KV BW: BSG-Urteil führt zu Einschränkungen im Ärztlichen Bereitschaftsdienst

  • Das ist - vorsichtig gesagt - umstritten. Das Gesetz verbietet es generell (und, soweit ich mich entsinne, war das auch die Absicht des Gesetzgebers). Teilweise wird eine ungeschriebene, quasi gewohnheitsrechtliche Ausnahme für Ärztemuster gemacht, aber klar ist anders.

    Klar: Einnahme vor Ort immer.

    Wie ist das denn, wenn zB nach einer ambulanten OP oder stationären Therapie Bedarfs-/Fixmedikation mitgegeben wird (d.h. für max 1-2 Tage bis zB das Wochenende rum ist oder der Facharzttermin ansteht). Und gibt es da einen Unterschied a) Krankenhaus das eine Apotheke hat (auch wenn der Apothekter mit dem Vorgang nichts zu tun hat) und b) ambulantes OP-Zentrum/ovgl (d.h. kein Apotheker)?

  • Wie ist das denn, wenn zB nach einer ambulanten OP oder stationären Therapie Bedarfs-/Fixmedikation mitgegeben wird (d.h. für max 1-2 Tage bis zB das Wochenende rum ist oder der Facharzttermin ansteht). Und gibt es da einen Unterschied a) Krankenhaus das eine Apotheke hat (auch wenn der Apothekter mit dem Vorgang nichts zu tun hat) und b) ambulantes OP-Zentrum/ovgl (d.h. kein Apotheker)?

    Das wird in ApoG §14 geregelt:

    Zitat


    [...]Bei der Entlassung von Patienten nach stationärer oder ambulanter Behandlung im Krankenhaus oder bei Beendigung der Übergangspflege im Krankenhaus nach § 39e des Fünften Buches Sozialgesetzbuch darf an diese die zur Überbrückung benötigte Menge an Arzneimitteln nur abgegeben werden, wenn im unmittelbaren Anschluss an die Behandlung ein Wochenende oder ein Feiertag folgt. Unbeschadet des Satzes 3 können an Patienten, für die die Verordnung häuslicher Krankenpflege nach § 92 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vorliegt, die zur Überbrückung benötigten Arzneimittel für längstens drei Tage abgegeben werden. [...] Die Versorgung mit Arzneimitteln nach den Sätzen 3 bis 5 umfasst auch Arzneimittel, die verschreibungsfähige Betäubungsmittel sind.

    § 14 ApoG - Einzelnorm (gesetze-im-internet.de)


    Da ein OP-Zentrum ja auch mit Medikamenten über eine Apotheke versorgt wird, sollte das dort nicht anders gelten.

  • Wie ist das denn, wenn zB nach einer ambulanten OP oder stationären Therapie Bedarfs-/Fixmedikation mitgegeben wird (d.h. für max 1-2 Tage bis zB das Wochenende rum ist oder der Facharzttermin ansteht). Und gibt es da einen Unterschied a) Krankenhaus das eine Apotheke hat (auch wenn der Apothekter mit dem Vorgang nichts zu tun hat) und b) ambulantes OP-Zentrum/ovgl (d.h. kein Apotheker)?

    Die Mitgabe ist eine Abgabe. Die Abgabe von Arzneimitteln ist nur in und durch Apotheken erlaubt. Die Krankenhausapotheke (!) darf also eine solche Medikation mitgeben, entweder die kleinste Originalpackung oder ausgeeinzelte Kleinmengen (unter Beachtung der entsprechenden Vorschriften). Dazu muss der Patient nicht zwingend selbst in die Apotheke, dort kann es auch jemand für ihn holen - entscheidend ist, dass die Abgabe durch die Apotheke erfolgt und nicht irgendwie von einer Packung auf Station. Geregelt ist das für die Krankenhauspaotheken in § 14 ApoG. Wenn die Apotheke nichts mit dem Vorgang zu tun hat, ist das unerlaubt.


