Erweiterung der Schmerztherapie im Rettungsdienst der RKiSH

  • Zuletzt: das meiste Ketanest verabreichen deine Kollegen.


    Der Unterschied ist: sie könnten, wenn sie wollten oder es besser drauf hätten, eine patientengerechtere Versorgung durchführen. Du dagegen hast diese Option nicht, weil man sie Dir nicht gegeben hat. Der Patient hat also gar nicht die Chance, eine adäquate Behandlung zu bekommen.

  • Der Unterschied ist: sie könnten, wenn sie wollten oder es besser drauf hätten, eine patientengerechtere Versorgung durchführen. Du dagegen hast diese Option nicht, weil man sie Dir nicht gegeben hat. Der Patient hat also gar nicht die Chance, eine adäquate Behandlung zu bekommen.


    Ich Frage mich manchmal, ob nich genau das eine Chance bei RFP sein kann. Ein NA macht erstmal das, was er für richtig hält oder was er sich traut. Dagegen kann (bzw sagt keiner) etwas, außer es ist so richtiger Mist.
    Bei RFP kann man genaue Handlungsanweisungen rausgeben und viel besser auf die Fortbildung (ggf. auch immer nur von Anästhesisten) achten. Und wenn der Kollege RettAss/NFS es nicht drauf hat, ja dann bekommt er kein MSI in die Hand.

  • Theoretisch wäre das möglich. Setzt aber voraus, dass die Herausgeber von Handlungsweisen entsprechend differenziert vorgehen. Dazu sind meine Kollegen leider nicht immer in der Lage. Dabei ist es egal, ob sie Professor, Anästhesist oder ÄLRD sind. Und wer eine Analgesie mit Ketamin ausschließlich anhand der VAS in einer Standarddosierung ohne Alternative freigibt, handelt in meinen Augen erstmal nicht differenziert. Optimal ist eine patienten- und nicht anwendergerechte Therapie. Optimal ist ein Anwender, der mit den ihm in der Vorhaltung zur Verfügung stehenden Mitteln das Beste für den Patienten herausholt. Formal kann das hierzulande erstmal nur der Notarzt.

  • Ja, auch ich halte die Gabe von Btm durch Notfallsanitäter oder Rettungsassistenten für unzulässig. thh hat ja dezidiert die Gründe hierfür dargelegt. Was mich allerdings bei der Lektüre einiger Posts sehr nachdenklich stimmt, ist die Tatsache, dass bei selbst angenommener Verbotenheit eines Handelns trotzdem versucht wird genau dieses Handeln argumentativ zu rechtfertigen. Natürlich ist es einfacher ein gesetzliches Verbot zu ignorieren und das zu tun was man selbst für "das Richtige" hält, allerdings ist dies nicht nur ein sehr gefährlicher Weg, sondern er zeugt auch von einer gewissen Missachtung rechtsstaatlicher Grundsätze. Der bei weitem anstrengendere Weg eine gesetzliche Änderung herbeizuführen ist es natürlich die politisch Verantwortlichen von einem Änderungsbedarf zu überzeugen. Diese Mühe sollte sich aber jeder machen, der vorgibt nur im Sinne des Patienten zu handeln.


  • Man hört immer wieder mal davon, die Stelle habe "Vorgaben" für einen Einsatz von BtM durch nichtärztliches Personal gemacht. Ich fände ganz spannend, zu lesen, wenn die Bundesopiumstelle etwas dazu verschriftlicht hätte. Denn ehrlich gesagt: Ich kann mir kaum vorstellen, dass von dort eine "Genehmigung" oder so etwas ausgesprochen würde - die dürfte dann ja in weiten Teilen contra legem sein.


    Gerüchteweise hat die Bundesopiumstelle nichts dergleichen genehmigt....

    "We are the Pilgrims, master; we shall go
    Always a little further: it may be
    Beyond that last blue mountain barred with snow,
    Across that angry or that glimmering sea,


    White on a throne or guarded in a cave
    There lives a prophet who can understand
    Why men were born: but surely we are brave,
    Who take the Golden Road to Samarkand."


    James Elroy Flecker

  • Die telefonische Rückversicherung führt zur Strafbarkeit (auch) des Arztes. Die Eleganz dessen erschließt sich mir nicht richtig ...

    Na ich finde es schon elegant, wenn ich mir mit einem bekannten Arzt die Zelle teilen darf. Besser als ein mir unbekannter BTMler aus dem Bahnhofsmilieu im Bett über mir......

