Wer rettet den Rettungsdienst? Notfallsanitäter schlagen Alarm

  • „Der Fachkräftemangel ist ein Dauerthema. Wir müssen auf Leiharbeitskräfte zurückgreifen“, sagt Küttner. Dies sei Fluch und Segen zugleich. „Hätten wir keine Leiharbeiter, könnten wir manchmal nicht in den Einsatz fahren. Doch wenn in einem Rettungswagen zwei Leute mit derselben Ausbildung sitzen und einer verdient deutlich mehr, ist das ungerecht.“


    Zum Artikel: Wer rettet den Rettungsdienst? Notfallsanitäter schlagen Alarm

  • Wie in den Krankenhäusern. Ein Problem, was man schwer in den Griff bekommt, weil man sich allzu sehr an der Mär festhält, dass Personalgewinnung und -bindung nicht über das Gehalt funktioniert. Dies gilt aber offensichtlich nicht für Bereiche wie Rettungsdienst und Pflege mit einem eher geringen Einkommen. Denn die Arbeitsbedingungen sind bei Personalvermittlern im Schnitt eher nicht besser, denn unbekannte Teams und unbekanntes Equipment, ständig neue Abläufe sind sicherlich keine Pluspunkte. Warum gehen also Leute in die Zeitarbeit? Nun, entweder haben sie Schwierigkeiten, sich in bestehende Teams einzufügen, dafür sind es meines Erachtens aber viel zu viele, oder es ist eben doch die höhere Bezahlung und die freiere Arbeitszeitgestaltung. Beides könnte man günstiger selbst anbieten, wenn man nur wollte. Dann bräuchte man externe Vermittlungen vielleicht gar nicht mehr. Aber dagegen sperren sich Arbeitgeber in der Medizin ja vehement...

    Land zwischen den Meeren,
    vor dem sich sogar die Bäume verneigen,
    du bist der wahre Grund,
    warum Kompassnadeln nach Norden zeigen!

  • In meinem Umfeld sind in den letzten Monaten einige Kollegen, die als GfB zuvor auch noch im RD einer HiOrg gefahren sind, zu den Leihfirmen (Notfallsanitäterbörse, hire a paramedic, usw.) gewechselt. Gründe: Deutlich mehr Kohle, deutlich weniger Arbeit (die Kollegen fahren sonst Großstadtrettung bei einer Feuerwehr, die sind 20 Alarme in 24 Stunden gewohnt). Ich habe die Details nicht hinterfragt (weil die mich eben nicht interessiert haben), aber geht in der Tat um Kohle. Allerdings machen diese das nicht "hauptberuflich", sondern eben auch nebenbei.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Wie in den Krankenhäusern. Ein Problem, was man schwer in den Griff bekommt, weil man sich allzu sehr an der Mär festhält, dass Personalgewinnung und -bindung nicht über das Gehalt funktioniert. Dies gilt aber offensichtlich nicht für Bereiche wie Rettungsdienst und Pflege mit einem eher geringen Einkommen. Denn die Arbeitsbedingungen sind bei Personalvermittlern im Schnitt eher nicht besser, denn unbekannte Teams und unbekanntes Equipment, ständig neue Abläufe sind sicherlich keine Pluspunkte. Warum gehen also Leute in die Zeitarbeit? Nun, entweder haben sie Schwierigkeiten, sich in bestehende Teams einzufügen, dafür sind es meines Erachtens aber viel zu viele, oder es ist eben doch die höhere Bezahlung und die freiere Arbeitszeitgestaltung. Beides könnte man günstiger selbst anbieten, wenn man nur wollte. Dann bräuchte man externe Vermittlungen vielleicht gar nicht mehr. Aber dagegen sperren sich Arbeitgeber in der Medizin ja vehement...

    Ja, aber...

    denn mein Eindruck ist, dass viele nicht dauerhaft in der Zeitarbeit/Arbeitnehmerüberlassung bleiben, obwohl das dann meist wieder (erhebliche) finanzielle Einbußen bedeutet. Aber für ein paar Jahre zieht das Argument Gehalt auf jeden Fall!

