Geplante Änderung des Notfallsanitätergesetzes durch das BMG

  • Theoretisch ja, praktisch wird der RD aber auch weiterhin, bzw. immer öfter damit konfrontiert werden und dann sollte auch gehandelt werden können / dürfen.

    Wie ich oben schon schrieb, nur weil der Rettungsdienst falsch eingesetzt wird, sollte man nicht versucht sein, diesen Zustand zu akzeptieren und zu legitimieren.


    Auch bei Einweisungen, bei denen der Hausarzt schon weg ist oder bei Verlegungen bei denen der Pat. Beschwerden entwickelt (und wenn es nur die massive Reiseübelkeit mit Erbrechen bei einer Fernfahrt ist) sollten Handlungsmöglichkeiten vorhanden sein.

    Die Situation ist nicht anders, als wenn keine Einweisung vorgelegen hätte. Auch der Zeitpunkt des Auftretens der Symptome (vor oder während eines Transportes) ändert nichts an der Aufgabenstellung.


    Auch eine massive Reiseübelkeit (an welcher ich früher auch sehr häufig litt) ist kein Einsatz für einen Rettungswagen oder bedarf einer sofortigen Intervention. Diese ist nach Beendigung des Fahrens meistens schnell selbst limitierend oder es kann dem Patienten zugemutet werden, sich zu einer Apotheke bringen zu lassen.

  • In dem Moment, in dem ich den Pat. medizinisch betreue, sehe ich das auch als meine Aufgabe an und sehe nicht ein, warum auch hier der NotSan wieder nur in der Not kompetent sein soll. Überspitzt gesagt müsste dann der NA dem Pat. ja auch sagen: geh in eine Apotheke, weil die Therapie der Übelkeit auf dem Weg ins KH nicht meine Aufgabe ist.

    Es geht ja nicht darum den ärztl. Notdienst zu ersetzen, aber wenn man vor Ort ist und den Pat. transportiert wenn nötig auch „Komfortbehandlungen“ durchzuführen. Weil wenn ich das im Notfall kann, kann ich es auch im Alltag. Wie gesagt: wenn man das (rechtskonform) in SAA unterbringt, gerne. Das Problem damit habe ich aber oben schon beschrieben.

    Aber ich glaube, da gehen unsere Meinungen bezüglich der Aufgaben des NotSan auseinander.

  • Ist halt lächerlich. Diese Diskussion würde ich vollends Unterstützen, wenn wir denn die Möglichkeit hätten plump zu reagieren mit: "Patient ist kein Notfallpatient, muss sich anderweitig hilfe suchen" - diese Hilfe gibt es aber immer weniger.


    Somit rutscht der Rettungsdienst als "wir kommen immer" in Aufgabenbereiche für die wir vielleicht initial nicht gedacht waren, aber warum nicht übernehmen? Ich sehe nicht ein den Notarzt rufen für eine "Antiemese" oder die "Patient möchte unbedingt dass das Problem zuhause gelöst wird und nicht im KH obwohl das ohne weiteres möglich wäre"


    ein Großteil der Notärzte die ich kenne sehen das ähnlich, die anderen beginnen ihren Dienst regelmäßig mit den Worten "Ruft mich auf alles nach egal was" - aus unterschiedlichen Gründen (Der eine möchte maximal viel Geld rausholen, der andere fährt tagsüber aus der Klinik und hat keine Lust auf Krankenhaus Dienst)


    Der Witz ist ja der - Sobald ich den NA nachfordere bin ich in meinen Handlungen (solange sie auch tatsächlich Schaden abwenden vom Patienten) wieder komplett frei und ich darf was ich gelernt habe und beherrsche. Regelmäßig kommt also der Notarzt und steht vor vollendeten Tatsachen. witzlos.

  • Die Realität zeigt, dass genau das in der Fläche nicht funktioniert. Man hätte seit 2014 fünf Jahre Zeit gehabt, Entsprechendes umzusetzen - passiert ist vielerorts annähernd nichts. In Bayern feiert man sich auch noch für die landesweite Delegation von Analgesie & Glucosegabe, während der NotSan inzwischen oftmals im Falle einer Sauerstoffgabe das NEF nachfordern muss - DAS gab es selbst in der 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts nicht.

