Erfahrungsbericht: Katastrophe Krankenhaus

  • Wenn der Brief nicht über die Ober- oder Chefärzte geht, muß er natürlich trotzdem noch mal gelesen und unterschrieben werden. Insoweit ist das natürlich auch nicht so falsch.


  • + täglich mind. 20 bis 30 Minuten Dokumentations-, Organisations- und Verwaltungskram.... Machen also mind. 27 Minuten, in denen der Arzt sich für Dich Zeit nimmt.


    Und ohne Blutabnehmen wären es 3 Minuten weniger...

    "We are the Pilgrims, master; we shall go
    Always a little further: it may be
    Beyond that last blue mountain barred with snow,
    Across that angry or that glimmering sea,


    White on a throne or guarded in a cave
    There lives a prophet who can understand
    Why men were born: but surely we are brave,
    Who take the Golden Road to Samarkand."


    James Elroy Flecker

  • Zitat

    Genau, Zugänge legen und Blut abnehmen soll nicht mehr von Ärzten durchgeführt werden, das tippen von Briefen dagegen schon.... Irgendwie eine perverse Einstellung....



    Ich verkneife mir mal böse Kommentare.
    Da steht "Und". Also ist das Blutabnehmen eine Sache mehr die ich unnötig finde, zusätzlich zu dem Schreibkram.


    Ich fände es schön wenn wir sachlich bleiben, ohne Unterstellungen der Perversion.



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    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Was ist denn dein Problem grade?


    Dass ich gerne einen Arzt hätte der sich 20 Minuten Zeit für mich nimmt, jenseits des Papierkrams (der auch alberne Dimensionen annimmt / angenommen hat).



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    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Andererseits muss man aber auch sagen, dass der Arzt halt im Zweifel die letzte Instanz ist, der die Punktion beherschen muss. Ab und an sollte man das also schon machen.


    Und 90% der Blutentnahmen machen gefühlt sowieso PJler und Studenten sowie die Pflege in Funktionsbereichen.

  • Ich hab nix dagegen dass Ärzte Zugänge legen.


    Wenn die Zeit knapp ist, würde ich mir als Patient halt eher wünschen dass ein Arzt nicht mit pvKs beschäftigt ist. Mehr habe ich nicht gesagt. :)



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    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Vier oder fünf Braunülen zu legen ist an und für sich kein Problem, wenn man nicht parallel dazu, wie in dem Artikel geschrieben, 5000 Formulare, Anträge, Papiere etc. auszufüllen hätte. Oder für eine adäquate Anzahl von Patienten zuständig wäre. Oder wirklich nur für sein Station da wäre. Oder, oder oder.


    Der Artikel beschreibt plastisch genau das, was auch in den anderen Threads zur Sprache gekommen ist: Arbeitsverdichtung ohne Ende, massivster Stress für alle Beteiligten, groteske Fehler, Zeitverschwendung für unsinnigste Dinge und am Ende eines zehrenden, engagierten Arbeitstages trotzdem große Frustation und Zeichen von Burn out.


    Am Ende vom Jahr bedankt sich die Geschäftsleitung aber freundlicherweise mit warmen Worten für die tolle Zusammenarbeit, für das, was man gemeinsam erreicht hat, wie weit man doch ist mit den zahlreichen Zentren, Zertifizierungen, Siegel, wie gut man da steht...


    Wenn dann aber plötzlich schmutziges OP-Besteck auftaucht, Frühgeborene an kontaminierter Nahrung sterben kann sich das irgendwie keiner erklären. Wahrscheinlich menschliches Versagen. Einzelfälle.


    Aber man reagiert prompt: neue Checkliste! Problem gelöst.

  • Ein massives Problem, scheint ja der Papierkrieg zu sein
    Die folgenden Fragen sind durchaus ernstgemeint:

    [...]5000 Formulare, Anträge, Papiere etc. auszufüllen hätte.[...]

    Erfolgt denn eine regelmäßige oder anlassbezogene Prüfung inwiefern Redundanzen vermieden werden können ? Was für Anträge stellt ein Stationsarzt denn üblicherweise ? Und muss das alles wirklich vom behandelnden Arzt oder überhaupt einem Arzt ausgefüllt werden ?

    [...]bedankt sich die Geschäftsleitung aber freundlicherweise mit warmen Worten[...]

    Öhm, wir mögen hier ja nicht representativ sein, aber Ich hab grad mal die Internetpräsenzen der hiesigen Krankenhäuser abgeklappert und von den 2-3 Leuten aus der Geschäftsführung haben da 1-2 ein Dr. med. vorm Namen stehen, ob das weitere Mitglied der Geschäftsführung auch Arzt ist entzieht sich meiner Kenntnis. Machen hier also Ärzte anderen Ärzten, die Arbeit schwer ?