  • Natürlich ist der ständige Arbeitsplatzwechsel usw. auf Dauer für viele eher nicht attraktiv (wobei ich im Bereich Pflege einige kenne, die das seit Jahren gern machen). Die Lösung wäre so einfach: zahlt den Arbeitnehmer:innen annähernd den Lohn, den die Zeitarbeitsfirmen zahlen (dann spart man sich schonmal den Anteil, den die Firma noch kassiert, scheinbar kann man es sich doch leisten), ermöglicht einen einigermassen sinnvollen und planbaren Arbeitseinsatz (Dienstplan) und eine vernünftige Arbeitszeit (weg von den 45 - 48 Stunden, hin zu "normalen Arbeitszeiten" ohne Arbeitsbereitschaft o.ä.) und schlussendlich, behandelt Eure Mitarbeitenden anständig (sie sind es wert). Voll die Raketenwissenschaft, aber irgendwie scheint es für's Gesundheitswesen immer noch zu kompliziert zu sein.

  • Das würde aber auch bedeuten, dass die Kostenträger dieses refinanzieren müssen. Die Arbeitgeber sind hier bei Tarifverhandlungen häufig zurückhaltend, weil sie Angst haben, dass die Kostenträger eben dieses nicht refinanzieren werden. Vieles davon sind Ausreden von Geschäftsführern, aber dieses Gespenst geistert immer herum (bin dann zu teuer, Ausschreibungen, etc.).


    Ich bin mir sicher, dass auch Pflegedienstleitungen gerne mehr Pflegepersonal beschäftigen wollen (wenn sie denn welche finden). Aber dafür müssen die Krankenhäuser eben auch Geld haben. Mal von den berufspolitischen Baustellen der Pflege abgesehen, ist eben für die Pflege häufig zu wenig Geld da.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Die Lösung wäre so einfach: zahlt den Arbeitnehmer:innen annähernd den Lohn, den die Zeitarbeitsfirmen zahlen (dann spart man sich schonmal den Anteil, den die Firma noch kassiert, scheinbar kann man es sich doch leisten),

    Naja, ganz so einfach ist es halt nicht, weil eine dauerhafte übertarifliche Bezahlung im höheren zweistelligen Prozentbereich für alle Mitarbeiter einfach nicht kostendeckend gegenfinanziert ist. Wenn aber die Personalkosten (wie sehr häufig) den größten Ausgabenposten darstellt, dann wird das jedes Unternehmen, welches irgendwie eine schwarze Null schreiben muss und nicht von Dritten ausgeglichen wird, nicht lange durchhalten können.


    Vermutlich ist von AG-Seite bisher vor ein paar Jahren davon ausgegangen worden, dass der Mitarbeiter-Schwund nur vorübergehend ist und auch nicht in dem Ausmaße stattfinden wird, wie jetzt tatsächlich stattgefunden hat. Statt frühzeitig entgegen zu steuern und wenigstens zu versuchen Mitarbeiter zu halten, ging man den eher einfachen und bis dahin vermutlich auch kostengünstigeren Weg mit den besser bezahlten Leiharbeitern. Jetzt hat man sich mit dem bisherigen Modell selbst eine Situation geschaffen, in welcher man sich nicht mehr zu helfen weiß und als einzige Lösung sieht, die bisher genutzte Leiharbeit zu verdammen und versucht sogar, sie erheblich einzuschränken.


    Wie das im RD weitergeht, weiß ich nicht. Bei den Kliniken, vermute ich, wird es so sein, dass größere Klinik die jetzige Lage aussitzen werden und das Inkrafttreten des Krankenhausstrukturgesetzes abwarten. Hierdurch wird es in den größeren Kliniken zum Abbau bzw. Verkleinerungen von Abteilungen, Stationen und der Bettenzahl kommen, welches Personal freisetzen wird sowie insgesamt zu Krankenhausschließungen, welches Personal zwischen den Krankenhäusern freisetzen wird.

