Ärztemangel problematisch für Rettungswesen


  • Nein, würden sie nicht. Die höheren Ausbildungskosten werden durch die Kassen getragen.


    Auf der einen Seite zu sagen, es sei kein Geld für die Notärzte da (wir ja durch die (teuren) Freelancer etwas ad absurdum geführt), auf der anderen Seite die [Ausbildungskosten (und die dann auch notwendige bessere Bezahlung) der "Paramedics" von den Kassen bezahlen lassen zu wollen, ist inkonsequent. Entweder es ist Geld da, oder nicht. (Natürlich ist es einfacher und billiger, wenn, wie es jetzt ja in vielen Bereichen üblich ist, der RD durch die KH mit der Stellung des Notarztes bei beschränkten Kostenersatz querfinanziert wird, oder wenn, wie in Bayern, die Kosten für den Notarzt nicht durch den RD/Bereichsausschuß aufgebracht, sondern über die KV finanziert werden.)

    Zitat

    Die finanziellen Grenzen sind nicht gottgegeben, aber dennoch vorhanden. Und anstatt die Bemühungen auf realitätsfremde Forderungen zu konzentrieren, muss man nach gangbaren Lösungen suchen, die - selbstverständlich - auch berufspolitisch beeinflusst werden. Die tatsächlich benötigten Notarztstandorte könnten besetzt werden, wenn man die Notarzteinsätze auch auf das tatsächlich Notwendige beschränken würde.


    Etwas, was auch heute schon möglich wäre, wenn die Dispositionsqualität der Leitstellen besser werden würde, und nicht, auch zur juristischen Absicherung des Leitstellen-RA's, im weitgefassten Zweifelsfall das NEF mit raus geschickt werden würde.

    "We are the Pilgrims, master; we shall go
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    James Elroy Flecker


  • Auf den ersten Blick natürlich.
    Betrachte deine Frage aber einmal aus Sicht der Kostenträger - ist es günstiger, etwas mehr Geld in nichtärztliches Personal zu investieren, wenn ich dadurch* langfristig noch mehr Geld einsparen kann?


    *(durch die Reduzierung der Notarzteinsätze und damit Einsparung von Notarztstandorten bzw. die Vermeidung neuer Standorte)


    Das ist eine Milchmädchenrechnung, da gerade in den ländlichen, einsatzschwachen Regionen dann die Eintreffzeiten des NEF sich aufgrund der räumlichen Disposition deutlich verlängern würden. In dicht besiedeten Regionen wirst Du dann eher ein Problem bei Duplizitätsfällen habe.

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    James Elroy Flecker


  • Wenn ich lese, dass ein Notarzt z.B. für eine 24-Stunden-Schicht 624 Euro erhält (Link), dann gibt es für die Kostenträger doch durchaus Aussichten auf Einsparungen, berücksichtigt man auch die für einen Notarztstandort notwendige Infrastruktur sowie weiteres Personal (Rettungsassistent).
    Die Notarztstandorte müssen ohne Frage auch künftig so verteilt sein, dass ihre Einsatzbereiche innerhalb der vorgeschriebenen Hilfsfristen erreicht werden können. Kommen die Notärzte aber insgesamt weniger zum Einsatz, steigt die durchschnittliche Verfügbarkeit an den einzelnen Standorten. So wäre es beispielsweise denkbar, gerade in Städten mit mehreren NA-Standorten einen Teil davon reduzieren zu können.


    Gerade da gibt es aber keinen Notarztmangel. Auf dem Land aber wirst Du es schwer haben, einzelne Standorte einzusparen, ohne die Hilfsfristen deutlich verlängern zu müssen.


    (Und zum Thema Bezahlung: Wieviel kostet es den Arbeitgeber brutto einen RA für 24h im Dienst zu halten (inklusive Sozialversicherungsbeiträg etc.)?)

