe im Karton zu dem Thema bei uns. :i_am_so_happy:

    "...Was Sie brauchen haben Sie und was Sie nicht haben brauchen Sie auch nicht.."

  • Mal abgesehen von der rechtlichen Situation ist es ein absolutes Ding der Unmöglichkeit unter sieben Stunden Ruhe zwischen zwei Diensten anzusetzen. Ich finde selbst die 11 Stunden Ruhezeit relativ wenig, aber sieben Stunden reichen ja nicht einmal um auszuschlafen!

    "Um ein tadelloses Mitglied einer Schafherde sein zu können, muss man vor allem ein Schaf sein. "

  • Oben ist bereits alles notwendige geschrieben, aber nur als Anmerkung:
    Das Thema ist eines der Themen in denen die Gewerbeaufsichtsämter meist am schnellsten reagieren, da die Sachlage hier relativ klar ist.


    Geplant (im Sinne von "Krankheitsvertretungen, Urlaubsvertretungen, usw.) sind solche Unterschreitungen das gefundene Fressen - und selbst bei ungeplanten (z.B. 4 Überstunden wegen MANV) wird oft kritisch nachgefragt warum man als Arbeitgeber keine entsprechenden Mechanismen für diese Fälle hat.


    Ist kein Spaß und sorgt bei Kontrollen jedes Mal für Stress. Spannender Weise obliegt es dem AG auch das gegenüber seinem MA zu kontrollieren - z.B. im Bezug auf Tauschschichten (abzulehnen), Nebenbeschäftigungen, aber auch "verfrühtes Erscheinen auf der Wache" (ein Leiter RD bekam bei der Prüfung Probleme weil regelmäßig Crews "freiwillig" zu früh anfingen nachdem sie abends Überstunden fuhren.

  • Oben ist bereits alles notwendige geschrieben, aber nur als Anmerkung:
    Das Thema ist eines der Themen in denen die Gewerbeaufsichtsämter meist am schnellsten reagieren, da die Sachlage hier relativ klar ist.

    Passiert da auch mal mehr als ein erhobener Zeigefinger? Angeblich waren die nämlich schon zweimal da und passiert ist nix...

  • Passiert da auch mal mehr als ein erhobener Zeigefinger? Angeblich waren die nämlich schon zweimal da und passiert ist nix...

    Was ich so von Gewerbeaufsichtsämtern erlebt habe ist eher beschämend. Die Unfallversicherungsträger sind meistens ein bisschen mehr auf Zack, verstehen sich aber grundsätzlich auch eher als Partner und naja... irgendwie habe ich die bisher immer sehr nachlässig erlebt. Schade für diejenigen, die sich an die Vorgaben halten, wenn andere ständig damit durch kommen. Das traurigste daran ist allerdings, dass es sich im Arbeitsschutz ja um Minimalvorgaben handelt. Im Sinne guter Arbeit sollte es sich dabei um eine Selbstverständlichkeit handeln und eher das Bestreben da sein, die Arbeitsqualität nach individuellen Gesichtspunkten zu verbessern. Aber ich schweife in utopische Träume ab...

    "Um ein tadelloses Mitglied einer Schafherde sein zu können, muss man vor allem ein Schaf sein. "

  • Passiert da auch mal mehr als ein erhobener Zeigefinger? Angeblich waren die nämlich schon zweimal da und passiert ist nix...


    Hängt stark von den lokalen Gegebenheiten ab. Ich habe Gewerbeaufsichtsämter erlebt die den Laden beinahe zu gemacht haben - die Strafen sind exorbitant hoch (wenn ich mich recht entsinne bis zu 15.000€ je MA und Tag).
    Und ich habe Aufsichtsämter erlebt in denen ist gar nichts passiert außer jedes Mal 120€ Strafe und das war es.


    Wichtig ist es hier ggf. halt konstant aktiv zu sein - Wenn zwei Mal nichts passiert ist beim dritten Mal trotzdem die Wahrscheinlichkeit höher das sie doch durchgreifen.

  • Von der rechtlichen Situation mal abgesehen frage ich mich immer wieder, wer solche Dienstpläne erstellt und fast noch wichtiger, wer sie genehmigt. Ihr habt eine MAV, der Dienstplan unterliegt meines Wissens der Mitbestimmung und muss von ihr genehmigt werden. Sorry, was sind das für Luschen???
    Und eben, was glaubt ein Arbeitgeber, was er mit solchen Aktionen beim Mitarbeiter auslöst? Die Zeiten sollten doch langsam vorbei sein, in denen man sagt ?entweder spielst du mit, oder du kannst dir nen anderen Job suchen? (in einer ?Firma mit MAV? öfter so noch erlebt). Ich würd das mal nem Arbeitsrechtler offiziell vorlegen (entweder über Gewerkschaft oder sonst über Rechtsschutz). So Aktionen wenn mal vor dem Arbeitsgericht landen, sorgen regelmässig für ?Erheiterung? bei den Arbeitsrichtern... Problem war früher nur, dass selten das ganze Team geschlossen mitgespielt hat (Stichwort ?befristete Verträge? etc.). Wenn diese Drohkultur mal nicht mehr funktionieren würde, wären die Arbeitsbedingungen mMn bald auf nem vernünftigen Niveau...

