Berufspolitische Eindrücke - DINK2012

  • Ich möchte an dieser Stelle meine persönlichen Eindrücke aus dem diesjährigen Deutschen Inderdisziplinären Notfallmedizin Kongress (DINK) in Wiesbaden teilen, die ich vornehmlich aus berufspolitischer Sicht gewonnen habe. Selbstverständlich gab es auch sehr interessante Vorträge zum Bereich der speziellen Notfallmedizin, auch wenn mein Hauptaugenmerk auf den berufspolitisch interessanten Themen lag. Zunächst aber ein kurzer Ausflug in andere Länder.


    Wie sicherlich den Meisten hier bekannt sein dürfte, hat der DBRD auch in diesem Jahr wieder ein kostenloses Lunchsymposium auf dem DINK veranstaltet, das nicht nur zu meiner persönlichen Freude sehr gut besucht war. Unter dem Thema "Rettungsdienst international: was können wir voneinander lernen?" waren Gäste aus den USA, den Niederlanden und der Schweiz als Redner geladen, die ihr jeweiliges System vorstellten. Sicherlich von großem Interesse war dabei der Vortrag von Will Chapleau, Chairman of PHTLS aus den USA. Will stellte den US-amerikanischen Weg zum heute bestehenden Rettungsdienstsystem dar, welcher von den amerikanischen Schlachtfeldern im Laufe der Zeit in das Zivile übernommen wurde und zunächst von Krankenhäusern ausgehend organisiert wurde. Erst Ende der Siebziger, Anfang der Achtziger Jahre wurde jedoch ein System etabliert, das auf professionellen, nichtärztlichen Rettungsfachkräften aufbaute, die von engagierten Ärzten ausgebildet wurden. In den USA ist die Devise eindeutig, was auch in anderen Vorträgen aus den USA deutlich wurde: es ist nicht entscheidend, wer eine Maßnahme durchführt, sondern dass diese dem Patienten hilft und der Durchführende dafür ausgebildet wurde. In den letzten Jahren wurde das System erneut auf den Prüfstand gestellt, um das für die Zukunft Notwendige in die Wege leiten und den Rettungsdienst weiter verbessern zu können.
    Aus der Schweiz berichtete Günter Bildstein, Leiter Rettungsdienst am Kantonsspital St. Gallen. Aufgrund der Zuständigkeit einzelner Kantone (Föderalismus) ist auch der Rettungsdienst in der Schweiz sehr unterschiedlich organisiert. So gibt es auch in der Schweiz vielerorts Notarztsysteme, die in Algorithmen bzw. SOP festgelegten Kompetenzen des nichtärztlichen Fachpersonals sind jedoch meist umfassender, als dies in Deutschland der Fall ist. Insgesamt gibt es etwa 120 Rettungsdienste unterschiedlicher Organisationsformen, die durch rund 20 Leitstellen gesteuert werden.
    Informationen zum Rettungsdienst in den Niederlanden gab Albert van Eldik, Mitarbeiter der Ausbildungsabteilung Ambulance Oost Hengelo und Vorsitzender des dortigen Berufsverbandes für das im Rettungsdienst tätige Personal. Im Rettungsdienst in den Niederlanden waren 2010 insgesamt 5209 Mitarbeiter tätig, die an 203 Standorten eingesetzt waren. Die Rettungsfachkräfte sind - mit Ausnahme der Fahrer der Einsatzfahrzeuge - allesamt Pflegefachkräfte mit einer Zusatzausbildung für den Rettungsdienst. Sie sind ebenso an der Erstellung von Algorithmen und Behandlungsprotokollen beteiligt, wie die verantwortlichen Ärzte. Alle Fahrzeuge und Mitarbeiter der durchaus verschiedenen Rettungsdienste treten in einheitlicher Optik auf und unterstehen jeweils der kommunalen Aufsicht. Auch in Holland wird derzeit sehr kontrovers über eine Reduzierung und Zusammenlegung von Leitstellen mit denen von Feuerwehr und Polizei diskutiert. Aktuell gibt es aufgrund der Spezialisierung der Leitstellen für den medizinischen Bereich eine sehr gute Zusammenarbeit mit Hausärzten und anderen medizinischen Einrichtungen, die je nach Bedarf durch die Leitstellen in Anspruch genommen werden können. Überlegt wird derzeit auch, durch verschiedene Qualifikationsstufen und damit verbundenen Kompetenzen gezielter auf den Bedarf an rettungsdienstlichen Leistungen eingehen zu können. Aktuell wird das Personal im Rettungsdienst unterschieden in die Bereiche (übersetzt) "Rettungssanitäter", "Fahrer", "Leitstellenpersonal", "Krankentransport" und "Schneller Erkunder" (Ein-Mann-Einsatzfahrzeug). Pflegekräfte werden am zentralen Rettungsdienstinstitut für die Tätigkeit im Rettungsdienst ausgebildet, anschließend finden kontinuierlich neben landesweiten auch regionale Fortbildungen für die Rettungssanitäter statt. Manuelle Fertigkeiten wie die endotracheale Intubation, das Legen eines intraossären Zuganges oder die Koniotomie werden regelmäßig durch die jeweils verantwortlichen Ärzte geschult und überwacht.
    Für das Rettungsfachpersonal in den Niederlanden gelten landesweite und verbindliche Standards und Protokolle, welche regelmäßig evaluiert und an den aktuellen Stand der Notfallmedizin (Leitlinien etc.) angepasst werden. Eine Abweichung von Vorgaben ist nicht gestattet, außer, wichtige Gründe würden dazu zwingen. Eine regionale Anpassung von Protokollen - bspw. aufgrund der nicht zeitgerechten Erreichbarkeit eines Katheterlabors - ist möglich.