  • Theoretisch wäre das möglich. Setzt aber voraus, dass die Herausgeber von Handlungsweisen entsprechend differenziert vorgehen. Dazu sind meine Kollegen leider nicht immer in der Lage. Dabei ist es egal, ob sie Professor, Anästhesist oder ÄLRD sind. Und wer eine Analgesie mit Ketamin ausschließlich anhand der VAS in einer Standarddosierung ohne Alternative freigibt, handelt in meinen Augen erstmal nicht differenziert. Optimal ist eine patienten- und nicht anwendergerechte Therapie. Optimal ist ein Anwender, der mit den ihm in der Vorhaltung zur Verfügung stehenden Mitteln das Beste für den Patienten herausholt. Formal kann das hierzulande erstmal nur der Notarzt.


    Danke für die Antwort. Ich denke, dass wenn man das wollte durchaus schaffen könnte. Jedoch würde das natürlich eine menge an Ausbildung nach sich ziehen. Jedoch frage ich mich, wie hoch der Stellenwert einer Analgesie tatsächlich ist... Da gibt es vielleicht das ein oder andere Medikament was wirklich sinnvoll wäre....

  • Sorry, mir erschliessen sich Deine Argumente nicht so richtig. :drinks:


    Das ist doch eigentlich recht einfach.


    (1) Die Verabreichung von Btm ist nur im Rahmen einer begründeten - also u.a. lege artis durchgeführten - ärztlichen Behandlung erlaubt. Zur "Begründetheit" der ärztlichen Behandlung gehört zwingend die - nicht an Assistenzpersonal delegierbare - eigene Untersuchung und Diagnosestellung.


    (2) Daraus ergibt sich folgendes:


    a) Was das RFP alleine treibt, geht den Arzt - rechtlich gesehen - zunächst nichts an.


    b) Wenn der Arzt jedoch durch das Callback-Verfahren befragt wird, ob Btm durch das RFP appliziert werden sollen, und dem so zustimmt, kann man dieses Gespräch in zweierlei Weise auffassen:


    1. Entweder liegt darin eine Art medizinisches Beratungsgespräch. Dann erfolgt die Verabreichung der Btm nicht im Rahmen einer ärztlichen Behandlung, weil den Patient eben kein Arzt, sondern RFP behandelt. Sie ist dann verboten und strafbar. Der Arzt, der dieser Vorgehensweise zustimmt, macht sich mithin - je nach Fallgestaltung - wegen Anstiftung oder Beihilfe strafbar, weil er das RFP zu einer Straftat veranlasst oder darin bestärkt.


    2. Oder das Gespräch ist als Übernahme der Behandlung durch den Arzt aufzufassen, der die Indikation für die Btm-Vergaben stellt und (telefonisch) delegiert. Dann ist die ärztliche Behandlung, die dieser Arzt dann durchführt, nicht lege artis, weil die Untersuchung und Indikationsstellung nicht an das RFP delegierbar ist. Der Arzt ist dann im Zweifel als Täter strafbar, sei es als Mittäter, sei es als mittelbarer Täter.


    Und letztlich wird permanent in rechtlichen Grauzonen gearbeitet, ohne das etwas verfolgt wird, im Gegenteil, es entwickelt sich quasi zum "Gewohnheitsrecht", bzw. man interpretiert bestehende Gesetze neu.


    So spontan das Beispiel: Die Gabe von lebensrettenden Arneimitteln (meinetwegen Adrenalin beim Anaphylaktischen Schock) oder die manuelle Defibrillation. Als ich meinen RH gemacht habe, war dies ein absolutes No-Go: Verstoss gegen das HPG - mit schwersten Sanktionen wäre bei einer Durchführung zu rechnen. Obwohl meines Wissens nie das HPG oder sonstige Gesetze in diesem Zusammenhang geändert wurden, hat man begonnen, die Aussage eines alten Gesetzes in der Interpretation auf die aktuelle Lage neu auszulegen.


    Zum einen ist das eigentlich nicht wirklich der Fall; die herrschende Meinung dürfte immer noch von einer Rechtfertigung nach Notstandsgesichtspunkten ausgehen.


    Zum anderen ist das eine Frage der Risikoabschätzung.


    Ich halte die Frage nach der Notkompetenz des RettAss oder auch der Regelkompetenz des NotSan (strafrechtlich gesehen) für im wesentlichen akademisch, solange nichts passiert. Mit einer Strafverfolgung wegen Verstoßes gegen das HPG würde ich allenfalls dann rechnen, wenn eine solche Maßnahme danebengeht und es sich herausstellt, dass eine Strafverfolgung wegen Fahrlässigkeitsdelikten bspw. wegen fehlenden Kausalitätsnachweises ausscheidet - oder wenn es jemand massiv übertreibt. In der Praxis würde ich für den Regelfall nicht mit strafrechtlichen Folgen rechnen.