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    James Elroy Flecker

  • Meiner persönlichen Meinung nach gibt es wohl keinen Notarztmangel in Deutschland. Ausgebildete Notärzte gibt es genug. Es gibt aber sicher einen Mangel an Bereitschaft, zu den Konditionen als Notarzt zu arbeiten, die mancherorts geboten werden. Ich bin unter anderem an einem Notarztstandort tätig, der mit Besetzungsproblemen zu kämpfen hat. Die Notarztdienste werden in der Freizeit, d.h. zusätzlich zum Klinikdienst oder zur Praxisarbeit als selbstständige Arbeit geleistet. Z.B. eine Nachtschicht dauert 15 Stunden. Die durchschnittliche Einsatzzahl Werktags beträgt zwei. Für einen Kassenpatienten gibt es nachts ca. 110 Euro. Das sind dann 220 Euro für 15 Stunden. Diese müssen noch versteuert werden und die Umkosten (Versicherung, Bekleidung, Reinigung, etc.) abgezogen werden. Hat man keinen Einsatz, geht man mit 0,- Euro nach Hause. Den "Notarztmangel" an diesem Standort sollte jeder nachvollziehen können. In ca. 15 km Entfernung ist ein weiterer Standort mit besseren Bedingungen. Dort gibt es eine Warteliste und etliche Notärzte warten schon mehrere Jahre auf ihren Einsatz.
    Dort, wo über Notarztmangel geklagt wird, sollte man sich genau die Bedingungen ansehen, die zum Mangel geführt haben. Das wird in fast allen Fällen das Geld sein.
    Dass die Finanzierung eines Paramedicsystems im Gegensatz zur Attraktiviätssteigerung eines bestehenden Notarztsystems zu einer finanziellen Entlastung des Gesundheitssystems führt, fällt mir schwer nachzuvollziehen.

  • Jede höhere Vergütung im Gesundheitswesen ist illusorisch; auch wenn derzeit der Marburger Bund (meiner Ansicht nach berechtigterweise) seine Mitglieder zu Streikaktionen aufruft.
    Der MB hat nämlich den Vorteil, dank einer guten Medienarbeit und der Tatsache, da so ziemlich jeder Beitragszahler schon einmal in einem KH gelegen hat, ziemlich viel Unterstützung bzw. Solidarität in der Bevölkerung.


    Das ist beim RD eben nicht so (in der Pflege u.a. Berufsgruppen auch nicht).
    Der RD ist keine homogene Berufsgruppe und tritt nicht geschlossen auf.
    Eine stetige Medienarbeit wird allerhöchstens durch die AG / Leistungserbringer des RD betrieben, nicht durch die unmittelbar Beschäftigten darin.
    Das die AG / Leistungserbringer auch heute noch das hohe Lied der Ehrenamtlichkeit predigen und sich nicht zu schade dafür sind, professionell wirkende "Sanis" (Drückerkolonnen) in roter Hose + Jacke von Haustür zu Haustür zu schicken, spricht doch Bände.
    Viele RD-Mitarbeiter scheuen sich nicht (z.B. hier in den Blogs) ungeniert zuzugeben, daß sie den Arbeitstag erst einmal mit Kaffee und gekauftem Gebäck beginnen.
    (ACHTUNG: das ist kein Vorwurf, sondern die Beschreibung der gelesenen Realität)
    Dies ist aber weder die berufliche Realität unterer Lohngruppen wie von Spitzenverdienern.
    Ein Fluglotse (den wir ja auch hier im Forum haben) macht doch im Grunde das gleiche wie ein RA:
    er sorgt dafür, daß alles seinen geregelten Gang geht und nicht schlimmes passiert.
    Ob an seinem Arbeitsplatz auch ein Mäck-Würg neben einem braunen Zuckerwasserbecher herumsteht - wie ich es auch heute noch bei stehenden RD-Fahrzeugen beobachte?
    Warum bekomt der Fluglotse (gerechtfertigt!) eine andere Vergütung wie ein RA?


