Rettungssysteme sollten Vorteile von Paramedics und Notärzten kombinieren

  • Und auch wenn ich mich wiederhole: ein Paramedic-System war nie Ziel dieser Länder, sondern sie entstanden aus der Not heraus, weil es an Ärzten mangelte. Viele Länder versuchen aktuell, ein Notarztsystem zu etablieren oder weiter auszubauen (z.B. Schweiz).


    Du wiederholst dich :sleeping:
    Und sicherlich kannst du dies endlich mal durch eine Quelle belegen, die fundiert ist.
    Ach ja, zwei Städte haben gerade ihr Notarztsystem abgeschafft - zu wenig effektiv.
    Und am Funk habe ich öfters den Eindruck, dass unser SMUR hauptsächlich als first-responder fungiert, wenn kein RTW zur Verfügung steht (zugegeben ist letzte Aussage subjektiv)

  • securo


    Es bleibt in einem Forum nicht aus, daß man sich wiederholt. Die Gründe dürften auf der Hand liegen. Quellen sind diverse Gespräche mit Notfallmedizinern aus der Schweiz, Literatur diverser Fachblätter usw.. Eine konkrete Quelle kann ich Dir leider nicht mitteilen. Daß ein Notarztstandort finanziell nicht effektiv ist, widerspricht meiner Aussage in keinster Weise, zeigt ja nur die Problematik, in diesen Ländern ein flächendeckendes Notarztsystem zu etablieren. Der (medizinische) Wille ist da, aber der Käse zu fest... ;)

  • Ich bin mal gespannt wann der FA für Notfallmedizin kommt, würde vielleicht die Standards insgesamt heben.
    Zugegebenermaßen ist der vielerorts katastrophal schlechte notfallmedizinische Wissenstand mancher Ärzte ein Problem (egal ob Arbeitsmediziner oder Anästhesist). Aber: solange wir selber genug schwarze Schafe in den eigenen Reihen haben die Fibrinolyse für eine ansteckende Krankheit halten ist es kontraproduktiv auf die Ärzte zu zeigen.

  • Ribosom


    Ich finde es nicht kontraproduktiv, sondern es ist halt eine Seite des Problems, das diskutiert wird.


    Natürlich darf man den eigenen Stall nicht vergessen.


    Ziel ist eine Verbesserung, für das was hinten rauskommt.


    Das Ziel muss sein: Beste Vervorgung für den Patienten, egal wer es macht.

  • Und wieder ein Murmeltier von mir: der FA für Notfallmedizin wird von den zuständigen Fachgremien aus diversen nachvollziehbaren Gründen abgelehnt.

  • Und wieder ein Murmeltier von mir: der FA für Notfallmedizin wird von den zuständigen Fachgremien aus diversen nachvollziehbaren Gründen abgelehnt.

    Und wieder andere - die DGINA z.B. - fordern genau diesen...

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • @DG


    Bei der DGINA geht es nicht um präklinische Notärzte, sondern die Etablierung von Notärzten in den Krankenhäusern. Analog zu den amerikanischen Krankenhäusern mit ihren ER's...

  • @DG


    Bei der DGINA geht es nicht um präklinische Notärzte, sondern die Etablierung von Notärzten in den Krankenhäusern. Analog zu den amerikanischen Krankenhäusern mit ihren ER's...

    Der FA für Notfallmedizin ist sehr wohl präklinisch tätig, da sich dieser Begriff auch für interdisziplinäre Notaufnahmen etabliert hat (siehe Mü-Bogenhausen). Dass Fachgremien einen FA für Notfallmedizin ablehnen sollen ist mir neu. Auch wüsste ich nicht welche "guten" Gründe gegen die Installation eines solchen Systems in der Notaufnahme sprechen.


    Die Lehre und Forschung im Bereich der Notfallmedizin (auch der ausserklinischen) könnte dadurch einen gewaltigen Schub erhalten. Und im Bereich der anästhesiologischen Institute scheint das Interesse an der Notfallmedizin (einzelne hochmotivierte ausgenommen) nicht allzu groß zu sein.


    Doch, ich sehe da eine echte Chance für eine Schnittstelle um gemeinsame Standards zu schaffen und Rettungsdienst und Klinik wieder ein Stück näher zusammen zu bringen. Leider hört man von der DGINA nur sporadisch.