    [...]neue Checkliste! Problem gelöst

    Hier sind wir direkt bei diesem Thread angelangt. Welchen Zweck vefolgt besagte Checkliste denn ? Geht es darum Personal mit wenig(er) Routine (Springer, Aushilfen, Azubis, etc.) zu unterstützen oder geht es darum nach einem erneutem Vorfall zügig den Verursacher zu finden. Lezteres wird man den Mitarbeiter idR bei Einführung der neuen Liste nicht auf die Nase binden, aber der Aufbau der Checkliste spricht da schon Bände.

  • Der Ärztliche Direktor in der Geschäftsführung hat heute fast nur noch die Funktion eines Frühstücksdirektors. Ein bißchen Beratung, ein bißchen Repräsentieren, das war's. Das Sagen hat der Geschäftsführer und sein Stab. Aber auch die stehen unter extremen Druck, weil sie die Vorgaben des Klinikkonzerns oder des Klinikverbundes umzusetzen müssen.

  • Bitte nicht verwechseln Ich meinte nicht den Ärztlichen Direktor eines Hauses/Standortes oder dessen kaufmännischen Direktor. Ich bezog mich auf die Geschäftsleitung des Klnikverbundes bzw. der Krankenhäuser in freier Trägerschaft und dort sind die Ärzte mit min. 50-66% vertreten. Das diese nicht nur Fr. Müller und Hrn. Meyer im Auge haben sondern einen Bezirk oder eine ganze Stadt ist mir auch klar.
    Magst du zu den anderen Punkten auch etwas sagen ?

  • Meinen Erfahrungen nach sitzen keine Ärzte in den Geschäftsführungen der Verbünde oder des Mutterkonzerns. Die meisten Doktoren dürften dort aus dem betriebswirtschaftlichen und juristischen Bereich kommen.

  • Wir drehen uns im Kreis

    von den 2-3 Leuten aus der Geschäftsführung haben da 1-2 ein Dr. med. vorm Namen stehen


    Die meisten Doktoren dürften dort aus dem betriebswirtschaftlichen und juristischen Bereich kommen.


    Kann natürlich sein, dass hier wieder der Hügel der Glückseligkeit ist.

  • Okay... dann haben die da ein paar Ärzte drin stecken. Ist aber kein Hinweis auf Glückseligkeit, denn die haben meistens "die Seiten gewechselt" und meistens zusätzliche Weiterbildungen im Bereich des Management gemacht. Dabei geht es nicht darum, wie man das Arbeiten für das medizinische Personal verbessern kann, sondern wie man die bekannten Arbeitsweisen noch weiter straffen, verdichten und billiger machen kann. Zudem unterliegen die genauso den Vorgaben der Gesundheitspolitik und des Kostendrucks.

  • Zum Papierkrieg:
    Es erfolgt, so sehe ich das, überhaupt keine Überprüfung vorhandener Zettel und Papiere, im Gegenteil, es kommen weitere hinzu. Bei uns auf Intensivstation haben wir glücklicherweise eine EDV-gestützte Patientenakte. Dennoch dokumentiere ich z.B. Bronchoskopien in der PC-Akte, muss dennoch ein weiteres Formular mit ähnlichem Inhalt auf Papier dokumentieren (Bronchoskopienachweis). Von Zeit zu Zeit möchte man eine Statistik erheben, wann denn so bronchoskopiert wird, dann darf das auch noch in einem extra Formular eingetragen werden. Also habe ich 3 unterschiedliche Formulare für nur einen Vorgang auszufüllen. Als kleines Beispiel aus meinem Tätigkeitsbereich. Ein anderes: Wird ein Patient verlegt, obliegt es hier dem Arzt die Beatmungszeiten, gegebene Blutprodukte für die Abrechnung herauszufinden. Sicher keine ärztliche Tätigkeit. Et cetera.


    Das letzte Highlight tätigkeitsfremder Arbeiten diesen Jahres war, dass, sofern die Stationssekretärin in Urlaub, krank oder sonst wo ist, von oberärztlicher Seite gewünscht wurde, dass doch bitte das ärztliche Kollegium die Papierakten des Patienten ordentlich sortiert und abheft. Klar, wer auch sonst...