    Der neueste Vorschlag von Hr. Rösler (den ich aufgrund seiner Kompetenz zunächst deutlich mehr schätze wie seine Vorgängerin "Trullala") lautet doch: pro Versicherten monatlich 30 EUR mehr.
    Das ist z.B. die Summe, die mein Nachbar (Adipositas, insulinpflicht. Diabetes, KHK-Patient...) für seine Fußpflege durch eine Fachkraft (Podologin) ausgibt - auf dringendes Anraten seines Hausarztes.
    Er verlässt sich dabei auf den Ratschlag eines Experten, dem er sein Einkommen durchaus gönnt.
    Gleichermaßen gönnt er seinem Apotheker das Einkommen und ist fest davon überzeugt, daß diverse Hilfsmittel so teuer sein müssen - "denn das Zeug vom Discounter ist ja Billig-Zeug".
    Aus welchem Grund hat er dieses Vertrauen?
    Es ist die Lobbyarbeit, die seit Jahrzehnten erfolgreich betrieben wird und die auch nicht immer verkehrt ist.
    In Verbindung mit dem Gedanken, daß mein Nachbar seinen Hausarzt und seinen Apotheker ja monatlich benötigt, den RD aber "nie", wäre ihm jeder Gedanke an eine höhere Qualifikation, die auch ein besseres Einkommen beinhaltet, was letztendlich jeder Versicherte aufzubringen hätte, völlig abwegig.


    Das freischaffende NA gutes Geld verdienen, ist nun einmal ein Prinzip dessen, was wir Marktwirtschaft nennen.
    Angebot + Nachfrage bestimmen den Preis.
    Wenn sie gute Preise erzielen können - warum sollten sie darauf verzichten ?-(


    Verfolge ich alle entsprechenden Diskussionen hier im Forum oder anderswo, dann sehe ich viele Paralellen zu der "Grünenbewegung" aus den 70-er Jahren.
    Hier im Forum sind die Spinner, die das System verändern wollen und Ideen haben.
    Der Kampf gegen allgegenwärtige Widerstände ist groß, sowohl auf der Seite der etablierten Parteien, als auch gegenüber der höchstenfalls gleichgültigen Bevölkerung ("es ist doch alles so gut, wie es ist...")
    Solange die Spinnerfraktion noch nicht einmal in der Lage ist, die eigene Basis von den grundlegenden Ideen zu überzeugen und sich jeder mutwillige Hobbysanitäterfunktionär mit "Ja-aber-Totschlagargumenten" agieren kann, wird sich nichts ändern.


    Noch einmal meine Meinung zum RD-System:
    In Zukunft wird eine flächendeckende qualifizierte NA-Abdeckung in vielen Teilen des Landes sehr schwierig.


    NA's halte ich weiter für unverzichtbar (Ausbildung, Überwachung, Leitung, LNA, Intensivverlegung, RTH...)
    doch nicht unbedingt nötig für die standardmässige Analgesie u.a.m.


    Der demographische Faktor und die sicherlich bald völlige Abschaffung von Wehr- bzw. Zivildienst wird auch dafür sorgen, daß der bisher fast automatisch heranwollende Nachwuchs ausbleibt.
    Wer nicht will, daß dieser Beruf nur noch von Loosern ergriffen wird, die sonst nichts bekommen bzw. können, muß gegensteuern.


    Ich habe fertig!