    Im Bereich des BtMG schätze ich das völlig anders ein. Dort (wie im AMG, aber das betrifft v.a. Apotheker) ist die Verfolgung von "Formalverstößen" Alltag. Zudem sind die Strafdrohungen im Fall, dass mal etwas schiefgeht, enorm hoch, und bei der Strafzumessung werden im Bereich des BtMG auch vergleichseise hohe Strafen verhängt. Das Risiko würde ich keinesfalls eingehen wollen.


    (Ich gehe auch als Fußgänger bei Rot über die Ampel, wenn ich die Kreuzung kenne und den Verkehr überschauen kann - und keine Kinder in Sichtweite sind. Als Radfahrer könnte ich mir das auch noch vorstellen. Als Autofahrer käme ich nicht einmal auf die Idee, ein Rotlicht zu ignorieren.)

  • thh


    Deine Argumentation gegen eine Freigabe von Btm verstehe ich schon. Was ich nicht verstehe ist (und das meinte ich mit Argumentation), dass Du auf der einen Seite von schweren Verstössen sprichst, auf der anderen Seite aber bei konkreten Fragen zur Strafverfolgung oder Konsequenz zurückruderst und den Sachverhalt in meinen Augen durch Einschränkungen irgendwie relativierst. Das bedeutet in meiner bescheidenen, überwiegen gefühls- und erfahrungsbasierten Rechtsauffassung, dass es möglicherweise doch nicht so einfach ist, dagegen vorzugehen und das die "andere" Seite offensichtlich so sieht, dass sie bereit ist, dieses "Risiko" einzugehen. Das wiederum lehnst Du sinngemäß ab. Das verwirrt mich und lässt mich zweifeln. Verstehst Du, was ich meine?

  • Na ja, aber dass die Forumsjuristen sich nicht wirklich an der Idee erfreuen, Rettungsdienstkollegen anzuzeigen, dürfte doch auch klar sein. Wenn ich persönlich das Gefühl hätte, dass bei der RKiSH nach dem Motto verfahren würde "was schert mich das Recht", würde ich es in Erwägung ziehen. Ich vermute aber eher, dass dort wie an vielen anderen Stellen im Rettungsdienst auch eine Mischung aus Gutwilligkeit und juristischem Halbwissen vorherrscht.

  • Was ich nicht verstehe ist (und das meinte ich mit Argumentation), dass Du auf der einen Seite von schweren Verstössen sprichst, auf der anderen Seite aber bei konkreten Fragen zur Strafverfolgung oder Konsequenz zurückruderst und den Sachverhalt in meinen Augen durch Einschränkungen irgendwie relativierst.


    Das ist doch gar nicht so schwer: der erste Teil ist die rechtliche Einschätzung (schwerer Rechtsverstoß mit teilweise drastischer Strafandrohung), der zweite Teil ist die Kenntnisnahme und Beweisbarkeit durch die Strafverfolgungsbehörde (eher problematisch, weil sich in der Regel alle Beteiligten einig sind und keine zur Polizei oder Staatsanwaltschaft rennt und den Verdacht einer Straftat äußert).


    Deine Fehlinterpretation beruht nun darauf, dass du aus dem zweiten Teil den Schluss ziehst, dass es im ersten Teil kein Problem gäbe. Das mag aus einer praktischen Sicht auch aus der Folgenperspektive stimmen, ändert aber an der Strafbarkeit nichts. Ähnlich ist es ja auch beim Mord: wenn du die Leiche geschickt verschwinden lässt und auch sonst keine Spur zu dir führt, wirst du als Mörder nicht bestraft werden, weil dir die Tat nicht nachgewiesen werden kann. Es ändert aber nichts daran, dass du einen Mord begangen hast.

  • Deine Argumentation gegen eine Freigabe von Btm verstehe ich schon. Was ich nicht verstehe ist (und das meinte ich mit Argumentation), dass Du auf der einen Seite von schweren Verstössen sprichst, auf der anderen Seite aber bei konkreten Fragen zur Strafverfolgung oder Konsequenz zurückruderst und den Sachverhalt in meinen Augen durch Einschränkungen irgendwie relativierst.


    Ah, jetzt!


    "Schwere Verstöße" sind natürlich relativ; so lange nichts passiert und es nur um Einzelfälle geht, kann das gut mit Einstellungen gegen Geldauflagen oder Strafbefehlen im Bereich von 1-5 Monatsgehältern abgehen. Vergnügungssteuerpflichtig fände ich aber auch das, ehrlich gesagt, nicht wirklich, und zumindest der Ärzteschaft geht das nach meiner Erfahrung ähnlich.


