Berliner Feuerwehr schlägt Alarm

  • Feuerwehr schlägt Alarm


    *Gewerkschaft klagt über verspätete Notarztwagen Versorgung von Verletzten sei nicht mehr gesichert*


    *Die Feuerwehr hat immer größere Probleme, Notarztwagen (NAW) rechtzeitig zu Verletzten und Schwerkranken zu schicken. Vor allem nachts wird sich die Versorgung der Bevölkerung verschlechtern, warnt die Gewerkschaft der Polizei (GdP), die auch Feuerwehr-Interessen vertritt. "Man wird länger auf den Rettungswagen warten müssen", sagt Klaus Krzizanowski von der GdP. Dafür gebe es mehrere Gründe: Einerseits sei die Zahl der Einsätze im vergangenen Jahr deutlich gestiegen, Berlin habe weiterhin aber nur 15 Notarztwagen. Andererseits erheben Experten aber auch den Vorwurf, dass das seit knapp zwei Jahren von der Feuerwehr eingesetzte Computerprogramm in der Leitstelle falsche Entscheidungen trifft. Das Programm schicke zu oft Notarztwagen raus.


    Auch in der Leitstelle wird bestätigt, dass die Zahl der NAW-Einsätze durch das neue Computerprogramm deutlich gestiegen sei. Deshalb fahren nun häufiger die teuren und mit Ärzten besetzten Spezialfahrzeuge zu Einsätzen, bei denen der lediglich mit Sanitätern besetzte Rettungswagen ausgereicht hätte. Wie groß die Fehlerquote ist, ist unklar. Teilweise würden die NAWs sinnlos durch Berlin fahren, so die Kritik.


    Wie berichtet, hatte die Feuerwehr am 18. Januar genau 37 Minuten benötigt, um einen Notarztwagen von Köpenick nach Lankwitz zu schicken. An diesem Einsatztag musste der NAW aus Köpenick alarmiert werden, weil die dichter stationierten Wagen bereits alle im Einsatz waren. Im parlamentarischen Innenausschuss sagte Landesbranddirektor Wilfried Gräfling allerdings, dass der Mann auch bei schnellerem Eintreffen nicht gerettet worden wäre.


    Im April 2005 hat die Feuerwehr begonnen, unter "112" eingehende Notrufe von einem Computer bearbeiten zu lassen. Dieses Programm gibt dem Beamten die Fragen vor und entscheidet dann, ob einer der 80 Rettungswagen ausrückt oder einer der 15 Notarztwagen. Die Aufnahme eines Notrufs mit "Snap" dauere deutlich länger und entscheide teilweise falsch, so die Kritik. Snap sage zum Beispiel nie: "Bürger hilf dir selbst", kritisiert ein Beamter. Ohne Snap könne die Leitstelle dem Anrufer sagen, dass er mit Lappalien mit dem Taxi ins Krankenhaus fahren solle. Auch Innensenator Körting hatte kürzlich kritisiert, dass viele Berliner "selbst bei eingewachsenen Fußnägeln" den Notruf wählen -- insofern sei die Notarztwagenknappheit vom Bürger mitverschuldet.


    Wie berichtet, war die Zahl der Rettungseinsätze 2006 stark gestiegen. Die Gewerkschaft fordert deshalb doppelt so viele Notarztwagen. Doch daran ist angesichts der Sparmaßnahmen nicht zu denken. Während andere Großstädte ausgediente Fahrzeuge verkaufen, behält Berlin diese -- egal wie veraltet sie sind. Auch gestern musste eine dieser "Hilfskrücken" (so ein Beamter) aus dem Depot geholt werden, nachdem ein NAW in einen Unfall verwickelt war.



    Quelle: Tagesspiegel, Ausgabe 31.01.2007;


    http://archiv.tagesspiegel.de/archiv/31.01.2007/3052498.asp

  • Wieso bin ich über diesen Artikel nicht erstaunt :rolleyes:?


