Ketanest-Gabe durch RettAss: Rechtsgutachten zum Schreiben des Innenministeriums Rheinland-Pfalz


  • Telemetrie entspricht einer ärztlichen Anordnung (z.B. bei Infarkt EKG).


    Eine Delegation via Telemetriebefund ist bislang genauso wenig möglich wie eine "Anweisung" über Funk. Der einzige Vorteil dieser Methoden besteht darin, dass Schnittstellenprobleme aus dem zwischenmenschlichen Bereich elimeniert werden. Ein NA, der via Funk "delegiert", wird sich hinterher nicht darüber aufregen, die begonnene Therapie fortsetzen zu müssen.

  • Wir sind ja auch nicht bei Notruf California... :prost:

  • Mist, jetzt hat er es verraten! Steinigt ihn! :-P


    Zu Tchibos Fall: Ich fürchte für fakl, es handelt sich, so der Wortlaut korrekt wiedergegeben wurde, nicht um eine wirksame Delegation. Hierzu hätte der NA den Patienten zunächst selbst untersuchen und einschätzen müssen (was er ja vielleicht sogar getan hat, wir wissen es nicht), und - iirc - ebenso die Dosierung für die Medikamente festlegen müssen. Aus den kurz wiedergegebenen Gesprächsfetzen lässt sich aber auch schließen, dass Hans die Dosierungen nach eigenem Ermessen festgelegt hat.

  • Diagnose --> Therapie


    Unabhängig von der derzeitigen Rechtslage:
    Infarkt EKG: Auch hier erfolgt eine Diagnose, die zu einer Therapie führt.


    Das es sich nach derzeit geltender Meinung nicht um eine Delegation handelt ist eigentlich egal.
    Mir ging es nicht um den rechtlichen Aspekt.


    Ich habe selbst noch keine Approbation und ich sehe das Problem eher wo anders.
    z.B. Anaphylaxie


    Fenestil + Soludecortin-H.


    Alles Ok.


    Außer:
    Irgend ein Endokrinologe beschwert sich über die Cortisongabe. Sicher ein Arzt kann hier argumentieren, dass es sich um eine relative Kontraindikation handelt. Er stellte die Diagnose und therapierte entsprechend.


    Der Knackpunkt ist nicht die Therapie sondern die Diagnose.


    Die Frage ist:
    Wird einem eine valide Diagnose zugetraut?

  • fakl: Tatsächlich müsste die Frage (steinige man mich dafür, wenn gewünscht) bei vielen meiner Kollegen lauten: "Ist der/die überhaupt fähig, eine Diagnose stellen?" => unabhängig davon wie und wann eine ärztliche Versorgung stattfindet bestehen Kenntniss- und Fertigkeitsdefizite, die im Kontext der bestehenden Aus- und Fortbildungsstrukturen NICHT beseitigt werden können! Deswegen wünsche ich mir sosehr eine Novelle des RettAssGes - und nicht, weil ich willenlos irgendwem irgendwas spritzen dürfen will!

    Unter den Blinden ist der Einäugige der Arsch - er muss allen Anderen vorlesen...

  • Das Ministerium des Innern und für Sport Rheinland-Pfalz hat eine kleine Anfrage zum Thema "Verabreichung des Medikamentes Ketanest durch Rettungsassistenten" beantwortet. Die Antwort zeigt meines Erachtens sehr deutlich, wie gute Lobbyarbeit funktioniert und was mit Ärzten geschieht, die nicht der allgemeinen Meinung folgen.


    So wird der bislang im Rettungsdienstbereich Montabaur verantwortlichen Ärztin fehlender medizinischer/notfallmedizinischer Sachverstand unterstellt, da es sich bei ihr nicht um einen offiziell bestellten ÄLRD handelt und sie den Rettungsassistenten in ihrem Rettungsdienstbereich die Gabe von Ketanest nach einer Schulung erlaubte !


    Gemessen an dieser Aussage dürfte es zumindest auch in meinem Rettungsdienstbereich einigen Notärzten an medizinischem bzw. notfallmedizinischem Sachverstand fehlen.
    Interessant auch die Aussage, dass eine eigens gebildete Expertengruppe - bestehend aus Vertretern der Klinik für Anästhesie der Universitätsmedizin Mainz der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, der Arbeitsgemeinschaft Südwestdeutscher Notärzte (agswn), Vertretern medizinischer Fachgesellschaften, Fach-Juristen und Pharmazeuten - das Medikament Ketanest zur Behandlung schwerer Schmerzzustände vergleichsweise ungeeignet hält, da es sich nicht um ein Opiat handelt. Die Expertengruppe empfiehlt daher, eine Initiative zur Überarbeitung des Betäubungsmittelgesetzes mit dem Ziel zu starten, ausgewählte Opioide (evtl. in speziellen Darreichungsformen und Dosierungen) zur Anwendung durch Rettungsassistenten in ausgewählten Situationen verfügbar zu machen.