  • Die BÄK und diverse notfallmedizinisch ausgerichtete Fachverbände lehnen derzeit einen Facharzt für präklinische Notfallmedizin ab. Die Gründe sind vielfältig:


    - wenig Einsatzmöglichkeiten außerhalb des Notarztdienstes


    - wenig Möglichkeiten, notfallmedizinische Techniken zu trainieren


    - weitere Abnahme der präklinisch tätigen Mediziner


    - Facharztstandard führt zu einer Abnahme von notfallmedizinischen Kenntnissen anderer Ärzte


    - zu kleines Fachgebiet


    - teuer



    usw.

  • Also ich bin mir jetzt nicht ganz sicher ob wir aneinander vorbeireden:
    Ich rede vom FA für Notfallmedizin, der in erster Linie in der Notaufnahme tätig ist.
    Vorteile sehe ich eben in der universitären Institutionalisierung dieses Bereiches.
    Dass die BÄK gegen einen FA Notfallmedizin (für den Einsatz in einer interdisziplinäre Notaufnahme) ablehnt scheint mir angesichts der Situation in den Notaufnahmen absurd.


  • Und auch wenn ich mich wiederhole: ein Paramedic-System war nie Ziel dieser Länder, sondern sie entstanden aus der Not heraus, weil es an Ärzten mangelte. Viele Länder versuchen aktuell, ein Notarztsystem zu etablieren oder weiter auszubauen (z.B. Schweiz).


    "Ziel dieser Länder" sind (wie stets in der Politik) stets die Ziele der aktuell bestpositioniertesten Lobbygruppen und ihrer Präferenzen. Interessant in diesem Zusammenhang ist es vielleicht, nochmal das historische Argument der Diskussion aufzugreifen.
    Seitens der Ärzteschaft wird mit dem moralischen Zeigefinger gewedelt, wie etwa folgendem: "Nicht ohne Grund sichert die Freiberuflichkeit des Arztes die Versorgung des Patienten frei von wirtschaftlichen Abhängigkeiten." Zum einen ist das einfach Humbug, selbstverständlich haben monetäre Umstände Auswirkungen auf den freiberuflich agierenden niedergelassenen Arzt und seine Therapie des Patienten. Das wird jede Arzthelferin problemlos näher ausführen können. Seitens der Gesundheitswissenschaftler wurde beispielsweise nach Einführung der Medikamentendeckelung (DDD) deutlich nachgewiesen, wie bislang untherapierte Patienten plötzlich mit (preiswerten) Medikamenten versorgt wurden, damit auf diesem Umweg teure Medikamente für kranke Altkunden des Arztes querfinanziert wurden, weil so der Schnitt der verordneten Medikamente preislich wieder im Rahmen lag. Jeder freiberufliche Arzt ist selbstverständlich marktwirtschaftlichen Grundsätzen und Handlungsweisen unterworfen, wenn er nicht Insolvenz anmelden möchte. Dies möchte ich völlig wertfrei ausführen, ich sehe da zunächst kein Problem in dieser (eigentlich offensichtlichen) Tatsache. Dass dies von der Ärzteschaft jedoch nachhaltig geleugnet wird und stets die altruistischen Motive des handelnden Arztes als alleiniges Handlungsmotiv herausgestellt werden, läßt jedoch sehr an dem Realitätsbild der Standesvertreter zweifeln.


    Ähnlich jedoch ist die Geschichtsschreibung zur Notfallmedizin - und hier möchte ich den Bogen zurück zum einleitenden Satz meines Beitrags schlagen - von Altruismus und Heldenmythos einzelnder Ärtze geprägt. Im Allgemeinen wird hier Herr Kirschner als Starter des deutschen Rettungswesens gepriesen, der 1938 die für die damalige Zeit revolutionäre Forderung auf[stellte, Hinzufügung. d. Verf.], dass nicht der Verletzte so schnell wie möglich zum Arzt, sondern der Arzt schnellstmöglich zum Verletzten kommen müsse. Dies ist in gleich zweifacher Hinsicht trotz aller gezeigter Heldenromantik nicht richtig. Zum einen fuhren zu diesem Zeitpunkt bereits arztbesetzte Ambulanzfahrzeuge durch amerikanische Großstädte, was "diese Vorstellung einer deutschen Pionierleistung wohl korrekturbedürftig [macht], auch wenn sie als Gründungsmythos ausgezeichnet zur Absicherung der ärztlichen Rolle im Rettungswesen taugt." [Henrik Brinkmann: Ist Wohlfahrt drin, wo Wohlfahrt draufsteht? Eine ökonomische Analyse des deutschen Marktes für Rettungsdienstleistungen. Stumpf&Kossendey, Edewecht 2002. Seite 57, FN 39]. Zum anderen mag hier der Startschuss ärztlicher Beteiligung am deutschen Rettungswesen markiert sein, dieses kann jedoch zu diesem Zeitpunkt bereits auf einige Jahrzehnte Bestand in einigen Städten zurückblicken. Wie Brinkmann ausführlich darstellt, wurden bürgerliche Rettungsvereine sehr früh gegründet, so lobte beispielsweise die "Amsterdamer Gesellschaft zur Rettung Ertrunkener" 1767 einen Geldpreis für jede erfolgreiche Rettung aus, um die Bewohner der Stadt zur Leistung erster Hilfe zu ermutigen. 1881 erfolgte nach einem Theaterbrand mit vielen Todesopfern in Wien die Gründung eines wohltätigen Vereins, welcher Rettungsmittel und Sanitätspersonal bereitstellte. Ähnliche Vereine wurden in den 80er Jahren in weiteren Städten gegründet. Dies betraf in erster Linie Großstädte.
    Auch das Rote Kreuz, gegründet von einem nicht sonderlich erfolgreichen Geschäftsmann, ist in dieser Reihe zu sehen.