    Insgesamt gab es einige Vorträge, welche auch aus berufspolitischer Sicht sehr interessant waren. Bemerkenswert daran war insbesondere, dass diese Vorträge vornehmlich von Ärzten gehalten wurden. So gab es einen Vortrag von Dr. Thomas Luiz, Projektleiter Medizin des Deutschen Zentrums für Notfallmedizin und Informationstechnologie am Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering in Kaiserslautern, zum Thema Notarztmangel, beispielhaft erklärt am Bundesland Rheinland-Pfalz, wo es in der Vergangenheit bereits zu gravierenden Problemen gerade im nördlichen Bereich des Bundeslandes kam. Nach dem Aufzeigen der Probleme und deren Ursachen wurden verschiedene Lösungsansätze vorgestellt, welche auch den künftigen Einsatz von Rettungsassistenten beinhalteten. So wurde eine verbesserte 3-jährige Ausbildung, SOP für "Standardsituationen" unter Supervision durch ÄLRD sowie rechtlich abgesicherte, erweiterte (ideologiefreie!) Regel- bzw. Handlungskompetenzen für Rettungsassistenten gefordert. Auch eine Telekonsultation bei komplexeren Situationen oder fehlender Verfügbarkeit eines Arztes vor Ort wurde als denkbar vorgestellt.
    Bemerkenswert auch die (sinngemäße) Äußerung des Arztes, dass er ein Problem damit hätte Rettungsassistenten zu erklären, weshalb ein Notarzt auf Honorarbasis mit einer üppigen Bezahlung bedacht wird, während Rettungsassistenten hingegen mit einem Gehalt auf niedrigem Niveau auskommen müssen.