    Vermutlich bin ich in einem anderen Bayern als Notarzt tätig. Mir ist es noch nie passiert, dass ich für eine alleinige O2-Gabe nachgefordert worden bin.

  • Ist (bzw. war!?) kürzlich aber Vorgabe in einigen RDB. Entweder O2 ist lebensrettend, dann darf der NotSan (dann kommt aber auch der NA dazu) oder es ist unterstützend z.B. bei „Atembeschwerden“, dann wäre es Ausübung der Heilkunde und ohne SAA damit nicht legal durch NotSan durchführbar... ich muss mal schauen, ob ich das Schreiben in den Tiefen des www noch finde.

  • Somit rutscht der Rettungsdienst als "wir kommen immer" in Aufgabenbereiche für die wir vielleicht initial nicht gedacht waren, aber warum nicht übernehmen? Ich sehe nicht ein den Notarzt rufen für eine "Antiemese" oder die "Patient möchte unbedingt dass das Problem zuhause gelöst wird und nicht im KH obwohl das ohne weiteres möglich wäre"

    Warum nicht übernehmen? Weil dafür die Ausbildung nicht vorgesehen ist, ganz einfach. Es muss für die Fälle auch kein Notarzt gerufen werden. Nur weil NFS und Notarzt eng miteinander zusammen bzw. in einem Bereich arbeiten bzw. dieser, wie der Rettungsdienst, permanent zur Verfügung steht, bedeutet das nicht, dass für jedes weiterführende Problem der Notarzt gerufen werden muss.


    In dem Moment, in dem ich den Pat. medizinisch betreue, sehe ich das auch als meine Aufgabe an und sehe nicht ein, warum auch hier der NotSan wieder nur in der Not kompetent sein soll. Überspitzt gesagt müsste dann der NA dem Pat. ja auch sagen: geh in eine Apotheke, weil die Therapie der Übelkeit auf dem Weg ins KH nicht meine Aufgabe ist.

    Nein, du bist kompetent in den Notfallmaßnahmen, diese hast du erlernt und diese wurden geprüft und bescheinigt. Es mag paradox klingen, aber weil man einen Patienten adäquat von einem schweren Asthma-Anfall befreien oder einen klinisch Toten wiederbeleben kann, ist nicht man nicht gleichsam kompetent in der Behandlung scheinbar "kleiner Wehwehchen" (ausdrücklich in Anführungszeichen).


    Der Notarzt hat aber durch seine Ausbildung die Kompetenz auch die Übelkeit mit zu behandeln.



    Ergänzung:

    Es geht ja nicht darum den ärztl. Notdienst zu ersetzen, aber wenn man vor Ort ist und den Pat. transportiert wenn nötig auch „Komfortbehandlungen“ durchzuführen. Weil wenn ich das im Notfall kann, kann ich es auch im Alltag. Wie gesagt: wenn man das (rechtskonform) in SAA unterbringt, gerne.

    Aber damit ersetzt den ärztlichen Notdienst. Weil "Komfortbehandlungen" nie Notfälle sind, kannst du bei diesen auch nicht in der Not kompetent sein und niemand erwartet, dass du diese behandeln kannst oder behandelst. Und genau für diese ganzen niederschwelligen Einsätze kann es natürlich keine verbindlichen SOP oder Anweisungen geben, weil diese letztlich fast die komplette Bandbreite der ambulanten oder gar stationären Medizin abdecken müssten. Das wäre ein Ding der Unmöglichkeit. Für die akut lebensbedrohlichen oder interventionsbedürftigen Fälle ist dies jedoch problemlos möglich.

  • Blodwyn76 - was du möchtest, ist ja eine generelle Freigabe definierter Medikamente, so wie wir beide es kennen, auch ohne Algorithmus.
    Im Sinne von deinem Beispiel der Reiseübelkeit eines Patienten während einer Fernfahrt mit dem ersten Schritt Aromatherapie, zweiter Schritt Droperidol i.v. (den ersten Schritt kann man natürlich überspringen) - weiterfahren.
    Aber genau dieser Weg steht dem Notfallsanitäter vermutlich nicht zu.

  • Blodwyn76 - was du möchtest, ist ja eine generelle Freigabe definierter Medikamente, so wie wir beide es kennen, auch ohne Algorithmus.
    Im Sinne von deinem Beispiel der Reiseübelkeit eines Patienten während einer Fernfahrt mit dem ersten Schritt Aromatherapie, zweiter Schritt Droperidol i.v. (den ersten Schritt kann man natürlich überspringen) - weiterfahren.
    Aber genau dieser Weg steht dem Notfallsanitäter vermutlich nicht zu.

    Das wäre exakt meine Sicht der Dinge.

  • Blodwyn76 - was du möchtest, ist ja eine generelle Freigabe definierter Medikamente, so wie wir beide es kennen, auch ohne Algorithmus.
    Im Sinne von deinem Beispiel der Reiseübelkeit eines Patienten während einer Fernfahrt mit dem ersten Schritt Aromatherapie, zweiter Schritt Droperidol i.v. (den ersten Schritt kann man natürlich überspringen) - weiterfahren.
    Aber genau dieser Weg steht dem Notfallsanitäter vermutlich nicht zu.

    ja, so stelle ich mir das vor. Eben genau deswegen, weil wir es ja kennen und wissen, dass es in dem Rahmen problemlos funktioniert. Warum das dem NotSan nicht zustehen soll kann ich nicht nachvollziehen. Da geht es mMn nicht darum, dass er das nicht kann, sondern dass man nicht will dass ein „Nicht-Arzt“ so etwas macht. Und das kommt wiederum m.E. nicht daher, dass drei Jahre Ausbildung für eine begrenzte eigenverantwortliche Tätigkeit in diesem Rahmen nicht ausreichen würde (dafür muss man nicht x Jahre studiert haben), sondern daher, dass so etwas in D bisher einfach nicht üblich ist. Vielleicht kommt es da ja irgendwann auch mal zu einem Umdenken...

  • Und noch einmal: ich habe kein Problem mit einer SOP „Nausea“. Nur müssen die SOP halt auch tatsächlich rechtlich konform sein und das wird ohne Heilkundeerlaubnis schwierig werden, weil fast alle SOP, die mehr hergeben als z.B. die bayerischen, auch eine eigene Abwägung der Situation erfordern (zu erkennen an „erwäge“, „oder“, „ggf.“, „bei Bedarf“ usw.).
    Und das setzt eigentlich eine eigenständige Entscheidung des NotSan und damit „Heilkunde“ voraus.
    Falls es rechtlich auch so geht: wegen mir gerne...

  • Ist (bzw. war!?) kürzlich aber Vorgabe in einigen RDB. Entweder O2 ist lebensrettend, dann darf der NotSan (dann kommt aber auch der NA dazu) oder es ist unterstützend z.B. bei „Atembeschwerden“, dann wäre es Ausübung der Heilkunde und ohne SAA damit nicht legal durch NotSan durchführbar... ich muss mal schauen, ob ich das Schreiben in den Tiefen des www noch finde.

    Hat das eigentlich mal jemand schriftlich? Ich habe das ja immer nur als "einen RDB weiter ist das ganz bestimmt so" mitgekriegt.

  • ja, so stelle ich mir das vor. Eben genau deswegen, weil wir es ja kennen und wissen, dass es in dem Rahmen problemlos funktioniert. Warum das dem NotSan nicht zustehen soll kann ich nicht nachvollziehen. Da geht es mMn nicht darum, dass er das nicht kann, sondern dass man nicht will dass ein „Nicht-Arzt“ so etwas macht. Und das kommt wiederum m.E. nicht daher, dass drei Jahre Ausbildung für eine begrenzte eigenverantwortliche Tätigkeit in diesem Rahmen nicht ausreichen würde (dafür muss man nicht x Jahre studiert haben), sondern daher, dass so etwas in D bisher einfach nicht üblich ist. Vielleicht kommt es da ja irgendwann auch mal zu einem Umdenken...

    Aber das wäre doch die "Regel-"Heilkunde par excellence. Das hat dann mit dem Notfallsanitätergesetz überhaupt nichts mehr zu tun und war sicher auch nicht dessen Leitgedanke.

