Bizarrer Rat vom Rettungsdienst - Kamillentee statt Krankenhaus

  • http://www.stuttgarter-nachric…82-b1c9-3731fe913903.html


    Zitat

    Ein Mann windet sich des Nachts unter starken Bauchschmerzen. Doch die Leitstelle schickt keinen Notarzt. Als schließlich ein Rettungswagen kommt, gibt es zunächst bizarre Tipps statt rascher Hilfe. Der Betroffene fürchtet als Mitglied des Stadtseniorenrats jetzt um die korrekte Versorgung von Patienten.

    "We are the Pilgrims, master; we shall go
    Always a little further: it may be
    Beyond that last blue mountain barred with snow,
    Across that angry or that glimmering sea,


    White on a throne or guarded in a cave
    There lives a prophet who can understand
    Why men were born: but surely we are brave,
    Who take the Golden Road to Samarkand."


    James Elroy Flecker

  • Falls die Schilderung den Tatsachen entsprechen sollte, dann wäre eine Nachschulung zum Thema Sozialkompetenz dringend notwendig.....

    "We are the Pilgrims, master; we shall go
    Always a little further: it may be
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    James Elroy Flecker

  • Interessant finde ich folgenden Abschnitt aus dem Artikel

    Zitat

    Anders verhält es sich beim Auftreten der beiden Mitarbeiter in der Wohnung. „Wir müssen erst mit den Kollegen sprechen. Aber wenn das so war wie geschildert, geht das überhaupt nicht“, sagt Weisbach. Den Vorwurf, es mangele an Schulung und Wissen, will er nicht stehen lassen: „Die Mitarbeiter sind Rettungsassistenten. Sie haben die nötige Fachkompetenz, haben aber möglicherweise keine Sozialkompetenz bewiesen.“


    Da frag ich mich, von welcher Fachkompetenz der Mann redet, wenn die Rettungsassistenten einem Mann mit Gallenkolik wirklich "mal kacken gehen", Treppe laufen und Kamillentee empfohlen haben sollten?!

    The reason I talk to myself is because I’m the only one whose answers I accept. George Carlin

  • Zitat

    Beim Stuttgarter DRK ist Bosserts Beschwerde inzwischen eingegangen. Der Posten des Rettungsdienstleiters ist dort derzeit nicht besetzt, weil der bisherige Chef, Wilfried Klenk, zum Präsidenten des Landtags gewählt worden ist.


    Ein Artikel wie aus meinen liebsten Vorteilen und Klischees zusammengebraten.

    Alle sagten: "Das geht nicht!". Dann kam einer, der wusste das nicht und hat es einfach gemacht.

  • Zitat


    Ein Artikel wie aus meinen liebsten Vorteilen und Klischees zusammengebraten.


    Du meintest sicher Vorurteile?
    Kann ich aber keine erkennen. Weil obiges den reinen Tatsachen entspricht. Das DRK bietet in der Landeshauptstadt ca. 90 % der Notfallrettung an. Da schauen natürlich die Medien zuerst dort hin, im Guten wie im Schlechten. Wir hier im Forum wissen natürlich alle daß so ein Fehlverhalten nichts mit der Organisation in erster Linie zu tun hat. Aber in der Vergangenheit war Herr Klenk in Stuttgart der erste Mann als Ansprechpartner für die Medien in Sachen Rettungsdienst.

    "...Was Sie brauchen haben Sie und was Sie nicht haben brauchen Sie auch nicht.."

  • Mein Gott was für ein Drama. Sicherlich war das nicht allererste Sahne, im Endeffekt ist es aber, wenn er die Schmerzen Nachts nicht mehr aushält, auch einem Stadtseniorenrat (geiler Titel übrigens!) zuzumuten, mit dem Auto oder Taxi ins Krankenhaus zu fahren. So lange sich der Großteil der Beschwerden im Bereich von 1. nicht outcome-relevanten Einsätzen und 2. "die waren nicht suuuuper nett obwohl ich aua hatte" bewegen, mache ich mir um den Rettungsdienst keine Sorgen. Und vielleicht dürfte man auch mal offener kommunizieren, dass die Lage von Krankenhäusern kein dem Rettungsdienst vorbehaltenes Staatsgeheimnis ist, sondern man da auch einfach selber hinfahren kann. Damit hat das RD-Personal wenigstens die Chance Routine mit echten Notfällen zu behalten.