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

  • Gerade in Städten mit mehreren NA-Standorten gibt es aber eher keinen Notarztmangel. Ich kann der Argumentation insgesamt immer noch nicht folgen - abgesehen von dem sich mir immer stärker aufdrängenden berufspolitischen Aspekt aus Sicht der "Paramedics". Ich glaube immer mehr, dass es vordergründig um die eigenen Interessen des Berufsverbandes geht - das Problem Noatarztmangel ist da nur ein gerne genommenes Argument.
    Außerdem würde ich massiv davor warnen wollen, als Berufsverband Kostenersparnis als Argument hochzustilisieren. Der Schuss könnte sehr schnell nach hinten losgehen. Der Tag könnte kommen, an dem die Kostenträger das gegen euch/uns verwenden, indem sie argumentieren: "Den Kostendruck habt ihr ja bereits als stichhaltig anerkannt, um das System zu retten, müssen wir nun leider...!" Ich selbst bin volkswirtschaftlicher Laie, und ich fürchte, der Großteil der Vertreter der Berufsverbände ist es auch. Hier wird doch offenichtlich von Laien mit volkswirtschaftlichem/betriebswirtschaftlichem Halbwissen jongliert - ein Umstand, der von gleicher Seite mit gewisser Regelmäßigkeit (und zu recht) den regionalen Führungen von HiOrgs vorgeworfen wird...


    Nein, in Städten mit mehreren NA-Standorten gibt es eher keinen Notarztmangel. Dort wäre es aber auch bei geänderter Indikationsstellung möglich, Standorte zu reduzieren bzw. die Einrichtung weiterer Standorte zu vermeiden.
    Und was in deinen Beiträgen wie ein Vorwurf klingt, ist - wenn ich dich daran erinnern darf - die ureigene Aufgabe eines Berufsverbandes: die eigene Position bzw. die Position seiner Mitglieder stärken. Wir betreiben keine Berufspolitik für (Not-)Ärzte.
    Zudem stilisiere ich (ICH bin nicht der Berufsverband, auch daran möchte ich wieder einmal erinnern!) nicht die Kostenersparnis hoch, ich führe sie lediglich als gewichtiges Argument an, das gerade heute mehr denn je Beachtung finden muss. Und ohne zuviel aus dem berufspolitischen Nähkästchen plaudern zu wollen: die Kassen können rechnen und tun dies auch.


    Eine Veränderung der Indikationskataloge kann zwar sicherlich zu einer Abnahme der Notarzteinsätze führen, aber doch nicht zu einer Reduzierung der Notarztstandorte.


    In der Fläche auf dem Land sicher nicht, sehrwohl aber in Ballungsgebieten mit einer hohen Notarztdichte.


    Auf der einen Seite zu sagen, es sei kein Geld für die Notärzte da (wir ja durch die (teuren) Freelancer etwas ad absurdum geführt), auf der anderen Seite die [Ausbildungskosten (und die dann auch notwendige bessere Bezahlung) der "Paramedics" von den Kassen bezahlen lassen zu wollen, ist inkonsequent.


    Das Geld für die teils teuren Freelancer wird aber oft anderweitig aufgebracht, z.B. durch Bürgerinitiativen oder Vereine. Oder es erfolgt eine fragwürdige Umschichtung der Gelder innerhalb einer Klinik, wenn die Klinik zwar einen Notarzt stellen muss, dies aus personellen Gründen aber nicht kann.
    Eine verbesserte Ausbildung und die damit einhergehende verbesserte Versorgungsqualität durch nichtärztliches Rettungsfachpersonal, verbunden mit einer Reduzierung der Notarzteinsätze, würde sich meines Erachtens für die Kassen langfristig rechnen.


    Etwas, was auch heute schon möglich wäre, wenn die Dispositionsqualität der Leitstellen besser werden würde, und nicht, auch zur juristischen Absicherung des Leitstellen-RA's, im weitgefassten Zweifelsfall das NEF mit raus geschickt werden würde.