    Ein ambulantes OP-Zentrum hat ja regelmäßig keine Apotheke, muss also die Medikation verordnen (und kann auch jemanden losschicken, der sie abholt). Auch hier ist die Ausgabe aus dem vorhandenden Vorrat natürlich unzulässig.

  • Spannend. Heißt im Endeffekt, dass die gängige Praxis in der Fläche illegal ist und sich damit irgendwer auch strafbar macht.. Denn so wie man das aus den USA kennt, dass man mit dem Rezept aus der Klinik in die Klinikapotheke geht und dort die Medikamente ausgehändigt bekommt, das habe ich in D noch nie gesehen oder gehört. Es wird einfach eine Packung oder eine ausgeeinzelte Kleinmenge (wieder einen tollen Begriff gelernt) aus dem Stations/Bereichsbedarf mitgegeben..

  • Spannend. Heißt im Endeffekt, dass die gängige Praxis in der Fläche illegal ist und sich damit irgendwer auch strafbar macht.. Denn so wie man das aus den USA kennt, dass man mit dem Rezept aus der Klinik in die Klinikapotheke geht und dort die Medikamente ausgehändigt bekommt, das habe ich in D noch nie gesehen oder gehört. Es wird einfach eine Packung oder eine ausgeeinzelte Kleinmenge (wieder einen tollen Begriff gelernt) aus dem Stations/Bereichsbedarf mitgegeben..

    Ich denke nicht, dass eine Verschreibung notwendig ist und der Patient das Medikament in der Kliniakapotheke abholen muss; aufgrund der Sonderregelung in § 14 ApoG kann die Apotheke die Medikamente wahrscheinlich direkt an/für den Patienten liefern. Was nicht geht, ist eben die Mitgabe von Arzneimitteln aus dem Stationsbedarf. Ich kenne auch durchaus vom Hörensagen Kliniken, in denen das so organisiert ist.

  • Ich habe noch in keiner Klinik erlebt, dass die Medikamente für einen dezidierten Patienten (von irgendwelchen exotischen Sonderanforderungen abgesehen) bestellt wurden. Ich wüsste auch nicht wie das in der heutigen Zeit mit kurzfristigen OP Terminen, Verschiebungen und ungeplanten Entlassungen realistisch ablaufen sollte..

    Also wird einfach ein Blister Ibuprofen aus dem Schrank geholt und mitgegeben..

  • Es ist fast so, als seien dem wirtschaftlichen Zwang Grenzen gesetzt.

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Ich habe noch in keiner Klinik erlebt, dass die Medikamente für einen dezidierten Patienten (von irgendwelchen exotischen Sonderanforderungen abgesehen) bestellt wurden. Ich wüsste auch nicht wie das in der heutigen Zeit mit kurzfristigen OP Terminen, Verschiebungen und ungeplanten Entlassungen realistisch ablaufen sollte..

    "Oh, das ist aber aufwendig" ändert bedauerlicherweise nichts an der Rechtslage.

    Also wird einfach ein Blister Ibuprofen aus dem Schrank geholt und mitgegeben..

    Bei Ibu ist das im Zweifel nicht so schlimm, weil nur OWi. Bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ist's im Zweifelsfall eine Straftat, bei Btm auch, und zudem eine, über die man idR nicht hinwegzusehen geneigt ist ...

  • Gehen wir mal kurz von Ibuprofen 600 mg aus, dann sind wir in der Verschreibungspflicht. Wie konkret muss das denn ablaufen, damit es rechtlich in Ordnung ist, und wer genau macht sich da strafbar?


    Denn mal kurz Hand aufs Herz, es wird im Nachgang sehr schwer nachvollziehbar sein, ob die Bestellung konkret für Herrn Mustermann, Frau Brömmelkamp oder den Stationsbedarf war, die elektronische Eingabe wird sowieso zunächst für die ganze Klinik gestellt und dann intern verteilt. Und welche der 300 Packungen jetzt für wen war, ist sehr schwer konkret nachverfolgbar...