  • Es geht in diesem Fall primär um kurzfristige Ausfälle, die irgendwie kompensiert werden müssen. Kollege wird während der Schicht krank, muss ausgelöst werden. Für mindestens eine Folgeschicht wird kurzfristig kein Ersatz gefunden usw usf.
    MAV wir dieses Jahr neu gewählt, hat bei unserem Vorstand inzwischen resigniert und macht im Prinzip gar nix mehr. Einerseits nachvollziehbar (möchte an dieser Stelle nicht ins Detail gehen), andererseits für den einzelnen Mitarbeiter einfach richtig Mist.


    Wir sind leider nur ein kleiner Haufen, bei dem der eine Teil es sogar lobend erwähnt, wenn der Wachleiter Doppelschichten fährt, der andere Teil zu 2/3 gerade eh schon arbeitsrechtlich Ärger hat und da natürlich alles, was gesagt wird, gegen sie verwendet wird.

  • Es geht in diesem Fall primär um kurzfristige Ausfälle, die irgendwie kompensiert werden müssen. Kollege wird während der Schicht krank, muss ausgelöst werden. Für mindestens eine Folgeschicht wird kurzfristig kein Ersatz gefunden usw usf.
    MAV wir dieses Jahr neu gewählt, hat bei unserem Vorstand inzwischen resigniert und macht im Prinzip gar nix mehr. Einerseits nachvollziehbar (möchte an dieser Stelle nicht ins Detail gehen), andererseits für den einzelnen Mitarbeiter einfach richtig Mist.


    Wir sind leider nur ein kleiner Haufen, bei dem der eine Teil es sogar lobend erwähnt, wenn der Wachleiter Doppelschichten fährt, der andere Teil zu 2/3 gerade eh schon arbeitsrechtlich Ärger hat und da natürlich alles, was gesagt wird, gegen sie verwendet wird.


    Die Bevölkerung und auch die Verantwortlichen müssen mit diesen Situationen leben lernen. Dann gibt es eben mal 12 Std. oder so einen RTW weniger im System. Das muss man der Bevölkerung aber auch entsprechend vermitteln dass es zu solchen Situationen kommen kann.

    "...Was Sie brauchen haben Sie und was Sie nicht haben brauchen Sie auch nicht.."


  • Die Bevölkerung und auch die Verantwortlichen müssen mit diesen Situationen leben lernen. Dann gibt es eben mal 12 Std. oder so einen RTW weniger im System. Das muss man der Bevölkerung aber auch entsprechend vermitteln dass es zu solchen Situationen kommen kann.

    Das einzige, was momentan verfolgt wird ist das Ziel, kein Fahrzeug abmelden zu müssen. Wie das die Wachleiter umsetzen ist dann vollkommen egal.
    Bei der Ausschreibung "meines" Standortes wurde von vornherein mit ZWEI Hauptamtlichen zu wenig kalkuliert, um den Preis drücken und so den Zuschlag zu bekommen. Auf den anderen Wachen sieht es ähnlich aus, sobald jemand krank wird, explodiert bei den Kollegen die Überstundenuhr. Vorstand befindet sich auf Dauergeschäftsreise und interessiert sich für die Belange vom Fußvolk ohnehin nicht.

  • Imho ist es Aufgabe des Arbeitgeber für eine ausreichend große Ausfallreserve zu sorgen, die im Bedarfsfall Dinge wie Urlaub, Fortbildungen, krank etc kompensieren kann. In meinen Augen kann es nicht sein, dass diese Aufgabe regelmäßig auf den Mitarbeiter abgewälzt wird.
    Andererseits machen es viele Mitarbeiter ihrem Chef, ihrer Dienstplanung etc verdammt einfach, indem sie die beschriebene Verkürzung der Ruhezeit zwar maulend, aber dennoch ohne wirklichen Widerstand hinnehmen.
    Je nach dem wie groß der Personalmange und damit der Aufwand einen Dienstplan zu erstellen ist, würde ich als Verantwortlicher mich wohlmöglich ebenfalls über diesen einfachen und für mich gemütlichen Weg freuen und ihn, solange es funktioniert und niemand etwas dagegen unternimmt, gehen.


    Mit anderen Worten: Als Mitarbeiter würde ich mich gegen solche dienstplanerischen Unzulänglichkeiten wehren bzw habe dies in der Vergangenheit schon getan.
    Ob nun dadurch dass man auf seine Ruhezeit besteht, zum Anwalt geht, die MAV um Hilfe bittet, Hilfe bei einer Gewerkschaft sucht etc muss jeder für sich entscheiden.
    Was dabei die Kollegen machen ist mir in erster Linie schnurz. Die können gerne eine Doppelschicht nach der anderen fahren, 14 Tage am Stück ohne Ausgleich durcharbeiten.