    Die Notarztindikationskataloge wurden durch Ärzte erstellt, ein Disponent saugt sich die Indikationen ja nicht aus den Fingern. Würde beispielsweise bei jedem Schlaganfall - wie in den Indikationskatalogen vorgesehen und öffentlich gefordert - ein Notarzt entsandt, würden die Einsatzzahlen noch mehr steigen. Die häufigen Notarztalarmierungen sind überwiegend Ergebnis ärztlichen Bestrebens. Dass man damit einmal das System an die Wand fahren könnte, hatte man nicht bedacht bzw. konnte man noch nicht wissen.
    Eine gute Ausführung zur Problematik veröffentlichte auch die ver.di-Landesfachkommission Rettungsdienst Rheinland-Pfalz auf ihren Seiten: Der akute Ärztemangel und seine Auswirkungen auf die Notfallversorgung im Rahmen des Rettungsdienstes


    Das ist eine Milchmädchenrechnung, da gerade in den ländlichen, einsatzschwachen Regionen dann die Eintreffzeiten des NEF sich aufgrund der räumlichen Disposition deutlich verlängern würden. In dicht besiedeten Regionen wirst Du dann eher ein Problem bei Duplizitätsfällen habe.


    Wie ich ja schon erwähnte, muss eine flächendeckende Versorgung gewährleistet bleiben. Die Schließung von Standorten in der Fläche wäre daher nicht möglich. In Ballungsgebieten würde man aufgrund von verstärkter Verfügbarkeit einzelner Notarztstandorte auf den einen oder anderen Standort verzichten können. Die Duplizitätsfälle haben wir heute ja häufig einzig aufgrund der häufigen Alarmierung der Notärzte.


    Gerade da gibt es aber keinen Notarztmangel. Auf dem Land aber wirst Du es schwer haben, einzelne Standorte einzusparen, ohne die Hilfsfristen deutlich verlängern zu müssen.


    (Und zum Thema Bezahlung: Wieviel kostet es den Arbeitgeber brutto einen RA für 24h im Dienst zu halten (inklusive Sozialversicherungsbeiträg etc.)?)


    Zum ersten Teil siehe meine Antwort oben.
    Zum Thema Bezahlung: es würde letztlich nicht mehr Rettungsassistenten geben, einzig deren Bezahlung könnte verbessert werden. Ob sich das rechnet, sieht man an den Reaktionen der Kostenträger. Diese befürworten die verbesserte Ausbildung der Rettungsassistenten. Die Frage der Finanzierung ist allerdings noch nicht geklärt.


    Dass die Finanzierung eines Paramedicsystems im Gegensatz zur Attraktiviätssteigerung eines bestehenden Notarztsystems zu einer finanziellen Entlastung des Gesundheitssystems führt, fällt mir schwer nachzuvollziehen.


    Hier scheint mir ein Blick in andere Länder mit deren Systemen angebracht. Dann muss sich nämlich die Frage gestellt werden, weshalb diese ein paramedizinisches System favorisieren, wenn sie bei gleichbleibenden Kosten auch ein (besseres?) Notarztsystem haben könnten.



    Ich möchte übrigens aufgrund der erneuten Tendenz hier im Thema wieder darauf aufmerksam machen, dass wir nicht von der Einführung eine Paramedicsystems in Deutschland reden, sondern davon, das Notarztsystem zu novellieren und nichtärztliches Rettungsfachpersonal weiter zu professionalisieren, um letztlich einen für alle Parteien annehmbaren Konsens zu erzielen.


    Und zu guter Letzt noch ein paar Zahlen aus dem Zahlenspiegel Rettungsdienst: 40% der Notarzteinsätze wurden durch die Notärzte als NACA 4 bis 7-Einsätze eingestuft, hingegen 60% als NACA 1 bis 3.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • snip


    Und zu guter Letzt noch ein paar Zahlen aus dem Zahlenspiegel Rettungsdienst: 40% der Notarzteinsätze wurden durch die Notärzte als NACA 4 bis 7-Einsätze eingestuft, hingegen 60% als NACA 1 bis 3.