    Ein sicherlich für alle anwesenden Rettungsassistenten, aber auch Notärzte erfrischender und beeindruckender Vortrag kam von Dr. A. Grabinsky, M.D. am Harborview Medical Center in Seattle. Der deutsche Arzt war nach seinem Studium in Deutschland in die USA ausgewandert und bildet als Notfallmediziner nun auch die Paramedics des Rettungsdienstes "Medic One" aus. Dr. Grabinsky stellte das System sowie die hochwertige Ausbildung der dort eingesetzten Paramedics vor. Erfreulicherweise und zum Erstaunen Einiger konnte er gemachte Äußerungen zur Effektivität des Rettungsdienstes mit Studien und entsprechenden Zahlen belegen - ein wichtiger Punkt, der gerade in Deutschland mangels entsprechender Erhebungen noch Probleme bereitet. So konnte er beispielsweise anhand zweier Studien belegen, dass die Erfolgsrate seiner Paramedics bei der endotrachealen Intubation mit der Erfolgsrate des Nicht-Anästhesisten, welcher als Notarzt eingesetzt ist, gleichauf liegt. Lediglich die Erfolgsrate von erfahrenen Anästhesisten konnte bislang nicht erreicht werden, eine Untersuchung der Umstände konnte jedoch bislang noch keine eindeutige Ursachen aufzeigen. Verbesserung möchte man auch bei der benötigten Anzahl an Intubationsversuchen (aktuell bis zu 4 Versuche) erreichen.
    Sehr imposant war ein von Dr. Grabinsky gezeigtes, reales Fallbeispiel, das gerade im Zusammenhang mit den ebenfalls während des Kongresses aufgezeigten präklinischen Verweilzeiten bei Traumapatienten in Deutschland interessant war. Gezeigt wurde ein Patient mit einer Schussverletzung, welchem aufgrund der starken, inneren Blutung nur durch eine sofortige Notoperation das Leben gerettet werden konnte. Die Zeit von Eintreffen vor Ort bis Ankunft im Krankenhaus betrug nur wenige Minuten, dennoch war der Patient bei Eintreffen in der Notaufnahme komplett und adäquat durch die Paramedics versorgt.
    Dr. Grabinsky stellte in seinem Vortrag auch klar, dass die weit verbreitete Annahme der "load and go"-Taktik nicht zutreffend sei. Vielmehr würde auch im Medic One System jeder Patient entsprechend der Notwendigkeit behandelt und nach Möglichkeit vor Ort stabilisiert.


    Keine Widerrede aus dem Auditorium erhielt Dr. Grabinsky auf seine These, dass es keiner Ärzte, sondern einzig gut ausgebildetem, regelmäßig geschultem, motiviertem, erfahrenem und gut bezahltem Personal bedarf, um gute Notfallmedizin bieten zu können. Notfallmedizin sei ein spezieller und überschaubarer Teil der Medizin, welcher - rückblickend auf sein eigenes Studium - aber gerade im Medizinstudium kaum einen Stellenwert einnehmen würde. Rettungsdienst sollte durch Personen durchgeführt werden, welche für den Rettungsdienst und speziell für Notfallmedizin ausgebildet wurden - durch motivierte und gute "Notfallmediziner". In diesem Zusammenhang plädierte er auch für den Facharzt für Notfallmedizin.
    Während des Vortrags wurde deutlich, dass sich Notfallmediziner und Paramedics - zumindest bei Medic One - auf Augenhöhe und mit Respekt begegnen und die Ärzte bereit sind, ihr Wissen und Können an die Paramedics zu vermitteln. Hierdurch besteht ein großes Vertrauen der Ärzte in die Arbeit der Paramedics. Gleichwohl betonte Dr. Grabinsky, dass man auch in Seattle nicht gänzlich auf Notärzte verzichte. Diese kommen jedoch nur in seltenen, speziellen Fällen zum Einsatz - beispielsweise bei notwendigen Amputationen vor Ort (ein Fallbeispiel lieferte er gleich mit) oder bei Schwangeren mit Einklemmung nach Verkehrsunfall.