  • So lange Rettungsdiensteinsätze wie dieser zum Tagesgeschäft gehören, kann ich das System nicht dadurch ändern, dass ich mich dem Patienten gegenüber despektierlich und unfreundlich verhalte, weil ich der Meinung bin, er könne auch anders in die Klinik kommen. Seit vielen Jahren gurke ich schon mit roten Autos rum, bin nicht blind und sehe auch, dass einige Dinge etwas verrutschen, aber das heißt im Umkehrschluss noch lange nicht, den unbeliebten Patienten meinen Unmut vor die Füße zu spucken. Da muss ich als Profi so viel Differenzierungsvermögen und Sozialkompetenz haben, zu wissen, an welcher Stelle ich mich auskotzen kann.


    Das schwächste Glied in der Kette muss nicht zwangsläufig auch alle Schuld auf sich nehmen. Und wer seinen Job nicht mag, kann das beispielsweise durch eine Kündigung erledigen.

  • Ich sage ja auch nicht, dass der Einsatz (so er so gelaufen ist) grosse Klasse war. Aber im Endeffekt ist niemandem was passiert und jeder hat mal nen schlechten Tag. Wenn der gute Mann unzufrieden war, steht es ihm frei sich zu beschweren, was ein Zeitungsartikel bringen soll verstehe ich aber nicht. Genauso wenig verstehe ich warum man zu Bauchschmerzen überhaupt den Rettungsdienst ruft. Und ich fände es schön, wenn nicht bei jedem Artikel der in diese Richtung geht unreflektiert der Kunde König und der Rettungsdienst der Idiot wäre.

  • Genauso wenig verstehe ich warum man zu Bauchschmerzen überhaupt den Rettungsdienst ruft.


    Deshalb:


    Zitat

    ...quält sich in seiner Wohnung über Stunden mit heftigen Bauchkoliken...Dort wird eine stark entzündete Gallenblase samt pfirsichkerngroßem Gallenstein festgestellt. Bereits wenige Stunden später liegt Bossert unter dem Messer. Das Organ muss komplett entfernt werden.


    Also manchmal kann ich nur noch den Kopf schütteln.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Und daran hat der Einsatz des Rettungsdienstes jetzt was geändert?


    Echt jetzt?
    Der Mann hatte (sehr wahrscheinlich) starke bis stärkste Schmerzen und vielleicht auch Angst.
    Genau DAFÜR gibt es den Rettungsdienst und solche Leute fahre ich auch nachts um 3:42 Uhr in die nächste Klinik.
    Dafür lieg ich nämlich da rum...

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  • Der hatte seit Stunden Schmerzen und war vermutlich nicht eine Minute früher in der Notaufnahme als wenn er selbst gefahren wäre. Setz dich mal nen Tag in die Hausarztpraxis deines Vertrauens und guck dir an wie viele Leute da jeden Tag mit Schmerzen und/oder Angst aufkreuzen. Ich vertrete die Meinung, dass es sinnvoll ist, den Rettungsdienst da einzusetzen, wo er Einfluss auf das Outcome hat oder zumindest symptomatisch helfen kann.

  • ...und er kann einen unspezifischen Oberbauchschmerz, welcher sich eben nicht einfach mal so wieder verabschiedet, sicher von möglicherweise lebensbedrohlichen Erkrankungen differenzieren? Wohl weniger.


    Ich bleibe dabei, völlig korrekte Indikation für den Rettungsdienst bei gleichzeitig völlig inakzeptablem Verhalten des "Fach"personals.

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  • Ich vertrete die Meinung, dass es sinnvoll ist, den Rettungsdienst da einzusetzen, wo er Einfluss auf das Outcome hat oder zumindest symptomatisch helfen kann.


    Genau das kann ja der Rettungsdienst, wenn der Patient stärkste Schmerzen hat: NA-Nachalarmierung zur Analgesie und dann bis zu dessen Eintreffen schön alles vorbereiten (Monitoring, vollständige Anamnese, i.v.-Zugang, ggf. Transport vorbereiten, etc.).