  • Hierdurch wird es in den größeren Kliniken zum Abbau bzw. Verkleinerungen von Abteilungen, Stationen und der Bettenzahl kommen, welches Personal freisetzen wird sowie insgesamt zu Krankenhausschließungen, welches Personal zwischen den Krankenhäusern freisetzen wird.

    das ist das, was auch Lauterbach hofft. Setzt aber voraus, dass die PFK aus Niederbayern, die dort kostenfrei im elterlichen Hof wohnt, nach München zieht, um dort in einer Betriebswohnung (aka Schwesternwohnheim) zu wohnen und an den Freitagen nach Hause zu pendeln. Evtl. sucht sie sich aber auch was außerhalb der Medizin an ihrem jetzigen Wohnort.

  • das ist das, was auch Lauterbach hofft. Setzt aber voraus, dass die PFK aus Niederbayern, die dort kostenfrei im elterlichen Hof wohnt, nach München zieht, um dort in einer Betriebswohnung (aka Schwesternwohnheim) zu wohnen und an den Freitagen nach Hause zu pendeln. Evtl. sucht sie sich aber auch was außerhalb der Medizin an ihrem jetzigen Wohnort.

    Es gibt tatsächlich nicht nur Hinterwald-Krankenhäuser, die sich zukünftig in der bisherigen Form nicht mehr tragen werden. Das wird auch im städtischen Bereich und im Umland von Städten so passieren. Und nicht in allen größeren Städten herrscht ein Mietniveau wie in München, Hamburg oder Berlin.


    Aber ja, es ist durchaus möglich, dass zukünftig Menschen, die bisher in kleineren Kliniken gearbeitet haben, wenn sie ihren Beruf wie bisher weiter ausüben wollen, dafür umziehen müssen.

  • Jetzt hat man sich mit dem bisherigen Modell selbst eine Situation geschaffen, in welcher man sich nicht mehr zu helfen weiß und als einzige Lösung sieht, die bisher genutzte Leiharbeit zu verdammen und versucht sogar, sie erheblich einzuschränken.

    Das versucht man in der Pflege übrigens auch. Gab einige Pressemeldungen und auch im Fachjournal Die Schwester/der Pfleger (ja, auch ich schaue da ab und zu noch rein) dazu.

    Bei den Kliniken, vermute ich, wird es so sein, dass größere Klinik die jetzige Lage aussitzen werden und das Inkrafttreten des Krankenhausstrukturgesetzes abwarten. Hierdurch wird es in den größeren Kliniken zum Abbau bzw. Verkleinerungen von Abteilungen, Stationen und der Bettenzahl kommen, welches Personal freisetzen wird sowie insgesamt zu Krankenhausschließungen, welches Personal zwischen den Krankenhäusern freisetzen wird.

    das ist das, was auch Lauterbach hofft. Setzt aber voraus, dass die PFK aus Niederbayern, die dort kostenfrei im elterlichen Hof wohnt, nach München zieht, um dort in einer Betriebswohnung (aka Schwesternwohnheim) zu wohnen und an den Freitagen nach Hause zu pendeln. Evtl. sucht sie sich aber auch was außerhalb der Medizin an ihrem jetzigen Wohnort.

    Zu dem Thema hatte ich den gleichen Gedanken wie der Kollege Falkenzucht. Ich glaube auch nicht, dass alle Mitarbeiter der Kliniken diesen "hinterher ziehen" werden. Meine Frau gehört dazu. Nächster Kreißsaal / Wochenbettstation: 35 km in die eine, 45 km in die andere (falls die dann sowas noch haben werden). Jetzt: 1 km. Frühdienst (6:00 Uhr - 14:42 Uhr) würde dann bedeuten: 3:30 Uhr aufstehen, 4:15 Uhr zum Bahnhof, 4:30 Uhr S-Bahn/U-Bahn/Bus (mehrmaliges umsteigen), 5:50 Uhr im Krankenhaus. Dann wird man 8 Stunden komma irgendwas durchfrikassiert; ohne Pause und sowas normales halt. Feierabend: 14:55 Uhr Bus/U-Bahn, Regionalexpress um 15:20 Uhr? Nein, schafft sie nicht. Also auf die S-Bahn um 15:58 Uhr warten. 16:40 Uhr zu Hause. Mehr als 13 Stunden unterwegs für 8 Stunden arbeiten. Wow. Ach moment; die S-Bahn fährt wegen einer Baustelle einige Monate nicht. Tolle Wurst. Das war das Beispiel Wohnort - HBF - Uniklinik - HBF - Wohnort. Wohnort liegt übrigens noch im Kreisgebiet, nicht fünf Landkreise weiter. Nach drei, vier Tagen ist man durch!