    Wortmeldungen und Gespräche während und nach den Vorträgen auf dem DINK2012 erzeugten bei mir zunehmend den Eindruck, dass die anwesenden Mediziner die notwendigen Veränderungen im deutschen Rettungsdienst erkannt haben und insbesondere der Stellung der Rettungsassistenten zunehmend Bedeutung beimessen. Durch die entsprechende Präsentation der Berufsgruppe der Rettungsassistenten auf dem DINK - auch in Vorträgen - gewannen wir auch in diesem Jahr wieder den Respekt und Anerkennung auf Seite der Ärzteschaft. Ich bin mir sicher, der Rettungsdienst in Deutschland wird sich in den nächsten Jahren verändern - nicht nur was die Position des nichtärztlichen Personals betrifft.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Wortmeldungen und Gespräche während und nach den Vorträgen auf dem DINK2012 erzeugten bei mir zunehmend den Eindruck, dass die anwesenden Mediziner die notwendigen Veränderungen im deutschen Rettungsdienst erkannt haben und insbesondere der Stellung der Rettungsassistenten zunehmend Bedeutung beimessen. Durch die entsprechende Präsentation der Berufsgruppe der Rettungsassistenten auf dem DINK - auch in Vorträgen - gewannen wir auch in diesem Jahr wieder den Respekt und Anerkennung auf Seite der Ärzteschaft. Ich bin mir sicher, der Rettungsdienst in Deutschland wird sich in den nächsten Jahren verändern - nicht nur was die Position des nichtärztlichen Personals betrifft


    Hätte ich es nicht mehrfach selbst von verschiedenen Rednern gehört, ich hätte es nicht geglaubt :)
    Ergänzend möchte ich noch erwähnen, daß von vielen Rednern eine bessere Ausbildung-auch auf Leitstellenebene- als äußerst Notwendig gesehen wird. Dies wurde durch eine Statistik von mind. zwei Rednern unterstützt, das ca. 70% der NA-Einsätze unnötig sind,bzw. dort nicht mehr gemacht wird, als ein ven. Zugang gelegt wird...
    Grüsse

    Wenn man tot ist, ist das für einen selbst nicht schlimm, weil man ja tot ist. Schlimm ist es aber für die anderen...
    Genau so ist es übrigens wenn man doof ist...

  • Ein vielleicht entscheidendes Problem könnte sein, dass sich engagierte Ärzte und Rettungsdienstler auf Kongressen tummeln, vortragen und diskutieren. Die Breite Masse wird hier nicht repräsentiert, gehört und kann an diversen Stellen nicht intervenieren. Das klingt negativer, als ich es meine, denn die Frage nach solchen Kongressen ist ja, was daraus resultiert. Werden vorhandene Gremien mit weitreichenden Untersuchungen beauftragt, Standards zu erheben und Schlüsse zu ziehen oder geht nach dem Kongress jeder Teilnehmer seines Weges und kommt im nächsten und übernächsten Jahr wieder, um zu sehen, dass nichts passiert ist?


    Wichtig fände ich, aufzuzeigen, an welchen Stellen, in welchen Positionen jetzt direkt die dargestellten Vergleiche ausgewertet und ggf. sogar theoretisch auf Deutschland umgesetzt werden. Wenn das schon so ist, dann wüsste ich aus persönlichem Interesse gerne, aus welchen Bereichen sich solche Arbeitsgruppen zusammen setzen, wie oft und mit welchen Ergebnissen dort getagt wird und in welchen Abständen Auswertungen auch an die Öffentlichkeit kommen. Dieses Themenfeld kann ja der DBRD nicht alleine meistern.


    Persönlich vermittelt deine Schilderung des DINK, dass ein Umdenken im Gange ist, was aber nicht greifbar ist. Hier scheinen mehrere Ideen und Ideologien gezeigt, verglichen und analysiert zu sein, aber der entscheidende Punkt, nämlich die Umsetzung, lässt auf sich warten. Wenn ich grob daneben liege, freue ich mich, wenn ich korrigiert werde.