    Oder siehst Du den Rettungsdienst nur für die ganz ganz dicken Dinger wie Kopf unter Arm oder Beine ab?

  • Na prima, dann brauchen wir in Zukunft ja auch nicht mehr zu Schenkelhals und Kopfplatzwunde fahren. Da ändern wir auch eher selten was am Outcome. Mal ernsthaft: Hast Du, Monkeyface, überhaupt schonmal einen Patienten mit einer ausgewachsenen Gallenkolik gesehen?
    Falls Nein, sei dir dein Statement verziehen. Falls Ja, bin ich aufrichtig entsetzt.

  • Des Weiteren, auf der einen Seite beschweren wir uns, dass der Bürger die 112 zu früh bzw. bei jedem Wehwehchen wählt, auf der anderen Seite ist es auch falsch, dass der Bürger wartet, in der Hoffnung das es doch nur ein kleines Problem war?
    Passt nicht, oder?

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  • Mein Gott was für ein Drama. Sicherlich war das nicht allererste Sahne, im Endeffekt ist es aber, wenn er die Schmerzen Nachts nicht mehr aushält, auch einem Stadtseniorenrat (geiler Titel übrigens!) zuzumuten, mit dem Auto oder Taxi ins Krankenhaus zu fahren. So lange sich der Großteil der Beschwerden im Bereich von 1. nicht outcome-relevanten Einsätzen und 2. "die waren nicht suuuuper nett obwohl ich aua hatte" bewegen, mache ich mir um den Rettungsdienst keine Sorgen. Und vielleicht dürfte man auch mal offener kommunizieren, dass die Lage von Krankenhäusern kein dem Rettungsdienst vorbehaltenes Staatsgeheimnis ist, sondern man da auch einfach selber hinfahren kann. Damit hat das RD-Personal wenigstens die Chance Routine mit echten Notfällen zu behalten.


    Ah... Eine akute Galle mit Kolik ist also kein Notfall.... Na dann können wir uns ja sie ganzen Diskzssionen über erweiterte Maßnahmen, insbesondere im Bereich der Analgesie *1) sparen, die RTW leerräumen und als Grosraumtaxi einsetzen...


    Was sind denn dann für Dich Notfälle, die eine RD-Einsatzes würdig sind?


    *1) man hat sich in den letzten Jahren das Gefühls nicht erwehren können, dass die frühestmögliche Analgesie mit höchstpotenten Mittel erste, oberste und z.T. Auch einzigste Pflicht des RD sei....

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    James Elroy Flecker

  • Also sorry, aber ich bin mir fast sicher, dass stärkste Schmerzen auch in Stuttgart nicht mit Kamillentee und "Kacken gehen" behandelt werden, sondern mit einer vernünftigen Analgesie! Diese hätte ziemlich sicher der Disponent und wenn der nicht, dann spätestens die RTW-Besatzung in die Wege geleitet. Da sie das nicht haben und vermutlich nicht Leichen ihren Weg pflastern finde ich die Vorverurteilung der Kollegen (!) ehrlich gesagt unter aller Kanone.


    In der Zeitung ist (und das auch noch nicht zwingend wörtlich) die Darstellung einer Partei zu lesen, die Andere wird, ohne sie anzuhören, als unfähig dargestellt und das wird hier im Forum genau so weiter geführt. Tut mir leid, aber das finde ich kacke! Der Einsatz wird irgendwo schlecht gelaufen sein, aber da gab es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Mosaik an "schlechter Tag", "15. Einsatz", "mitten in der Nacht", "nicht auf einer Wellenlänge" und vlt. auch medizinischer Fehleinschätzung (oder aber nachträgliche Übertreibung des Bürgers!). Das Pech der Kollegen war vermutlich (!) einfach, dass genau der eine Patient, der ist der gerne in der Zeitung steht.


    Ich würde mir in solchen Fällen wünschen, dass man einfach mal den Ball flach hält und seine Energie stattdessen auf die Aufarbeitung von Einsätzen konzentriert, bei denen WIRKLICH etwas in die Hose gegangen ist, also der Patient Schaden genommen hat!


    Sollte es tatsächlich so sein, dass die Jungs mit einem vor Schmerzen schreienden Patienten zu tun hatten, ist natürlich genau dieser Einsatz einer, den man aufarbeiten sollte.