    Was die Wahrscheinlichkeit der Strafverfolgung betrifft, gehe ich davon aus, dass man auch da auf einen "Zufallstreffer" wird warten müssen. Ich gehe nicht davon aus, dass jemand mit Einblick in die Materie gesteigertes Interesse daran hätte, diese Rechtsfrage auf dem Rücken der - ärztlichen und nicht-ärztlichen - Kollegen zu klären. Ich habe entsprechende Gedanken jedenfalls verworfen - zugunsten einer entsprechenden Veröffentlichung, falls ich irgendwann mein ständig wachsendes Backlog mal soweit aufhole, dass ich dazu komme. :-)


    Das bedeutet in meiner bescheidenen, überwiegen gefühls- und erfahrungsbasierten Rechtsauffassung, dass es möglicherweise doch nicht so einfach ist, dagegen vorzugehen und das die "andere" Seite offensichtlich so sieht, dass sie bereit ist, dieses "Risiko" einzugehen.


    Die Wahrscheinlichkeit der Strafverfolgung erachte ich gleichfalls als eher niedrig, aber nicht so niedrig, dass ich das Risiko eingehen oder dazu raten würde. Und ich gehe - nach den öffentlichen Erklärungen, dem, was man "hinter den Kulissen" hört, und eigener Erfahrung aus vergleichbaren Bereichen - weniger von der kalkulierten Inkaufnahme eines Risikos als vielmehr von weitgehend fehlendem Problembewusstsein aus. Wäre ein solches vorhanden, würde man sein Konzept wohl kaum in dieser Weise presseöffentlich machen wie die RKiSH oder in einer Zeitschrift wie "Rettungsdienst" darüber publizieren wie IIRC der Main-Kinzig-Kreis.


    Verstehst Du, was ich meine?


    Jetzt ja.


    Grüße,
    -thh

  • Sollte dann nicht besser ein fachkundiger Jurist an das RKiSH herantreten und sie darauf hinweisen?

    “When I was a boy and I would see scary things in the news, my mother would say to me, "Look for the helpers. You will always find people who are helping.”


    • Fred Rogers

  • Wie verhielte es sich denn mit einer Selbstanzeige zur Schaffung eines Präzedenzfalles? Ich bin da ja auch eher unbeleckt, aber würden da andere Maßstäbe angelegt werden?

    Alle sagten: "Das geht nicht!". Dann kam einer, der wusste das nicht und hat es einfach gemacht.

  • Sollte dann nicht besser ein fachkundiger Jurist an das RKiSH herantreten und sie darauf hinweisen?


    Ich halte es für nahezu ausgeschlossen, dass die Entscheidungsträger dort von dem Problem noch nichts gehört haben. Also haben sie sich entschieden, damit auf eine bestimmte Weise umzugehen, um mal zu schauen, was passiert. Ich denke nicht, dass man juristische Bedenken hören möchte.


    Und falls etwas passiert, werden - wie in anderen Fällen auch - Krokodilstränen geweint werden. Und wir werden in Presse, Funk und Fernsehen eine laute Kampagne zu hören kriegen, dass Rettungsfachpersonal das Beste für Patienten will, jedoch mit einem Bein im Knast steht und dass das unfair ist.


  • Ich halte es für nahezu ausgeschlossen, dass die Entscheidungsträger dort von dem Problem noch nichts gehört haben. Also haben sie sich entschieden, damit auf eine bestimmte Weise umzugehen, um mal zu schauen, was passiert. Ich denke nicht, dass man juristische Bedenken hören möchte.


    Und falls etwas passiert, werden - wie in anderen Fällen auch - Krokodilstränen geweint werden. Und wir werden in Presse, Funk und Fernsehen eine laute Kampagne zu hören kriegen, dass Rettungsfachpersonal das Beste für Patienten will, jedoch mit einem Bein im Knast steht und dass das unfair ist.


    Zitat

    Und ich gehe - nach den öffentlichen Erklärungen, dem, was man "hinter den Kulissen" hört, und eigener Erfahrung aus vergleichbaren Bereichen - weniger von der kalkulierten Inkaufnahme eines Risikos als vielmehr von weitgehend fehlendem Problembewusstsein aus


    Da seid ihr offensichtlich unterschiedlicher Meinung. thh geht ja von einem fehlenden Problembewusstsein aus. In einem solchen Fall müsste man sie eigentlich darauf hinweisen.

    “When I was a boy and I would see scary things in the news, my mother would say to me, "Look for the helpers. You will always find people who are helping.”


    • Fred Rogers