  • Dieses Jahr war ich ja leide rnicht dabei, aber wenn ich alleine die Entwicklung vom ersten DINK bis heute sehe, dann merkt man, dass es nicht nur leere Worte sind. Die Leute die da lesen sind meist auch in der Forschung akiv und beteiligen sich häufig auch andersweitig. Daher merkt man das zwar in kleinen Schritten aber dennoch stetig vorwärts geht. Ist zumindest mein Eindruck...


    In dem Fall ist es daher fast ein Vorteil die breite "Masse" nicht an Board zu haben, da man diese dann auch nicht mitschleppen muss, als auch nicht ausgebremst wird (das kommt dann noch früh genug).

  • Auch auf Kongressen werden nur die Meinungen von Einzelnen, bzw. von Interessengruppen präsentiert. Je nachdem, in welche Richtung sich der Veranstalter orientieren möchte, hat er die entsprechenden Vertreter dafür eingeladen . Auf einem Vegatarierkongress wird man kaum Beiträge finden, die Lobeshymnen auf Spareribs singen. Auch ist der prädiktive Wert von Kongressen gering: Kongresse können nicht die Zukunft vorhersagen. Und es gibt nicht nur den einen Kongress, es gibt viele. Man darf also einen Kongress in seiner Aussagekraft nicht überbewerten.


    Trotzdem freue ich mich, daß der Rettungsdienst inzwischen dieses Medium für sich entdeckt hat und sich vom Blaulichtniveau einer RettMobil so langsam verabschiedet.

  • Hallo!

    Auch auf Kongressen werden nur die Meinungen von Einzelnen, bzw. von Interessengruppen präsentiert. Je nachdem, in welche Richtung sich der Veranstalter orientieren möchte, hat er die entsprechenden Vertreter dafür eingeladen .


    Ohne dein Statement zu sehr kritisieren zu wollen....
    z.B. Polytrauma S3 Leitlinie-Bedeutung für den RA , Leitlinie Schlaganfall , Notfalldiagnostik, Atemwegsmanagement usw.


    Ich finde das sind durchaus viele verschiedene Dinge,von sehr unterschiedlichen Rednern präsentiert.
    Überall wurde die Wichtigkeit der ersten Behandlung durch gut ausgebildetes Rettungsdienstpersonal(RA und NA) betont. Das ist mir so noch nie in dem Maß aufgefallen-und ich fands gut.
    Allerdings hab ich nicht das Geld und die Zeit jeden med. Kongreß zu besuchen :D (gesponsort werd ich leider auch nicht)


    Berichtigt mich, falls ich was nicht kapiert hab :)

    Wenn man tot ist, ist das für einen selbst nicht schlimm, weil man ja tot ist. Schlimm ist es aber für die anderen...
    Genau so ist es übrigens wenn man doof ist...

  • Ani meinte, dass man als Verantsalter von einem Kongress wie dem DINK ja weiss, welche Dozenten eine hohe Meinung von RA haben und diese könnten dann eben bevozugt eingeladen werden. Daher ist eine verallgemeinernde Schlussfolgerung nicht zulässig (da keine Zufallsstichprobe aus der Grundgesamtheit).


    Ob die RA Affinität der Dozenten allerdings tatsächlich ein Auswahlkriterium war/ist mag ich nicht beurteilen.

  • Die Referenten und ihre Intentionen sind ja in der Regel vorher bekannt. Das, was wir von ihnen hören, ist ja meistens auch schon an anderer Stelle veröffentlicht worden und sie werden nicht zufällig zu solchen Symposien eingeladen. Deshalb ist es halt kein Zufall, daß der Vorsitzende von PHTLS in eigener Sache spricht oder Vertreter des eidgenössischen und niederländischen Rettungsdienstes die Vorteile ihres Systems präsentieren. Gerade wenn persönliche Interessen wie zum Beispiel wirtschaftliche oder berufspolitische dahinterstecken, muß man das in seiner persönlichen Wertung berücksichtigen. Daß so eine geballte Power an Rednern natürlich Eindruck hinterläßt, ist nachvollziehbar. War bei mir, als ich noch häufiger zu Kongressen gefahren bin, genau so. Das gibt sich aber später. Inzwischen bilde ich mich schwerpunktmäßig anders vor, bzw. nutze andere Gelegenheiten, mich auf dem Laufenden zu halten.