    Die kleine Anfrage sowie die Antwort des Ministeriums kann auf den Seiten des DBRD abgerufen werden.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Sie wehren sich mit Händen und Füßen. Sie werfen sich auf den Boden und stramplen wie kleine Kinder im Supermarkt die den erwünschten Lutscher nicht bekommen... Und wenn es gar nicht mehr geht wird sogar auf den Sandkastenfreund gezeigt, geweint und geschrien...


    Schade, denn es sind bei weitem nicht mehr alle Ärzte so verbohrt und engstirnig.

  • Sie wehren sich mit Händen und Füßen. Sie werfen sich auf den Boden und stramplen wie kleine Kinder im Supermarkt die den erwünschten Lutscher nicht bekommen... Und wenn es gar nicht mehr geht wird sogar auf den Sandkastenfreund gezeigt, geweint und geschrien...


    Schade, denn es sind bei weitem nicht mehr alle Ärzte so verbohrt und engstirnig.


    Das mit der Analogie üben wir nochmal. :pfeif:

  • :hmm: Ich dacht eigentlich das Thema wär durch ,soviel ich weis will unser ÄRLD den RA die Ketanestgabe nicht verwehren sondern er sagt


    wenn die RA dies bezüglich ausgebildet sind,was zutrifft, und ein Notarzt nicht rechtzeitig vor Ort ist spricht nichts dagegen das ein RA Ketnest gibt .


    Nur in der Regel sind die Notärzte ,und das stimmt auch oft; so schnell vor Ort das gerade mal der Zugang liegt und Blut abgenommen wurde

  • In der aktuellen Ausgabe der RETTUNGSDIENST (Heft 10, Oktober 2009) ist eine interessante Auswertung aus dem Rettungsdienstbereich Reutlingen zu finden. Die Ergebnisse sind im Rahmen einer Masterthesis am Department für klinische Medizin und Biotechnologie der Donau-Universität Krems erarbeitet worden. Die Analyse betrachtet erweiterte Maßnahmen vor dem Hintergrund, ob Rettungsassistenten grundsätzlich invasiv tätig werden können.


    Die zur Auswertung mittels Notfallprotokoll erfassten Einsätze zeigen u.a. deutlich, dass Schmerzen (31%) sowie das akute Koronarsyndrom (26%) die häufigsten Indikationen für erweiterte Maßnahmen durch Rettungsassistenten darstellen. Die Rettungsassistenten im Rettungsdienstbereich Reutlingen arbeiten nach festgelegten Algorithmen, die Arbeit wird durch "ärztliche Fachberater", welche Mitglieder der LNA-Gruppe sind, überwacht. Ein Algorithmus beinhaltet die Gabe von Midazolam und Ketamin.


    Im Ergebnis der Analyse wird als Diskussion angeführt, dass keine Komplikationen, keine signifikanten Abweichungen der Prozessqualität zu den Notärzten, eine tendenzielle Verbesserung des Patientenzustandes in 93% der Einsätze, keine signifikante Abweichung der notärztlichen Diagnosen und der Indikationsstellung vorliegen.


    Eine solche Auswertung, welche die Komplikationen in Zusammenhang mit Ketamin, welches durch Rettungsassistenten verabreicht wurde nachweist, sind die Befürworter der Untersagung bis heute schuldig geblieben. Statt dessen wird regelmäßig auf die abstrakte Gefahr hingewiesen und in diesem Zusammenhang der Schutzgedanke gegenüber Patienten und Rettungsassistenten angeführt. Bemerkenswert ist auch nach wie vor, dass Ketanest seit Jahren in vielen Rettungsdienstbereichen durch Rettungsassistenten eingesetzt wird und es offensichtlich bislang zu keiner Beanstandung oder schwerwiegenden Komplikation, welche sicherlich bekannt geworden wäre, geführt hat. Die Empfehlung des Ministeriums - beruhend auf der Initiative des ÄLRD - kam just zu dem Zeitpunkt, als das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz allgemein für Aufsehen gesorgt hat. Das sollte doch zu denken geben.


    NACHTRGA: Den ärztlichen Fachberatern der LNA-Gruppe im Rettungsdienstbereich Reutlingen fehlt es offenbar ebenfalls an (notfall-)medizinischer Kompetenz - wie sonst wäre es zu erklären, dass den Rettungsassistenten in diesem Bereich die Gabe von Ketanest gestattet ist ? ;)

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Die Expertengruppe empfiehlt daher, eine Initiative zur Überarbeitung des Betäubungsmittelgesetzes mit dem Ziel zu starten, ausgewählte Opioide (evtl. in speziellen Darreichungsformen und Dosierungen) zur Anwendung durch Rettungsassistenten in ausgewählten Situationen verfügbar zu machen.