    Mir geht es ähnlich, jedoch habe ich meine Dienststelle in der Nähe des HBF. Da sind die Reisezeiten nicht so lang. Und ich kann kommen und gehen wann ich will. Auch kann ich Home Office machen. Das ist erträglicher. Trotzdem verbringe ich ca. 90 min täglich mit der Pendelei. Wenn es (mal wieder) mit der Bahn nicht läuft, auch länger. Auto? Klar, eines haben wir. Ein zweites kaufen? Nee, wir arbeiten beide im öffentlichen Dienst. Außerdem sollen wir auch nicht mehr so viel Auto fahren. Ist ja doof für die Umwelt.


    Alternativen: Geburtshaus oder Selbstständigkeit in der Nähe (möglich, da gibt auch noch einige Kapazitäten). Pflegekräfte: Pflegeheime und Pflegedienste. Die suchen auch ohne Ende. Intensivpflege? Klaro, geht auch. Wir haben hier ca. 150 beatmete Kinder/Erwachsene im Leitstellenbereich, oftmals in einer 1:1 Betreuung im Privathaushalt oder in Wohngruppen. Die beiden Fachpflegeheime sind noch gar nicht dabei. Bezahlen auch gar nicht schlecht. Weitere Alternativen: Stunden reduzieren. Ganz andere Alternativen: Alle in die große Stadt ziehen. Oh, verdammt. Kein Wohnraum. Obwohl, da vielleicht. Nee, die wollen 2.000 Euro warm für die 96 m2 Bude. Personalwohnheime wie schon genannt? Gibt es kaum noch, denn diese haben die Kliniken größtenteils abgerissen. Die meisten Klinikstandorte haben sowas gar nicht mehr.


    Ich glaube, wenn die Kliniken / Arbeitgeber hier auf diese Effekte hoffen, wird die Hoffnung das letzte sein, was ihnen bleibt. In den nun 29 Jahren habe ich einige Kollegen den Beruf wechseln sehen (habe ich ja auch einige Male getan). Von 26 Pflegeschülern zum Ausbildungsbeginn 1994 arbeiten heute noch 4 oder 5 in der Pflege. Im HiOrg-Rettungsdienst: Noch schlimmer. Alle gehen irgendwann. Renteneintritt hat seltenheitswert. Ja, sogar bei der Berufsfeuerwehr gibt es Kollegen, die so massiv reduzieren und anderen Dingen nachgehen. Der eine oder andere hat sogar seinen Beamtenstatus dafür aufgegeben. Leitstelle: Kaum noch einer da, der mit mir vor 20 Jahren da begonnen hatte. Einige wenige in Rente, drei in Frührente, einige Suizide, der Rest: Geflüchtet (Versetzung auf die Wache, ausgesondert weil durchgezündet oder Aufstieg, die sich weiterqualifizieren konnten). Sicher werden einige wechseln, aber ich bin mir auch sicher, dass viele das eben nicht tun werden und sich andere Alternativen suchen werden. Und wo jetzt schon nicht viel ist, kann auch kaum etwas gewonnen werden. Wir werden es sehen...

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

    Einmal editiert, zuletzt von Harris NRÜ ()

  • Ich glaube auch nicht, dass alle Mitarbeiter der Kliniken diesen "hinterher ziehen" werden.