    Die ärztliche Beteiligung an derartigen Projekten ist in erster Linie im militärischen Bereich zu finden, hier werden nach Beschreibungen bei Ägyptern und Griechen in vorchristlicher Zeit meist die Feldärzte Napoleons als der große Startschuss der ärztlichen Beteiligung abseits der chirurgischen Praxis erwähnt. Dabei bleibt es auch in den nachfolgenden Jahren, beim Militär läßt sich gutes Geld verdienen, hier finden sich die Ärzte ein. Der Drang in die Präklinik erfolgt 1938 (s.o.) erst, nachdem "die Stoßkraft des Rettungswesens" erhöht wurde, indem das DRK "nach den Grundsätzen der nationalsozialistischen Staatsform umgebildet" wurde und "das Sanitätskolonnenwesen, einheitlich und auf nationaler Grundlage aufgebaut, im DRK. zusammengefaßt war" [Hesse, E. (1940): Das Rettungswesen in der Geschichte und die spätere Entwicklung im Deutschen Reich. In: Veröffentlichungen aus dem Gebiete des Volksgesundheitsdienstes 59:685-773; S. 735. Zitiert nach Brinkmann, S. 53f]. Auf Deutsch: nachdem eine militärähnliche Hierarchie den Weg öffnete für gut bezahlte Führungspositionen, entdeckte die Ärzteschaft ein neues Beschäftigungs- und Betätigungsfeld. Dabei konnte sie auf gut ausgebaute Strukturen zurückgreifen, welche eine durch sie initiierte Gründung und Entwicklung rettungsdienstlicher Strukturen nicht notwendig machte. Im weiteren Verlauf der Jahrzehnte verdankte die deutsche Bevölkerung der Ärzteschaft viele Neuerungen in der Medizin, welche auch in die Präklinik getragen wurde, zumal viele Erkenntnisse der ersten Hilfe zwar in den 30/40er Jahren bekannt wurden, jedoch erst in den 60er/70er Jahren wirkliche Verbreitung in der Bevölkerung fanden. Das breite Notarztwesen bis in den letzten Winkel der Republik hinein ist jedoch kein historisch arzteigenes Gut, sondern eine Entwicklung der letzten Jahre. Noch um 1980 herum fand in vielen ländlichen Räumen die Notfallversorgung ohne ärztliche Beteiligung lediglich durch die Hilfsorganisationen lokal organisiert und durchgeführt statt, mir sind da zahlreiche Einsatzbeispiele durch alte Kollegen in Erinnerung, welche sich so (teilweise allein mit einem Krankenwagen losgefahren) in den unmöglichsten Situationen wiederfanden.