    Sprich: Wenn besser disponiert würde, wäre hier ein grosses Einsparungspotential vorhanden.
    Und das hat nichts mit dem NA-Indikationskatalog an sich zu tun, sondern damit, dass, z.T. sicher auch aufgrund personeller (und auch organisatorischer) Mängel auf den Leitstellen, eine adäquate Abfrage häufig nicht oder zumindest nicht ausreichend gründlich durchgeführt wird. Es kommt darauf an, wie die Indikation für den NA-Einsatz auf Basis der vorhandenen Anamnese gestellt wird, und da gibt es m.M. nach erhebliche Defizite, die einfacher, schneller und billiger zu beheben wären.
    Brustschmerzen bei Z.n. Sturz auf die linke Körperseite vor 4 Tagen sind eben kein ACS mit NA-Indikation......
    Und solche Beispiele, die dann als NACA I-III eingestuft werden (wobei man über die NACA-Klassifikation, ihre Sinnhaftigkeit und ihre Plausibiltät trefflich streiten kann), gibt es en masse.
    (Die Tatsache, dass das, was am Telefon berichtet wird, sich vor Ort dann komplett anders darstellt, mal aussen vor gelassen.)


    @dg
    Grundsätzlich bin ich auch dafür, entsprechend ausgebildeten RA's mehr Kompetenzen zu zu gestehn. Dies aber über die Kostendiskussion tun zu wollen, bzw. über einen herbeigeschriebenen NA-Mangel (und da nehme ich ärztliche Standesvertreter von der Kritik nicht aus), ist unehrlich und eventuell am Ende auch kontraproduktiv, wenn in der Öffentlichkeit des Bild entstünde, es würde auf Kosten der "Allgemeinheit" an der medizinischen Versorgung gespart. (Und hier ist es völlig egal, ob am Ende die Versorgung "besser" oder "schlechter" würde. Es zählt alleine der Eindruck, solange es in D eine ehrliche, offene und auch öffentliche Diskussion darüber gibt, was alles für wen bezahlt werden kann, soll bzw. muss.)

    Zitat

    Zum ersten Teil siehe meine Antwort oben.
    Zum Thema Bezahlung: es würde letztlich nicht mehr Rettungsassistenten geben, einzig deren Bezahlung könnte verbessert werden. Ob sich das rechnet, sieht man an den Reaktionen der Kostenträger. Diese befürworten die verbesserte Ausbildung der Rettungsassistenten. Die Frage der Finanzierung ist allerdings noch nicht geklärt.


    Das beantwortet meine Frage leider nicht.....

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  • Nein, in Städten mit mehreren NA-Standorten gibt es eher keinen Notarztmangel. Dort wäre es aber auch bei geänderter Indikationsstellung möglich, Standorte zu reduzieren bzw. die Einrichtung weiterer Standorte zu vermeiden.
    Und was in deinen Beiträgen wie ein Vorwurf klingt, ist - wenn ich dich daran erinnern darf - die ureigene Aufgabe eines Berufsverbandes: die eigene Position bzw. die Position seiner Mitglieder stärken. Wir betreiben keine Berufspolitik für (Not-)Ärzte.
    Zudem stilisiere ich (ICH bin nicht der Berufsverband, auch daran möchte ich wieder einmal erinnern!) nicht die Kostenersparnis hoch, ich führe sie lediglich als gewichtiges Argument an, das gerade heute mehr denn je Beachtung finden muss. Und ohne zuviel aus dem berufspolitischen Nähkästchen plaudern zu wollen: die Kassen können rechnen und tun dies auch.


    Und ich argumentiere (folgerichtig) weder aus Sicht der Notärzte, noch aus Sicht einer rettungsdienstlichen Lobbygruppe, sondern als Bürger: Als solcher habe ich kein Interesse daran, dass zugunsten einer Aufwertung eines Berufsbildes der (aktuell hohe) Standard der präklinischen Versorgungsqualität in Deutschland leidet, wenn die Notwendigkeit von Notärzten oder Notarztstandorten (selbst wenn nur für einen Teil des aktuellen Einsatzspektrums) durch diesen Berufsverband wegdiskutiert werden soll. Als Bürger möchte ich nämlich auch in Zukunft in einem Notfall bestmöglich, d.h. von einem Notarzt, versorgt werden - auch wenn ein rettungsdienstlicher Berufsverband der Meinung ist, dass "Paramedics" dass genau so gut könnten. Mir geht es nämlich nicht um die Aufwertung eines Berufsbildes, sondern um die Aufrechterhaltung hoher Standards. Und wie die Standards in anderen Ländern sind, interessiert mich in dem Fall recht wenig.