    Wenn man doch weiß, dass das Programm schei... ist, warum wirft man es dann nicht wieder raus? Liegt mal wieder an den Politikern, oder?


    Zitat

    Original von Smart
    Wie berichtet, war die Zahl der Rettungseinsätze 2006 stark gestiegen. Die Gewerkschaft fordert deshalb doppelt so viele Notarztwagen.


    Na klar.

  • Zitat

    Original von Smart
    Feuerwehr schlägt Alarm


    *Im April 2005 hat die Feuerwehr begonnen, unter "112" eingehende Notrufe von einem Computer bearbeiten zu lassen. Dieses Programm gibt dem Beamten die Fragen vor und entscheidet dann, ob einer der 80 Rettungswagen ausrückt oder einer der 15 Notarztwagen. Die Aufnahme eines Notrufs mit "Snap" dauere deutlich länger und entscheide teilweise falsch, so die Kritik. Snap sage zum Beispiel nie: "Bürger hilf dir selbst", kritisiert ein Beamter. Ohne Snap könne die Leitstelle dem Anrufer sagen, dass er mit Lappalien mit dem Taxi ins Krankenhaus fahren solle. Auch Innensenator Körting hatte kürzlich kritisiert, dass viele Berliner "selbst bei eingewachsenen Fußnägeln" den Notruf wählen -- insofern sei die Notarztwagenknappheit vom Bürger mitverschuldet.
    Quelle: Tagesspiegel, Ausgabe 31.01.2007;


    http://archiv.tagesspiegel.de/archiv/31.01.2007/3052498.asp


    Ich will ja gar nicht wissen was diese Softwareentwicklung wieder an Geld gekostet hat. Dafür hätte man sicher noch einige RTW´s beschaffen können.


    Vor allem muss man ganz klar sehen, daß also ab sofort auch der Beruf des Leitstellendisponenten nicht wirklich durch EDV ersetzbar ist. Ich mag nun sehr ketzerisch sein, aber seit dem die EDV Unterstützung in die div. Rettungsleiststellen Einzug genommen hat, ist die Felxibilität der Mitarbeiter sicher nicht immer besser geworden.


    Ein All-inclusive Unterstützung wie hier angedacht, musste doch scheitern. Eine Software kann niemals die Bedürfnisse von Anrufern abfragen.


    Ich stelle mir das gerade vor.



    "Hier ist das Rettungsleitstellensystem Snap! Wenn Sie von einem Tonwahlfähigen Telefon anrufen dann bestätigen sie mit der Rautetaste! Wenn Sie bewustlos sind drücken sie die 1" :D

    Der Inhalt des Textes, möchte keine Lehrmeinung vertreten er stellt eine rein persönliche Ansicht des Autors da. Die Nutzung ausserhalb des Forums ist nicht gestattet.
    * 150 Jahre Deutsches Rotes Kreuz, Aus Liebe zum Menschen * :rtw:

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  • Zitat

    Original von lumberjack
    Mal so ne dumme Frage an die Kritiker:


    Wisst ihr überhaupt genau, wie das System arbeitet?


    Anscheinend nicht richtig.


    Nein, weiß ich natürlich nicht. Woher denn auch? Ich kritisiere ja auch nicht das System, das machen doch andere.



    Ich kritisiere die Konsequenzen, die aus daraus gezogen werden!


    Zitat

    Original von Smart
    Die Gewerkschaft fordert deshalb doppelt so viele Notarztwagen..

  • Man könnte auch einfach die NAWs abschaffen und auf NEFs umsteigen, sind geringere Personal und Fahrzeugkosten und wenn nicht benötigt ist der NA wieder frei und muss nicht evtl einen nicht NA-pflichtigen Patienten im NAW transportieren.