    Natürlich nicht, damit plant sicher auch niemand. Das wird wird immer eine sehr individuelle Angelegenheit sein. Welche Alternativen hat man in der näheren Umgebung, wie wird es mit der Infrastruktur in der Gegend zukünftig aussehen, wenn ein Krankenhaus als der vielleicht einzig große Arbeitgeber schließt, wollte man ohnehin den Beruf wechseln oder ist man durch den Rest der Familie oder Umfeld gebunden usw.


    Ich weiß nicht, ob das Konzept den durchschlagenden Erfolg bringen wird, die Ansätze halte ich aber für durchaus vernünftig. Wir haben noch immer mit die meisten Krankenhausbetten im europäischen Vergleich bei einer nicht unbedingt besseren medizinischen Versorgung. So wie es jetzt ist, lässt sich unser System weder finanziell noch personell weiter durchhalten. Und die Patienten profitieren ja noch nicht einmal davon.


    Mal ein negatives Beispiel, wie sinnvolle Pläne nicht umgesetzt werden können:

    In meiner Klinik sind in den letzten Jahren zwischen 1 bis 2 Kinder pro Tag auf die Welt gekommen, seit Corona geht der Trend stark Richtung 1. In der 2 bis 3 Kilometer entfernten Klinik kommen 4 bis 5 Kinder pro Tag auf die Welt. Dafür wird dort alles vorgehalten, vom Neonatologen bis zur Intensivstation. Meine Klinik ist in der Hinsicht ein besseres Geburtshaus, da wir immerhin Sectionieren können. Für die weitere Kindsversorgung muss aber der Kinderarzt aus der Nachbarstadt herangefahren werden.

    Jetzt ist es doch mehr als sinnvoll, die Geburtsabteilung in meiner Klinik zu schließen und im anderen Krankenhaus zu konzentrieren. Die zusätzliche bzw. die zwei zusätzlichen Geburten am Tag werden dort nicht zum Kollaps führen, stünden doch gleichzeitig 10 bis 15 Personen als zusätzliches Personal zur Verfügung. Gleichzeitig würden in meiner Klinik erhebliche finanzielle sowie auch räumliche Ressourcen frei, zusätzlich natürlich auch eine Arbeitsentlastung meiner Abteilung.

    Das Ganze war Anfang des Jahres eigentlich so schon beschlossen. Bei Bekanntwerden der Pläne ein riesen Aufschrei in der Presse sowohl von Politikern als auch der Bevölkerung. Offensichtlich lässt sich Deutschland nicht auf vernünftigem Weg reformieren, so dass es vielleicht tatsächlich nur den kalten Entzug über die nicht mehr wirtschaftliche Tragfähigkeit und Insolvenzen von Krankenhäusern gibt.

  • Das sollte nun auch kein Phallusbattle der Pro- und Contra-Argumente werden. Ich bin da durchaus bei Dir, dass die Reformen dringend notwendig sind. Auch, dass die Lokalpolitik (und Bürgerinitativen) in diesen Sachen oft nicht hilfreich sind. Das gibt es aber auch in anderen Dingen: Bahninfrastruktur, usw. Allerdings geht das auch in die andere Richtung (Hilferufe der Kommunen bezüglich der Flüchtlinge, usw.). Ich wollte nur die Botschaft überbringen, dass ich nicht glaube, dass alle Mitarbeiter bei Schließungen einfach mit umziehen oder andere Klinikstandorte suchen. Ich glaube nämlich, dass einige sich andere Alternativen suchen werden, weil viele keine Lust (und Zeit sowie Energie) haben, anstatt 15 min nun 3 Stunden täglich zu pendeln. Die Hoffnungen der Arbeitgeber könnte daher ein Schuss in den Ofen sein. Anstatt 10 oder 15 zusätzliche Mitarbeiter könnten dann vielleicht nur 7 oder 8 da stehen. Und das Spielchen mit dem Personalmangel geht von vorne los.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Anstatt 10 oder 15 zusätzliche Mitarbeiter könnten dann vielleicht nur 7 oder 8 da stehen. Und das Spielchen mit dem Personalmangel geht von vorne los.

    Ja, aber die 7 oder 8 im Zusammenspiel mit weniger oder kleineren Abteilungen helfen ja schon mal.