    J.

  • Die Notarztindikationskataloge wurden durch Ärzte erstellt, ein Disponent saugt sich die Indikationen ja nicht aus den Fingern.


    Nein, aber ist zumindest bei uns meist zu blöd einen Notruf abzufragen.


    Ich habe in fast jeder 2.ten RTW Schicht folgende Einsatzmeldung: "Bewusstlos, Notarzteinsatz"


    An der Einsatzstelle kann man sich dann meist sehr rege mit dem vermeintlich bewusstlosen Unterhalten und man stellt fest, dass dieser eine Synkope erlitt.


    Hierfür reicht ein RTW. Da brauche ich kein NEF.

  • An der Einsatzstelle kann man sich dann meist sehr rege mit dem vermeintlich bewusstlosen Unterhalten und man stellt fest, dass dieser eine Synkope erlitt.


    Naja, vielleicht war derjenige während dem Notruf ja noch bewusstlos bzw. der Meldende nicht in seiner direkten Nähe, als in diesen wieder die Lebensgeister zurückkamen.


    Kennst Du doch sicher auch: "Schnell, schnell, hol mal den Krankenwagen, der ist umgekippt!" :-D

  • Ich habe in fast jeder 2.ten RTW Schicht folgende Einsatzmeldung: "Bewusstlos, Notarzteinsatz"


    An der Einsatzstelle kann man sich dann meist sehr rege mit dem vermeintlich bewusstlosen Unterhalten und man stellt fest, dass dieser eine Synkope erlitt.


    Hierfür reicht ein RTW. Da brauche ich kein NEF.


    Das ist ein blödes Beispiel, fakl. Denn wenn der Notruf während der noch bestehenden Bewusstlosigkeit abgesetzt wird,
    ist es sehr wohl ein unbedingt gerechtfertigter Notarzteinsatz. Da war das Beispiel von condorP deutlich besser....


    Von der Sache her, pflichte ich dir aber natürlich bei.


    Beruhigend finde ich einfach die Statements von Jörg. UNS wird nämlich über kurz oder lang eh' wieder
    Standesdünkel oder die Angst vor verlorenen Pfründen vorgeworfen....


    Dabei habe ich persönlich überhaupt nichts gegen eine Aufwertung des Berufsbilds oder weiterführende Massnahmen
    durch RettAss.... Die Argumente dafür werden allerdings irgendwie nicht besser.


    edit: Da war der Rettungshund schneller....


  • Es hat etwas mit dem Status, dem Ansehen, dem Ruf in der Öffentlichkeit zu tun.
    Das der Kaffee und das Gebäck vielleicht die einzige Mahlzeit des Tages sein werden, daß im Fahrzeug die Fast-Food-Tüte Mahlzeitencharakter hat und das ganze oft genug auch noch auf dem Weg zum nächsten Einsatz verzehrt werden muß..
    dies alles bestreite ich gar nicht und kenne es auch noch aus Eigenerfahrung.