  • Leider konnte ich beim diesjährigen DINK2012 nicht dabei sein. Aber ich möchte trotzdem meinen Senf dazu geben, gerade weil meine Retterfraktion, die Leitstellendisponenten, hier so wenig vertreten sind!


    Ergänzend möchte ich noch erwähnen, daß von vielen Rednern eine bessere Ausbildung-auch auf Leitstellenebene- als äußerst Notwendig gesehen wird. Dies wurde durch eine Statistik von mind. zwei Rednern unterstützt, das ca. 70% der NA-Einsätze unnötig sind,bzw. dort nicht mehr gemacht wird, als ein ven. Zugang gelegt wird...


    Das eine bessere (oder eine andere) Ausbildung von Leitstellendisponenten gefordert wird kann ich nachvollziehen, nur was sich einige darunter vorstellen, kann ich nicht immer unterstützen. Leitstellendisponenten aus Rettungs-/integrierten Leitstellen sind auch Rettungsassistenten, die über das gleiche rettungsdienstliche Wissen und Können verfügen wie ihre Kollegen auf der Straße auch. Ebenfalls müssen diese auch ihre jährlichen 30 Stunden Rettungsdienstfortbildung absolvieren. Mein Arbeitgeber verlangt sogar 70 Stunden Fortbildung von mir! D.h., dass auch die Leitstellenkollegen die gleichen Fähigkeiten und das gleiche Wissen nutzen um sich ein Bild von der Notfallsituation zu machen. Nur die Kollegen vor Ort haben Möglichkeiten, die die Kollegen am Telefon nicht haben. Sie können den Patienten selbst untersuchen und dazu auch entsprechende Technik nutzen. Der Leitstellendisponent muss sich hier mit den Angaben des Anrufers zufrieden geben und eine Dispositionsentscheidung treffen. Der Anrufer ist i.d.R. medizinischer Laie, der ggf. den Patienten sogar nicht kennt, ggf. selbst in Panik ist oder sogar sprachliche Probleme bestehen. Ich glaube nicht, dass eine starre standardisierte Systemvorgabe die Endlösung des "Leitstellenproblems" ist! Denn das könnte auch bedeuten, dass zu dem 19jährigen Bengel mit Herzschmerzen, ohne Vorerkrankungen, genauso ein RTW+NEF entsendet wird wie zu der 70jährigen Oma Schabulke, die bereits einen Infarkt hatte, bekannte KHK, Hypertonie, usw.! Ich denke, dass erst einmal eine generelle Grundausbildung in rechtlicher, technischer und kommunikativer Hinsicht notwendig wäre. Denn bisher sieht Leitstellenausbildung i.d.R. so aus: "Setz Dich mal da mal hin und schau mal zu wie ich das mache. In zwei Wochen machst Du das dann nach...!" Zusätzlich kommen systembedingte Probleme, die zu vielen Fehlfahrten führen, generell aber erst einmal nichts mit der Ausbildung des Leitstellenpersonals zu tun hat.


    So, muss nun erst mal zum Nachtdienst...


    Gruß

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Hallo Harris!
    Allgemein wollte ich vom RA loskommen und den meisten Rednern ging es eben um die Ausbildung aller-die fängt nun mal beim Dispo an-geht zum Rettungsdienstpersonal- und weiter in der Notaufnahme.