    Zur Geschäftsleitung:
    Ich arbeite in einem kommunalen Krankenhaus, welches sich noch nicht in einem Verbund befindet. D.h. die Geschäftsleitung besteht, wie von Ani geschrieben, aus einem ärztlichen Direktor, der halt nichts zu sagen hat, im Gegensatz zum fast allmächtigen kaufmännischen Direktor. Er ist mehr oder weniger nur dem Aufsichtsratsgremium verpflichtet, das sich mehrheitlich aus Stadtratsmitgliedern inklusive der Oberbürgermeisterin zusammensetzt, abgesehen von der in der deutlichen Minderheit befindlichen Arbeitnehmervertrtern (2 Ärzte und 3 (ehemalige)Pflegekräfte). Dieser Aufsichtsrat bestimmt aber sicher nicht das Tagesgeschäft oder bestimmt, wie viel Personal wo eingesetzt wird bzw. welche Aufgaben es dort zu übernehmen hat. Hier geht es darum, dass das Haus bestimmte Zahlen zu erreichen hat. Das Wie ist letztlich dem Geschäftsführer überlassen. Die Mitarbeitervertrter werden klein gehalten, z.B. indem man immer mal wieder unterschwellig mit Verkauf an eben einer dieser Klinikverbünde droht.



    Zur Checkliste:
    Das war lediglich eine bildliche Beschreibung, wie mit Fehlern, die aus Überlastung/ mangelnder Qualifikation usw. entstehen, umgegangen wird. Es wird nicht die Ursache, nämlich der Personalmangel bzw. die fehlende Qualifikation angegangen, sondern der Missstand wird durch Pseudoaktivität umgangen oder man führt etwas ein, was das mögliche Organisationverschulden bzw. die eigene Haftbarkeit wieder reduziert.

  • Ersteinmal Danke für die Antwort.


    Zur Situation: Arrrrgghhhhhhh, und sowas soll wirtschaftlich sein ? Wenns zur Akte nen weiteren Beleg braucht, dann gibt man halt nen weiteren Report in Auftrag. Drucken, unterschreiben, fertig. Dito für die Statistik. Ebenso für den Report der Abrechnung.


    Welch Überraschung das ein MA mehrere Wochen in Urlaub geht und da die Termine dafür vorher auch nicht genehmigt werden müssen, kann man ja gar keine Urlaubsvertretung anstellen.
    Opportunitätskosten sind deinen OÄ wohl kein Begriff.


    Geschäftsleitung
    Die kommunalen Amtsträger, sind ja wahrscheinlich gekohrene Mitglieder im Aufsichtsrat, da unterstelle Ich mal pauschal, dass das Primärziel die Wiederwahl ist. Wenn der Ärztliche Direktor quasi nur Namen, Titel und Berufsstand hergibt muss er sich die Frage schon gefallen lassen, warum er sich vor diesen Karren spannen lässt.
    Diese "Option" mit dem Verkauf, fühlt sich glatt wie Nötigung oder Erpressung an. Da es sich aber nur so anfühlt ist es wohl eher, etwas für die Presse als für den Anwalt.
    Das der tägliche Arbeitseinsatz von den pflegerischen und ärztlichen Stationsleitungen bestimmt wird ist klar.


    Das eine solche Akutlösung Checkliste nur ein "Pflaster" darstellt sollte eigentlich klar sein. Selbst beim besten Willen ist eine Checkliste schneller erstellt; als eine neue Stelle genehmigt, Personal gesucht, gefunden, eingestellt und eingearbeitet. Ein "Pflaster" lässt man ja auch nicht 12 Wochen dran.

  • Wenn der Ärztliche Direktor quasi nur Namen, Titel und Berufsstand hergibt muss er sich die Frage schon gefallen lassen, warum er sich vor diesen Karren spannen lässt.


    Für manche mag es Reputation sein, für viele aber nur ein lästiger Job, der schnell zur nächsten Amtsperiode weitergegeben wird. Manche haben natürlich auch die Nerven, das länger durchzustehen oder sind tatsächlich so schmerzfrei und voller Hoffnung, in ihrem möglichen Rahmen was bewegen zu können. Und manche trauen sich nicht, das Amt abzulehnen, weil sie Angst um ihren Job haben.

  • Für manche mag es Reputation sein, für viele aber nur ein lästiger Job, der schnell zur nächsten Amtsperiode weitergegeben wird. Manche haben natürlich auch die Nerven, das länger durchzustehen oder sind tatsächlich so schmerzfrei und voller Hoffnung, in ihrem möglichen Rahmen was bewegen zu können. Und manche trauen sich nicht, das Amt abzulehnen, weil sie Angst um ihren Job haben.

    Ich gehe aber auch mal davon aus, dass die Höhe des Gehalts für einen ärztlichen Direktor für die Entscheidung das Amt anzunehmen auch nicht so ganz unwichtig ist! Wird schon ein hübsches Sümmchen sein...


    Gruß

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Mit meinen Informationen über die aktuellen Gehälter von leitenden Abteilungsärzten gehe ich nicht davon aus, daß die Position eines ärztlichen Direktors besonders hoch dotiert ist. Entgegen aller Annahmen steigt die Vergütung mit zunehmender Verantwortung und administrativer Aufgaben in medizinischen Bereichen des öffentlichen Dienstes nicht proportional an.