  • Nein, das wäre: „der NotSan darf das, was er gelernt hat und was der ÄLRD freigibt“. Nicht mehr und nicht weniger. Es macht für mich keinen Unterschied, ob Medikament XY in einer Lebensbedrohung angewandt wird oder im Alltag um z.B. dem Pat. den Weg ins KH angenehmer zu machen. Entweder ich kann mit dem Medikament umgehen bzw. eine Massnahme durchführen oder eben nicht. Und eben, wenn ich Medikamente und Massnahmen auch im Alltag verwende (z.B. i.v. Zugang auch „prophylaktisch“ wenn sinnvoll, Analgesie nicht erst bei stärksten Schmerzen usw.), desto besser kann ich damit auch in kritischen Situationen umgehen.

    Deswegen dürfte der NotSan dennoch nur die Massnahmen „heilkundlich durchführen“, die ihm ein ÄLRD freigibt und die entsprechend qualitätsgeprüft werden. Und damit ist es keine „Regel-Heilkunde“ sondern beschränkt auf Einsatzsituationen und eben freigegebene Massnahmen. Funktioniert hier in CH recht gut.

  • Link

    Von fakl im IfSG Thread gepostet.

    Ist dies gemeint?

    das bezieht sich ja alles auf die Corona-Sonderregelung (ausser ich hätte es jetzt übersehen). Aber dass in den möglichen Optionen zur Ausführung der Heilkunde im Pandemiefall explizit „O2 Gabe bei neu aufgetretenen, nicht zunehmenden Atembeschwerden.  Weiterführung einer bestehenden O2 Dauertherapie“ erwähnt wird zeigt, dass diese Massnahmen ausserhalb der Pandemie eben nicht durchgeführt werden dürften, weil „Heilkunde“ und nicht „Lebensrettung“. Und das wurde in dem Schreiben so propagiert.

  • Vermutlich bin ich in einem anderen Bayern als Notarzt tätig. Mir ist es noch nie passiert, dass ich für eine alleinige O2-Gabe nachgefordert worden bin.

    lass dir mal die BRK NotSan FAQ zeigen....


    Und anbei ein Screenshot aus dem IMS D3-2284-2-188 "Umsetzung des neuen, befristet gültigen § 5a Abs. 1 IfSG;

    Ausübung heilkundlicher Tätigkeiten durch Notfallsanitäter bei der aufgrund des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 festgestellten epidemischen Lage von nationaler Tragweite"

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Richtig, daher hab ich es hervor genommen.

    Ich sehe dies genauso. Nur weil Pandemie ist, erlaubt. Sonst nicht.


    Was ich davon halte kann man sich ja denken. Eigentlich sollte man wirklich mal ein NEF bestellen für O2...

  • Nein, das wäre: „der NotSan darf das, was er gelernt hat und was der ÄLRD freigibt“. Nicht mehr und nicht weniger. Es macht für mich keinen Unterschied, ob Medikament XY in einer Lebensbedrohung angewandt wird oder im Alltag um z.B. dem Pat. den Weg ins KH angenehmer zu machen.

    Doch, es macht einen Unterschied. Das erste ist deine Aufgabe, welche aus den Rettungsdienstgesetzen und dem hiesigen Notfallsanitätergesetz hervorgeht, das zweite lediglich dein Bedürfnis dem Patienten helfen zu wollen. Zumindest kann ich niergends finden, dass es Aufgabe des Rettungsdienstes oder der NFS sei, Komfort-Therapien anzubieten und durchzuführen.Und wie ich die Diskussion bzgl. Heilkunde usw. bisher verstanden habe, legitimiert lediglich die Lebensbedrohung die Medikamentengabe durch die NFS.


    Entweder ich kann mit dem Medikament umgehen bzw. eine Massnahme durchführen oder eben nicht.

    Das ist die notwendige Voraussetzung, dass du überhaupt tätig werden darfst, reicht aber alleine nicht aus. Nur weil du sehr handwerklich sehr bist, legitimiert es dich nicht dazu, eine offene Wunde zu reinigen und zu nähen oder einen Bruch zu gipsen (wenn das ohne Röntgen möglich wäre), auch wenn du das schon öfters mal gemacht hast.