  • Das System wurde mal in der "RETTUNGSDIENST" vorgestellt. Es führt praktisch den Dialog und nutzt den Disponenten als "Medium". Es gibt praktisch ein digitalisiertes "Kartensystem". Der Disponent stellt vorgegebene Fragen, anhand deren Antworten das System die Entscheidung über die zu entsendenden Rettungsmittel trifft. Wenn man so will eine "Datenbank", die nach dem "Wenn - Dann - Sonst" - Prinzip arbeitet.
    Ich habe das damals schon etwas kritikwürdig gefunden, weil der Handlungsspielraum der Disponenten doch ein wenig sehr eingeschränkt schien. Den Weg, die Disponenten für ihre Aufgabe ausreichend zu qualifizieren, halte ich doch für gangbarer. Denn mal überspitzt gesagt: mit einem solchen Programm kann man auch Abfrageautomaten statt echte Menschen ans Telefon lassen.
    Aber gut... in Berlin ist man ja wahrlich nicht doof und hat sich was bei gedacht. Bleibt nur zu hoffen, dass man dort auch aus eventuellen Fehlern lernt...

    Ich bin nur für das verantwortlich, was ich schreibe...
    ...nicht für das, was Du verstehst!!!

  • Der Disponent kann jederzeit vom SNAP abweichen bzw. es umgehen. Auf dem Alarmfax ist jeweils ersichtlich, ob mittels SNAP abgefragt wurde. Beispiel:


    Sie fahren zu einem 25jährigen, weiblichen Patienten. Die Person ist ansprechbar und atmet. Sturz aus weniger als 2m Höhe. Lebensgefahr ausgeschlossen. (-->o.ä. so in der Art steht es dann geschrieben)


    -->soll heissen: Pat weib. 25J., Fussverletzung nach Sturz auf dem Gehweg.




    Was allerdings Fakt ist: Es wird fast nie ein Transport durch die Leitstelle verweigert. Die Kollegen beschicken einfach, ohne am Telefon Alternativen aufzuzeigen. So kommt es zu den "eingewachsenen" Zehnägeln.

  • Eine gute Einführung in das System bietet ein Vortrag der Feuerwehr-Leitstelle Berlin:


    SNAP - Standartisiertes Notrufabfrageprotokoll



    Zitat

    Man könnte auch einfach die NAWs abschaffen und auf NEFs umsteigen, sind geringere Personal und Fahrzeugkosten und wenn nicht benötigt ist der NA wieder frei und muss nicht evtl einen nicht NA-pflichtigen Patienten im NAW transportieren.


    Auf den Trichter sind die Berliner auch schon gekommen. So sind mittlerweile neue Notarztstandorte mit NEF bestückt worden.

    Einmal editiert, zuletzt von lumberjack ()

  • Das Transportieren mit dem NAW ist meist nicht notwendig, da IMMER im Rendevousverfahren mit einem RTW ausgerückt wird.


    Berlin setzt generell auf ein "Mischsystem aus NAW und NEF". Was dieser Blödsinn soll, weis ich nicht wirklich. Ich kann mir gut vorstellen, dass vorhandenes Personal (weisse Schiene) nicht arbeitslos gemacht werden soll. Desweiteren MUSS man NAWs in Berlin vorhalten, da die RTWs nur nach DIN "Notfallkrankentransportwagen" ausgestattet sind. Kurz: Sie würden gerne, kommen aber nicht aus der Sch***** raus, die sie sich vor 15 Jahren selber eingebrockt haben.

  • Zitat

    Das Transportieren mit dem NAW ist meist nicht notwendig, da IMMER im Rendevousverfahren mit einem RTW ausgerückt wird.


    Das macht das Ganze ja noch absurder. Kein Wunder, dass die in Berlin pleite sind.
    Das erinnert mich irgendwie an die Asterix-Heftchen: "Ganz Gallien? Neeiiin...."


    J. :O

  • Zitat

    Original von Klaus
    Ist doch Super, immer 5 Leute zum Treppe runterschleppen da.