  • Na sicher tun sie das. Bei einer Soll-Stärke von 20 sind 15 Mitarbeiter immer besser wie 10 Mitarbeiter. Zu wenig sind es trotzdem. Das einzige was sich ändert, dass die Mitarbeiter in größeren Kliniken/Abteilungen arbeiten und deutlich länger zur Arbeit anreisen müssen (also weniger Erholung haben werden). Fazit: Die Mitarbeiter gehen trotzdem kaputt. Weniger oder kleinere Abteilungen sehe ich noch nicht in jeder Fachdisziplin. Die Geburtshilfe ist entweder da oder nicht da (beispielsweise). Die Hebammen die nach der Schließung übrig bleiben, können eben nicht so einfach in anderen, nun kleineren Abteilungen eingesetzt werden. Die übrig gebliebenen Anästhesisten umschulen lassen auf Dermatologie? Kinderkrankenschwestern nun in der Geriatrie einsetzen? So sinnvoll die Reformen sind, so haben diese auch Risiken für das Personalmanagement inne. Hier im Forum wurde ja nun schon einige Male betont, dass Geld eben nicht alles ist. Diese anderen Bedürfnisse könnten daher für die Reformen auch zu einer Gefahr werden. Nicht alle werden ihren Abteilungen hinter her ziehen, wenn ihre Lebenqualität dadurch deutlich sinkt.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Die Hebammen die nach der Schließung übrig bleiben, können eben nicht so einfach in anderen, nun kleineren Abteilungen eingesetzt werden. Die übrig gebliebenen Anästhesisten umschulen lassen auf Dermatologie? Kinderkrankenschwestern nun in der Geriatrie einsetzen?

    Die wenigsten Mitarbeiter eines Krankenhauses sind Hebammen. Der größte Teil sind Pflegekräfte, die auch heute schon fachfremde Patienten versorgen müssen. Einmal, weil sie auf anderen Stationen eingesetzt werden und einmal, weil fachfremde Patienten auf ihren Stationen landen. Natürlich ist das alles nicht sehr toll, meistens aber doch zu managen.

    Wenn du Alternativen aufzeigen kannst, wie alle Krankenhäuser und Stationen in der bisherigen Form in allen Teilen des Landes mit ausreichend Personal versorgt werden können ohne dass einfach alle das Doppelte an Krankenkassenbeiträgen zahlen, dann her damit. Ansonsten muss man halt auch einmal feststellen, dass es einfach nicht mehr drin ist, dass man 40 Jahre auf der selben Station arbeitet und sich im erlernten Beruf weiterbilden muss. Das wird andere Berufe noch viel krasser treffen als zukünftig statt auf einer Augenstation in der Gefäßchirurgie zu arbeiten.


    So sinnvoll die Reformen sind, so haben diese auch Risiken für das Personalmanagement inne.

    Natürlich ist das risikobehaftet. Einfach nichts zu machen, führt aber absehbar sicher in den Abgrund.

  • Recht aktuell hörte ich die Behauptung, dass Börsen wie HaP, etc. den Arbeitnehmermarkt leersaugen würden.

    Andersherum bekam ich in den Betrieben aber den Eindruck, dass man nicht auf die MitarbeiterInnen eingeht. Es herrscht oft eine große Unzufriedenheit, die faktorisierte Arbeitszeit ist immer noch ein großes Thema und nicht immer nur rein das Geld. Die meisten haben ja gar keinen Bock darauf, spätestens alle 18 Monate den Betrieb wechseln zu müssen. Aber 35 Stunden pro Woche bei planbarerem Alltag und dann noch besserem Gehalt - das zieht.


    Und ich würde behaupten, dass man auch MitarbeiterInnen zurückgewinnen kann: wenn man die Rahmenbedingungen anpasst. Es ist aber natürlich komfortabler, die Schuld bei den anderen zu suchen.

  • Wenn du Alternativen aufzeigen kannst, wie alle Krankenhäuser und Stationen in der bisherigen Form in allen Teilen des Landes mit ausreichend Personal versorgt werden können ohne dass einfach alle das Doppelte an Krankenkassenbeiträgen zahlen, dann her damit.