    Sag ich doch schon die ganze Zeit ;-):thumbup:

  • Wobei ich hierbei das Analgetikum Nalbuphin von vornherein ausschliessen würde, da als adäquates Antidot Morphin in`s Spiel kommt (laut Pharma Info des Herstellers), was uns wohl wieder an den Anfang dieser unendlichen Diskussion führt.


    Plumper Lösungsvorschlag: Bundeseinheitliche Regelausbildung des qualifizierten RD Personals über einen klar definierten Zeitraum, inkl. eines einheitlichen Curriculums (ohne Rücksicht auf das Gejaule und Gewimmer der HiOrgs), inkl. festgeschriebener erweiterter Kompetenzen am Beispiel der Niederlande oder der Schweiz (dort klappt`s merkwürdigerweise ja auch).



    lg


    Sven

  • Wobei ich hierbei das Analgetikum Nalbuphin von vornherein ausschliessen würde, da als adäquates Antidot Morphin in`s Spiel kommt (laut Pharma Info des Herstellers), was uns wohl wieder an den Anfang dieser unendlichen Diskussion führt.


    Nalbuphin wäre keineswegs auszuschliessen, auch wenn es nicht die Potenz anderer Opiate hat. Es hätte den Vorteil, dass es nicht unter das BTMG fällt und ist wäre mit Morphin durchaus verträglich.

  • Ihr müßt Euch schon einig werden, Eidgenossen. Sonst wird das nichts mit einer neuen Petition... ;)


    Na ja, mach' nicht so, als wärst du dich immer mit deinen Kollegen einig :P
    Und wir reichen sicher keine Petition ein (höchstens ein Referendum) :prost:

  • In der aktuellen Ausgabe der RETTUNGSDIENST (Heft 10, Oktober 2009) ist eine interessante Auswertung aus dem Rettungsdienstbereich Reutlingen zu finden.


    Könnte mir das jemand freundlicherweise zur Verfügung stellen?


    Eine solche Auswertung, welche die Komplikationen in Zusammenhang mit Ketamin, welches durch Rettungsassistenten verabreicht wurde nachweist, sind die Befürworter der Untersagung bis heute schuldig geblieben. Statt dessen wird regelmäßig auf die abstrakte Gefahr hingewiesen und in diesem Zusammenhang der Schutzgedanke gegenüber Patienten und Rettungsassistenten angeführt.


    Na ja, ob erst etwas passieren muss, damit die Argumentation überzeugt, weiß ich nicht... Man sollte dann schon eher diskutieren, ob es eine abstrakte Gefahr gibt. Ansonsten könnte man bei der Wartung von Flugzeugen auch eine Menge Geld sparen: Solange sie nicht vom Himmel fallen, beweist ja die Statistik, dass Kontrollen überflüssig sind...


    Die Empfehlung des Ministeriums - beruhend auf der Initiative des ÄLRD - kam just zu dem Zeitpunkt, als das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz allgemein für Aufsehen gesorgt hat. Das sollte doch zu denken geben.


    Finde ich nicht: Der begeisterte Aufschrei nach der Entscheidung des Arbeitsgerichtes kann doch als Zeichen für Handlungsbedarf verstanden worden sein.

  • ich hoffe - dass ich nie wieder in Deutschland arbeiten muss. (Wie lange geht der Kampf nun um mehr Kompetenz und Anerkennung ? - Zu lange!!!) :mauer:


    Seit 2 1/2 Jahren arbeite ich nun in der Schweiz und seit dem hab ich wieder enorm Freude am Beruf. Und diese wächst stetig weiter.


    Dieses ständige "körperliche Müdigkeit - aber mit dem Kopf kaum geschafft" :fie: zur Zeit im Deutschen RD hat mich fast soweit getrieben - aus der Rettung aus zu scheiden und irgend etwas ganz anderes zu machen. Hauptsache nicht mehr Rettung.


    Ich wünsche allen motivierten in Deutschland arbeitenden Kollegen, das es in Deutschland irgendwann man besser wird. :kaffee:


    Sowohl Kompetenz aber - und das vor allem - Wertschetzung der geleisteten Arbeit und Motivation.


    Kämpft weiter für euer Arbeit - das habt Ihr verdient. :applaus:


    Oder wechselt in ein anderes Land - aber das ist leider gar nicht mehr so einfach - leider. Aber es lohnt sich 1000 %ig.


    Gruss Mario

  • @Racesani


    Wenn die erstmal in der Schweiz ein flächendeckendes Notarztsystem eingeführt haben, bist Du jeder Zeit wieder bei uns im qualifizierten Krankentransport oder einer Notaufnahme willkommen. Bis dahin: viel Spaß im Paradies! :hallo: