Australien: Patient verstirbt nach versuchtem Schichtwechsel | Vorwürfe an den Queensland Ambulance Service

  • Der Queensland Ambulance Service (QAS) sieht sich schweren Vorwürfen ausgesetzt: ein schwer kranker Patient ist in einem Krankenhaus verstorben, nachdem die Paramedics, die den Mann transportierten, versuchten, auf dem Weg in das Krankenhaus einen Schichtwechsel durchzuführen und so den Transport verzögerten. Einer der Paramedics sei selbst krank gewesen, beide hatten zudem bereits ihre Schichtzeit überschritten und waren übermüdet. Der Fall hatte sich bereits im Jahr 2011 zugetragen, wurde jedoch jetzt erst durch die Zeitung The Courier-Mail öffentlich gemacht. Diese wirft in ihrem Artikel dem zuständigen Department of Community Safety vor, den Fall habe vertuschen zu wollen. Zudem habe die Behörde in dem der Zeitung nun vorliegenden Bericht, der erst auf Druck herausgegeben wurde, einige wichtige Informationen vorenthalten.


    Ein Untersuchungsausschuss der Health Quality and Complaints Commission (HQCC) kam zu dem Ergebnis, dass der Patient möglicherweise hätte gerettet werden können, hätte dieser früher das Krankenhaus erreicht. Der Queensland Ambulance Service bestätigte zudem, dass die Versorgung des Patienten nicht dem zu erwartenden Standard entsprach.
    Obwohl von Seiten des QAS sowie der HQCC darauf hingewiesen wurde, dass diverse Maßnahmen solche Vorkommnisse künftig vermeiden sollen erklärte ein Sprecher der Berufsvereinigung "United Voice" , dass übermüdete Besatzungen nach wie vor ein großes Problem darstellen, das bislang nicht gelöst wurde. Die Besatzungen in arbeitsreichen Regionen müssten meist 12 Stunden ohne Pause arbeiten. "Leute, die übermüdet sind, machen Fehler und als Paramedic ist es wie bei den Ärzten: das Leben der Patienten hängt davon ab."


    Quelle: http://www.couriermail.com.au/…ry-e6freoof-1226546324933

  • Bei nem Krankentransport macht man sowas schon mal, wenn der Weg sowieso an der Wache vorbeiführt. Aber ganz bestimmt nicht mit einem Notfallpatienten.

    They say God doesn't close one door without opening another.

    Please, God, open that door. :oncoming_fist_light_skin_tone:

  • Aus Bequemlichkeit geht das natürlich gar nicht, aber bei übermüdeten und krankem Personal kriegt das einen anderen Beigeschmack. Ich weiß ja, wie ich so um 6 Uhr morgens nach 24 Stunden Dienst drauf sein kann. Und wenn man dann noch kränkelt... :(

  • Ja, da kann man den Drang zur unkonventionellen Übergabe schon nachvollziehen.
    In dem Fall kam wohl eine Fehleinschätzung der Lage dazu, sowas kann passieren. Sollte natürlich nicht.

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  • Wir hatten einen aehnlichen Fall vor ein paar Jahren. Patient und Familie stimmten der Bitte des Kollegen zu einen kleinen Umweg ueber die Wache zu machen auf dem Weg ins Krankenhaus. Schneller Wechsel der Besatzung (Verzoegerung ca. 5 Minuten) Patient wurde reanimationspflichtig auf dem Weg ins KH mit neuer Besatzung. So schnell ist man seinen Job los. Ob der Wechsel in irgendeiner Weise das Outcme verschlimmert hat weis ja niemand, aber man macht es halt nicht. Egal wie muede oder kreankelnd ich mich fuehle.

  • Haben Kollegen damals gerne während Intensivtransporten (soweit ich weiß aber "nur" bei wachen Patienten) gemacht - Den Patienten in der Frühschicht aufgenommen, Spätschicht war auf der Wache, eben vom Klinikum zur Wache, Übergabe auf dem Gehweg und ab die Post.


    Gefiel mir schon damals nicht - Wenn heutzutage dran zurückdenke: :nein:

  • Ich kenne es aus .de das man ganz gerne "am Notfallort" übergeben hat, sprich die foglende Besatzung hat kurz nachgefragt "wie lange braucht ihr da noch?" "10min" "gut wir kommeN"..Dadurch kommt es im Regelfall zu keiner Verzögerung außer dem Übergabegespräch... Begeistert war ich trotzdem nie.


    Hier ist sowas rein technisch nicht möglich da getrennte Fahrzeuge.


    Unabhängig davon ist die Frage wie krank der Kollege war. Wenn er wirklich so krank war hätte man ggf. am Notfallort auslösen müssen - leider- um sich genau solchen Vorwürfen nicht auszusetzen. Heißt für den Patienten zwar noch mehr Wartezeit, aber ist halt dummerweise der "rechtssichere Weg"...Traurig aber wahr.

  • Ich würde das Vorgehen ansich auch garnicht verteufeln und habe es selbst schon gemacht.
    Wie immer im Leben gehört eine gute Einschätzung der Situation dazu.

    Ich bin nur für das verantwortlich, was ich schreibe...
    ...nicht für das, was Du verstehst!!!

  • In Deutschland müßte in so einem Fall auch bewiesen werden, daß der Patient im Rahmen dieser Risikoabwägung (Personal fährt auf der Felge vs. ein paar Minuten Zeitverzögerung) überlebt hätte, wenn er früher ins Krankenhaus gekommen wäre. Und da wird's schon schwierig.

  • wobei es in D den auffangtatbestand der unterlassenen hilfeleistung gibt, der in solch einem fall greifen kann selbst dann, wenn der patient überhaupt keinen schaden erlitten hat.

  • Ist das denn eine unterlassene Hilfeleistung? Das Problem stellt sich ja bei jeder Reanimation, wenn man sie nicht beginnt. Und hier sind die Aussagen der Juristen bezüglich der unterlassenen Hilfe eigentlich klar.


    Man darf nicht übersehen, aus welchem Grund die Paramedics sich so verhalten haben. Deshalb wird man schon bei einer Gegenüberstellung der Dinge berücksichtigen müssen, inwieweit das Outcome eine Rolle gespielt hätte.

  • wer bei gemeiner gefahr oder not nicht hilfe leistet...


    nehme ich jetzt einen patienten mit einer schweren, plötzlich eingetretenen krankheit, dann ist das erste tatbestandsmerkmal zu bejahen und löst die hilfeleistungspflicht aus. der umfang der hilfeleistung ist hoch: es ist die bestmögliche hilfe zu leisten, die möglich ist. dazu gehört auch der schnellstmögliche transport. nehme ich bewusst eine verzögerung des transports in kauf, leiste ich damit nicht die bestmögliche hilfe und mache mich strafbar - egal, ob es dem patienten tatsächlich geschadet hat oder nicht. der gesetzgeber will damit ja unter anderem gerade das beweisproblem umgehen, das sich ergibt, wenn ich wegen fahrlässiger körperverletzung oder fahrlässiger tötung bestrafen will. nur bei diesen (unechten) unterlassungsdelikten (in zusammenhang mit § 13 StGB [garantenstellung]) muss der staatsanwalt beweisen, dass der schaden ohne meine unterlassung mit an sicherheit grenzender wahrscheinlichkeit nicht eingetreten wäre - was tatsächlich schwierig ist.


    im vorliegenden einzelfall würde man aber auch in D ansehen, inwieweit die paramedics überhaupt in der lage waren, die bestmögliche hilfe zu leisten - nach 12 stunden dauerdienst ohne pause, einer der beiden krank?

  • Bei 323c StGB gehe ich zunächst nicht mit. Nicht hilfe zu leisten ist etwas anderes als keine Hilfe zu leisten. Auch meine ich mich zu erinnern, dass Vorsatz dazugehört. Werde aber bei Gelegenheit die Kommentierungen sichten.


    -Handyposting-

  • Bei uns gibt es eine Dienstanweisung, die einen Schichtwechsel während Transport schlicht untersagt. Finde ich auch richtig so. Daran, auf dem MZF nicht kurz vor knapp zum KT alarmiert zu werden müssen wir allerdings noch arbeiten...

    Unter den Blinden ist der Einäugige der Arsch - er muss allen Anderen vorlesen...

  • wenn ich den Artikel richtig gelesen habe, war wohl ein weiteres Problem, dass gar keine Ablösung da war!
    Zitat:
    Concerns were also raised as to why there was an attempt to "hot
    swap" the "fatigued" paramedics with the patient still on board,
    particularly when there was no crew to replace them.

    Questions
    remain as to why this couldn't have been discovered earlier by using
    their radio
    before arriving for the crew swap with the patient still on
    board.


    Die müssen also tatsächlich ganz schön müde gewesen sein... :morning1: Interessant auch, dass es für den Wechsel mit Patienten an Bord sogar eine eigene Bezeichnung gibt...

  • Das passt mir grad prima rein, ich hatte die Tage auch Nachtschicht und war am Morgen dermaßen im Eimer, dass ich als Fahrer keinen Transport mehr fahren konnte. Dabei fühlte ich mich noch nicht einmal krank.
    Die Ablösung kam, ansonsten hätte ich das Fahrzeug abgemeldet.
    Ich kann nicht nachvollziehen, wie eine Dienstanweisung einen Wechsel der Besatzung bei Krankheit und/oder Übermüdung verbieten kann. Das muss natürlich organisiert passieren, alle Beteiligten müssen Bescheid wissen.
    Vor einigen Jahren gab es dazu einmal einen Artikel in der "Rettungsdienst", als eine Besatzung wechselte und der AG sie rausschmeissen wollte. Das hatte per Urteil nicht funktioniert.


    Meine Meinung:
    §323c: "...obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist,.." (Sondersignal-)fahrten mit 4 Tonnen KFZ übermüdet und krank könnten schonmal eine erhebliche Gefahr darstellen.

    Speed is life!
    Es gibt 10 Arten von Menschen. Solche, die binär zählen können, und Solche, die es nicht können.

  • Ich kann nicht nachvollziehen, wie eine Dienstanweisung einen Wechsel der Besatzung bei Krankheit und/oder Übermüdung verbieten kann.


    Es geht wohl um einen Wechsel während dem Transport.

  • Es geht wohl um einen Wechsel während dem Transport.


    Wenn ich nicht mehr fahren kann?

    Speed is life!
    Es gibt 10 Arten von Menschen. Solche, die binär zählen können, und Solche, die es nicht können.