    Es kommt an dieser Stelle wieder so rüber, dass ich gegen die Reformen bin. Das bin ich nicht. Das Wortgefecht zwischen uns dreht sich nur um Deine Aussage, dass die Reformen Personalressourcen freisetzen werden (bzw. das Arbeitgeber genau auf dieses hoffen). Nur daran habe ich meine Zweifel, dass diese Ressourcen 1:1 dann an anderer Stelle zur Verfügung stehen.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Ich sehe auch das Problem, dass die Kliniken auf diese "neuen" Mitarbeiter bauen und noch weniger dafür tun werden die Arbeitsbedingungen anzupassen. Beim Bestandsschutz werden die Unikliniken an der ersten Stelle stehen. Diese sind bei uns aber schon die, mit den schlechtesten Arbeitsbedingungen. Das geht beim TV-L los, der hinter dem TVöD der kommunalen Kliniken liegt und noch weiter hinter den Bezahlungen der spezialisierten Privatkliniken. Neben der schlechteren Bezahlung glänzen diese auch noch über das unflexibelste Schichtmodell. Einmal erstellte Dienstpläne sind unveränderlich. Kurzfristige Änderungen oder sogar das Tauschen sind nicht möglich. Wichtige Termine müssen die Mitarbeiter durch eine Krankmeldung wahrnehmen. Auch wird in bestimmten Bereichen nicht in Teilzeit eingestellt, da zu unflexibel. Bisher wurde daran nicht gerüttelt. Aber auch bei den "besser" zahlenden Kliniken gibt es genug Probleme, die Mitarbeiter tatsächlich wieder zurück in die Unikliniken bringt. Dieses Arbeitgeber-Hopping kenn ich aus dem Rettungsdienst, wobei es hier m.E. schon etwas ruhiger geworden ist.

    Ich bin sehr pessimistisch, dass bei den Arbeitsbedingungen tatsächlich mittelfristig was passieren wird.

  • Auch wird in bestimmten Bereichen nicht in Teilzeit eingestellt, da zu unflexibel.

    Das ist auch ein Punkt den ich nicht verstehe. Wenn ich mehr Teilzeit-MA habe, bin ich doch flexibler, als wenige Vollzeitkräfte. In manchen Branchen werden daher lieber 4 Teilzeitkräfte eingestellt als 2 Vollzeitkräfte. Fällt eine Kraft aus, muss ich bei Teilzeit 25% kompensieren, bei nur Vollzeit 50%.

  • Das ist auch ein Punkt den ich nicht verstehe. Wenn ich mehr Teilzeit-MA habe, bin ich doch flexibler, als wenige Vollzeitkräfte. In manchen Branchen werden daher lieber 4 Teilzeitkräfte eingestellt als 2 Vollzeitkräfte. Fällt eine Kraft aus, muss ich bei Teilzeit 25% kompensieren, bei nur Vollzeit 50%.

    Richtig. Als Beispiel, hier in der Klinik gab es früher "Mütterdienste", 4 Stunden im FD und 4 Stunden im SD, war für die Leute die es wollten sehr gute Dienste vor allem wenn man in der Nähe der Klinik gewohnt hat, wurde abgeschafft.

    Die Teilzeitausbildung in der Pflege, abgeschafft.

    Personalwohnheim, was richtig gut für die Azubis war, abgeschafft.


    Mir fällt kein wirklich guter Grund ein warum man in die Pflege gehen sollte, es laufen alle am/über dem Limit, genau wie im RD.

    Sollte es im Rahmen der Reform zur Schliessung "meiner" Station kommen muss ich mir was einfallen lassen, wieder zu pendeln wie Harris NRÜ oben geschrieben hat kommt nicht mehr in Frage.

    "Frauen, die geboren haben und Hebammen, die Geburten begleiten, sind diejenigen, die uns am meisten über Geburt zu sagen haben.
    Gleichzeitig sind sie aber auch diejenigen, die am wenigsten gehört werden."
    Oja Ploil, Soziologin (1991)
    ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------