    NAW Besatzungen sind leider den RTW Besatzungen gegenüber oft etwas arrogant angehaucht. Sie schweben manchmal regelrecht in die Wohnung/auf den Platz... :rolleyes: (sie sind allerdings wirklich oft die einzigen, die etwas können)


    Standartsatz: Ihr könnt dann schon mal den Stuhl holen! Viele fassen gar nicht mit an. Die RTWs lassen es sich gefallen... Das ganze wird sich erst in endgültig in zwanzig Jahren erledigt haben, wenn es definitiv keine weisse Schiene mehr gibt und die alten Strukturen endlich abgelöst sind.

  • Es war schon ironisch gemeint und das gleiche habe ich auch mit dem NAW Darmstadt erlebt. Sehr gute Leute, aber etwas zu erhabend.

  • Hallo,


    weiße Schiene wird bei einigen Feuerwehren gefahren. das heißt, dieses Personal fährt nur Rettungsdienst. Hier in Berlin fährt jeder Feuerwehrmann, der ja auch mind. Rettsan ist und die Rettass immer einen Block RTW oder ist draußen auf dem NAW o. NEF. Ausgenommen die höheren Dienstgrade ;o). In Berlin gibt es nur noch wenige NAW die mit festem Personal besetzt sind. Dieses feste Personal sind Mitarbeiter die von der Berliner Feuerwehr aus dem ehemaligen Rettungsamt Berlin (zur DDR) übernommen wurden. Diese Leute haben keine feuerwehr technische Ausbildung. Sie sind Fachkrankenpfleger für Anästesiologie und Intensivtherapie in der Notfallmedizin (DDR Berufsbezeichnung für den Rettass). Die einzelnen Wachen und Touren besetzen die NAW/NEF wie zum Beispiel die Wache Suarez (3300) in Charlottenburg das NEF Westend (stationiert im DRK Krankenhaus Westend) und den NAW Spandau. Einmal im Monat ist man einen Block, sprich vier Schichten auf diesen Fahrzeugen und kommt nur zum Essen auf die Wache (wenn man es schafft ;o))).


    Gruss Trupp71

  • Das sind zum einen die Angestellten von JUH und DRK, welche die wenigen HIO RTWs und RTH + ITH besetzen. Zum anderen sind es die Kollegen, welche nach der Wende vom Ostberliner Rettungsamt übernommen wurden. Sie wurden auf verschiedene RTW und NAW Stützpunkte verteilt. Eine Zeit lang wurde auch Personal nur für den Rettugsdienst angestellt. Das ist seit Jahren vorbei. Die weisse Schiene (Personal ausschliesslich für den Rettungsdienst) stirbt also aus. Damit hoffentlich auch die Überheblichkeit mancher NAW Besatzungen, weil das Personal irgendwann generell rotieren wird.


    edit: da war wohl noch ein berliner schneller ;)

  • Eine kurze Frage nebenbei: sind die wenigen RTW der HiOrg in Berlin ebenso spärlich ausgestattet wie die Feuerwehr-RTW und wird auf diesen Fahrzeugen ebenfalls auf Sparflamme gearbeitet ?

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Ich denke mal, das die schon die DIN Norm für RTW erfüllen. So gross ist der Unterschied zwischen B+C ja nicht. Sind ja eigentlich nur ein paar Medis und der Perfusor

  • Zitat

    Original von Daniel Grein
    Eine kurze Frage nebenbei: sind die wenigen RTW der HiOrg in Berlin ebenso spärlich ausgestattet wie die Feuerwehr-RTW und wird auf diesen Fahrzeugen ebenfalls auf Sparflamme gearbeitet ?


    Nein, die HIO RTW (JUH und DRK) sind sehr gut ausgestattet. Das Personal braucht sich, was die Ausbildung und Kompetenz angeht, auch nicht zu verstecken. HIO RTW kann man allerdings an einer Hand abzählen.