    RD ist öffentlich - nicht nur als Aufgabe - sondern eben auch im wahrsten Sinne des Wortes für jedermann einsehbar, der daraus auch seine (falschen!) Schlüsse ziehen kann.
    Wenn aber falsche Schlüsse gezogen werden, hat dies fatale Folgen bzgl. des Ansehens; letztendlich der Unterstützung durch die Bevölkerung.
    Der Gedanke bei vielen bei meinem Bsp. lautet nämlich wie folgt: "die gehen jeden Tag zu MäckWürg - ich kann das nicht"
    Der Gedanke "die haben weder Kantine noch geregelte Mittagspause, arme Säue..." entsteht gar nicht.

    raphael-wiesbaden


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    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

  • Zitat

    RD ist öffentlich - nicht nur als Aufgabe - sondern eben auch im wahrsten Sinne des Wortes für jedermann einsehbar, der daraus auch seine (falschen!) Schlüsse ziehen kann.
    Wenn aber falsche Schlüsse gezogen werden, hat dies fatale Folgen bzgl. des Ansehens; letztendlich der Unterstützung durch die Bevölkerung.
    Der Gedanke bei vielen bei meinem Bsp. lautet nämlich wie folgt: "die gehen jeden Tag zu MäckWürg - ich kann das nicht"
    Der Gedanke "die haben weder Kantine noch geregelte Mittagspause, arme Säue..." entsteht gar nicht.


    Und was ist Dein Vorschlag zur Lösung des Problems? Menschen scheinen auch zu glauben, dass Studenten nur Party machen und sonst nix zu tun haben. Lehrer haben eh nur Ferien und Manager, von denen wollen wir gar nicht erst anfangen....


    So, who cares?

    We are the pilgrims, master; we shall go always a little further.

    Einmal editiert, zuletzt von trident ()

  • Es wäre schlimm, wenn ich behaupten würde, hier die Problemlösung zu haben.
    Eine gute Lobby kommt nicht von heute auf morgen, sie wird sehr lange erarbeitet und dann verteidigt.


    Ein Schritt auf diesem Weg wäre für mich eine berufsständische Vertetung mit sehr hohen Mitgliederzahlen.
    Nur wer belegbar behaupten kann, für x-Personen zu sprechen, wird Gehör mit seinen Argumenten finden.


    Momentan liegt der Vorteil doch bei der allerkleinsten Hiorg, die von soundsoviel zigtausend Mitgliedern spricht.

    raphael-wiesbaden


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    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

  • Is ja alles schön und gut. Aber warum soll ich Mitglied in einem Berufsverband werden, der mich als ehrenamtlichen Rettungshelfer gar nicht will? Und werden, wenn dann eine Lobby da ist irgenwann, die Rettungsdienstler nicht mehr zum McD gehen? Werden die Rettungsdienstler dann nicht mehr den Tag mit Kaffee beginnen? Also manchmal....

    We are the pilgrims, master; we shall go always a little further.

  • Mir geht es hier nicht darum, freiwillige HelferInnen komplett aus dem RD zu drängen und hierüber will ich auch gar nicht diskutieren.
    Einerseits ist es zu begrüssen, wenn ein Berufsverband auch ausserberufliche Mitglieder hat, andererseits ist das doch ein Widerspruch in sich.


    Indem eine grosse Lobby die positiven Aspekte in den Vordergrund ihrer Darstellung bringt, kann sie es schaffen (vermeintlich) negative Aspekte des Auftretens in den Hintergrund zu drängen bzw. diese mit logischen Argumenten zu entkräften.
    Hier ganz konkret der permanente Hinweis, daß RD keine Arbeit mit geregelter Mittagspause ist und RD-Mitarbeiter ihre Gesundheit auf's Spiel setzen um der Bevölkerung zu helfen.
    Die Ärzteschaft ist hier für mich ein sehr gutes Bsp.:
    während vor Jahren noch der Ruf der Geldraffkes da war, ist jetzt nach meiner Beobachtung eher Respekt, Anerkennung und Mitleid (angesichts Arbeitsleistung und Verdienst) im Vordergrund.
    Das dies am Anspruchsdenken vieler nichts verändert hat und verändern wird, ist hierbei für mich kein Widerspruch.


    Doch vielleicht gelingt es unserem Mituser Felix112, der ja wohl sowohl die Seite des nichtärztlichen wie ärztlichen Tuns kennt, einen sachlichen Beitrag hierzu zu schreiben :pfeif:

    raphael-wiesbaden


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