    Land zwischen den Meeren,
    vor dem sich sogar die Bäume verneigen,
    du bist der wahre Grund,
    warum Kompassnadeln nach Norden zeigen!

  • Gehen wir mal kurz von Ibuprofen 600 mg aus, dann sind wir in der Verschreibungspflicht. Wie konkret muss das denn ablaufen, damit es rechtlich in Ordnung ist, und wer genau macht sich da strafbar?

    Es gibt für die überbrückende Versorgung im Entlassmanagement zwei Möglichkeitn:


    1) Es wird - auf einem Rezept - die kleinste verfügbare Verpackungseinheit verordnet (§ 39 Abs. 1a S. 9 SGB V). Der Patient besorgt sich das Arzneimittel in einer öffentlichen Apotheke (§ 4 Abs. 5 S. 2-3 Rahmenvertrag Entlassmanagement idFv 01.07.2023).


    2) Wenn auf den Entlasstag ein Wochenende oder ein Feiertag folgt, kann stattdessen die notwendige Menge der Arzneimittel von der Krankenhausapotheke mitgegeben werden (§ 14 Abs. 7 S. 3 ApoG); wenn häusliche Krankenpflege verordnet ist, geht das immer (auch ohne WE/Feiertag) für bis zu drei Tage. Diese Vorgehensweise ist vorrangig, wenn damit die medikamentöse Behandlung abgeschlossen werden kann (§ 8 Abs. 3a S. 5 RIchtlinie Arzneimittelversorgung). Wenn es keine Packung gibt, die zur Überbrückung des Wochenendes/der drei Tage klein genug ist, muss ausgeeinzelt werden; das bedeutet, es sind entweder einzelne Streifen aus einer Packung zu entnehmen, oder es müssen einzelne Tabletten usw. neu verblistert werden. Zwingend müssen dann gemäß § 10 Abs. 11 AMG auch die Mindestinformationen aus § 10 Abs. 8 AMG aufgebracht werden. Das alles wird regelhaft ohnehin in der Apotheke erfolgen muss; anders ist das ja gar nicht möglich.


    Ob die Arzneimittel für die Mitgabe gemäß 2) ggf. auf einem Rezept verschrieben werden müssen, kann ich nicht sagen - da muss ich passen. Ich würde auch eine anderweitige ärztliche Verordnung für denkbar halten. Sicher ist das nur für Btm: die müssen auf einem - persönlich für und von dem verschreibenden Arzt beim BfArM beschafften! - Btm-Rezept verordnet werden, nicht etwa auf einem Btm-Anforderungsschein, und das Rezept muss dann von der Krankenhausapotheke beliefert werden.

    Denn mal kurz Hand aufs Herz, es wird im Nachgang sehr schwer nachvollziehbar sein, ob die Bestellung konkret für Herrn Mustermann, Frau Brömmelkamp oder den Stationsbedarf war, die elektronische Eingabe wird sowieso zunächst für die ganze Klinik gestellt und dann intern verteilt. Und welche der 300 Packungen jetzt für wen war, ist sehr schwer konkret nachverfolgbar...

    Nicht wirklich, weil regelmäßig eine ganze Packung für die Überbrückung des Wochenendes zuviel sein wird und man in der Apotheke auseinzeln muss. Und selbst wenn es mal eine ganze Packung ist und die Anforderung nicht speziell für einen Patienten erfolgt, lässt sich das ja in der Regel zeitlich abgleichen. Wenn die Station X diese Packung bestellt, bevor die Entlassmedikation angeordnet ist oder nachdem der Patient entlassen wurde, kann es sich um keinen Fall der ordnungsgemäßen Mitgabe handeln.

  • Wer macht sich denn dann strafbar, wenn die Station einfach drei Tagesblister (selbst verpackt) mitgibt? Die Pflege, der entlassende Arzt, der Oberarzt, die Apotheke? Bei uns gibt es keine Bestellmöglichkeit von neu verblisterten Medikamenten an die Apotheke für sowas.