    Ich denke, dass erst einmal eine generelle Grundausbildung in rechtlicher, technischer und kommunikativer Hinsicht notwendig wäre. Denn bisher sieht Leitstellenausbildung i.d.R. so aus: "Setz Dich mal da mal hin und schau mal zu wie ich das mache. In zwei Wochen machst Du das dann nach...!" Zusätzlich kommen systembedingte Probleme, die zu vielen Fehlfahrten führen, generell aber erst einmal nichts mit der Ausbildung des Leitstellenpersonals zu tun hat.


    zum ersten Satz: so meinte ich das ;)
    zu letzten Satz: bei uns schon... das "System" arbeitet deutlich besser als eine grosse Anzahl der Disponenten.
    Dies war auf keinen Fall persönlich-noch auf alle oder andere Leitstellendispos bezogen.... ;)

    Wenn man tot ist, ist das für einen selbst nicht schlimm, weil man ja tot ist. Schlimm ist es aber für die anderen...
    Genau so ist es übrigens wenn man doof ist...

  • @Harris. Wirklich schade, dass Du nicht da warst. Du wärst wahrscheinlich sehr angetan gewesen von den Rednern, die sich auf den Themenbereich Leitstelle fokussiert hatten. So ziemlich alle Deiner Forderungen wurden genannt.


    z.B wurde von Hackstein die Arbeit in der Leitstelle dem Arbeitsbereich der Fluglotsen und Piloten gleichgesetzt, womit er aus meiner Sicht den Nagel auf den Kopf trifft.
    Er zeigte auch die Möglichkeit einer speziellen Berufsausbildung von Leitstellendisponenten auf.


    Auch der Bereich der standardisierten Notrufabfrage wurde beleuchtet und NICHT als Allheilmittel dargestellt.
    Allerdings wurde aufgezeigt, dass gerade Fälle, wie der von Dir beschriebene, mittels eines solchen Systems gelöst werden kann.
    Eine Standardisierung bedeutet nicht, dass zu jedem Herzschmerz ein NA fährt, sondern zielt in erster Linie auf das Qualitätsmanagement ab und möchte die Abfrage messbar machen.


    DINK 2012 hat sich wirklich gelohnt und ich freue mich auf kommendes Jahr!

  • Allgemein wollte ich vom RA loskommen und den meisten Rednern ging es eben um die Ausbildung aller-die fängt nun mal beim Dispo an-geht zum Rettungsdienstpersonal- und weiter in der Notaufnahme.

    Ja, dass hatte ich schon so richtig verstanden. Ich wollte nur bezüglich der Leitstellendisponenten etwas sagen, gerade weil diese mit genannt wurden!


    zum ersten Satz: so meinte ich das

    Prima das wir uns da einig sind. Ich favorisiere auch eine grundlegende Ausbildung von neuen Leitstellendisponenten an den Landesfeuerwehrschulen, die durchaus mehrere Wochen bis Monate dauern können. Hier sollten rechtliche sowie technische Grundlagen sowie kommunikative und taktische Fähigkeiten, z.B. Gesprächstraining, Großschadens- und Unwetterlagen, usw., gelehrt werden.


    zu letzten Satz: bei uns schon... das "System" arbeitet deutlich besser als eine grosse Anzahl der Disponenten.
    Dies war auf keinen Fall persönlich-noch auf alle oder andere Leitstellendispos bezogen....

    Das musst Du mir jetzt mal deutlicher erklären, da auch ich ja keine Details genannt dieser "systembedingter Probleme" erklärt habe.


    Gruß

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • z.B wurde von Hackstein die Arbeit in der Leitstelle dem Arbeitsbereich der Fluglotsen und Piloten gleichgesetzt, womit er aus meiner Sicht den Nagel auf den Kopf trifft.


    Ich kann Jedem nur empfehlen, einmal professionellen Flugfunk mitzuhören.

    Speed is life!
    Es gibt 10 Arten von Menschen. Solche, die binär zählen können, und Solche, die es nicht können.

  • Trotzdem freue ich mich, daß der Rettungsdienst inzwischen dieses Medium für sich entdeckt hat und sich vom Blaulichtniveau einer RettMobil so langsam verabschiedet.


    Man könnte auch sagen, dass das Berufsbild "Erwachsen" wird.