    Das historische Argument taugt also nicht, weder hier noch in paramedizinischen Systemen, wie der Verweis auf arztbesetzte Rettungsmitteln Anfang des 20. Jahrhunderts in amerikanischen Großstädten zeigt. Aus diesem Grund bin ich dafür, die Diskussion auf der sachlichen Ebene zu führen: was erwartet der Patient, und was ist er bereit, dafür zu zahlen. Ich bin froh um jeden Notarzt, der mir die Verantwortung an der Einsatzstelle abnimmt. Ich bin froh um die gigantischen Fortschritte, welche das deutsche Rettungswesen in den letzten 20 Jahren in Sachen Medizintechnik und Entwicklung der Fahrzeuge durchlaufen hat. Daran sind viele Berufsgruppen beteiligt gewesen, nebst Rettungsfachpersonal und Ärzten Medizintechniker, Ingenieure, Juristen und viele andere. Wenn die Gesellschaft die breitflächige Versorgung mit Ärzten tatsächlich wollte, so müsste sie lediglich die Kapazitäten der Universitäten ausweiten: hunderte junger Menschen warten jedes Jahr vergeblich auf einen Medizinstudienplatz. Bei der jetzigen Situation bleibt doch lediglich festzustellen: der relative Mangel an Ärzten ist politisch gewollt. Und damit sind auch alle Folgen politisch gewollt, welche mit diesem Mangel an Ärzten einhergehen. Mit einem Mangel an Ärzten den bisherigen Status quo aufrecht erhalten zu wollen, ist zum Scheitern verurteilt. Wenn die Ärzteschaft hier wirklich etwas verhindern möchte, sollte sie ihre Kräfte nicht an der Front der Kompetenzen nichtärztlicher Beteiligter des Gesundheitswesens verschleudern, sondern an der Quelle des Übels ansetzen und die Ausbildung ihres eigenen Nachwuchses forcieren. Inwieweit dann der jetzige Topf unter mehr Ärzten aufgeteilt werden müsste oder ob die Gesellschaft dies durch höhere Krankenkassenbeiträge abzufedern gedenkt, wird eine zentrale Frage derartiger Bemühungen werden. Altruismus alleine hält den Arzt nicht bei der Stange. Um Missverständnissen gleich von Anfang an vorzubeugen: den Rettungsassistenten übrigens auch nicht. Aber darum ging es hier ja ausnahmsweise mal nicht.

  • Ribosom


    Das ist natürlich was anderes. Hätte allerdings in meinen Augen nur wenig mit den Problemen der Präklinik zu tun. Und ob so ein Notaufnahmefacharzt grundsätzlich in unsere Krankenhauslandschaft mit den vielen kleinen und spezialisierten Häusern paßt, sehe ich erstmal kritisch. In größeren Häusern mit zentralen Notaufnahmen kann es durchaus sinnvoll sein, allerdings ist das nur ein geringer Teil in Deutschland.

  • Ich frag jetzt mal bewusst ketzerisch, aber nicht unernst: Warum werden eigentlich nicht alle Rettungswagen mit Ärzten besetzt? Damit würde man die meisten Probleme wie Nachforderung, Notkompetenz, Finanzierung von NEFs etc automatisch lösen.


    Gruß, Mr. Blaulicht

  • Ich frag jetzt mal bewusst ketzerisch, aber nicht unernst: Warum werden eigentlich nicht alle Rettungswagen mit Ärzten besetzt? Damit würde man die meisten Probleme wie Nachforderung, Notkompetenz, Finanzierung von NEFs etc automatisch lösen.


    Gruß, Mr. Blaulicht


    Ressourcen Verschwendung. Für 75% der "Notfälle" reicht die derzeitige Ausbildung und der derzeitige "Massnahmenkatalog" des RettAss aus bzw. unterfordert ihn sogar.

  • Ist ein junger Arzt nicht sogar billiger als ein alter RettAss?
    Ein Vorlesungsbetreuer meinte, dass er weniger als eine Putzfrau pro Stunde verdienen würde.
    Das sind jetzt natürlich keine Evidenz basierten Aussagen, aber ebenfalls ketzerisch:
    Ist ein Rettungsassistent nicht zu teuer? :-)


    Grüße,


    Markus

  • Ist ein junger Arzt nicht sogar billiger als ein alter RettAss?
    Ein Vorlesungsbetreuer meinte, dass er weniger als eine Putzfrau pro Stunde verdienen würde.
    Das sind jetzt natürlich keine Evidenz basierten Aussagen, aber ebenfalls ketzerisch:
    Ist ein Rettungsassistent nicht zu teuer? :-)


    Grüße,


    Markus


    Schwachsinn. Das sind alles Stammtischparolen. Natürlich kann man sich jede Tabelle so zurechtrechnen, dass man auf solche Zahlen kommt. Ein Arzt im 1. Jahr verdient etwa 20 Euro brutto pro Stunde Grundgehalt.


    Mit Ressourcenverschwendung meinte ich aber überhaupt nicht die Lohnkosten. Du kannst dir ja mal überlegen, was ökonomisch sinnvoller ist: Den Arzt auf der Rettungswache auf die Couch legen oder ihn eine Station mit 20 - 30 Patienten betreuen lassen....!?