AOK BW will "KTW-light" einführen

  • Das System KTW ist zumindest in Baden-Würtemberg durch die derzeitigen Tarife so am Boden, da wie auch immer ausgestaltete Erhöhung der Fzg. Anzahl überall Entlastung bringen wird. Der Großteil der Fahrten fällt auch in den dichter besiedelten Regionen und zu den normalen Geschäftszeiten an.

    Das es immer Regionen am Arsch der Welt geben wird die schlechter versorgt sind wird man nicht lösen können.


    Zu mir in den Schwarzwald fährt laut Lieferando auch kein Pizzadienst, aber die Luft ist astrein.


    Über menschenwürdiges Internet fang ich erst gar nicht an zu reden...

  • Wenn ich in den Bereich der Personenbeförderung gehe, sollte aber ein Anbieter dazu verpflichtet werden, auch dünn besiedelte Regionen mit abdecken zu müssen, vergleichbar mit dem ÖPNV. Das ist mit einem Pizzalieferdienst schwer zu vergleichen, weil das einfach ein Luxusproblem ist: Du kannst ja auch einfach selber kochen. Aber eventuell kannst du eben nicht mehr selber einen Arzttermin wahrnehmen, sondern musst mehr oder minder qualifiziert transportiert werden.


    Mal eine Nachfrage meinerseits: Wie sind denn die nicht qualifizierten Krankentransporte ausgerüstet? Sind das einfach Taxen mit einer Liege drin? Sprich: Ein Fahrer und keinerlei technisches Material, um einen Patienten aus der Wohnung zu bekommen? Oder fährt man da auch zu zweit und hat zumindest ein Tragetuch und/oder eine Schaufeltrage dabei?

    “When I was a boy and I would see scary things in the news, my mother would say to me, "Look for the helpers. You will always find people who are helping.”


    • Fred Rogers

  • Gegenfrage: Warum sollte sich das aus deiner Sicht mit diesem Konzept ändern?

    Es geht bei der ganzen Aktion doch gar nicht um eine Konzeptänderung.


    Was bezweckt die AOK mit diesem Schritt?


    Aus meiner Sicht ist es Teil der Verhandlungen. Die AOK hat mit dieser Ankündigung einen Anker gesetzt, um ihre Verhandlungsposition zu optimieren. Bisher waren die Leistungserbringer aufgrund des wachsenden öffentlichen Drucks und des zunehmend dünner werdenden Geduldsfadens im Innenministerium klar im Vorteil.


    Der AOK ist bewusst, dass die Billigtarifpolitik im Krankentransport endlich ist und eine Änderung der Tarife in 2017 sehr wahrscheinlich erfolgen wird. Was also tun?


    Eine Strategie könnte sein, dass man in Ballungszentren einen Grossteil der Transporte durch die neue "Variante" abdecken möchte, zu weiterhin stabilen niedrigen Transportentgelten. Als Gegenzug könnte man höheren Transporttarifen in den nicht dichtbesiedelten Gebieten zustimmen. Sprich es könnte auf eine zonenbezogene Vergütung hinauslaufen.


    Persönlich finde ich den Schritt seitens der AOK richtig und verhandlungstechnisch top-professionell.
    Es zeigt, dass man dort etwas von Verhandlungsstrategien versteht.


    Nun sind die Verhandlungsgegner im Zugzwang. Man kann nur hoffen, dass man auf Seiten der Leistungserbringer ebenfalls über entsprechende Kompetenz im Bereich Verhandlung verfügt.


    Christian: Ich gebe Dir absolut Recht. Mit dem drehen an einer Stellschraube wird sich nichts ändern. Ein komplett neues Konzept im Bereich Patiententransport in BaWü, wo ein solches Transportmittel ein kleiner Teil davon ist, könnte aber durchaus zum Erfolg führen. Jedoch ist das, wie oben bereits erwähnt, nicht das Ansinnen der AOK. Es geht hier aktuell aus meiner Sicht rein um einen verhandlungsstrategischen Punkt.

    Views and opinions are my own.


    “The electric light did not come from the continuous improvement of candles.” - Oren Harari

    2 Mal editiert, zuletzt von hpcpr ()

  • Natürlich ist die Personenbeförderung etwas anderes als ein Pizza-Lieferservice. Aber es ist ja nicht so das entlegene Gebiete durch die jetzigen KTW´s nicht versorgt werden. Es kann halt ein bisschen länger dauern bis ein Fahrzeug kommt. Das ist aber mit der Notfallrettung das gleiche. Da ist in Ballungszentren in der Regel auch schneller Hilfe vor Ort.


    Jeder Patient bei dem es medizinisch vertretbar ist und durch Liegendtaxi oder ktw light transportiert wird bringt Transportkapazität für zeitlich dringende KTW Fahrten oder Patienten die durch den freien Markt dann nicht versort wären.

  • Hauke: Bei uns nutzt die Liegendwagen-Firma alte KTW, bei denen die Blaulichter demontiert oder angeklebt wurden. Besetzt werden sie mit einer Person, ich vermute ohne medizinische Ausbildung oberhalb eines EH-Kurses. Patienten werden aus dem KH sowohl im Tragestuhl als auch liegend abgeholt. Muss der Fahrer halt alles alleine machen. Wie er das am Zielort macht, ist mir nicht bekannt.


    Der Unterschied zum Pizzadienst ist aber vor allem, dass in den abgelegenen Gebieten nicht der Feinkost-Händler verpflichtet ist, dann zum Pizzatarif zu liefern, wenn kein Pizzadienst dies wirtschaftlich leisten kann.


    Eddy

  • Dazu muss es aber den "KTWlight" erst mal genau dort und dann geben, wo der KTW gerade fehlt.


    Und nicht zuletzt benötigt der "KTWlight" eine Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz. Und die vergibt meines Wissens nicht die AOK.


    Die AOK zielt klar auf die Entlassungsfahrten (und zu einem geringeren Anteil auf die Dialsysefahrten) der großen Häuser. Selbst wenn man nur an den Maximalversorgern im Land einen entsprechenden Druck aufbaut sind das Transporte im fünfstelligen Bereich die ggf. unter Druck kommen.


  • Da gehe ich von der Bewertung her total mit.
    Ich finde (vor allem) zwei Dinge daran problematisch:
    - Dass der ASB das mit vorantreiben möchte (aus o.g. Gründen) und
    - dass die Landespolitik dabei zuschaut, wie sich die GKV als "GesetzgeberLight" gerieren. Das Land lässt sich (mal wieder im Bereich RD/Krankentransport) am Nasenring durch die Manege führen.


    Und die Liegendtaxis gab es ja auch bisher schon, das ist also nichts revolutionär Neues. Allerdings sehe ich diese bisher nicht gerade massenhaft in den Markt drängen, im Gegenteil. Und ich sehe eben noch nicht, warum sich das ändern sollte.

  • Ich verstehe immer noch nicht, wo denn außer beim Vermittlungsentgelt der ILS das Einsparpotential des KTW-light sein soll.
    Auch hier soll ein RS zum Einsatz kommen. Zweitbesatzung geht nicht billiger wie ein FSJ. Am Personal kann man also nicht sparen. Selbst wenn man unter Tarif zahlen würde, bringt es keine Einsparung, da es zu wenig RS gibt und somit diese dort arbeiten, wo nach Tarif bezahlt wird.


    Am Fahrzeug wird BOS-Funk und Blaulicht eingespart. Defi soll ja drauf bleiben, Tragestuhl und Trage braucht man vermutlich auch. Man sprt also noch eine O2-Flasche, eine Absaugpumpe und einen Notfallrucksack. Mehr gibt die DIN ja sowieso nicht her für einen KTW A2.
    Über 3-5 Jahre Laufzeit ergeben sich beim Fahrzeug also vielleicht 3000 € Ersparnis. Ein Witz. Das sind keine 100 € im Monat.


    Zudem wird außerhalb der Ballungsgebiete kein vernünftiger Kaufmann so einen Laden eröffnen. Und BaWü besteht im Gegensatz zum Ruhrpott aus sehr wenigen Ballungsgebieten. Wir haben die Alb, den Schwarzwald, etc. , also meist lange Strecken zu fahren.


    Es kann also nur darum gehen, Druck auszuüben.


    Es ist an der Zeit, politisch gegenzusteuern.


    P.S.: Die Liegendtaxis, die hier herumgurken, sind oft nur mit einer Person besetzt. Ohne jegliche Qualifikation. Billiger gehts nimmer. Sauberer durchaus......

  • Auch hier soll ein RS zum Einsatz kommen. Zweitbesatzung geht nicht billiger wie ein FSJ. Am Personal kann man also nicht sparen. Selbst wenn man unter Tarif zahlen würde, bringt es keine Einsparung, da es zu wenig RS gibt und somit diese dort arbeiten, wo nach Tarif bezahlt wird.


    Das stimmt nicht ganz: Es soll eben kein RS als Mindestqualifikation vorausgesetzt sein.
    Davon unabhängig hast du natürlich recht: Ein Hilfsarbeiter ohne RS-Quali ist nicht billiger als ein Hilfsarbeiter mit RS-Quali.

  • Ich verstehe immer noch nicht, wo denn außer beim Vermittlungsentgelt der ILS das Einsparpotential des KTW-light sein soll.

    Im klassischen "das haben wir schon immer so gemacht" System gibt es kein relevantes Einsparpotential.


    Aber man kann mit dem "KTW-light" die aktuellen Billigtarife weiterfahren und damit den bevorstehenden flächendeckenden Anstieg der KTW-Tarife aushebeln.

    Views and opinions are my own.


    “The electric light did not come from the continuous improvement of candles.” - Oren Harari

  • Ich verstehe immer noch nicht, wo denn außer beim Vermittlungsentgelt der ILS das Einsparpotential des KTW-light sein soll.


    Und selbst das ist fraglich.
    Wie berechnet sich denn die "Leitstellenpauschale"? Vereinfach ausgedrückt: Betriebskosten geteilt durch Anzahl der vermittelten Einsätze. Werden die vermittelten Einsätze also weniger (bei gleich bleibenden Betriebskosten der Leitstelle), wird die Vermittlungspauschale ansteigen. Es sei denn, dass die Transportzahlen derart drastisch absinken, dass man auf den Leitstellen Personal abbauen kann (vorbehaltlich der Mindestbesetzung).


    An dieser Stelle sind wir natürlich wieder bei der Motivation der Kostenträger angelangt. Allerdings müssten diese es auch den (privaten) Anbietern (finanziell) schmackhaft machen, aus dem (für sie bequemen?!) Vermittlingsmonopol der Leitstellen auszusteigen und ihre Fahrten selbst zu vermitteln/disponieren, was ja auch einer eigenen Infrastruktur bedarf und erhebliche Kosten verursacht. Am Ende muss sich auch dieses System wirtschaftlich tragen, wenn jemand (dauerhaft) mitmachen soll.


    Insgesamt scheint mir das - so oder so - kein Markt zu sein, in dem man reich werden könnte. Erst recht nicht ohne Quersubventionierungen durch die Notfallrettung (sei es auf der Leitstelle oder im Fuhrpark oder beim Personal).

  • Im klassischen "das haben wir schon immer so gemacht" System gibt es kein relevantes Einsparpotential.


    Aber man kann mit dem "KTW-light" die aktuellen Billigtarife weiterfahren und damit den bevorstehenden flächendeckenden Anstieg der KTW-Tarife aushebeln.

    Und genau deshalb muss die Politik gegensteuern. Oder ehrlicherweise dem Bürger in BaWü erklären, daß es im RD/KTP nicht um Qualität sondern nur um Kosteneinsparung geht.

  • Und wo findest du noch Hilfsarbeiter mit RS Quali die für Mindestlohn schaffen? Mir sind keine bekannt. Es gibt schlichtweg keine RS mehr die für Mindestlohn schaffen gehen - Selbst mit der 6B der DRK TV holst du ja kaum noch Leute hinter dem Offen vor.


    Was die Leitstellenvermittlungsentgelte angeht: a) ist das bei den Kassen ein anderer Topf. Und die Kassen machen massiv Druck hier mehr auf die Landkreise abzuwälzen. b) wird man dann ganz klar an der Personaldecke drehen wollen.


    Taubenzüchter: Wie angesprochen ist es nicht die Medizintechnik die den Preis macht - Diese stellt über die Laufzeit eines KTWs einen Wert von unter 5% der Kosten dar. Sondern es ist das gesamte außenrum, allen voran das Personal.


  • Taubenzüchter: Wie angesprochen ist es nicht die Medizintechnik die den Preis macht - Diese stellt über die Laufzeit eines KTWs einen Wert von unter 5% der Kosten dar. Sondern es ist das gesamte außenrum, allen voran das Personal.

    Sag ich doch. Und dort gehts nicht billiger als Mindestlohn plus FSJ. Und wie Du auch schreibst, ist es selbst mit TV schwierig, RS Stellen zu besetzen. Wer soll das also zum Mindestlohn machen?

  • Oder ehrlicherweise dem Bürger in BaWü erklären, daß es im RD/KTP nicht um Qualität sondern nur um Kosteneinsparung geht.


    Eine Definition von Qualität ist der Eintritt der Erwartung des Kunden. Politik und Gesellschaft haben meist die Erwartung, dass etwas "Hauptsache billig" ist.

  • Sag ich doch. Und dort gehts nicht billiger als Mindestlohn plus FSJ. Und wie Du auch schreibst, ist es selbst mit TV schwierig, RS Stellen zu besetzen. Wer soll das also zum Mindestlohn machen?


    Keiner. Denn es ist ja nur ein SanH gefordert.

  • Mal eine generelle Frage dazu: hatvkein RettG eine KTW Wartezeit definiert?



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    Ich habe einen ganz einfachen Geschmack - ich bin stets mit dem Besten zufrieden.
    Oscar Wilde, irischer Schriftsteller, 1854 - 1900


    Ich prüfe jedes Angebot. Es könnte das Angebot meines Lebens sein.
    Henry Ford 1863 - 1947

  • Niedersachsen hat dafür auch eine Regelung, jedoch nicht direkt im RettDG. Die Wartezeit (Hilfsfrist) im qKT ist auf 30 Minuten definiert. Hat bereits zu mehreren Klagen und sogenannten §19 Genehmigungen geführt (§19 = qKT Erlaubnisse neben dem öffentlichen Rettungsdienst, ohne Einsatzlenkung über die zentrale Kreisleitstelle).

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.